Steuerrecht: Änderungen erlauben „gewillkürtes Betriebsvermögen“

Ein Gut – ob beruflich oder privat

Ob ein Wirtschaftsgut, das wie etwa das Auto sowohl beruflich als auch privat genutzt wird, zum Betriebsvermögen oder Privatgut zählt – das dürfen Freiberufler jetzt frei entscheiden. Dank dieser Entscheidung des Bundesfinanzhofs ergeben sich für Zahnärzte neue, vorteilhafte steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten.

Im Oktober 2003 hat der Bundesfinanzhof – das höchste deutsche Steuergericht – mit einer steuerlichen Benachteiligung von Freiberuflern, die ihren Gewinn per Einnahme-Überschuss-Rechnung ermitteln, Schluss gemacht. Entgegen jahrzehntelanger Verwaltungsmeinung dürfen demnach Ärzte, Zahnärzte und andere Freiberufler doch so genanntes „gewillkürtes Betriebsvermögen“ bilden.

Freiwillige Zuordnung

Damit kann ein Zahnarzt Wirtschaftsgüter, welche er sowohl privat als auch beruflich nutzt, freiwillig („gewillkürt“) dem Betriebsvermögen zuordnen. Hieraus ergeben sich neue Gestaltungsmöglichkeiten, die zu einer deutlichen Steuerersparnis führen können, besonders bei der Einnahmeüberschussrechnung.

Bislang galt ein Wirtschaftsgut automatisch als Betriebsvermögen, wenn es zu mehr als 50 Prozent betrieblich genutzt wurde. Nur für diesen Fall konnten die gesamten Aufwendungen für dieses Wirtschaftsgut als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, der Anteil der Privatnutzung war selbstverständlich abzuziehen. Wurde hingegen ein Wirtschaftsgut nicht „überwiegend“ – also zu mehr als 50 Prozent für die Praxis genutzt, so wurde es definitiv dem Privatvermögen zugeordnet, der Zahnarzt musste den auf die berufliche Nutzung entfallenden Anteil durch Aufzeichnungen nachweisen. Damit konnte er nur die auf diesen Nutzungsanteil – von im Einzelfall vielleicht 20 oder 30 Prozent – entfallenden Kosten als Betriebsausgaben steuermindernd geltend machen.

Diese Regelung benachteiligte bislang alle Zahnärzte, die ihren Gewinn per Einnahmeüberschussrechnung ermittelten. Doch mit dieser Benachteiligung ist nun Schluss, beschloss der Bundesfinanzhof: Nach seinem Urteil werden Zahnärzte, die ihren Gewinn per Einnahmeüberschussrechnung ermitteln, jenen gleichgestellt, die bilanzieren.

Ab sofort können alle Zahnärzte ein gemischt genutztes Wirtschaftsgut dem steuerlichen Praxisvermögen zuordnen. Damit können im Einzelfall erheblich höhere Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht werden, als bisher. Vorausgesetzt, dieses Wirtschaftsgut wird zu mindestens zehn und höchstens 50 Prozent für die zahnärztliche Tätigkeit verwendet und „unmissverständlich“ dem steuerlichen Unternehmensvermögen zugeordnet. Zum Beispiel, indem der Zahnarzt es in das betriebliche Bestandsverzeichnis aufnimmt.

„Unmissverständlich“ kann ein Zahnarzt gegenüber dem Fiskus den Nachweis erbringen, dass das Wirtschaftsgut der Praxis zuzuordnen ist, falls er es vom Praxiskonto bezahlt und auch die laufenden Kosten über das Praxiskonto abwickelt.

Doch Vorsicht, die Sache hat auch einen Nachteil: Zwar können für ein Wirtschaftsgut im Praxisvermögen im Regelfall höhere Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Aber bei einem späteren Verkauf oder einer Entnahme des Wirtschaftsgutes muss der entstehende echte oder fiktive Gewinn versteuert werden. Genaues Rechnen ist also dringend erforderlich!

