Präventivmedizin

Raucherentwöhnung für Herz und Lunge ein Geschenk

Besonders für Patienten, bei denen das Rauchen bereits deutliche gesundheitliche Schäden hinterlassen hat, wird die Entwöhnung vom Glimmstängel zu einem dringlichen, manchmal lebensnotwendigen Ziel. Zwei prospektive Studien zeigen nun, dass auch bei diesen angegriffenen Patienten die „Pille gegen das Rauchen“ einen wirksamen Weg zur Abstinenz eröffnet

Eine der wichtigsten vermeidbaren Ursachen für den Herzinfarkt stellt das Rauchen dar. Man hat in den Zigaretten auch den wichtigsten Schadstoff ausgemacht, das Kohlenmonoxid, betonte der Münchner Kardiologe Dr. Peter Boliljanoff auf dem Pressegespräch „Raucherentwöhnung mit Herz und Verstand“ Anfang Dezember in Hamburg. Kohlenmonoxid ist ein potenter Endothelkiller und Gegenspieler des protektiven HDL-Cholesterins. Wie sich nun an einer Studie mit 626 Herzpatienten aus zehn Ländern zeigte, vermag die Einnahme von einer Tablette 300 mg Bupropion SR (Zyban ®) über sieben Wochen 43 Prozent der starken Raucher abstinent zu machen (unter Plazebo waren es 19 Prozent). Nach einem halben Jahr waren es noch 27 Prozent, aus der Plazebo-Gruppe elf Prozent. Die Medikation war gut verträglich. Im Vergleich zu Plazebo traten lediglich Schlafstörungen, Mundtrockenheit und Schwindel etwas häufiger auf. Wenn der behandelnde Arzt diese Nebenwirkungen ankündigte, gab es in der Regel keine Probleme für die Anwender, die im Übrigen die Tabletten selbst zahlen (eine Tagesdosis liegt unter dem Preis für eine Schachtel Zigaretten). Bupropion wird als einziges nikotinfreies Medikament zur Unterstützung der Raucherentwöhnung speziell von Fachärzten wie Kardiologen und Pneumologen bevorzugt, weil die Erfolgsraten höher sind und die Patienten eher abstinent werden.

Zur Sicherheitsdiskussion der vergangenen Wochen sagte Dr. Lars Bergmann, Fachreferent für Neurologie der Münchner Herstellerfirma, dass unter der beobachteten Zahl von mehr als acht Millionen Bupropion-Anwendern keine bedrohlichen Nebenwirkungen bekannt wurden, wenn man Patienten, die zu Krämpfen neigen, von der Therapie ausschließt.

Bei chronischer Bronchitis

Gemessen am forcierten expiratorischen Volumen (FEV) sind Patienten mit chronisch-obstruktiven Lungenkrankheiten (COPD) auf einem lebensgefährlichen Weg zur definitiven schweren Behinderung durch Versiegen der Lungenfunktion. In einem leidenschaftlichen Plädoyer warb Prof. Pál László Bölcskei, Nürnberg und München, für die Raucherentwöhnung bei diesen Patienten. Er verwies auf die in der Abbildung dargestellte abfallende Lungenfunktionskurve bei Rauchern und die Verbesserung beim Ausstieg aus der Nikotinsuchtkrankheit.

Auch bei Patienten mit COPD und mehreren vergeblichen Versuchen, das Rauchen aufzugeben, gibt es eine Studie mit Bupropion SR. 404 Patienten wurden für zwölf Wochen behandelt und auch hier schafften doppelt so viele mit Hilfe der Tablette als unter Plazebo den Verzicht auf die Zigarette (18 versus zehn Prozent). Die Abstinenzraten nach einem halben Jahr waren 16 beziehungsweise neun Prozent.

Bölcskei begründet die geringere Erfolgsrate im Vergleich zu den Herzpatienten damit, dass es sich hier quasi um einen harten Kern der Raucher handele, die es oft wohl schon aufgegeben hätten, noch auf eine Gesundung zu hoffen. Sicher spiele es auch eine Rolle, dass die COPD schleichend verläuft, so dass der Leidensdruck wie auch das direkte Erlebnis des Abstinenzerfolgs für die Patienten nicht so deutlich sind wie bei den Herzpatienten.

Pharmakologische Mogelei

Noch kurz zum Wirkprinzip von Bupropion: Das Mittel greift genau dort im ZNS an, wo der Raucher mit jeder neuen Zigarette einen Kick setzt, der ihn aktiviert und „belohnt“, wie sich der Allgemeinarzt Dr. Otmar Caréwicz, Dossenheim, ausdrückte. Fällt die Nikotinwirkung im Hirn ab, so geilt der Raucher nach der nächsten Zigarette. Diesen „Schmacht“, wie Caréwicz sich ausdrückte, mildert Bupropion. Es lässt die Neurotransmitter auf einem niedrigen, aber spürbaren Niveau, so dass der Abfall der Nikotinwirkung nicht mehr als Mini-Entzug gefühlt wird. Aber auch hier gilt: Ohne einen starken Willen auf dem Boden einer klaren Einsicht und einen deutlichen Entschluss aufzuhören wirkt auch die beste Pille nicht. Es sei Sache der Ärzte (und der Zahnärzte?), nicht nur mit gutem Beispiel voranzugehen, sondern auch gefährdete Herz- oder Lungenkranke unter ihren Patienten gezielt anzusprechen.

Dr. T. U. Keil

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