Neue Rechtslage seit Anfang 2002

Schnelles Handeln bei säumigen Zahlern

Seit Anfang des Jahres hat sich für Zahnärzte in Sachen Schuldrecht einiges geändert. Zwar wird es (wie bei jeder gesetzlichen Neuerung) mehrere Jahre dauern, bis ein genauer Überblick über die neue Rechtslage geschaffen ist. Die neue Rechtskultur wird sich erst durch richterliche Entscheidungen herausbilden müssen. Dessen ungeachtet sind einige gesetzliche Neuerungen schon heute für den Zahnarzt von Interesse und Bedeutung.

Änderungen im Verjährungsrecht

Das Verjährungssystem ist vereinheitlicht worden. Einige Verjährungsfristen wurden drastisch verkürzt, andere dagegen verlängert. Die neuen Vorschriften gelten für alle ab dem 1. Januar 2002 entstehenden Ansprüche. Für Ansprüche, die vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind und bis zum 31. Dezember 2001 noch nicht verjährt waren, gilt der Grundsatz: Es läuft die Verjährungsfrist, die im Vergleich zwischen der alten und der neuen Frist kürzer ist.

• Von bisher zwei Jahren wurde dieVerjährung von Honoraransprüchenauf drei Jahre verlängert. Sie beginnt mit Ende des Jahres, aus dem der Anspruch stammt (in dem also die zahnärztliche Leistung erbracht beziehungsweise die korrekte Rechnung erstellt wurde und der Schuldner diese auch erhalten hat). Eine Honorarforderung vom 2. Mai 2002 würde demnach am 31. Dezember 2002 beginnen, zu verjähren. Die Verjährungsfrist endet drei Jahre später am 31. Dezember 2005.

Bisher wurde die Verjährung zum Beispiel durch Zustellung eines Mahnbescheides oder durch Erhebung der Klage unterbrochen. Wurde diese Unterbrechung beendet, begann die ursprüngliche Verjährungsfrist neu zu laufen. Nach neuem Recht wird die Verjährungsfrist durch die Einleitung der oben genannten Maßnahmen nur noch gehemmt. Das bedeutet, dass eine Verjährung nicht weiterläuft, sondern „ruht“. Anschließend läuft die ursprüngliche Verjährungsfrist weiter.

Für eine Hemmung reicht eine einfache Mahnung nicht aus. Der Zahnarzt muss nach wie vor zu drastischeren Mitteln greifen – etwa Klageerhebung oder Zustellung des Mahnbescheides im Mahnverfahren. Neuerdings ruht der Ablauf der Verjährungsfrist auch dann, wenn zwischen Zahnarzt und säumigem Zahler Verhandlungen stattfinden. Aber wie gesagt: Nach Abbruch der Verhandlungen läuft die bis zum Verhandlungsbeginn abgelaufene Verjährungsfrist weiter. Zukünftig kann also ein zügiges Handeln seitens des Zahnarztes erforderlich sein.

Was bisher als Unterbrechung der Verjährung bezeichnet wurde, heißt nun „Neubeginn der Verjährung“. Wie die eindeutigere Wortwahl schon darstellt, beginnt eine Verjährungsfrist von Neuem, wenn der Patient gegenüber dem Zahnarzt – zum Beispiel durch Abschlagszahlung – den Anspruch anerkennt. Gleiches gilt, wenn eine Vollstreckung beantragt oder vorgenommen wurde.

• Bisher galt für dieVerjährung von Verletzungen der Vertragspflichten– wie etwa der Sorgfaltspflicht aus dem Behandlungsvertrag – eine Frist von 30 Jahren. Diese Verjährungsfrist aus vertraglichen Haftungsansprüchen wurde auf drei Jahre verkürzt. Aber: Die Dreijahresfrist beginnt erst mit Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Geschädigte Kenntnis von der Person des Schädigers und den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat.

Gerade das subjektive Element der Kenntniserlangung kann dazu führen, dass die Dreijahresfrist erst Jahre nach dem schädigenden Ereignis beginnt – nämlich dann, wenn sich die Folgen einer vermeintlichen ärztlichen Fehlbehandlung zeigen. Zur Vermeidung „ewiger Verjährungsfristen“ sieht das neue Recht Verjährungshöchstgrenzen unabhängig von der Kenntniserlangung des Geschädigten vor. Diese laufen, je nach Art des entstandenen Schadens, zwischen zehn und 30 Jahren.

Keine Änderung der Verjährungsfristen hingegen erfolgte im Bereich der deliktischen Ansprüche, also dem Bereich, aus dem der Schmerzensgeldanspruch resultiert. Weiterhin wird die Verjährung drei Jahre ab Kenntnis des schädigenden Ereignisses betragen. Auch hier gelten die zuvor erwähnten Höchstgrenzen. Somit wurden die Verjährungsfristen für vertragliche Haftungsansprüche und für deliktische Haftungsansprüche angepasst.

