Parfüm-Riese auf neuen Wegen

Bei Douglas gibt es Botox to go

Botox- und Hyaluron-Unterspritzungen sind gleichermaßen gefeiert und verschrien. Jetzt bietet die Parfümeriekette Douglas in fünf Städten in ihren Filialen Botox to go an. Dabei vermietet sie Räume an Ärzte, die Filler spritzen und zur Bruxismustherapie Injektionen in den Masseter durchführen.

Ursprünglich wollen Sie bei Douglas ein Parfum kaufen, kommen stattdessen jedoch faltenfrei, mit straffer Haut und dem Gefühl, ein paar Jahre jünger zu sein, wieder hinaus. Geht nicht? Doch.“ So warben Dr. Edouard Manassa und sein Team 2020 für ihr „Botox to go“. PAAU heißt das Behandlungskonzept, das die drei Schönheitschirurgen Manassa, Dr. med. Holger Hofheinz und Dr. med. Marc A. Ronert, MD/PhD. im September 2020 als Pilotprojekt in Räumen der Douglas GmbH in Frankfurt am Main einführten. Und wirklich: Heute, zwei Jahre später gibt es in fünf Douglas Flagship Stores eigenständige und unabhängige Arztpraxen, die den Service anbieten: in Frankfurt, München, zwei in Hamburg und in Düsseldorf. Es könnten Standorte in Köln und Berlin folgen, sagt Manassa. 

DOUGLAS tritt nur als Vermieter auf 

Douglas äußert sich zu den Expansionsplänen nicht. Schließlich sei es die „Medical Beauty Solutions Plattform“ PAAU, die „professionelle Behandlungen durch ausgewählte lokale FachärztInnen für Plastische und Ästhetische Chirurgie“ in den Räumen der fünf Douglas-Filialen anbiete, heißt es auf Anfrage – und darum auch Ansprechpartner. PAAU erbringe in diesen Räumen „eigene Leistungen für ihre PatientInnen“, Douglas „vermiete lediglich die Räumlichkeiten“. Und erweitert damit sein Produktportfolio um ein boomendes Produkt: minimalinvasive Schönheitseingriffe.

Bereits 2021 machte es die Runde, dass wegen Homeoffice und ständiger Videokonferenzen viele Menschen einen kritischeren Blick auf sich selber werfen und ein makelloses Aussehen für sie um wichtiger erscheint.

Interview mit Dr. Edouard H. Manassa 

Dr. Edouard H. Manassa ist Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und nimmt seit 2013 in seiner Düsseldorfer „Klinik am Rhein“ Eingriffe wie Brust-OPs, Liposuktion und Gesichtsstraffungen vor. 2019 eröffnete er die „Praxis Schönheitsmühle“ in Ratingen, wo er Faltenbehandlung mit Hyaluronsäure und Botulinum anbietet, wie sie auch Teil des 2020 gegründeten Behandlungskonzepts PAAU sind – das in fünf Douglas-Filialen zu finden ist.

Ist der Name PAAU eine Abkürzung?

Dr. Edouard H. Manassa: Ja, sie steht für Professional Aesthetic And You.

Was zeichnet PAAU aus und was unterscheidet es von Behandlungskonzepten der Mitbewerber?

Die Praxisinhaber sind Fachärzte für plastische und ästhetische Chirurgie und bieten minimalinvasive Behandlungen in eigenständigen Praxen, gut zugänglich für Patienten, an. Sie haben sich besonders auf diesen Teilbereich der Gesichtsbehandlungen spezialisiert.

Welchen Stellenwert hat der therapeutische Einsatz von Botox zur Behandlung von Bruxismus oder Migräne bei PAAU?

Wir erleben, dass der medizinische Stellenwert der Botulinum-Behandlung fortwährend zunimmt. So behandeln wir zur prophylaktischen Migräne-Therapie erfolgreich die Bereiche der Stirn, der Glabella und temporal Region. Dadurch lässt sich häufig die Zahl der Migräne-Anfälle deutlich reduzieren. Uns ist es ein großes Anliegen, diese zusätzlichen therapeutischen Möglichkeiten bei der Migräne bekannt zu machen. Zur Beratung kommen Patienten auch mit Fragen zu Behandlungen des Musculus masseter bei Verspannungen in Kiefergelenk. Auch hier lassen sich gute Erfolge mit Botox realisieren. Da arbeiten wir gerne mit Zahnärzten Hand in Hand. Die Patientenzufriedenheit in diesen eher unbekannten therapeutischen Bereichen ist sehr hoch.

