Landessozialgericht zu „Nullabrechnern“

Auch bei nicht budgetierten Leistungen droht Wirtschaftlichkeitsprüfung

Martin Wortmann
Praxis
Zahnärzte müssen auch bei nicht budgetierten Prophylaxe-Leistungen mit einer Wirtschaftlichkeitsprüfung rechnen. Das entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in Celle in einem aktuell veröffentlichten Urteil.

Bei einer Vergleichsprüfung statistischer Verordnungszahlen sind dabei sogenannte Nicht- oder Nullabrechner nur dann herauszurechnen, „wenn ihre Häufigkeit eine gewisse statistische Relevanz hat“. Der Streit ist inzwischen beim Bundessozialgericht (BSG) anhängig.

Geklagt hatte eine zahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) aus dem Raum Hannover. Streitig ist die Gebührenordnungsposition (GOP) IP 5 (Versiegelung von kariesfreien Fissuren und Grübchen der bleibenden Molaren (Zähne 6 und 7) mit aushärtenden Kunststoffen, je Zahn).

Bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung stellte die Prüfungsstelle deutlich überdurchschnittliche Abrechnungen mit Überschreitungen zwischen 353 und 568 Prozent je Quartal fest.

Die Prüfungsstelle beließ der BAG Überschreitungen von 50 Prozent und kürzte die Honorare für die Quartale I/2009 bis I/2011 um 46.210 Euro. Der Berufungsausschuss erkannte eine Überschreitung von 150 Prozent an und setzte einen Regress von 30.224 Euro für die Quartale II/2009 bis I/2011 fest.

Mit ihrer Klage verwies die BAG darauf, dass viele Praxen die GOP IP 5 gar nicht abrechnen; dies verfälsche die Statistik. Zudem gehöre die Prophylaxe zu den Schwerpunkten der BAG. Den gerügten Kosten stünden für die Quartale II/2009 bis I/2011 kompensatorische Einsparungen in Höhe von 40.754 Euro gegenüber, davon 30.082 Euro allein für Füllungen.

"In jedem Teilbereich“ zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet

Wie schon das Sozialgericht Hannover wies nun jedoch auch das LSG Celle die Klage ab. „Insbesondere konnte der Beklagte (Berufungsausschuss) Leistungen der Individualprophylaxe auf Wirtschaftlichkeit prüfen“, heißt es in dem Urteil. Vertragszahnärzte seien „in jedem Teilbereich“ zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet.

Dabei könnten und müssten die Prüfgremien „auch andere als die in der Prüfverordnung vorgesehenen Prüfmethoden einsetzen, wenn sich im Einzelfall die Methode als nicht aussagekräftig oder nicht durchführbar erweist“.

Vor dem Hintergrund einer allgemeinen erheblichen und nicht mehr plausiblen Leistungsausweitung bei der keiner Budgetierung unterworfenen GOP IP 5 sei eine Einzelleistungsprüfung gerechtfertigt gewesen.

Eine Bereinigung der Statistik ist nicht erforderlich

Der Anteil der Nichtabrechner habe in den Streitquartalen zwischen elf und 13 Prozent gelegen. Dies erfordere noch keine Bereinigung der Statistik, weil diese umgekehrt auch Ausreißer nach oben erfasse, wie etwa die klägerische Praxis.

Eine Bereinigung sei bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Einzelleistungen „allenfalls dann erforderlich, wenn ihre Häufigkeit eine gewisse statistische Relevanz hat“.

Den Nachweis kompensatorischer Einsparungen habe die BAG nicht erbracht. Eine nur teilweise unterdurchschnittliche Abrechnungshäufigkeit reiche nicht aus. Zudem habe der Berufungsausschuss der Praxis eine hohe Überschreitung um 150 Prozent zugestanden. Von einer Einbeziehung des Gesamtfallwerts hätten die Prüfgremien angesichts des eingeschränkten Leistungsspektrums der BAG absehen dürfen.

Die Revision hatte das LSG nicht zugelassen. Das BSG hat inzwischen aber einer Beschwerde hiergegen stattgegeben, so dass auch der BSG-Vertragsarztsenat noch über den Streit entscheiden wird.

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Az.: L 3 KA 85/17
Urteil vom 29. November 2023
[Schriftlich veröffentlicht am 20.08.2025]

Vorinstanz Sozialgericht Hannover
Az.: S 35 KA 36/14
Urteil vom 25. Oktober 2017

kommend: Bundessozialgericht
Az.: B 6 KA 7/25 R
noch nicht terminiert

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