Erbschaftssteuererhöhung

Zeit zum Handeln

Angesichts radikal leerer Staatskassen fordern einige SPD-Politiker eine höhere Erbschaftsteuer. Auch das Bundesverfassungsgericht wird die Erbschaftssteuer wahrscheinlich verschärfen. Noch aber ist Zeit, der Steuerfalle zu entkommen.

Der Molkerei-Millionär Theo Müller („Alles Müller oder was?“) verkündete kürzlich seine neue Steuerstrategie: Er werde noch im November dieses Jahres mit seinen Kindern in den schweizerischen Kanton Zürich übersiedeln, um rund 200 Millionen Euro Erbschaftssteuern zu sparen. Sein breit verschachteltes Molkerei-Imperium werde er zu einer Holding umbauen, die dann ihren Sitz ebenfalls in Zürich habe.   

Sollte den Milch-Mann Müller allerdings innerhalb der kommenden fünf Jahre das Zeitliche segnen, war sein hoch komplexer Steuertrick für die Katz. So manches Mittelstandsunternehmen steht hier zu Lande in der Tat vor dem Ruin, wenn der Inhaber stirbt und seine Nachfolger den Betrieb weiterführen wollen: Betriebsvermögen wird immerhin mit 58 Prozent zur Erbschaftsteuer herangezogen, nicht börsennotierte Firmenanteile, wie die einer GmbH, sogar mit 65 Prozent.

Freibeträge sind nur „Peanuts“

Da sich das Betriebsvermögen – gerade, wenn mit wenig Schulden solide gewirtschaftet wurde – leicht auf Millionenbeträge summiert, sind die geltenden Freibeträge nach Lesart der Deutschen Bank geradezu „Peanuts“.

Allerdings schneiden deutsche Bundesbürger beim Privatvermögen im Vergleich zu Frankreich, Großbritannien oder den USA (noch) relativ günstig ab. Das gilt vor allem, wenn das Erbe aus Immobilien besteht. Hier veranlagt der Fiskus nur rund 50 Prozent des Verkehrswertes zur Steuer. Und da Ehegatten 307 000 Euro und Kinder einen Freibetrag von 205 000 Euro haben, bleibt so manches Einfamilienhaus von der Erbschaftssteuer verschont.

Konkret: Bei einem Vermögenswert bis 256 000 Euro wird in der niedrigsten Steuerklasse I ein Erbschaftssteuersatz von elf Prozent fällig, bei 512 000 Euro steigt er auf 15 Prozent und bis 5 113 000 Euro sind vom Ehegatten und den Kindern des Erblassers 19 Prozent zu zahlen. Der höchst mögliche Steuersatz (Steuerklasse III für nicht eheliche Partner, Verlobte, Großneffen oder sonstige nicht verwandte Erben) liegt bei 50 Prozent, wenn der Wert des Erbes über 25 Millionen Euro ausmacht. Nun aber gelüstet es nicht nur Politikern im Hinblick auf Erbschaften an der Steuerschraube zu drehen. Auch das Bundesverfassungsgericht ist erneut angerufen worden, bei der Bewertung von Immobilien- und Geldvermögen Gerechtigkeit herzustellen. Und die wird, falls in der ersten Jahreshälfte 2004 das erwartete Urteil gefällt wird, auf Gleichbehandlung hinauslaufen. Das heißt: Immobilien sind – genau wie börsennotierte Wertpapiere, terminlich gebundene Sparbriefe oder Geld auf Girokonten – nach dem aktuellen Wert zu besteuern. Das entspricht bei Immobilien dem Verkehrswert, also dem Preis, den das Objekt aktuell beim Verkauf erzielen würde. Die Politik ist dann aufgerufen, die Steuergesetzgebung entsprechend zu ändern.

Erbe günstig regeln

So lange haben die künftigen Erblasser noch Zeit, ihr Erbe steuergünstig bereits zu Lebzeiten zu verteilen. Es wäre naiv, bis über das Jahr 2005 hinaus die Dinge schleifen zu lassen. Wer nicht unter Zeitdruck geraten will, sollte so schnell wie möglich seine Erbangelegenheiten zu den heute noch geltenden Steuerkonditionen regeln.  

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Erbschaftssteuern erheblich zu reduzieren oder gar ganz zu vermeiden. Doch eine Wohnsitzverlagerung wie Müller sie plant, ist für Privatleute nicht ratsam. Sie wäre viel zu umständlich. Der Aufwand würde sich in den meisten Fällen nicht lohnen. Denn auch die Erben müssten Deutschland verlassen, um etwa in der Schweiz oder in Österreich von der Erbschafts- respektive Schenkungssteuer befreit zu werden.  