Obwohl die neue Regelung für alle Wirtschaftsgüter gilt, ist gerade für einen Zahnarzt die steuerliche Handhabung des PKW von Interesse: Befindet dieser sich im Betriebsvermögen, können sämtliche Kosten als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, abzüglich des Privatanteils. Der wird entweder pauschal nach der „Ein-Prozent-Regelung“ oder – bei Vorlage eines Fahrtenbuches – mit dem tatsächlichen privaten Nutzungsanteil nachgewiesen. Die Ein-Prozent-Regelung berücksichtigt den Privatanteil an den Kfz-Kosten immer mit monatlich einem Prozent des Listenpreises, unabhängig vom Umfang der tatsächlichen privaten Nutzung.

Dabei führt die pauschale Schätzungsmethode, die – wie der Name sagt – ein Prozent veranschlagt, gerade bei geringer beruflicher Nutzung zu einer erheblichen Steuerersparnis: monatlich wird ein Prozent des inländischen Bruttolistenpreises des PKW zum Zeitpunkt seiner Erstzulassung dem Zahnarzt als privater Nutzungsanteil zugerechnet. Auch bei dem Kauf eines Gebrauchtwagens wird der Listenpreis des Wagens zum Zeitpunkt der Erstzulassung zugrunde gelegt. Kosten für eine Sonderausstattung – wie Aufwendungen für Diebstahlsicherung, Klimaanlage, Navigationsgerät und Standheizung – werden dem Listenpreis hinzugerechnet. Erfolgt der Einbau einer solchen Ausstattung erst nach dem Kauf, beginnt die Hinzurechnung selbstverständlich erst ab diesem Anschaffungszeitpunkt. Sonderausstattungen wie Autoradio, Autotelefon und Freisprecheinrichtung bleiben hingegen unberücksichtigt.

Zusätzlich zur Ein-Prozent-Regelung werden für die Fahrten von der Wohnung in die Praxis ein zusätzlicher Privatanteil von monatlich 0,03 Prozent des Listenpreises je Entfernungskilometer erfasst. Als Betriebsausgabe kann jedoch nur die Entfernungspauschale angesetzt werden, die seit dem 1. Januar 2004 auf 30 Cent je Entfernungskilometer gekürzt worden ist.

So rechnet sich’s

Zahnarzt Dr. Z nutzt zum Beispiel ganzjährig einen Neuwagen mit Bruttolistenpreis 40 000 Euro, 30 000 gefahrene Gesamtkilometern, davon 3 300 Kilometer beruflich, bei einer Entfernung von der Wohnung zur Praxis von zehn Kilometern an 200 Praxistagen im Jahr. Die tatsächlichen Kosten (AfA, Inspektionen, Steuern, Versicherung, Treibstoff, und mehr) betragen 18 000 Euro. Der PKW wird zu elf Prozent betrieblich genutzt, daher hat Dr. Z das Recht zu wählen, ob er ihn als Privatvermögen oder als „gewillkürtes“ Betriebsvermögen behandelt.

Möglichkeit A: Behandlung als Privatvermögen

Elf Prozent der 18 000 Euro, also 1 980 Euro sind als Betriebsausgabe anzuerkennen Daneben werden noch die Fahrten Wohnung-Praxis mit 200 Tagen à zehn Kilometer zu 30 Cent, also 600 Euro als Betriebsausgaben anerkannt.

Insgesamt werden 2 580 Euro steuermindernd berücksichtigt. Die Einkommensteuerminderung einschließlich Solidaritätszuschlag beträgt bei einem Steuersatz von 45 Prozent etwa 1 220 Euro.

Möglichkeit B: Behandlung als „gewillkürtes“ Betriebsvermögen

Die gesamten tatsächlichen Kosten von 18 000 Euro werden als Betriebsausgaben anerkannt.

