2004 überrascht die Cebit

Drahtlos, schwerelos, viel los

Tobias Bauer Im Gedränge auf Tuchfühlung gehen zu müssen, das überraschte manchen Skeptiker unter den Stammgästen auf der Cebit in Hannover. Doch neben Masse gab´s auch Güteklasse 1a auf der Messe für Computerneuheiten.

Als Frühjahrskonjunkturbarometer taugt die Computermesse Cebit allemal. Früher stand die Veranstaltung ganz im Zeichen von bahnbrechenden Neuheiten, die den staunenden und drängelnden Besuchern „Aahs“ und „Ooohs“ entlocken sollte. Ultimative Hingucker gibt es zwar prinzipiell noch, doch sie haben kaum mehr Bedeutung. Längst wird nicht mehr jede großvolumige Ankündigung für bare Münze genommen. Zu selten gelangten diese sensationellen Neuheiten wenigstens über das Vorserienstadium hinaus. Im Vergleich zu den diesjährigen, eher inoffiziellen Highlights waren die Toll Collect Witze. Aber dass vollmundig angekündigte Projekte in die Binsen gehen, ist in der Computerbranche absolut nichts Neues. Und hat schon so manchen Kopf und Kragen gekostet.

Der negative Trend der letzten Jahre mischte viel Skepsis in die Erwartungen an die diesjährige Cebit in Hannover. Viel, zuviel sogar hängt für das gesamtwirtschaftliche Klima ab vom Wachstumsmotor ITBranche, wie sich der ganze Bereich der Informationstechnologie so schön abkürzen lässt. Erste Zahlen geben positiven Wachstumsprognosen recht, und ebenso steigen die Besucherzahlen langsam wieder an. Das konnte jeder Messebesucher anhand der gefühlten Besucherdichte bestätigen, der sich durch die Gänge schlängelte. Das Interesse an den Wachstumsprognosen der teilnehmenden Firmen dürfte aber mindestens so groß sein wie das an den zu erwartenden Neuheiten.

Notebooks – Renner und Zugpferd

Zugegeben, es ist schwierig, auf einem Markt mit einem sehr hohen Sättigungsgrad neue Impulse zu setzen. Zwei Milliarden weltweit existierende Rechner wurden als Zahl genannt, aber allein für Deutschland wird vorhergesagt, dass innerhalb einer Jahresfrist rund 40 Prozent der bestehenden Computer ausgetauscht werden müssten. Auffallend ist, dass die ganze Meute der Discounterketten, die den Heim-PC-Markt im Wesentlichen unter sich aufgeteilt haben, just zur Cebit mit neuen Sonderangeboten auf den Markt drängen. Den Vogel abgeschossen hat Vobis, die die noch vor Jahresfrist als teures Designerstück gehandelte Edel-PC-Box zu 499 Euro anbieten. Notebooks konnten ihre Position als Trendsetter weiter verbessern. Auch hinsichtlich des Preises nähern sich Desktop PCs und tragbare einander an. Preisgünstige Notebook-Anbieter wie Yakumo schaffen es wieder einmal, die 1 000- Euro-Marke für Tragbare zu knacken. Gefragt sind vor allem Multimedia-Notebooks. DVD-Laufwerk, 16:9-Bildschirm, ausgefeilte Soundtechnik, Internetanschluss und schickes Design – das spricht ein breites Publikum an. Im Klartext bedeutet dies natürlich, dass das Notebook in erster Linie als Sound- und Videomaschine eingesetzt wird und immer mehr die Rolle einer häuslichen Unterhaltungsmaschine übernimmt.

Lautes Lamentieren

Auf eine Notebookfestplatte mit 40 Gigabyte dürften zehn abendfüllende Kinofilme passen oder ein Vielfaches an Musik-CDs. Die Festplattenkapazität lässt sich problemlos durch externe Festplatten über USBStecker unbegrenzt erweitern. Etwa die deutsche Firma Hama bietet externe Platten mit 40 oder 80 Gigabyte, die kaum größer als eine Brieftasche sind. Problemlos auch deshalb, weil sie von Windows ohne weitere Installation erkannt werden und auch von einem zum anderen PC umgesteckt werden können. Im praktischen Einsatz bedeutet dies, binnen Minuten die Daten bequem auf der externen Platte zu sichern und zuhause damit weiterzuarbeiten. Einerseits wird das Downloaden von Musik und Filmen lauthals bejammert, andererseits profitiert die ganze Branche davon.

Robust, leicht und lange Laufzeit – perfekt für Profis

Für den professionellen Einsatz von Notebooks sehen die Anforderungen etwas anders aus. Im Vordergrund steht Robustheit und eine lange Akkulaufzeit. Letzte kann – dank effektiver Technik – acht Stunden erreichen. Dafür müssen aber alle Strom fressenden Komponenten, wie eben DVD-Laufwerke, abgeschaltet oder in ein externes Gehäuse gesteckt werden.

