Leitartikel

Ein Stück Gerechtigkeit erreicht

Wolfgang Eßer
,
Karl-Georg Pochhammer
,
Martin Hendges

Vor gut einem Jahr verhängte die Bundesregierung den ersten Lockdown. Damals wussten viele Kolleginnen und Kollegen nicht, wie sie wirtschaftlich durchhalten sollten: stark zurückgehende Patientenkontakte und wegbrechende Einnahmen bei weiterlaufenden Kosten und Krediten sowie maximal verunsicherte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Pandemie stellte eine existenzielle Bedrohung für die Praxen und den Fortbestand vertragszahnärztlicher Versorgungsstrukturen dar.

Vor dem Hintergrund dieser Situation hat uns die brüske Ablehnung von Teilen der Regierungskoalition, uns Zahnärzten einen Schutzschirm zu gewähren, hart getroffen. Denn anders als von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu Ostern 2020 angekündigt, setzte der Bundesfinanzminister (SPD) am Ende bekanntlich durch, dass Zahnärzte keine wirkliche Unterstützung erhalten sollten. Im Unterschied zur Ärzteschaft wurden wir mit einem als Liquiditätshilfe bezeichneten Kredit abgespeist, der voll umfänglich zurückzuzahlen ist.

Ungeachtet dieser Enttäuschung haben wir Vertragszahnärztinnen und -zahnärzte selbstverständlich auch – und gerade – in dieser Krise unsere Verlässlichkeit unter Beweis gestellt. Die Praxen haben die zahnmedizinische Versorgung vorbildlich wohnortnah aufrechterhalten, in einem Kraftakt die Behandlung infizierter und unter Quarantäne stehender Patienten bewältigt und nebenbei eindrucksvoll demonstriert, „wie Hygiene in Corona-Zeiten geht“. Wir haben erneut bewiesen: Auf uns ist Verlass, auch – und besonders – in Krisenzeiten!

Für uns als KZBV-Vorstand stand indes von Anfang an fest, dass wir es unter gar keinen Umständen bei dieser sogenannten Liquiditätshilfe belassen werden. Immer wieder haben wir deutlich gemacht, dass die Lasten der Pandemie nicht allein auf den Schultern von uns Zahnärzten abgeladen werden dürfen. Staat und Krankenkassen tragen eine Mitverantwortung für den Erhalt funktionierender Versorgungsstrukturen. Mit dem Versorgungs- verbesserungsgesetz (GPVG) ist es uns zwar erfreulicherweise gelungen, gesetzliche Regelungen zu verankern, die sicherstellen, dass der pandemiebedingte Morbiditätsrückgang nicht zu einer Verzerrung der zahnärztlichen Honorare führen wird, und dass für die Jahre 2021 und 2022 vollständige Budgetfreiheit garantiert ist, womit zu erwartende Nachholeffekte nicht zulasten der Zahnärzte gehen werden. Eine unmittelbar finanzwirksame Regelung war aber mit dem Gesetzgeber nicht zu machen. 

Doch dabei haben wir es nicht belassen. In den Gesprächen mit den Kostenträgern haben wir weiterhin darauf insistiert, dass die Vertragszahnärzteschaft über die gesetzlichen Regelungen hinaus einen finanziellen Ausgleich für die besonderen Aufwände während der Pandemie von den Krankenkassen erhält. Unsere Beharrlichkeit trägt jetzt Früchte: Der Vorstand der KZBV konnte aktuell mit dem GKV-Spitzenverband einen „Pandemiezuschlag“ für die vertragszahnärztlichen Praxen vereinbaren – ausgestattet mit einem Volumen von insgesamt 275 Millionen Euro.

Mit dieser Vereinbarung stellen sich die Kassen ihrer Mitverantwortung für die vertragszahnärztlichen Versorgungsstrukturen und federn mit dieser Einmalzahlung die Mehrkosten, die in den Praxen entstanden sind, spürbar ab. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Die bundesmantelvertragliche Regelung tritt bereits zum 1. April 2021 in Kraft. Zahlen werden die Kassen an die KZVen in zwei Raten am 1. Juli und am 1. Oktober 2021, wobei Doppelfinanzierungen ausgeschlossen sind. Das heißt: Dort, wo bereits aufgrund von Vereinbarungen zwischen Kassen und KZVen Ausgleichsleistungen gezahlt wurden, werden diese angerechnet.

Der Verteilungsschlüssel, der den Zahlungen seitens der KZVen an die Zahnärztinnen und Zahnärzte zugrundegelegt werden wird, wird jetzt mit den KZVen ausgearbeitet. Diese werden ihre Vereinigungsmitglieder zeitnah über die konkreten Zahlungsmodalitäten informieren.

Nachdem wir als Berufsstand das erste Pandemiejahr quasi auf uns allein gestellt und aus eigener Kraft bewältigen mussten, freuen wir uns heute umso mehr darüber, mit den neuen gesetzlichen Regelungen des GPVG und dieser Vereinbarung schlussendlich doch noch ein Stück Gerechtigkeit bewirkt zu haben.

Dr. Wolfgang Eßer,

Vorsitzender des Vorstandes der KZBV

Dr. Karl-Georg Pochhammer,

Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der KZBV

Martin Hendges,

Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der KZBV

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.