Dresdner Auslandspraktikanten in Kanada

Härtetest für Dresdner Globetrotter

Insgesamt 24 Dresdner Studenten wagten seit 2001 den Schritt nach Kanada, um an den Satellitenkliniken der University of Alberta zu famulieren. Am anderen Ende der Welt erwarteten sie eine fremde Sprache, andere Behandlungsmethoden und eine neue Umgebung. Ob die angehenden Zahnärzte unter diesen Bedingungen auch gute Leistungen erbrachten? Dieser Frage ging eine umfassende Studie auf den Grund.

Eine Kooperationsvereinbarung zwischen beiden Universitäten ermöglicht Dresdner Zahnmedizinstudenten ein klinisches Praktikum an der University of Alberta zu absolvieren. Die Satellitenkliniken im unterversorgten Norden der westkanadischen Provinz garantieren ein praxisähnliches Umfeld, hohes Patientenaufkommen, teilweise ausgeprägte Erkrankungsbilder und einen hohen Behandlungsbedarf. Verbunden mit der ungewohnten Umgebung und fremden Sprache stellte diese Erfahrung eine erhebliche Herausforderung dar.

Zurzeit bleiben die Studenten fünf Wochen in Alberta – das vierwöchige Praktikum erfolgt im Anschluss an eine Orientierungswoche an der Zahnklinik in Edmonton. Ein erfahrener Zahnarzt aus Praxis oder Universität betreut die Studenten.

Noten für die Leistung

Die erste Evaluation des Praktikums basierte auf einer seit Jahren routinemäßig durchgeführten Leistungsbewertung nach standardisierten Kriterien. Der betreuende Zahnarzt beurteilte die Studenten jeweils für alle an einem Behandlungstermin vorgenommenen Maßnahmen: von einfacheren Aufgaben bis zu multiplen Extraktionen und prothetischen Versorgungen.

Bewertet wurden jeweils drei Kategorien: „Vorbereitungsphase“, „Durchführung der Behandlung“ und „Allgemeines Management“. Auf einer vierstufigen Skala beschrieben die Bewertungsstufen vier (beste) und drei eine klinisch akzeptable Leistung, während die Stufen zwei und eins (schlechteste) nicht akzeptablen Leistungen vorbehalten waren. Die Auswertung erfolgte retrospektiv an zwölf Studenten aus dem achten und zehnten Semester der Jahre 2002 und 2003, die an mindestens 18 von 20 Arbeitstagen bewertet werden konnten. Aus den Bewertungen aller Behandlungsfälle und Kategorien wurden für jeden Tag ein Tagesmittelwert sowie Dreitagesmittelwerte am Anfang und Ende des Praktikums als Qualitätsmaß gebildet.

Die Zahl der bewerteten Behandlungsfälle pro Student schwankte zwischen 51 und 70. Im Bereich der klinisch akzeptablen Leistung lagen 97 Prozent der Behandlungsfälle. Die durchschnittlichen Tagesmittelwerte befanden sich bei allen Studenten im akzeptablen Bereich. Bei neun Studenten war der Dreitagesmittelwert am Ende des Praktikums höher, also besser, als am Anfang. Der durchschnittliche Dreitagesmittelwert aller Studenten war am Schluss signifikant höher als am Anfang (3,56 zu 3,18, Students t-Test für gepaarte Stichproben, p< 0,05).

Den Kollegen ebenbürtig

Da man Unterschiede in den Bewertungsmaßstäben und einen Gastbonus nicht ausschließen kann, sollten die Ergebnisse zurückhaltend interpretiert werden. Dennoch war die Anpassungsfähigkeit der Studenten an das unbekannte Umfeld erstaunlich hoch. Die signifikant besseren Bewertungen am Ende des Praktikums zeigen einen messbaren Fortschritt: Nach einigen Tagen waren die meisten deutschen Studenten offensichtlich in der Lage, ihren kanadischen Kollegen ebenbürtige Leistungen zu erbringen. Dank ihrer hohen Motivation und des günstigen Umfelds konnten die Studenten ihre schwierigen Aufgaben meistern.

Die Ergebnisse einer Befragung der Studenten im Jahr 2003 bestätigen diese Einschätzung. Die Sprachbarriere wurde als kein wesentliches Hindernis gesehen. Alle Studenten bescheinigten dem Austausch einen hohen fachlichen Wert. Alle gaben an, dass ihnen die Verschiedenheit der klinischen Behandlungsverfahren bewusst geworden wäre.

Studenten mit der Vielzahl der Therapiealternativen vertraut machen und ihnen gleichzeitig Kritikfähigkeit vermitteln – das könnte in Zukunft eine der Hauptherausforderungen sein. Ein Auslandspraktikum ist dazu ein sehr gut geeignetes Instrument. Klinische Tätigkeiten außerhalb der Hochschulzahnkliniken sind als wichtiges Element des zahnmedizinischen Curriculums international anerkannt, wenngleich das Konzept in Deutschland bislang wenig umgesetzt wurde. Das hier beschriebene Praktikum verbindet die Praxiserfahrung mit einem Überseeaustausch außerhalb etablierter Austauschprogramme. Es ist in beiden Partnerinstitutionen mittlerweile sehr gut akzeptiert.

Dr. John Woronuk, Yvonne Pinchbeck,Department of Dentistry, Faculty of Medicineand Dentistry, University of Alberta,Edmonton AB, CanadaKorrespondenzadresse:Prof. Dr. Michael Walter, Prof. Dr. KlausBöning, Poliklinik für zahnärztliche Prothetik,Medizinische Fakultät Carl Gustav CarusTechnische Universität DresdenFetscherstr. 74, 01307 DresdenE-Mail:m.walter@rcs.urz.tu-dresden.de

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