Damals und heute

Die Aktion zahnfreundlich e.V. feiert den 20. Geburtstag

Heftarchiv Zahnmedizin
Eine Figur, die Geschichte schrieb – das Zahnmännchen, in aller Kindermunde – so sollte es sein, damit das süße „Zwischendurch“ den Zähnen nicht schadet. Passend zum 20. Jahrestag der Gründung dieses Vereines, der in den letzten zwei Jahrzehnten sehr viel bewegen konnte, hier ein historischer Überblick von Autoren, die das beschirmte Männchen von Anfang an begleitet haben.

So fing alles an

Friedrich Römer

Am 16. September 1985 wurde die Aktion zahnfreundlich e.V. im Zahnärztehaus in Köln gegründet. Zur Gründungsversammlung eingeladen hatte – auf Anregung von Prof. Dr. Friedrich Gehring, Würzburg, – die PR-Agentur Helga Römer Medical Relations (RMR), Darmstadt. Nach intensiver Vorbereitung (und Vorfinanzierung) hatte sie 20 Zahnmediziner, Ernährungsfachleute und Marketing-Experten aus der Zuckerersatzstoff- und Süßstoff-Industrie dafür gewonnen, sich an einer Aufklärungsaktion zu beteiligen, mit der die Rolle des Zuckers bei der Kariesgenese verdeutlicht und in der durch Hinweis auf speziell gekennzeichnete Nahrungsmittel, vor allem Süßwaren, der Verbraucher auf unschädliche Alternativen hingewiesen werden sollte: „Prävention durch Substitution“. Zur Unterstützung zwischen „kariogen“ und „zahnfreundlich“ sollte das bereits in der Schweiz warenzeichenrechtlich geschützte Markenzeichen „Zahnmännchen mit Schirm“ dienen. Dessen Nutzung in Deutschland hatte Prof. Dr. B. Guggenheim, Universität Zürich, der Vorsitzende der 1982 gegründeten Schweizerischen Aktion für zahnfreundliche Süßigkeiten, unter bestimmten Auflagen und gegen Zahlung einer Gebühr von 5000 SFr. zugesagt.

Das Signet sollte ausschließlich an Produkte von Mitgliedsfirmen verliehen werden, denen das kariogene Potential fehlt, welches vergleichbare Produkte charakterisiert. Beispiel: zuckerfreie Süßwaren / zuckerhaltige Süßwaren. Süßigkeiten-Fans, die ihre Vorliebe nicht aufgeben wollen oder können, sollten auf unschädliche Alternativen „umsteigen“ können.

Die erste Sitzung

Die Sitzung verlief erfolgreich: Der mit der Einladung verschickte, bereits seit Januar 1985 diskutierte Satzungsentwurf wurde verabschiedet. Anschließend fragte Friedrich Römer jeden Satzungsteilnehmer einzeln, ob er/sie bereit sei, sich an der Gründung der Aktion zahnfreundlich e.V. zu beteiligen; alle sagten zu – bis auf den Vertreter der Firma Storck. Damit war der Gründungsakt vollzogen.

(Für die Sitzungsteilnehmer aus der Industrie kam der Rückzieher von Storck nicht überraschend. Man vermutete sofort, dass das zur Beteiligung an der Aktion laut Satzung erforderliche Interesse an der Herstellung oder Vermarktung zuckerfreier Süßigkeiten nur vorgetäuscht war, um einen „Beobachter“ für die Zuckerseite einschleusen zu können.

Ohne ins Detail zu gehen, soll hier doch festgehalten werden, dass die am Zucker interessierten Kreise sofort Gegenmaßnahmen ergriffen. Ein PR-Instrument aus dem damals so genannten „Zuckerkrieg“ (lt. w & v werben und verkaufen) ist der noch heute tätige Informationskreis Mundhygiene und Ernährungsverhalten IME, an dessen Gründung alle Zuckerinteressenten, von den Rübenbauern in der CMA bis zu den Fachhändlern, beteiligt waren. Bereits 1977 hatten 14 Süßwarenfirmen – auch Storck – ein Papier unterzeichnet, in dem es hieß: „Es darf keine Unterstützung für Werbe-, PR- oder Öffentlichkeitsmaßnahmen gegen Zucker- und Süßwaren durch die Hersteller zuckerfreier Produkte erfolgen.“)

