Typische Manifestation eines seltenen odontogenen Tumors

Benignes Zementoblastom des Unterkiefers

196427-flexible-1900

Kasuistik

Eine 45-jährige Patientin wurde uns zur Abklärung einer im Röntgenbild strahlendichten Läsion im Bereich des rechten Unterkiefers überwiesen (Abb. 1). Auf dem OPG erkennt man, dass der enossale Tumor in direkter Beziehung zur distalen Wurzel des Zahnes 46 steht und von einem feinen strahlendurchlässigen Randsaum umgeben ist (Abb. 1). Der Grund für die Überweisung der Patientin war die Größenzunahme des Befundes im Vergleich zur Röntgenaufnahme von vor neun Jahren (Abb. 2). Die Patientin hatte keine Beschwerden im Bereich des rechten Unterkiefers, und alle Zähne des Quadranten waren vital.

Der enossale Tumor wurde über eine marginale Schnittführung und Entnahme eines Knochendeckels dargestellt (Abb. 3). Makroskopisch und von seiner Beschaffenheit war das Tumorgewebe knochenähnlich und ließ sich nur in Fragmenten aus dem Unterkiefer entfernen (Abb. 4). Der N. alveolaris inferior verlief in seinem Kanal am Boden der resultierenden Knochenhöhle und wurde komplett erhalten. Die Wurzeln des Zahnes 46 wurden gekürzt und endodontisch aufbereitet.

Die histologische Untersuchung zeigte das typische Bild eines benignen Zementoblastoms mit verkalkter zellarmer Grundsubstanz, unregelmäßig angeordneten Kittlinien und eingelagerten Zellen mit plumpen Zellkernen (Abb. 5). (Das histologische Präparat wurde freundlicherweise von Dr. med. N. Simiantonaki, Institut für Pathologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, zur Verfügung gestellt)

Diskussion

Benigne Zementoblastome sind seltene, gutartige odontogene Tumoren [Neville et al., 2002; Reichart und Philipsen, 2004].

Mehr als 75 Prozent dieser Tumoren sind im Unterkiefer und mehr als 90 Prozent im Bereich der Prämolaren oder Molaren lokalisiert. Typisch ist die strenge Assoziation zu einer Zahnwurzel, wobei der Tumor vom Wurzelzement ausgeht [Reichart und Philipsen, 2004]. Der Tumor kann klinisch symptomlos sein oder auch zu Schmerzen, Schwellungen und bei entsprechender Lokalisation zu Parästhesien im Bereich des N. alveolaris inferior führen [Ulmansky et al., 1994]. Radiologisch zeigt das benigne Zementoblastom einen sehr charakteristischen Befund. Der meistens runde Tumor mit unmittelbarer Beziehung zur Zahnwurzel ist zentral röntgendicht und von einem transluzenten Randsaum umgeben [Reichart und Philipsen, 1999]. Die Ätiologie des Zementoblastoms ist unbekannt, auffällig ist aber das unbegrenzte Wachstumspotential dieses Tumors. Die Wachstumsrate wurde mit 0,5 Zentimeter pro Jahr abgeschätzt [Reichart und Philipsen, 2004]. Aufgrund des persistierenden Wachstums wird empfohlen, die Läsion schon im Frühstadium chirurgisch zu entfernen. Bei vollständiger Entfernung des Tumors ist ein Tumorrezidiv praktisch ausgeschlossen. Um dies zu erreichen, wird in den meisten Fällen der betroffene Zahn gleichzeitig entfernt. Bei kleineren und weiter apikal lokalisierten Befunden kann, wie im vorliegenden Fall, auch versucht werden, den Tumor vom Zahn zu separieren und den Zahn endodontisch zu behandeln.

Der vorliegende Fall zeigt eindrucksvoll die sehr charakteristischen Befunde des benignen Zementoblastoms. Obwohl der Tumor gutartig ist, sollte er aufgrund seines Wachstumspotentials frühzeitig entfernt werden.

Prof. Dr. Dr. Torsten E. ReichertKlinik und Poliklinik für Mund-, KieferundGesichtschirurgieKlinikum der Universität RegensburgFranz-Josef-Strauß-Allee 1193053 Regensburg

PD Dr. Dr. Martin KunkelKlinik für Mund-, Kiefer- und GesichtschirurgieJohannes Gutenberg-UniversitätAugustusplatz 255131 Mainz

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