Hoher Ölpreis trifft die Verbraucher

Ausweichmanöver

Steigender Verbrauch, Terrorängste und Spekulanten gehören zu den Hauptursachen, die den Ölpreis in die Höhe treiben. Die Kosten für den Lebensunterhalt steigen; am Ende trifft es wie immer den Verbraucher. Er muss zusehen, wie er mit den steigenden Kosten für Sprit und Heizöl fertig wird, und sparen.

„Der Welt ist mit einem Mal klar geworden, dass sie nicht mehr selbstverständlich mit einer reichlichen und kostengünstigen Energieversorgung rechnen kann“, so zog Helmut Schmidt, damaliger Bundeskanzler, sein Fazit aus der ersten großen Ölkrise 1973/74. Grund für den Lieferboykott der Ölförderländer war der Ausbruch des arabisch-israelischen Krieges am Jom-Kippur-Tag. Den Niederlanden und den USA als Freunden Israels wurde der Ölhahn komplett zugedreht, neutrale Länder, wie die Bundesrepublik, bekamen ein Viertel weniger. Zusätzlich verdoppelte sich der Ölpreis, Benzin kostete 83 Pfennige pro Liter, ein sehr hoher Preis in Relation zu den damaligen Einkommen. Die Folgen: Atom- und Wasserkraft wurden ausgebaut und die Förderung von Nordsee-Öl begann.

Eine Krise genügt

An der Abhängigkeit vom schwarzen Gold hat sich bis heute nicht viel geändert. In Deutschland ist die Atomkraft auf dem Rückmarsch und alternative Energien werden immer noch zuwenig gefördert. Es genügt eine Krise und der Ölpreis gerät außer Kontrolle, die Welt in Panik – so wie jetzt. Heizöl kostet 45 Cent pro Liter und mehr und der Liter Super ist kaum noch unter 1,20 Euro zu haben, Tendenz steigend. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) befürchtet bereits 1,30 Euro pro einem Liter Super. Die Verbraucher trifft es zwar immer als letzte, doch dafür um so nachhaltiger. Die Industrie wälzt die Mehrkosten auf sie ab und sie können sich nur selten wehren.

Sieben Gründe

Die Ursachen für den schockartigen Anstieg des Ölpreises sind vielfältig, die Hauptgründe schnell ausgemacht:

• Die Angst vor dem Terror verunsichert alle am Ölmarkt Beteiligten und veranlasst zu Panikkäufen.

• Spekulanten unter den Managern einiger Fonds setzen auf steigende Ölpreise und beeinflussen so den Markt.

• In China und Indien boomt die Wirtschaft. Allein im Reich der Mitte stieg die Nachfrage nach dem schwarzen Gold im ersten Quartal 2004 um 18 Prozent.

• Bislang weiß man noch nicht, was mit dem russischen Ölkonzern Yukos passiert. Die russische Regierung hat damit gedroht, das Imperium zu zerschlagen. Geschieht das, sinkt die Fördermenge unter den Verbrauch. Russland könnte dann seine Kunden – darunter auch Großabnehmer Deutschland – nicht mehr beliefern.

• Hinzu kommen weiterhin die Unsicherheiten aufgrund politischer Schwierigkeiten beim fünftgrößten Ölproduzenten Venezuela.

• Am meisten jedoch dürfte zur Panik beitragen, dass die Ölförderländer ihre Kapazitäten auf die Schnelle kaum noch ausweiten können. Für eine Steigerung der Förderung sind Investitionen nötig, die Zeit brauchen.

• Die Amerikaner sparen ungern am Benzin. Da ihre eigenen Lager leer sind, decken sie sich auf dem europäischen Markt ein. Doch die Deutschen halten sich bislang beim Benzinverbrauch auch wenig zurück.

Folgenschwer

Die Folge war ein Ölpreis von rund 48 Dollar pro Barrel (159 Liter) im August, der mit großen Schritten auf die 50-Dollar- Grenze zugeht. Rund ein Viertel des gegenwärtigen Preises geht auf die Kappe der Spekulanten und die Angst vor Terroranschlägen. Die Konsequenzen zeigen sich schon. Der Preis für Heizöl lag im August um 17,2 Prozent über dem Vorjahresmonat, für Kraftstoff um 8,2 Prozent.

Doch gerade Deutschland erweist sich beim Zusammentreffen von steigendem Ölpreis und Sorgen um die Weltwirtschaft als besonders anfällig. So sind wir selbst Großimporteur von Rohöl und gleichzeitig als Exportweltmeister abhängig von der Konjunktur in den USA. Lässt das Wachstum dort nach, drohen der deutschen Wirtschaft heftige Bauchschmerzen. Wirtschaftsexperten gehen zwar davon aus, dass sich die Preisentwicklung wieder beruhigen wird, sobald die 50-Dollar-Grenze einmal erreicht wird. Optimisten halten dann eine realistische Größe von rund 38 Dollar pro Barrel wieder für möglich.

