Der besondere Fall aus CIRSdent – Jeder Zahn zählt!

Problemfall Implantatfraktur

Implantatfrakturen gehören zu den eher seltenen Ereignissen im Praxisalltag. Aus welchen Gründen das Implantat im vorliegenden Fall brach, kann anhand der vorliegenden Informationen nicht abschließend geklärt werden. Die geschilderten Umstände verweisen jedoch auch auf die naturgemäß schwierige Abwägung zwischen Augmentation und der Verwendung von geringer dimensionierten Implantaten.

Was ist passiert?

Bei einem Einzelzahnimplantat in regio 36 kam es circa fünf Jahre nach der Implantatinsertion etwa 3 mm über dem apikalen Ende zu einer Implantatfraktur. Die Maße des Implantats betrugen 3,5 mm x 10 mm. Das apikale Implantatfragment musste anschließend chirurgisch entfernt werden. In diesem Zusammenhang soll es zu einer Implantatneuversorgung kommen, allerdings bei nochmals verschlechtertem Knochenangebot. Der Patient weist eine sehr gute Mundhygiene auf. Selbst nach der Fraktur besteht trotz röntgenologischem Knochenverlust kein BOP. Das Implantat erschien unterdimensioniert und wird vom Hersteller auch nicht mehr vertrieben.

Laut Produktdatenblatt des Herstellers wurde das verwendete Implantat „nicht für die Anwendung im Seitenzahnbereich empfohlen“. Allerdings gab der Hersteller auf Nachfrage an, dass es sich dabei lediglich um „eine Empfehlung, aber nicht um eine Kontraindikation“ handelt.

Welche Gründe können zu diesem Ereignis geführt haben?

Implantatinsertionen finden ihre Limitation häufig im mangelnden Angebot in Höhe und/oder Breite des ortsständigen Knochens und stellen eine Herausforderung in der Praxis dar. Augmentative Verfahren zur Verbesserung des Knochenangebots sind nicht nur zeitaufwendig, kostenintensiv und risikobehaftet, sondern oft auch mit hoher Morbidität für den Patienten verbunden. So ist es verständlich, dass zunehmend schmalere und kürzere Implantate in wissenschaftlichen Studien und bei den Therapieüberlegungen in der Praxis an Bedeutung gewinnen.

Wie hätte das Ereignis vermieden werden können?

Schmale Implantate mit einem Durchmesser von 3,3 mm bis 3,5 mm zeigen in internationalen Studien durchaus gute Erfolgs -und Überlebensraten im Vergleich zu Standard-Implantaten mit einem Durchmesser von 4,1 mm [Schiegnitz und Al-Nawas, 2018]. Eine kürzlich veröffentlichte Metaanalyse zeigte auch keine Unterschiede in der Lebensdauer von schmalen und Standard-Implantaten bei Einzelzahnimplantatversorgungen [Telles et al., 2019]. Auch weitere rezente Metaanalysen zeigten vergleichbare Zahlen für Überlebensraten und periimplantären Knochenabbau von schmalen und Standard-Implantaten [Cruz et al., 2020; Ma et al., 2019].

Eine randomisiert kontrollierte Studie verglich schmale Implantate (3,3 mm Durchmesser) mit Standard-Implantaten (4,1 mm Durchmesser) bei Einzelzahnversorgungen im posterioren Bereich [Alrabiah, 2019]. Nach drei Jahren Follow-up zeigten sich vergleichbare Überlebens- und Erfolgsraten.

Bezüglich der Implantatfrakturen und der mit schmaleren Implantaten verbundenen Risikofaktoren ist die Studienlage dünner. In einer kürzlich veröffentlichten retrospektiven Studie wurde eine Frakturrate von 0,92 Prozent nach durchschnittlicher Lebensdauer von fast fünf Jahren mit einer Tendenz zu einer verringerten Frakturrate bei breiteren Standardimplantaten gezeigt [Lee et al., 2019].

Bei den Risikofaktoren für Implantatfrakturen werden in der Literatur genannt:

  • Taschentiefen, Knochenverlust, Überbelastung zum Beispiel bei Bruxismus;

  • Implantatdurchmesser, Implantatdesign, Implantat-Abutment-Verbindung;

  • Prothetische Komplikationen wie Schraubenbrüche, Längenverhältnis Krone/Implantat.

Die prothetische Versorgung ist sicherlich ein weiterer Faktor. Die Einzelzahnversorgung im Seitenzahnbereich beinhaltet eine andere Implantatbelastung als die Integration mehrerer Implantate in eine Coverdenture-Versorgung.

Fazit

Deutlich wird, dass Implantatfrakturen häufiger nach circa fünf Jahren auftreten und Langzeitdaten über längere Tragezeiten überwiegend noch fehlen. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, um künftig stärker evidenzbasierte Hilfestellungen über die Indikationen für schmale Implantate sowie deren Frakturanfälligkeiten geben zu können. Bis dahin kann nur auf die besondere Risikoeinschätzung und Patientenaufklärung hingewiesen werden, wenn es um die Abwägung schmaleres und/oder kürzeres Implantat versus aufwendige und risikobelastete Augmentationsverfahren geht.

Weitergehende Hilfe: 

PD Dr. med. Dr. med. dent. Eik Schiegnitz
Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie
Klinik für MKG-Chirurgie Universitätsklinikum Mainz
Augustusplatz 2, 55131 Mainz
eik.schiegnitz@unimedizin-mainz.de

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