Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

die Dosis macht das Gift: Das gilt für Arzneimittel, aber auch für den Missbrauch von Drogen. Und in jüngster Zeit aktueller denn je: Es gilt für die Volksdroge Nummer eins unseres Kulturkreises, den Alkohol.

„Binge drinking“ – in freiem Deutsch „Kampf-Trinken“ – ist für junge Leute in Manchester genau so „in“ wie für manchen pubertierenden Münchener. Erstaunlich dabei: Es sind nicht mehr nur hauptsächlich die „Jungs“, die das „sich Abschießen“ als Wettkampf und witzigen Zeitvertreib erachten. Gerade auch Mädchen mögen den fröhlich machenden Zug aus der Flasche.

Sicher: Nach wie vor lernt „Hänschen“ das von „Hans“. Und der bemüht sich nicht gerade, neben dem Angenehmen auch die Gefahren des Alkohols zu vermitteln: Bieroder weinselige Väter und Mütter, aber auch Politprofis und Prominente schauen immer wieder gern ins Glas. Und Hänschen lernt daraus: Wer trinkt, ist einer von uns. Und der fatale Umkehrschluss gilt auch: Wenn solche Vorbilder ordentlich einen trinken, kann das gar nicht schlecht sein.

Allerdings hat es der, der heute einen „über den Durst trinkt“, angesichts der vielfältigen – oft sogar auch wissenschaftlich begründeten – Rückendeckung auch nicht gerade einfach. Das richtige Maß zwischen „gut“ und „schlecht“ ist schwer zu erfassen. Für den Konsumenten Einladendes findet sich – zumindest bei falscher Lesart – auch in den einschlägigen Arbeiten der Forschung.

Kaum jemand kennt nicht die immer wieder durch ernste wissenschaftliche Studien gestützte Volksmeinung, Alkohol sei gerade die richtige Hilfe gegen Herz-/Kreislauferkrankungen. Die heilsame Wirkung von Taninen und Eichfassderivaten legitimieren manch fröhliche Zecherei. Und wer Argumente sucht, findet die natürlich auch für Bier und Schnaps.

Wenn dann noch eine Getränkeindustrie daher kommt, die „Alcopops“ genau für junge, pubertierende Heranwachsende herstellt, spricht für die Kinder kaum noch etwas gegen das feuchte Feiern.

Und die Zähne? Die für die Zahngesundheit relevante Wirkung der säurehaltigen Getränke spielt für die Trinker dabei selbstverständlich eine eher untergeordnete Rolle. Was bleibt, ist: Alkohol ist gesund!

Dass das nicht so ist, versucht das Bundesgesundheitsministerium seit geraumer Zeit durch Kampagnen gegen die kleinen, fröhlich machenden Durstlöscher deutlich zu machen. Das ist es, was augenscheinlich heute fehlt: Die Aufklärung für das richtige Maß und den richtigen Platz, den Alkohol in unserer Gesellschaft einnehmen kann. Der gesunde Blick für die Gefahren.

Hier ist allerdings nicht nur die Behörde gefragt. Hier ist eigentlich „Hans“ in der Pflicht, „Hänschen“ zu zeigen, was richtig ist.

.... erst dann macht sie auch in diesem Zusammenhang wieder Sinn, die These von der Dosis, die das Gift macht.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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