Folgende Steuersparmöglichkeiten bieten sich im Heimatland an:

Das Erbe vorab verschenkenund dabei die noch geltenden Freibeträge nutzen: Die steuerlichen Bedingungen für Schenkungen und Erbschaften sind gleich. Somit gelten bei Schenkungen die im Erbfall gültigen Freibeträge, und diese sogar mehrfach alle zehn Jahre: Für Ehegatten 307 000 Euro und für jedes Kind 205 000 Euro pro Ehegatte. Enkel, Urenkel sowie Eltern und Großeltern, also die Blutsverwandten im weiteren Umkreis, genießen einen Freibetrag von 51 200 Euro.  

Wer frühzeitig damit beginnt, sein Vermögen auf die in Frage kommenden Erben bis zur Höhe des jeweiligen Freibetrags zu verschenken, kann im Laufe von Jahrzehnten ein Millionenvermögen steuerunschädlich machen. Das verschenkte Vermögen gehört zwar rein rechtlich dem Beschenkten. Doch der Schenker kann sich den so genannten Nießbrauch vorbehalten. Er kann also, am besten vor einem Notar, mit der Schenkung deren Nutzung bis ans Lebensende verbinden.  

So kann ein Schenker die Kapitalerträge aus Wertpapieren für sich verbrauchen oder sich in der verschenkten Immobilie ein lebenslanges Wohnrecht zusichern. Die finanziellen Lasten und die sich daraus womöglich ergebenden Steuervorteile gehen auf den rechtlich relevanten Eigentümer, das heißt, auf den Beschenkten, über. Auf der Grundlage der verfassungsrechtlich garantierten Vertragsfreiheit lässt sich auch festlegen, dass ein Nießbraucher beim Verkauf oder bei der Umschichtung von Vermögensteilen mitbestimmen kann. Der Schenker kann dies zu seinen Lebzeiten aber auch untersagen.

Das Familienvermögen in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) einbringen:

Vor allem bei „kleinerem“ Vermögensbestand von unter einer Million Euro ist die Gründung einer Firma ratsam. Deren Zweck ist die Verwaltung des Vermögens. Das vorhandene Vermögen wird dabei einer Familien-GbR übertragen. Die Gesellschafter dieser GbR erhalten entsprechend der Erbverteilung prozentuale Anteile an diesem Unternehmen und werden in der Höhe ihrer Anteile und ihrer Freibeträge mit dem Firmenvermögen beschenkt. 

Im Gesellschaftervertrag last sich beispielsweise regeln, dass dem Erblasser ein lebenslanges Nutzungsrecht des Vermögens und seiner Erträge zusteht.

Die Familien-GbR ist ein ideales Modell für eine langjährige, stückweise Übertragung von elterlichem Vermögen auf die später erbenden Kinder. Das gilt vor allem dann, wenn es sich um gemischtes Vermögen aus diversen Immobilien und Wertpapieren handelt.   

Der Verwaltungsaufwand für eine Familien-GbR ist überschaubar. Gemessen am steuerlichen Nutzen sind die Kosten zu ihrer

Einrichtung und Verwaltung relative gering.

Eine Familien-GmbH gründen:

In Deutschland eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ins Leben zu rufen, ist mit relativ großem Aufwand und einigen Kosten verbunden. Die Gründung wird vor einem Notar besiegelt. Für Haftungszwecke muss ein Stammkapital von rund mindestens 25 000 Euro auf das Firmenkonto eingezahlt werden. Außerdem erfolgt beim zuständigen Amtsgericht eine Eintragung ins Handelsregister, die veröffentlicht wird. 

Allein schon wegen des großen Aufwands sollte das von der GmbH zu verwaltende Vermögen mehr als eine Million Euro betragen. Eine GmbH-Gründung lohnt sich vor allem dann, wenn überwiegend Kapitalanlagen dem GmbH-Vermögen zufließen. Denn eine GmbH kommt hier zu Lande in den Genuss von beträchtlichen Bewertungsabschlägen und Freibeträgen. Die persönlichen Schenkungsfreibeträge der Gesellschafter bleiben davon unberührt. Der Betriebsvermögensfreibetrag und der Bewertungsabschlag, die zusammen genommen beim Verschenken und Vererben den Wert des zu versteuernden Vermögens beträchtlich senken, können den von Hause aus noch vorhandenen Steuervorteil von Immobilien zumindest teilweise wettmachen.

Auch eine Zahnarztpraxis kann, wenn sie vererbt werden soll, steuergünstig in das „Betriebsvermögen“ einer Familien- GmbH einfließen. Wie das Familienvermögen und die Erträge daraus verteilt und die Stimmrechte definiert werden, regelt der Gesellschaftervertrag. Mit seiner Hilfe lässt sich auch dergesetzliche Pflichtteil (aus welchen Gründen auch immer) umgehen.