Wie laufen die therapeutischen/ästhetischen Behandlungen in den von Douglas angemieteten Räumen genau ab?

Durch die Ärzte findet in der Praxis eine ausführliche Beratung mit Aufklärung über Risiken, alternative Behandlungsmethoden, schriftlicher Dokumentation sowie einer Fotodokumentation statt.

Wer führt die Behandlungen dort durch?

Unabhängige Fachärzte.

Unterscheidet sich die Behandlung in den Räumen von Douglas von der in anderen Kliniken für Plastische Chirurgie?

Es finden ausschließlich minimalinvasive Behandlungen statt. Die Ärzte haben eine besondere zusätzliche Fortbildung in der PAAU-Akademie absolviert, bei der insbesondere die Gesichtsanalyse, die spezielle Anatomie mit Gefäßverläufen und spezielle Behandlungstechniken geschult werden. Patientensicherheit steht an erster Stelle.

Welche Kunden will PAAU in den Douglas Flagship Stores ansprechen?

Wir ermöglichen den Patienten einen niedrigschwelligen Zugang zu minimal invasive Behandlungen in den großen deutschen Städten

Handelt es sich dabei um ein anderes Klientel als in Ihrer „Klinik am Rhein“?

Wir beraten auch viele Patienten, die zum ersten Mal die Möglichkeit haben, mit einem Facharzt über ihre Wünsche zu sprechen. Das heißt sie sind ganz am Anfang ihrer „patient journey“ – das heißt, es findet häufig keine Behandlung statt, sondern lediglich eine fundierte Beratung.

Ist eine Zusammenarbeit an weiteren Standorten geplant?

Ja, es sind weitere Standorte geplant, zum Beispiel in Berlin oder Köln

Wie wird denn das Angebot in den fünf Douglas-Stores von den KundInnen bisher angenommen?

Das Interesse ist hoch und die Möglichkeit einer Beratung wird gerne angenommen. Besonderheit ist die Verfügbarkeit der Ärzte in den Abendstunden und auch samstags.

Welche Behandlungen sind am stärksten nachgefragt?

Je nach Altersgruppe sind die Anfragen unterschiedlich. Die Patienten zwischen 20 und 25 Jahren fragen eher nach Lippenbehandlungen. Die übrigen Altersgruppen eher nach Botulinum und Filler-Behandlungen mit Hyaluron. Eins eint alle Patienten und auch unsere Ärzte: der Wunsch nach einem natürlichen und frischen Aussehen.

Und wie sind die Rückmeldungen der KundInnen?

Die Resonanz ist sehr gut, da sich viele Patienten einen unkomplizierten Austausch mit einem Facharzt wünschen, bisher aber keine Möglichkeit dazu gehabt haben.

Wie sind die Rückmeldungen von Kollegen zu dem Schritt, mit Douglas zusammen zu arbeiten? 

Tatsächlich arbeiten wir nicht mit Douglas zusammen, wir mieten Räumlichkeiten in zentralen Lagen in großen Städten an, um unabhängige Arztpraxen zu gründen. Unsere Kollegen finden das Konzept sehr spannend und schätzen den einfachen Austausch im Rahmen der PAAU-Akademie. Kollegen und Patienten profitieren dabei gleichermaßen. Als Ärzte legen wir besonderen Wert auf die Unabhängigkeit und dass selbstverständlich sämtliche Entscheidungen stets im Patientenwohl getroffen werden. Dies ist bei PAAU zu jederzeit sichergestellt – daher ergänzen sich die Bereiche hervorragend.

Sehen Sie einen Trend, dass Botox- und Hyaluron-Behandlungen in Deutschland zunehmend nachgefragt werden?

Wir sehen eine bundesweite Zunahme der minimalinvasiven Behandlungen mit Botulinum und Hyaluron in unseren Praxen. Dieser Trend wird auch durch unsere Fachgesellschaft DGPRÄC (Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen e.V.) in ihren Zahlen von 2021 bestätigt. Danach beträgt der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr 15 Prozent.

Nach Ansicht von Prof. Dr. Paula-Irene Villa Braslavsky gibt es eine abnehmende Stigmatisierung und Zunahme von kleinen Eingriffen wie Botox-Injektionen. Die Soziologin von der Universität München forscht seit vielen Jahren zur gesellschaftlichen Rolle von Schönheit und Jugend. Gegenüber dem Deutschlandfunk sagte sie 2021, sie halte es durchaus für wahrscheinlich, dass es irgendwann genauso üblich sein werde, kleinere Optimierungen vorzunehmen, wie es heute für manche Menschen selbstverständlich ist, Körperhaare zu entfernen. Diese Vermutung stütze auch ein Blick auf die Forschung der vergangenen Jahrzehnte.