Dennoch besteht kaum Hoffnung, dass Öl auf die Dauer wieder ein preiswerter Rohstoff sein kann. Die Vorräte sind begrenzt, sie reichen noch für 41 Jahre. Doch die Nachfrage steigt vehement und der Einfluss der Opec nimmt ab, die Spekulation und andere Einflussfaktoren zu.

Discount gezapft

Die Verbraucher hier zu Lande merken den Stand des Ölpreises zunächst an der Zapfsäule. Zwar nimmt der Verbrauch an preiswertem Diesel zu. Die Autoindustrie spürt bereits die Nachdenklichkeit ihrer Kundschaft. Der Verkauf an Neuwagen geht zurück. Die Autobesitzer halten ihrem Gefährt länger die Treue und versuchen, preisgünstig zu tanken und zu fahren.

Im Auftrieb befinden sich jetzt die so genannten Billigtankstellen, mit besonders attraktiven Preisen nahe bei großen Verbrauchermärkten. Manchmal liegt ihr Nachlass gegenüber der Markenkonkurrenz bei fünf Cent pro Liter, das lockt die Kunden an. Wie der ADAC und der Verband der Automobilindustrie jetzt wiederholt betonten, ist der Kraftstoff aus der Discount-Zapfsäule proper, er schadet dem Auto nicht.

Grenzwerte

Wer an der Grenze zu Österreich wohnt, steuert gerne die Tankstellen kurz hinter der Grenze an. Dieselfahrer kennen jede Zapfsäule entlang der holländischen Grenze. In Luxemburg lohnt sich das Tanken auch für Benziner. Doch liegt die preisgünstige Kraftstoffquelle mehr als 15 Kilometer vom Heimatort entfernt, zahlt der Fahrer drauf. Die Suche nach der preisgünstigsten Tankstelle erleichtert sich, wer im Internet unterhttp://www.clever-tanken.deoderhttp://www.benzinpreis.denachschaut. Dort gibt es alle Infos rund ums Tanken und auch die aktuellen Staumeldungen.

Umsatteln auf Gas, Diesel, …

Langfristig müssen Autofahrer, um der steigenden Benzinkosten Herr zu werden, ihre Strategie ändern. So bietet sich beim nächsten Wagen oder mit Hilfe eines Umbaus der Umstieg auf Erdgas an. Zurzeit bieten etwa 450 Tankstellen den alternativen Kraftstoff an. Bis 2007 sollen es 1 000 sein. Die einem Liter Benzin entsprechende Energiemenge kostet zurzeit 50 Cent. Der Grund: Bis 2020 verzichtet der Staat auf die Mineralölsteuer. Doch Zweifel am Vorteil von Erdgas gegenüber seinen Konkurrenten kommen auf. Denn zum Einen hängt der Gaspreis am Ölpreis und zum anderen ist es umstritten, ob Erdgas das Klima entlastet.

Biodiesel – ebenfalls ein alternativer Kraftstoff aus Rapsöl gewonnen und auch steuerbefreit – vertragen nicht alle Motoren. Eine Weiterentwicklung ist der Sundiesel, ebenfalls aus Pflanzen gewonnen. Auf ihn setzen zurzeit die Experten bei VW und Shell. Bis der Verbraucher allerdings in den Genuss umweltschonender, steuerbefreiter Kraftstoffe kommt, wird noch einige Zeit vergehen.

... Drei-Liter-Autos oder auf ...

Vielleicht holen die Autobauer jetzt endlich wieder ihre Drei-Liter-Autos aus der Schublade. Denn rührt sich die Industrie nicht, wird sie das Nachsehen haben. Dem Konsumenten bleibt noch ein letztes Mittel, das ihn von den teuren Spritkosten endgültig befreit: Er lässt das Auto einfach stehen, geht zu Fuß oder fährt mit Bus und Bahn.

… die eigenen Füße

Da macht es auch Sinn, dass als Freizeitbeschäftigung das lange als altertümelnd verpönte Wandern wieder in ist. Outdoorläden freuen sich für die nächste Reisesaison auf neue Kundschaft. Schon in diesem Jahr entdeckten viele Urlauber die Heimat neu. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen, ob zu Fuß oder mit der Bahn. Auch die Flüge werden teurer werden. Servicepauschalen sind geplant und die Kerosinpreise steigen. Air Berlin hat bereits angekündigt, dass sie ab dem Winterflugplan sechs bis neun Euro mehr fürs Ticket nehmen wird. Andere Konkurrenten wie die Lufthansa haben vorgesorgt und sich gegen die steigenden Preise für Treibstoff bereits abgesichert. Wer also einen Flug buchen will, sollte mehr denn je die Preise vergleichen.