Die Satzung

Nach Verabschiedung der Satzung wurde der Vorstand gewählt. Vorsitzender wurde Prof. Dr. Klaus Bößmann, Kiel; er übernahm von Römer die weitere Leitung der Sitzung. Sein Stellvertreter wurde Dr. Peter Boehme, Bremen, vom BDZ (heute Bundeszahnärztekammer). Weitere Vorstandsmitglieder wurden MedDir Dr. Heinz-Joachim Fichtner, Neuss (BZÖG), und Prof. Dr. Friedrich Gehring, Würzburg. Aus den Reihen der Industrie wurden je zwei Vertreter der Rohstoffhersteller (Hoffmann LaRoche und Merck) und der verarbeitenden Industrie (Diedenhofen und Vivil) gewählt; mit dieser ausgewogenen Zusammensetzung des Vorstands war sichergestellt, dass die Industrie keinen bestimmenden Einfluss gewinnen konnte.

Geschäftsführung geht an die Agentur RMR

Zweck des Vereins war/ist es laut Satzung, „die Öffentlichkeit über die Zusammenhänge zwischen Zahngesundheit und Ernährung aufzuklären und eine zahngesunde Ernährungsweise zu fördern“ (§ 2,1). In Erfüllung dieser Aufgabenstellung soll der Verein unter bestimmten Voraussetzungen das international geschützte Signet (Zahnmännchen) an Hersteller beziehungsweise Vertreiber von zahnfreundlichen Süßigkeiten verleihen (§ 2,2).

Im Bereich der Aufklärung konnte die Aktion ohne Verzug eng mit den Jugendzahnärzten des Zahnärztlichen Gesundheitsdienstes und dem Verein für Zahnhygiene e.V. (VfZ), der damals den größten Teil der in der Bundesrepublik verteilten Aufklärungsmittel entwickelte und produzierte, zusammenarbeiten, da sich der VfZ bereit erklärte, das Zahnmännchen in alle seine Medien aufzunehmen. (Auch der VfZ wurde von RMR betreut.) Mit der Aufgabe, die Bedeutung des Signets allgemein bekannt zu machen, kam man infolgedessen gut voran. Allerdings war lange Zeit unsicher, ob die Öffentlichkeitsarbeit nicht gegen den § 18 LMBG verstößt, der gesundheitsbezogene Werbung verbietet. Welches Wort – „zahnfreundlich“ oder „zahnschonend“ – zu verwenden ist, klärte die Arbeitsgemeinschaft der Leitenden Medizinalbeamten der Länder erst im Jahr 1990! Auch im Zusammenhang mit der Verleihung des Signets an zahnfreundliche Produkte gab es anfangs Probleme. Nach § 3 mussten sich die auszuzeichnenden Produkte einem genau definierten Prüfverfahren – der oralen Plaque-pH-Telemetrie – unterziehen. Die erforderlichen Apparaturen waren damals in der Bundesrepublik nicht vorhanden. Sie mussten aus der Schweiz beschafft und das Prüfverfahren „gelernt“ werden. Auch die Wettbewerbsspezialisten bekamen zu tun, denn hier ging es um harten Markt-Wettbewerb. So musste gleich zu Beginn der Arbeit die Verwendung eines sehr ähnlichen Logos durch die Firma Albert Roussel abgewehrt werden. – Auch das Registergericht in Darmstadt machte Schwierigkeiten: Es lehnte die Anerkennung der Aktion zahnfreundlich als gemeinnützig ab, „weil nur der Kreis der Mitglieder und nicht jeder Antragsteller mit dem Signet begünstigt werden“ könne.

Diese und andere Schwierigkeiten trugen dazu bei, dass das erste mit dem Signet gekennzeichnete Produkt erst Mitte 1986 auf dem Markt kam (Vademecum Gum). Seither hat sich die Situation weitgehend entspannt, obwohl der natürliche Antagonismus zwischen Herstellern von Süßwaren mit und ohne Zucker im Prinzip weiter existiert. Allerdings ist ein echter Durchbruch noch immer nicht gelungen.

Friedrich RömerFinkenweg 2164753 Brombachtal

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