Verjährung von Gewährleistungsansprüchen:Die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche eines Zahnarztes, gleichgültig ob gegen Zahntechniker oder sonstige Lieferanten, verjähren nunmehr erst nach zwei Jahren. Dagegen beträgt die Gewährleistungsfrist für Mängelansprüche bei einem Bauwerk wie bisher fünf Jahre.

Änderungen im Kaufrecht

Das gesamte Kaufrecht ist umfassend neu und verbraucherfreundlich gestaltet worden. Der Gesetzgeber geht nun davon aus, dass bei einem mit Mängeln behafteten Kaufgegenstand dem Verkäufer zunächst die Möglichkeit zur Nachbesserung einzuräumen ist. Die Nachbesserung kann durch Mangelbeseitigung oder Lieferung einer mangelfreien Ware erfolgen. Insoweit hat der Käufer grundsätzlich ein Wahlrecht. Gelingt die Nachbesserung nicht, kann der Käufer den Kaufpreis mindern oder vom Vertrag zurücktreten und sogar Schadensersatz verlangen. Schadensersatzansprüche beschränken sich dabei nicht nur auf Ansprüche gegenüber dem Verkäufer, sondern können auch gegenüber dem Hersteller der Ware bestehen – insbesondere, wenn dieser eine Garantieerklärung abgegeben hat.

Bezüglich der Reichweite der Käuferrechte unterscheidet das Gesetz künftig danach, ob an dem Geschäft ein Verbraucher (so genannter Verbrauchsgüterkauf) oder nur ein Unternehmer beteiligt ist. Für den Fall des Verbraucherkaufes wurden die Verbraucherrechte erheblich ausgeweitet.

Kauft ein Zahnarzt eine Ware, so ist zu unterscheiden, in welcher Eigenschaft er diese erwirbt. Kauft er sie für den Privatbereich, handelt er als Verbraucher und die gesetzlichen Verjährungsfristen können nicht durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers verkürzt werden. Bei neuen Waren beträgt diese zwei Jahre, bei gebrauchten Gegenständen mindestens ein Jahr. Kauft er die Ware für seine Praxis, handelt er als Unternehmer. Hier ist eine Verkürzung der Verjährungsfristen durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig.

Verzugszinsen

Ebenso wirkt sich diese Neugliederung auf fällige Verzugszinsen aus. Befindet sich der Zahnarzt im Zahlungsverzug gegenüber einem Lieferanten oder seinem Labor, muss er auf Grund seines Unternehmerstatus einen höheren Verzugszins zahlen, als ein Verbraucher im Privatbereich. Bei Unternehmern liegen die Verzugszinsen acht Prozent über dem Basiszinssatz von zurzeit 2,57 Prozent. Dagegen wird der Verbraucher nur mit fünf Prozent über dem Basiszinssatz belastet.

Der Verbraucherstatus gilt selbstverständlich auch für Patienten. Begleicht ein Patient nicht innerhalb von 30 Tagen nach Rechnungslegung die zahnärztliche Liquidation, befindet er sich automatisch (auch ohne Mahnung) in Verzug. Da der Patient jedoch Verbraucher ist, muss auf der Liquidation ein Hinweis über den automatisch eintretenden Zahlungsverzug erfolgen. Um hier Probleme hinsichtlich des Verzugseintritts zu vermeiden, ist es empfehlenswert, auf der Honorarrechnung einen genauen, angemessenen Leistungszeitpunkt zu setzen (etwa: „Zahlung zwei Wochen nach Erhalt der Rechnung“). Wird nach dieser Zeit nicht gezahlt, befindet sich der säumige Patient automatisch in Verzug. Weitere Mahnungen (gegebenenfalls mit weiteren Fristsetzungen) sind nicht erforderlich.

Änderungen im Arbeitsrecht

Die neue Gesetzeslage hat auch Auswirkungen auf das Arbeitsrecht. Der Gesetzgeber weist dem Zahnarzt als Arbeitgeber im Ergebnis den Unternehmerstatus zu. Damit erlangt der Arbeitnehmer den höher schutzwürdigen Status des Verbrauchers. Daraus folgt, dass Unklarheiten im Arbeitsvertrag im Zweifel zu Lasten des Zahnarztes gehen. Ebenso dürfen Bestimmungen im Arbeitsvertrag den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.

Die Vielfalt der Gesetzesänderungen wird in den nächsten Jahren Zahnärzte und Gerichte beschäftigen. Denn erst durch entsprechende richterliche Auslegung wird eine zunehmende Rechtssicherheit entstehen.

Dr. Sigrid Olbertz, MBAZahnärztin undMaster of Business AdministrationIm Hesterkamp 12 a45768 Marl

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