Mundgesundheit in der Pflege

E-Learning-Plattform mund-pflege.net gestartet

Die besondere Rolle der Mundpflege von Pflegebedürftigen rückt immer stärker in den Fokus. Einen niedrigschwelligen, digitalen Zugang zu allen relevanten Fragen der Mundgesundheit will die neue Plattform „mund-pflege.net“, die seit dem 1. Juli 2022 online ist, bieten. Entwickelt wurde das E-Learning-Angebot, das sich am neuen Expertenstandard zur Förderung der Mundgesundheit orientiert, im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Hochschule Neu-Ulm.

Grundlage der neuen Plattform ist der Expertenstandard zur Förderung der Mundgesundheit in der Pflege. Er wurde im Mai 2021 auf der 10. Konsensus-Konferenz des Deutschen Netzwerkes für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) vorgestellt. Der Standard wird derzeit über eine modellhafte Implementierung an 30 unterschiedlichen Einrichtungen der Pflege eingeführt und wissenschaftlich begleitet. Für den Herbst 2022 ist die finale Veröffentlichung geplant.

Die Hochschule Neu-Ulm (HNU) unterstützt und ergänzt diesen Standard mit einem innovativen Modellvorhaben zur Mundgesundheitsprävention. Die Internetplattform „mund-pflege.net“ greift als Informations-, Schulungs- und Lernplattform die relevanten Fragen rund um das Thema Mundgesundheit in der Pflege auf – perspektivisch auch mit Elementen der virtual reality.

Perspektivisch auch mit Virtual Reality

Dafür hatte das Team um Projektleiter Prof. Dr. Harald Mehlich unter anderem Interviews mit Pflegekräften, Auszubildenden sowie Fachlehrern der Gesundheits- und Krankenpflege verschiedener Institutionen geführt. Die Ergebnisse dieser Interviews sowie eine aktuelle bundesweite Online-Umfrage unter Pflegepersonen und zusätzlich geplante Evaluationen sollen Impulse für die Weiterentwicklung der Plattform geben. „mund-pflege.net“ wird bis 2024 mit insgesamt 750.000 Euro über das Programm „Forschung an Fachhochschulen – FH-Sozial“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert.

Professionell Pflegende als Hauptzielgruppe

Mit der kostenfrei nutzbaren Plattform sollen alle Pflegepersonen angesprochen werden, die für die Zahn-, Mund- und Zahnersatzpflege zuständig sind. Neben dem Pflegepersonal hat das Projektteam aber auch andere Berufsgruppen mit Bezug zur Mundgesundheit im Blick (siehe Interview rechts).

Zu den Inhalten der Plattform zählen die anatomischen Grundlagen, zahnärztliche Versorgungsformen, Auffälligkeiten im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich und die Zusammenhänge zwischen Mundgesundheit und allgemeiner Gesundheit. Außerdem gibt es umfassende Informationen zu Mund-Pflegemitteln und Mund-Pflegemaßnahmen mit dem Fokus auf typischen Pflegesituationen. Daneben gibt es Hinweise zu Notfallsituationen im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich, zur Zahnarztsuche und zu weiteren Ansprechpartnern. Dabei kommt insbesondere Video- und Animationsmaterial zur besseren Veranschaulichung zum Einsatz.

mund-pflege.net

Interview mit Dr. Elmar Ludwig

„Mit drei Klicks von der Frage zur Antwort“

Dr. Elmar Ludwig ist einer der Köpfe hinter der neuen Plattform www.mund-pflege.net. Wir sprachen mit ihm über Aufbau, Nutzen und Zielgruppe der kostenfreien Website. 

Herr Dr. Ludwig, was ist das Besondere an der Website www.mund-pflege.net, die am 1. Juli an den Start gegangen ist?Dr. Elmar Ludwig:

Zum Ende diesen Jahres wird der neue Expertenstandard zur Förderung der Mundgesundheit in der Pflege veröffentlicht. Um den Expertenstandard im Pflegealltag optimal umsetzen zu können, gibt die Plattform wichtige ergänzende Informationen zum Beispiel zur Identifizierung von zahnärztlichen Versorgungen, zur Einschätzung von Auffälligkeiten oder zur Ergonomie notwendiger spezieller Pflegemaßnahmen unter Berücksichtigung der Aspirationsgefahr. Die Plattform ist browserbasiert und damit unabhängig vom Betriebssystem auf allen digitalen Endgeräten nutzbar. Die Plattform wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und der Zugang zur Plattform ist kostenfrei.

Und an wen richtet sie sich?

Die Plattform richtet sich an alle Menschen, die professionell mit dem Thema Mundgesundheit in der Pflege zu tun haben. Nicht nur die Profession der Pflege, sondern auch das zahnärztliche Team, Geriater und andere Berufsgruppen, die sich um Menschen mit Unterstützungsbedarf kümmern, können die Plattform nutzen, um gemeinsam die Mundgesundheit dieser Menschen zu fördern.


Wie ist die neue Plattform didaktisch aufgebaut?

Mit drei Klicks von der Frage zur Antwort: Wir haben sehr viel Zeit darauf verwendet, eine benutzerfreundliche Oberfläche zu schaffen, die mit möglichst eindeutigen Begriffen und Bilddarstellungen intuitiv durch die große Welt der Mundgesundheit führt. Über eine zusätzliche Schnellnavigation gelangen geübte Anwender noch schneller zur gesuchten Information. Zudem bekommt der Nutzer bei jedem Plattform-Aufruf per Zufall einen Tipp angezeigt, der zum Schmökern anregen soll. Ähnlich einem Expertensystem sollen Bildergalerien mit vielen verschiedenen Fallbeispielen ermöglichen, die wesentlichen Merkmale zu erfassen und ein tieferes Verständnis zu entwickeln. Ein weiteres Herzstück ist der Bereich der Unterstützung. Hier wird anhand von Pflegefilmsequenzen in bewegten Bildern erläutert, wie die Mundpflege am besten gelingen kann.

Wie kann die Website Zahnärztinnen und Zahnärzte bei ihrer Arbeit im Pflegebereich unterstützen?

Die meisten Zahnärzte haben in ihrem Studium wenig über die besonderen Bedarfe für Menschen mit Unterstützungsbedarf gelernt. Was ist aktivierende Pflege? Was ist Validation? Was bedeutet Anbahnung? Welche Tipps können wir geben bei abwehrendem Verhalten? Wie gelingt die Unterstützung beim Zähneputzen im Rollstuhl am Waschbecken? Wie lässt sich die Aspirationsgefahr bei der Mundpflege am Bett minimieren? Alle diese Fragen werden auf uns zukommen und da ist es wichtig, dass wir Antworten geben können und diese den Empfehlungen im Expertenstandard nicht widersprechen. Hier baut www.mund-pflege.net wichtige Brücken zwischen den Professionen.

Ist die Website schon vollständig fertig oder wird sie noch weiterentwickelt?

Die Plattform ist jetzt schon voll einsatzfähig. Das Förderprojekt selbst läuft noch bis Juli 2024 – bis dahin werden wir unter anderem einen Bereich für die besonderen Bedarfe der Menschen mit Behinderungen implementieren. Komfortable Suchfunktionen sowie Angebote in verschiedenen Sprachen stehen noch auf dem Programm. Wir planen zudem eine App-Version für den Offline-Betrieb. Die Filmszenen werden ebenfalls weiterentwickelt – zudem mit Techniken der augmented und der virtual reality. Last, but not least: Auch über das Jahr 2024 hinaus werden wir die Plattform weiterentwickeln bei weiter kostenfreiem Zugang.

Das Gespräch führte Sascha Rudat.

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