Jetzt wird eingeheizt

Diejenigen, die im Winter daheim bleiben, wollen es warm und gemütlich haben. Bislang hoffen Eigenheimbesitzer und Vermieter immer noch auf fallende Heizölpreise. Denn die Nachfrage sank im ersten Halbjahr 2004 um rund 20 Prozent. Kein Wunder, die Preise liegen zurzeit um ein Drittel höher als im vergangenen Jahr. Also warten die Meisten bis zum Herbst. Dann kaufen alle auf einmal und pushen so den Preis noch einmal. Möglicherweise geben die Notierungen für Rohöl etwas nach. Doch bis sich der Nachlass beim Heizöl bemerkbar macht, das kann dauern. Deshalb kann der Tipp nur lauten: So schnell wie möglich den Tank füllen. Wer mit Gas statt mit Öl heizt, sollte sich nicht zu früh freuen. Zwar ist Gas traditionell etwas billiger als Öl, doch sind die Preise eben aneinander gekoppelt. Innerhalb von sechs Monaten zieht Gas nach. Gute Tipps wie man die Kosten für die Wärme eindämmen kann, sind rar. Die Verbraucherschützer empfehlen, die Räume nicht zu überheizen und sich mit einer Temperatur von 18 Grad Celsius zu begnügen – gesund für die Atemwege. „Jedes Grad zuviel bedeutet etwa sechs Prozent unnötig verbrauchte Heizenergie“, schreibt die Verbraucher- Zentrale NRW auf ihrer Internetseite. Für Räume, die längere Zeit nicht genutzt werden, reicht eine Raumtemperatur von 14 bis 16 Grad. So kühlen sie nicht aus. Gute Thermostatventile halten die Temperatur beständig. Zum Aufheizen eines Raumes stellt man das Thermostat gleich auf die gewünschte Temperatur und nicht auf die höchste Stufe.

Am teuersten ist das Heizen mit Flüssiggas. Hausbesitzer, die über keinen eigenen Tank verfügen, müssen die hohen Gaspreise der Mietfirma bezahlen. Deshalb liegen die Verbrauchskosten für diese Heizform oft doppelt so hoch wie bei Heizöl. Es lohnt sich in jeden Fall, die 1 000 bis 1 500 Euro für einen eigenen Tank auszugeben, dann kann man das Gas auf dem freien Markt ordern. Dort lagen die Preise im Juni zwischen 24 und 36 Cent je Liter netto.

Informationen dazu findet man unterhttp://www.fluessiggasboerse.de.

Das bange Starren auf Thermometer sowie Öl- und Gaspreise muss nicht sein. Wer bereit ist, einige tausend Euro zu investieren, kann sich von den umweltschädlichen und nur begrenzt verfügbaren Heizstoffen unabhängig machen. Eine interessante Alternative sind Holzpellets. Das sind aus Säge- und - Hobelspänen gepresste Holzkugeln. Ihre Energiedichte ist mit fünf kw-Stunden hoch und zudem ist ihre Verbrennung umweltfreundlich: Bei der Verfeuerung wird nur so viel Kohlendioxid freigesetzt wie die Bäume zuvor aus der Luft aufgenommen und gespeichert haben. Sie werden wie Öl im Tankwagen geliefert, im Keller neben dem Brennofen gelagert, in den sie automatisch nachrutschen. Optimal ist die Kombination mit einer Solaranlage für die Warmwasserbereitung. Das ist zwar eine teure Investition. Der Preis für die Wärmeversorgung eines normalen Einfamilienhauses liegt bei rund 15 000 Euro, etwas mehr als eine Ölheizung kostet. Doch es gibt Zuschüsse von verschiedenen Stellen. Zum Beispiel fördert die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) solche Heizanlagen mit günstigen 100- Prozent-Finanzierungen. Informationen gibt es im Internet unterhttp://www.kfw-foerderbank.de.

Von Anfang an anders

Wer neu baut, sollte sich über Energiesparhäuser informieren. Hierbei wirken die optimale Isolierung und die Ausrichtung der Fenster zusammen. Große Südfenster lassen die Sonnenwärme ins Haus zusammen mit der Nutzung der Eigenwärme der Bewohner, der Hitze von Glühlampen und Herdplatten lässt sich der Verbrauch von Gas und Heizöl auf Null herunterschrauben. Nicht jeder will oder kann neu bauen. Doch auch Altbauten kann man mit Isolierung von Dach und Wänden energiefreundlich umrüsten. Der Staat belohnt diese Maßnahmen mit günstigen Krediten von der KfW. Infos auch unterwww.-energiefoerderung.de.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.