13. Jahrestagung des AK für Gerostomatologie e. V.

Gut gekaut ist halb verdaut – Zahnstatus und Ernährung bei Senioren

Unter diesem Motto stand die 13. Jahrestagung des Arbeitskreises für Gerostomatologie e. V. (AKG), die Ende September diesen Jahres unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Peter Pospiech in Homburg/Saar stattfand.

Die Ernährungsgewohnheiten älterer Menschen lassen sich nur sehr schwer verändern, berichtet Dr. Peter Koch-Gwinner, St. Wendel. Er stellte die Ergebnisse von sechs Studien vor, die die Ernährungsweise und Ernährungsdefizite von Senioren bearbeitet haben. Besonders verwies er auf die Arbeiten von Prof. Dr. Dorothee Volkert. Schlechter Appetit sowie Kau- und Schluckprobleme seien die Ursachen insbesondere für Unterernährung, da die Zufuhr von Ballaststoffen, Mineralien, Vitaminen, Protein und Fett zu niedrig sei. Die Defizite seien bei Männern höher als bei Frauen. Interventionen durch Änderung der Essgewohnheit, Verbesserung der Ernährungssituation und durch die zusätzliche Gabe von hochkalorischer, flüssiger Zusatznahrung hätten nicht die erwarteten Erfolge gebracht, auch wenn sich die Zahl der Klinikeinweisungen und der Behandlungstage im Krankenhaus reduziert hätte und es zu einer signifikanten Abnahme der Pflegebedürftigkeit gekommen sei. Er forderte eine bessere Prävention und eine frühere Intervention. Dazu müssten aber Ärzte und Zahnärzte der Ernährung mehr Beachtung schenken.

Dr. Florian Mack, Greifswald, konnte anhand der Daten aus der randomisierten, bevölkerungsrepräsentativen Querschnittsstudie SHIP (Study of Health in Pomerania) aufzeigen, dass der Ernährungszustand vom prothetischen Befund abhängt. Probanden mit neun oder weniger Zähnen hätten einen signifikant höheren Body Mass Index (BMI) und eine vermehrte Nahrungsaufnahme als Probanden mit zehn und mehr Zähnen je Kiefer. Er führt dies auf eine verbesserte Nahrungszerkleinerung mit mehr als zehn eigenen Zähnen und damit auf eine bessere Nahrungsverwertung zurück.

Die Berliner Arbeitsgruppe ZA Ralf Schneider, Dr. Erika Paulisch, Priv.-Doz. Dr. Dr. Claus Köppel und Prof. Dr. Klaus-Peter Lange stellte in ihrer Untersuchung fest, dass bei geriatrischen Patienten die Faktoren intellektueller Abbau, Immobilität und Instabilität eher Einfluss auf die Compliance hätten als die Mundgesundheit. Ihrer Meinung nach erscheint eine individuelle Betreuung dringend erforderlich, um durch die Gesunderhaltung der oralen Strukturen eine schmerzfreie Ernährung zu ermöglichen.

Ausbildungssituation in der Gerostomatologie

Alle 31 deutschen Universitätszentren für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde wurden von der Leipziger Arbeitsgruppe Dr. Ina Nitschke, ZA Alexander Ilgner und Prof. Dr. Thomas Reiber schriftlich befragt, ob und welche Aspekte der Gerostomatologie in den Unterricht einfließen. Sechs der 31 Universitäten bieten eine einsemestrige Vorlesung und sechs einen praktischen Unterricht in einer Senioreneinrichtung an. Lediglich an drei Universitäten werden theoretischer und praktischer Unterricht angeboten, obwohl 87,4 Prozent der für die Lehre verantwortlichen befragten Ausbilder eine spezielle Vorlesungsreihe zur Gerostomatologie begrüßen würden.

Totalsanierung vor dem Umzug ins Altenheim

ZA Mohammad Abed-Rabbo und Peter Pospiech, Homburg/Saar, stellten die ersten Ergebnisse einer Befragung der Saarländischen Alten- und Pflegeheime vor. Sie forderten vor dem Eintritt in ein Alten- oder Pflegeheim eine zahnärztliche Sanierung und neben dem ärztlichen auch einen zahnärztlichen Eingangsbefund.

Im zweiten Hauptreferat berichtete Prof. Dr. Wolfgang Götz, Bonn, über die strukturellen Veränderungen in der Mundhöhle älterer Menschen. Eine ungenügende Datenlage, individuelle Unterschiede und eventuell genetische und umweltbedingte Einflüsse erschwerten die Beurteilung echter altersbedingter Veränderungen. Trotz physiologischer und struktureller Veränderungen durch den Alterungsvorgang bliebe die Funktion des Kausystems bis in das hohe Alter erhalten.

Praxistipp: der Trick mit den Ma gneten

Unter dem Motto „Aus der Praxis für die Praxis“ stellte Arzt und ZA Peter Baum, Neuwied, die Kosten für die Neuanfertigung einer Prothese, entsprechend einem Behandlungsvorschlag für ältere Patienten (Um- und Aufbauprothese), den Kosten für die Unterfütterung und den anschließenden Austausch der Zähne gegenüber. Dipl.- Volkswirt und Zahntechniker Hsjalmar Stemmann, Hamburg, berichtete über die Möglichkeit, Magnete als Verankerungselement bei Hybridprothesen anzuwenden und erläuterte deren Einsatzgebiet. Er wies darauf hin, dass Magnete einfach auch in schon vorhandene Prothesen einzubauen seien und häufiger bei der Versorgung von Senioren zum Einsatz kommen sollten. ZA Wolfgang Bleileven, Bad Laer, stellte sein Praxiskonzept zur mobilen Betreuung von Patienten in Alten- und Pflegeheimen vor und zeigte die Vorteile auf, Patienten in ihren eigenen vier Wänden zu behandeln.

Die Leipziger Arbeitsgruppe erläuterte das unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Ina Nitschke in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis für Gerostomatologie e. V. (AKG) und mit Unterstützung der GABA GmbH entstandene computergestützte Trainingsprogramm für Pflegekräfte, Ärzte und pflegende Angehörige „Gesund im Alter – auch im Mund“. Konsiliarzahnärzte können dem Pflegepersonal dieses zur individuellen Schulung konzipierte Fortbildungsprogramm zur Verfügung stellen. (siehe auch in zm 24 Seite 63).

Dr. Hans Peter HuberZentrum ZMK, Abt. ProthetikRobert Koch Str. 40, 37075 Göttingenphuber@med.uni-goettingen.de

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