Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

wer im niederländischen Örtchen Biggekerke auf Walcheren/Zeeland Brot kaufen will, staunt nicht schlecht beim Betreten des einzigen Bäckerladens: Man steht in einem freundlichen, hellen Raum mit freiem Blick in eine große Backstube, wo ausgebildete Fachkräfte gemeinsam mit Behinderten Kuchen, Brot und Brötchen herstellen und im angegliederten Laden verkaufen. Ein vorbildliches integratives Projekt, das zeigt, wie unsere westlichen Nachbarn in diesen Belangen ihr Alltagsleben gestalten. Dass europäische Staaten wie die Niederlande, Belgien und die skandinavischen Staaten auch in der zahnmedizinischen Betreuung Behinderter beispielhafte Wege gehen, wurde auf dem von der Bundeszahnärztekammer gemeinsam mit der Universität Witten-Herdecke, der Berliner Charité und dem Bundesverband Deutscher Oralchirurgen organisierten Symposium „Menschen mit Behinderungen – Stiefkinder der medizinischen Versorgung“ am 23. und 24. April in Berlin deutlich. Manchem deutschen Krankenkassenvertreter gaben die vielfältigen Diskussionen einiges zu denken.

Auch wenn Deutschlands zahnmedizinische Versorgung dieser „Leute mit Handicap“ durchaus vorzeigbar ist – inzwischen hat sich jeder zehnte Zahnarzt auf die Behandlung Behinderter spezialisiert –, lassen die systemischen Rahmenbedingungen zu wünschen übrig. Insbesondere im präventiven Bereich – so ein Fazit des Symposiums – sind Verbesserungen dringend notwendig. Hier zeigen die ausländischen Gesundheitssysteme eine Reihe von Möglichkeiten auf. Und Besserung tut wirklich not: Eine Gruppe von immerhin sechs Millionen Menschen lebt in Deutschland mit Behinderungen. Das ist keine Minderheit, deren Betreuung allein karitativen Organisationen überlassen werden könnte. Auch ausschließliche Lösungen unter den Restriktionen des GKV-Systems werden den besonderen Anforderungen dieser Patienten nicht gerecht.

Hier lag ein Positivum des Symposiums: Die anwesenden Kostenträger zeigten Bereitschaft, gemeinsam mit der Zahnärzteschaft auch nach Lösungen zu suchen, die über die Leistungsbeschreibungen der GKVen hinausgehen.

Aber damit nicht genug: Deutlich wurde, dass es nach wie vor an zuverlässigen epidemiologischen Daten wie auch inter- und transdisziplinären Versorgungsansätzen mangelt, und dass spezifische, strukturierte Fortbildungsansätze diesem Bereich gut täten.

Letztlich hat die Initiative der Bundeszahnärztekammer bewiesen, dass durch gemeinsame Arbeit Lösungsansätze möglich werden, die eine noch so umfangreiche Behindertengesetzgebung nicht geleistet hat, wohl auch nicht leisten kann.

Diese gebündelten fachlichen Lösungsansätze gilt es umzusetzen – nicht zuletzt für ein besseres Miteinander aller Menschen im Alltag.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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