Douglas verkauft online jetzt auch Medikamente

Der Parfümerie-Riese verstärkt aber auch über das neue Botox-Angebot hinaus seine Bemühungen als Player im Gesundheitsmarkt: Im Februar kaufte Douglas die niederländische Versand-Apotheke Disapo, die vor allem in Deutschland und in China Medikamente vertreibt. Mit dem Einstieg in den Online-Apothekenmarkt erschließe ihr Unternehmen „ein enormes Wachstumsfeld“, da die Märkte für Schönheit und Gesundheit zunehmend zusammenwachsen, sagte Douglas-Chefin Tina Müller damals. Eben dies beobachte man ganz klar an den Wünschen der Kundinnen und Kunden.

Im September richtete Douglas dann mit seinem „Beauty + Health Summit“ im neu eröffneten Luxus-Store auf der Düsseldorfer Königsallee eine Veranstaltung aus, auf der auch die Möglichkeiten und Grenzen einer verantwortungsvollen Botox-Therapie diskutiert wurden. Mit auf dem Podium saßen die beiden Chirurgen Manassa und Hofheinz sowie die Zahnärztin Dr. Mariana Mintcheva.


So wie Douglas seine Dienstleistungen durch das Anbieten von professionellem Schminken und die Einbindung von Arztpraxen in seine Flagship Stores erweiterte, vergrößert die Kette nun mit Disapo ihr Produktsortiment. Rund 11.000 nicht-rezeptpflichtige Apothekenprodukte sind im deutschen Webshop gelistet, berichtete apotheke adhoc. Hersteller wie Beiersdorf, Sanofi oder GlaxoSmithKline argumentierten daraufhin, sie sähen sich zwar weiterhin den stationären Apotheken verpflichtet, wollten sich aber auch nicht unvermeidlichen Marktmechanismen versperren. Zudem sei das selektivvertragskonforme Marktplatzmodell von Douglas vergleichbar mit dem anderer Online-Plattformen.

Douglas-Kunden, die online Schmerz- und Schlaftabletten oder apothekenpflichtige Nahrungsergänzungsmittel kaufen, erhalten im Kleingedruckten den Hinweis, dass Douglas selbst keine Apotheke betreibt und auch nicht berechtigt ist, apothekenpflichtige Produkte abzugeben oder zu diesen pharmazeutisch zu beraten. Bei Fragen sollen sie sich darum bitte an die „Partnerapotheke“ Disapo wenden.

Von der Seife zum Parfüm – und zu Botox

Die Parfümerie Douglas ist eine 1910 in Hamburg gegründete international operierende Parfümerie-Filialkette mit Sitz in Düsseldorf. Die GmbH gehört seit Juni 2015 zu 85 Prozent dem Finanzinvestor CVC Capital Partners und zu 15 Prozent der Familie Kreke. Mit rund 1.900 Filialen in Europa – 330 davon in Deutschland – und einem Umsatz von 3,1 Milliarden Euro 2020/21 ist Douglas Marktführer in Europa.

Der Name geht zurück auf den schottischen Seifensieder John Sharp Douglas. Der gebürtige Glasgower gründete am 5. Januar 1821 in Hamburg die Seifenfabrik „J.S. Douglas“. Durch eine Verkürzung des Verseifungsprozesses konnte Douglas seine Duftseife für eine breitere Käuferschicht zu einem erschwinglicheren Preis anbieten. Als er 1847 starb, wurde das Geschäft von seinen Söhnen Thomas und Alexander unter dem Namen „J.S. Douglas Söhne“ weitergeführt. Später verkauften sie den Betrieb an die Hamburger Kaufleute Gustav Adolph Hinrich Runge und Johann Adolph Kolbe. 1890 wurde Kolbes Sohn Gustav Adolph Alleinbesitzer des Unternehmens und übergab 1909 seiner Frau Berta die Verantwortung über die Seifenfabrik.

Ein Jahr später erteilte Berta Kolbe den Schwestern Anna und Maria Carstens die Lizenz, unter dem etablierten Namen „Douglas“ eine Parfümerie zu eröffnen – unter der Bedingung, dass die Schwestern ihre Seifenprodukte künftig exklusiv von der Seifenfabrik Douglas beziehen. Diese erste „Parfümerie Douglas“ am Neuen Wall in Hamburg blieb 110 Jahre bestehen. Im Oktober 2020 wurde sie durch den „Luxus-Store“ am Jungfernstieg ersetzt – in dem auch Botox gespritzt wird.

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