So erreicht man eine extrem leichte Bauweise. Das aktuelle Slimline Modell T100 von Toshiba wiegt ziemlich genau ein Kilogramm und ist kaum größer als das Telefonbuch einer Kreisstadt.

Der steigende Bedarf an Notebooks zeigt vor allem auch eines: ob Manager oder Vertreter, oder einfach nur Student – die Datenflut verlangt Mobilität in ungeahntem Ausmaß und wird mancherorts zur Sucht. Sicherlich ist in diesem Sektor das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Ob das Notebook sich in Richtung Palmtop entwickelt, oder das Handy zum Notebook wird, wissen wir in wenigen Jahren: Telefonie, Datenaustausch und Internet rücken zusammen.

Surfen ohne Kabel

Angekündigte Produkte gewinnen immer mehr an Realität. So war auch das Ausstellungsgelände der Cebit komplett drahtlos vernetzt. Hot Spots ermöglichten das kabellose Surfen an allen Ecken der niedersächsischen Hauptstadt. Die Frage, ob UMTS dadurch völlig überflüssig wird, war eines der zentralen Themen. Die Vernetzung von Städten über Access Points ist relativ einfach und bereits relativ weit fortgeschritten. Und diese Technik ist billig im Vergleich zur aufwändigen und immer noch nicht ausgereiften Mobilfunktechnik UMTS. Entscheidend dürfte jedoch sein, dass sie bereits verfügbar ist.

Cancan im Ohr

Vor Jahren wurden die Hersteller von Spielen und Zubehör aus der Messe entfernt. So ist man heute mehr als froh darüber, dass Anbieter anderer Daddelkisten für Publikumsinteresse sorgen. Mobilfunkanbieter haben einen Teil der Hallen belegt und sind dank eines großen Showprogramms nicht zu übersehen. Anzumerken ist, dass ein Handy nicht ein Gerät ist, mit dem man überall telefonisch erreichbar ist. Es ist im Fachjargon „mehrwertfähig“, und das will heißen, es bietet unendlich viele Möglichkeiten für neue Einnahmequellen. Zu diesen im Moment verfügbaren technischen Möglichkeiten gehören Multimedia Messaging Service (MMS), Kamera, Bluetooth (kurze Funkverbindung) oder Java (Softwarestandard). Klingeltöne oder Fotohandys sind die Renner schlechthin und der Mehrwertdienst rechnet sich vor allem für die Anbieter, die sich damit einen guten Anteil am jugendlichen Taschengeld sichern. Auf dem Schulhof zählt nur, was absolut trendy ist. Neu sind Kamerahandys mit einer Million Bildpunkten und Miniblitz oder auch Mobiltelefone, mit denen man kleine Videofilme drehen kann. Keine Frage, der Versand von Fotos oder Minifilmen ist kein preiswertes Hobby. Die Cebit tut sich schwer mit dem Spagat zwischen dem gewünschten Image einer seriös-langweiligen IT-Messe, das Großkunden anzieht, und den Massenmagneten und Geldbringern aus der Mobilcom-Branche, die die Besucher zu Hauf mit täglichen Events an ihre Stände locken, aber auch gleichzeitig für ein Ballermannimage sorgen. Zu den Boomzeiten konnte man es sich leisten, „laute“ Messestände hinauszukomplimentieren, wenn man aber fast ein Viertel der Besucher verliert, ist dieser Luxus passee. Vor einigen Jahren musste Sony bereits aufgebaute Playstations wieder einpacken, heute darf der Spieletruck direkt vor dem Congresscenter parken.

Das Thema Sicherheit war allenthalben präsent und wurde auf vielfältige Weise bearbeitet. Zahlreiche Virenattacken fordern Hersteller wie Symantec oder Kaspersky, die bei neuen Angriffen meist in kürzester Zeit Gegenmaßnahmen über ihre Web-Seiten zum Herunterladen anbieten. Sicherheit ist auch ein permanentes Thema im Umgang mit sensiblen Daten, wie die Entwicklung der Gesundheitskarte, oder neuen Chips, wie dem Radio Frequency Identification- Chip (RFID-Chip), der den Strichcode ablösen soll und in der Lage ist, zahlreiche Daten über das Kaufverhalten zu speichern. Auch in den neuen Reisepass wird dieser Chip integriert. Im Raum steht der Vorschlag, dass dieser Chip direkt unter die Haut verpflanzt wird. Das Zusammenführen verschiedener Daten, wie dem Kaufverhalten, oder von Kreditkarten und eben der Gesundheitskarte wird uns in Zukunft sicherlich noch intensiver beschäftigen.

Tobias BauerHauptstr. 4278224 Singen

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