Podiumsdiskussion zur Kostenerstattung

Das System der Zukunft

Transparenz im Kosten- und Leistungsgeschehen des Gesundheitswesens wird in der Debatte um die Gesundheitsreform parteiübergreifend gefordert. Auf dem Berliner „Hauptstadtkongress Medizin und Gesundheit“ diskutierten Vertreter aus Ärzte- und Zahnärzteschaft in einer Podiumsdiskussion am 25. Juni Lösungswege. Die eindeutige Antwort: „Kostenerstattung in der Praxis“.

Angesichts der Bereitschaft in der Bevölkerung, sich auf Ausgaben für „all inclusive“- Urlaube und anderen Luxus einzulassen, ist die Diskussion um die Finanzierbarkeit des deutschen Gesundheitswesens wenig nachvollziehbar. So leitete Dr. Bernd Alles, Moderator der Podiumsdiskussion zum Thema Kostenerstattung im Berliner Kongress-Zentrum, die Ausführungen der Vorsitzenden von KZBV, KBV und Hartmannbund zur Problemlösung der „nicht mehr zukunftsfähigen Finanzierungslage“ im angeschlagenen Sachleistungssystem ein.  

„Die Kostenerstattung mit sozialverträglicher Selbstbeteiligung“ sei, so Hartmannbund- Vorsitzender Dr. Hans-Jürgen Thomas, das vom Hartmannbund favorisierte Modell. Erforderlich sei „die klare Bewertung der Leistung“. Ein vernünftiges, sicheres System, „das die Leistungserbringung in Euro sicherstellt und kalkulierbar macht,“ sei überfällig. Für ein Kostenbewusstsein der Bevölkerung in Sachen „Gesundheit“ sei Kostenkenntnis die Grundvoraussetzung.  

KBV-Chef Richter-Reichhelm konstatierte, dass der Versicherte bisher alle medizinischen Leistungen „barrierefrei nutzen kann – ein hohes Gut, was wir immer heftig verteidigt haben“, betonte Richter-Reichhelm. Allerdings bewirke das System auch den Missbrauch, beispielsweise in Form von ungerechtfertigter Inanspruchnahme von Ärzten auf Basis des Chipkarten-Prinzips. Vor diesem Hintergrund gelte es, einen „nichtkastrierten“, freien Wettbewerb zu schaffen.

Kostenbewusstsein über tages- oder quartalsbezogene Patientenquittungen zu schaffen, sei innerhalb des Systems keine Lösung. Der Versuch in Rheinhessen habe gezeigt, dass nur ein Drittel der Patienten diese Transparenz auch wirklich einfordert. Einen Test auf Tragfähigkeit habe die KBV mit ihrem zweigliedrigem Tarifsystem angeboten: Zum einen das Hausarztsystem mit Überweisungsverpflichtung zum Facharzt, zum anderen das „uneingeschränkte System“ mit freiem Zugang zum Facharzt auf der Basis von Kostenerstattung bei entsprechender Selbstbeteiligung. Die Chance dieser Systematik: „Der mündige Patient ist aktiv in seiner Entscheidung gefordert.“ In diesem System könnten Ärzte wie Patienten beide Systeme „mit kalkulierbarem Risiko testen“. Sein Votum: Die Kostenerstattung erlaubt eher als andere Systeme die geforderte Prüfung auf Wirtschaftlichkeit und Plausibilität. 

Als „System der Zukunft“ bezeichnete KZBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Jürgen Fedderwitz die Kostenerstattung. Angesichts der heute schon hohen Selbstbeteiligung beim Zahnersatz habe die deutsche Zahnärzteschaft im Feld dieser Systematik bereits „hohe Routine“. Das 1997 unter Gesundheitsminister Horst Seehofer eingeführte, dann nach kurzem Intermezzo wieder abgeschaffte System der Kostenerstattung beim Zahnersatz habe heute mehr denn je seine Berechtigung.  

Kostentransparenz durch Quittungen, wie sie jetzt in Rheinhessen getestet wurden, hätten „nur kurzfristigen Informationsnutzen“. Hinzu komme die Erfahrung, dass der Patient, „wenn Prothetik oder eine Füllung repariert werden muss“, im bestehenden System keinen Wert auf Garantie oder Qualität legt“. Hier müsse, wie im privaten Geschäftsgebahren, erst die nötige Transparenz der Kosten geschaffen werden, damit Qualität auch eingefordert wird.  

Zur Frage des System-Missbrauchs durch Patienten konstatierte der KZBV-Vorsitzende: „Dass Patienten mit dem Geld, das ihnen die Kassen geben, in die Dominikanische Republik reisen,“ sei unrealistisch. Das Prinzip der Kostenerstattung, das der Europäische Gerichtshof im Falle von im Ausland erbrachten Leistungen bereits für rechtens erklärt habe, führe auf nationaler Ebene angesichts des budgetierten Systems zur Zeit allerdings zu einer Benachteiligung deutscher Ärzte gegenüber ihren Europäischen Nachbarn. „Das ist mit uns nicht machbar,“ betonte Fedderwitz.

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