Für die Privatnutzung muss Dr. Z pauschal 4 800 Euro (zwölf Monate à ein Prozent) sowie 1 440 Euro (zwölf Monate à 0,03 Prozent à zehn Kilometer) als Betriebseinnahmen berücksichtigen. Die Fahrten Wohnung-Praxis werden wieder mit 600 Euro als Betriebsausgabe anerkannt.

Insgesamt werden saldiert 12 360 Euro steuermindernd anerkannt. Die Einkommensteuerminderung einschließlich Solidaritätszuschlag beträgt bei einem Steuersatz von 45 Prozent etwa 5 870 Euro.

Allerdings ist es nicht immer von Vorteil, den PKW im Betriebsvermögen zu halten; folgende Aspekte sprechen eher dagegen:

• Der PKW hat einen extrem hohen Listenpreis

• Die laufenden Kosten sind sehr niedrig

• Die Entfernung Wohnung-Praxis ist sehr groß

• Erwerb eines gebrauchten PKW, da auch hier der Bruttolistenpreis für ein Neufahrzeug angesetzt wird. Die goldene Ausnahme von der Regel bilden die Oldtimer.

• Geringe Nutzung des PKW über viele Jahre

• Bei Verkauf oder Entnahme muss der Veräußerungs- oder Entnahmegewinn versteuert werden

• Die betriebliche Nutzung beträgt mehr als zirka 40 Prozent. In diesem Fall ist zwar der Vorteil der Ein-Prozent-Regelung zugegeben sehr gering, aber die zuvor genannten Nachteile könnten eventuell dennoch überwiegen.

Ein Beispiel macht’s deutlich: Zahnarzt Dr. A nutzt ganzjährig einen älteren PKW, damaliger Bruttolistenpreis 100 000 Euro, gefahrene Gesamtkilometer 30 000, davon 3 300 Kilometer für die Praxis, Entfernung Wohnung-Praxis 50 Kilometer, 200 Praxistage im Jahr. Die tatsächliche Kosten (AfA, Inspektionen, Steuern, Versicherung, Treibstoff, und mehr) betragen 30 000 Euro.

Der PKW wird zu elf Prozent betrieblich genutzt, daher hat Dr. W ein Wahlrecht, den PKW als Privatvermögen oder als „gewillkürtes“ Betriebsvermögen zu behandeln.

Möglichkeit A: Behandlung als Privatvermögen

Elf Prozent der 30 000 Euro, also 3 300 Euro sind als Betriebsausgabe anzuerkennen.

Daneben werden noch die Fahrten Wohnung-Praxis mit 200 Tagen à 50 Kilometer zu 30 Cent, also 3 000 Euro als Betriebsausgaben anerkannt. Insgesamt werden 6 300 Euro steuermindernd berücksichtigt. Die Einkommensteuerminderung einschließlich Solidaritätszuschlag beträgt bei einem Steuersatz von 45 Prozent etwa 2 990 Euro.

Möglichkeit B: Behandlung als „gewillkürtes“ Betriebsvermögen

Die gesamten tatsächlichen Kosten von 30 000 Euro werden als Betriebsausgaben anerkannt. Für die Privatnutzung muss Dr. W pauschal 12 000 Euro (zwölf Monate à ein Prozent) sowie 18 000 Euro (zwölf Monate à 0,03 Prozent à 50 Kilometer) als Betriebseinnahmen berücksichtigen. Die Fahrten Wohnung-Praxis werden wieder mit 3 000 Euro als Betriebsausgabe anerkannt. Insgesamt werden saldiert 3 000 Euro steuermindernd berücksichtigt. Die Einkommensteuerminderung einschließlich Solidaritätszuschlag beträgt bei einem Steuersatz von 45 Prozent etwa 1 420 Euro.

Dr. Sigrid OlbertzIm Hesterkamp 12a45768 Marl

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.