Veräußerungsgewinne aus Immobilien

Staatliche Bausünden

Bei der geplanten Besteuerung der Veräußerungsgewinne aus Immobilienverkäufen werden viele staunen, wie überhaupt ein Veräußerungsgewinn aus einem vermieteten Objekt steuertechnisch korrekt errechnet wird. Ein Gewinn entsteht nämlich nicht dadurch, dass der erzielte Preis höher ausfällt als der Anschaffungspreis. Vielmehr muss der Buchwert des Objekts vom Verkaufspreis abgezogen werden. Der Buchwert errechnet sich wie folgt: Reine Baukosten minus die realisierten Abschreibungen plus Grundstücksanteil. Denn Grundstücke unterliegen nicht der Abnutzung. Sie werden folglich nicht abgeschrieben.

Je älter eine Wohnimmobilie ist, um so höher fallen die Abschreibungen aus, zumal wenn bei einem Neubau in den ersten acht Jahren eine degressive Abschreibung zum Zuge kam. Danach greift eine lineare, das heißt immer gleiche Abschreibung in Höhe von anfangs zwei Prozent. Nach etwa zehn Jahren, so gilt die Faustregel, beträgt der Buchwert einer degressiv abgeschriebenen Wohnimmobilie nur noch rund die Hälfte vom Anschaffungspreis.

Der Fiskus holt sich über Steuern einen Teil der steuerlich relevanten Abschreibungen wieder zurück. Selbst wer mit Verlust statt mit Gewinn verkauft, muss bei abgeschriebenen Immobilien mit einem zu versteuernden Veräußerungsgewinn rechnen. Dadurch wird der Immobilienmarkt gespalten in vermietete und selbstgenutzte Wohnobjekte. Denn selbstgenutzte Häuser oder Wohnungen können nicht abgeschrieben werden.

Zusammenbruch

Entscheidend aber sind die Folgen dieser Besteuerung: Der Verkäufer zahlt Steuervorteile zurück, die ein Mietobjekt überhaupt erst rentabel gemacht haben. Er subventioniert somit im Nachhinein all seine Mieter. Viele Immobilienbesitzer können sich, weil sie draufzahlen müssen, einen Verkauf gar nicht mehr leisten. Der Immobilienmarkt für Objekte unter Abschreibung wird wohl völlig zusammenbrechen.

Umgekehrt wird wohl kaum noch jemand mit einer hohen Steuerbelastung vor Augen geneigt sein, eine Mietwohnung zu kaufen. Es sei denn, die Abschreibungen lassen sich auf die Miete umlegen, was gigantische Mietsteigerungen zur Folge hätte. Die Bauindustrie samt Bauhandwerk wird in ein ungeahnt tiefes Loch fallen. Der gesamten, vorwiegend mittelständisch geprägten Branche droht ein Fiasko mit Konkursen und Massenentlassungen.

Mehr noch: Der zumeist kostenintensive Unterhalt und die unvermeidbaren Renovierungen älterer Mietshäuser lohnen sich nicht mehr, wenn sich die Abschreibungen darauf in Strafsteuern verwandeln können. Innenstädte werden allmählich vergammeln, weil ja nur die abschreibungsfreien Grundstücke von bleibendem Wert sind. Der steuerlich massiv geförderte Aufbau Ost wird sich als gigantische Steuerfalle erweisen. Wer hier unbedingt verkaufen will oder gar verkaufen muss, gräbt sich ein Steuergrab. Womöglich nicht wenige werden es zur Zwangsversteigerung kommen lassen. Das nämlich könnte die „wirtschaftlichste“ Art sein, eine Ostimmobilie wieder los zu werden.

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