Eine GmbH & Co. KG zur Vermögensverwaltung gründen:

Diese Firmenform ist in erster Linie angesagt, wenn überwiegend Immobilienvermögen verwaltet und später auf Erben übertragen werden soll. Zum einen fällt hier – anders als bei der Einbringung von Vermögen in eine reine Kapitalgesellschaft wie einer GmbH – keine Grunderwerbssteuer an. Sie macht immerhin 3,5 Prozent des Verkehrswerts einer Immobilie aus. Zum anderen werden in einer GmbH & Co.. KG auch die Schulden des Unternehmens berücksichtigt. Dieser Tatbestand ist nicht unwichtig, da Immobilien, insbesondere vermietete, in aller Regel mit Hypotheken belastet sind. Die Schulden werden mit dem Nominalwert vom Firmenvermögen abgezogen. Das Vermögen selbst aber wird mit dem Bilanz-, nicht mit dem Verkehrswert berücksichtigt. Das heißt: Je weiter die Abschreibung fortschreitet, um so weniger ist – auf dem Papier – das Immobilienvermögen wert. Welche Rechte und Pflichten die Kommanditisten als Inhaber einer Familien-KG haben, regelt wiederum ein Vertrag, bei dem der Schenker und spätere Erblasser Regie führen kann.  

Freihändig, also ohne fachkundige Beratung und Betreuung, sollte niemand versuchen, ein Unternehmen zur Verwaltung und späteren Vererbung des Familienvermögens zu gründen. Im Gegenteil: Wer sich mit diesem Gedanken anfreundet, sollte sich von rechts- und steuerkundigen Fachleuten eingehend beraten lassen und ihnen auch das Prozedere übertragen. Drehund Angelpunkt ist bei allen drei empfehlenswerten Firmenformen der Gesellschaftervertrag. Auch der sollte nichts übers Knie gebrochen, sondern jeder Schritt hinreichend diskutiert und bedacht werden. Denn spätere Änderungen sind kein Kinderspiel. Dass fachkundige Beratung und Betreuung Geld kosten, versteht sich von selbst. Unter einem Kostenaufwand von rund 5 000 Euro dürfte nichts zu machen sein.

Rechnung nicht ohne den Fiskus machen

Die Überlegung, dem Finanzamt könne man eine Erbschaft verschweigen, ist ein Trugschluss. Standesämter informieren den Fiskus routinemäßig über jeden Todesfall. Banken sind gehalten, die Depotbestände und gemieteten Schließfächer eines Verstorbenen sofort zu sperren und der Steuer deren Existenz unverzüglich mitzuteilen. Das gilt auch für die unselbständigen Niederlassungen deutscher Banken in Luxemburg, Liechtenstein oder der Schweiz. Auch bankunabhängige Vermögensverwalter müssen beim Tod eines Mandanten dem zuständigen Finanzamt Meldung machen und sein Vermögen sofort sperren.  

Banken und Vermögensverwalter dürfen das Vermögen eines Verstorbenen erst wieder freigeben, wenn die Erben einen vom Nachlassgericht ausgestellten Erbschein vorlegen können. Auch wenn eine Immobilie den Besitzer wechselt, meldet der Notar diesen Vorgang an das Finanzamt, so dass sich auch Immobilienschenkungen nicht verheimlichen lassen.  

Wer unversteuerte Kapitalerträge in seinem Testament vermacht, begeht einen kapitalen Kunstfehler. Denn ein Testament wird vom Nachlassgericht „eröffnet“. Es wird damit zumindest für den Amtsgebrauch öffentlich. Den Erben bleibt dann nur noch die Möglichkeit, entweder das vermachte Erbe auszuschlagen (ein bisweilen nicht abwegiger Gedanke), oder aber die hinterzogenen Steuern samt Strafe und Hinterziehungszinsen nachzuzahlen.  

Ehe sie sich freuen, sollten die Erben in der vorgegebenen Frist gut rechnen. Auch bei Schwarzgeld auf Auslandskonten, selbst wenn es im Testament unerwähnt bleibt, ist Vorsicht geboten. Die Erben sind nämlich verpflichtet, innerhalb von drei Monaten nach einem Todesfall den gesamten Nachlass, somit auch das Schwarzgelderbe, dem Fiskus zu melden. Geschieht dies nicht, machen sie sich strafbar. Wird diese Straftat aufgedeckt, etwa durch einen leichtfertigen Transfer des geerbten Schwarzgeldes auf ein deutsches Konto, drohen empfindliche Strafen: Im Wohnbereich der Oberfinanzdirektion Berlin und Frankfurt wird bereits ab 50 000 Euro hinterzogener Steuern eine Freiheitsstrafe fällig, ansonsten zuallermeist ab 100 000 Euro.  

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