Neue S2k-Leitlinie mit Empfehlungen für Zahnärztinnen und Zahnärzte

So erkennen Sie orale Manifestationen der systemischen Sklerose

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Zahnmedizin
Die neue S2k-Leitlinie zur systemischen Sklerose enthält ein eigenes Kapitel zu Symptomen im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich mit Hinweisen zur Früherkennung und zu möglichen Therapieoptionen.

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie (DGRh) hat eine neue S2k-Leitlinie zur „Diagnostik und Therapie der systemischen Sklerose“ (SSc) veröffentlicht. Krankheitszeichen dieser seltenen, potenziell schwer verlaufenden Autoimmunerkrankung zeigen sich auch häufig im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich. Deshalb gibt es in der Leitlinie ein komplettes Kapitel mit neuen Empfehlungen, die sich direkt an Zahnärztinnen und Zahnärzte richten.

Systemische Sklerose

Die systemische Sklerose ist eine Systemerkrankung, die zu den Kollagenosen gehört und in Europa bei etwa 300 pro einer Million Menschen auftritt, was in Deutschland rund 20.000 Erkrankten entspricht. Frauen sind etwa 5-mal häufiger betroffen als Männer. Die genauen Ursachen sind noch weitgehend unklar. Sowohl erbliche Anlagen als auch Umwelteinflüsse spielen eine Rolle. Krankheitsbedingt kommt es durch Fehlsteuerungen im Immunsystem zu einer Überproduktion von Bindegewebe. Dadurch verhärten Haut und innere Organe zunehmend. Den Beginn der Krankheit markieren oft Veränderungen der Blutgefäße mit einer sogenannten Raynaud-Symptomatik. Die Hautsymptomatik beginnt oft mit einer Sklerodaktylie (Verhärtung im Bereich der Finger). Innerhalb der ersten fünf Jahre nach dem Auftreten der Raynaud-Symptomatik kommen bei dreiviertel der erkrankten Personen Organmanifestationen hinzu. Entscheidend für die Prognose sind vor allem die interstitielle Lungenerkrankung, die bei rund jedem zweiten Patienten auftritt, die pulmonal-arteriellen Hypertonie, unter der zehn Prozent aller Betroffenen leiden, sowie die renale Krise. Die Sterblichkeit von SSc-Patienten ist im Vergleich zu gesunden Personen um das Drei- bis Vierfache erhöht.

Die neue Leitlinie legt besonderes Gewicht auf eine frühzeitige Diagnose und einen raschen Therapiebeginn, um irreversible Organschäden vermeiden und die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig zu verbessern. Die Autorinnen und Autoren betonen die Rolle einer strukturierten, regelmäßigen Kontrolle der Krankheitsaktivität mit validierten Instrumenten. Dazu gehört zum Beispiel die Herzbeteiligung – eine der Haupttodesursachen der SSc.

Frenulumsklerose als Krankheitsvorbote

Von großer Relevanz ist bei SSc-Erkrankten der Zahn-, Mund- und Kieferstatus. Auch dazu gibt die neue Leitlinie Empfehlungen. Denn Mund, Zahnfleisch, Zunge und Zähne sind ebenso wie Kiefergelenk und Gesicht häufig am Krankheitsbild beteiligt. Bereits vor Diagnosestellung kann eine Frenulumsklerose ein Vorbote einer SSc sein, ebenso wie das radiologische SSc-Stafne-Zeichen (gleichmäßiger verbreiterter Parodontalspalt bei nicht-erhöhten Sondierungstiefen).

Resorptionen als Spätzeichen

Grundsätzlich zählen „die Mikrostomie, die Mikrocheilie, die periorale Fältelung, extra- und intraorale Teleangiektasien, das Skleroglosson, Gingivaretraktionen und die Hyposalivation beziehungsweise Xerostomie“ zu den typischen Symptomen einer SSc [DGRh, 2025]. Die kutane sowie labiale Sklerose führt zu Funktionseinschränkungen, zu denen auch die Dysphagie gehört.

Der perioralen Fältelung liegt eine Fibrose zugrunde, die die Mundöffnung deutlich einschränken kann. Auch ein gehäuftes Auftreten von Mundhöhlenkarzinomen, insbesondere bei der diffusen SSc-Form, wird in der Leitlinie erwähnt. Bei fortgeschrittener SSc können auch Resorptionen an verschiedenen Strukturen auftreten, zum Beispiel an den Kondylen, am Angulus mandibulae und am Processus coronoideus.

Mithilfe der MHISS-Skala („Mouth Handicap in Systemic Sclerosis“) können Zahnärzte einschätzen, wie stark Mundfunktion und -beweglichkeit beeinträchtigt sind und welche Faktoren bei Behandlungen beachtet werden müssen. Die Leitlinie enthält eine umfassende Tabelle zu verschiedenen orofazialen Symptomen mit entsprechenden möglichen Therapieoptionen. Im Hinblick auf die Prognose von Implantaten bei SSc-Patienten weisen die Autoren darauf hin, dass kaum Evidenz vorliegt.

Die Leitlinienautorinnen und -autoren präferieren die Behandlung von SSc-Erkrankten in spezialisierten Versorgungszentren durch ein interdisziplinäres Team. Dies umfasst neben Rheumatologinnen und Rheumatologen auch Expertinnen und Experten für Lunge, Herz, Niere und Haut. Sie betonen die Bedeutung der multidisziplinären Zusammenarbeit.

In den Leitlinien-Empfehlungen wurde festgelegt, dass eine zahnärztliche Vorstellung initial bei SSc-Diagnose erfolgen und danach mindestens einmal jährlich stattfinden sollte. Eine weitere Empfehlung besagt, dass eine radiologische Diagnostik durchgeführt werden sollte, um zu überprüfen, ob Frühsymptome vorliegen, wie ein verbreiterter Parodontalspalt, oder Spätsymptome, wie Knochenresorptionsprozesse.

Die vollständige Leitlinie ist unter der Registernummer 060-014 im Leitlinienregister der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und auf der Website der DGRh abrufbar.

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