So funktioniert die Börse

Ordern wie ein Profi

Der letzte große Börsencrash Ende der 90er Jahre ist fast schon Geschichte. Profis wie Amateure versuchen längst wieder ihr Glück auf dem Parkett. Sie genießen die Spannung während des Handels und jonglieren selbst mit Aktien und Kursen. Neulinge trauen sich oft nicht so recht in die für sie fremde Welt. Dabei wird auch hier nur mit Wasser gekocht. Hauptsache: Sie wissen, wie es geht.

Aufgeregte Männer hasten herum wie aufgescheuchte Hühner. Schreien sich gegenseitig Zahlen und Kürzel zu, die keinen Sinn ergeben. Scheinbar. Den Zuhörer muten sie jedenfalls an wie ein Geheimcode. Um etwas ähnliches handelt es sich auch, wenn die Händler den Kursmaklern ihre Aufträge zurufen. Der Zuschauer auf der Tribüne der New York Stock Exchange versteht meist nur Bahnhof, wenn in der Wall Street die bedeutendste Börse der Welt geöffnet ist.

Xetra – packt´s anders an

Wer am selben Tag nur sechs Stunden früher das gleiche Bild am Frankfurter Börsenplatz erwartet hat, sah sich getäuscht. Kursmakler (heute: Skontroführer) tauchen dort nur noch vereinzelt auf. In den Ohren der Besucher klingt höchstens ein leises Geraune, denn an Deutschlands wichtigster Börse spielt sich das Geschehen fast ausschließlich im Computer ab. Das elektronische Parkett hat einen Namen: Xetra. Dieses System verarbeitet mehr als 90 Prozent aller Börsenumsätze. Und wenn am Abend Frank Lehmann vom Hessischen Rundfunk fünf Minuten vor der Tagesschau seinen Tageskommentar zum Geschehen auf dem Parkett abgibt, leuchtet im Hintergrund die große Anzeigetafel mit den aktuellen Kursen. Doch ansonsten steht der sprachgewandte Börsenspezialist wie ein einsamer Rufer in der Wüste da.

Seit Ende der 90er Jahre errechnet Xetra die Preise von Aktien in Sekundenbruchteilen. Von den Maklern, die Kauf- und Verkaufaufträge entgegennehmen und ausführen, blieben in Frankfurt nur noch 19 übrig. Die Händler sitzen jetzt bequem in ihrer Bank am Bildschirm und erteilen ihre Aufträge, statt wie die aufgescheuchten Hühner herum zu hasten. Die Börsenzeit wurde von drei auf acht Stunden ausgedehnt.

Die Vorteile für die Abwicklung per Computer liegen auf der Hand: Es geht viel schneller und der gesamte Handel und eigentlich am Ende sogar der Kunde sparen Geld. Besonders der Eigenhandel der Banken profitiert von Xetra. Die Geldhäuser setzen in kürzester Zeit Millionen Euro um. Da zählt jede zehntel Sekunde. Wer zu spät kommt, hat verloren – viel Geld nämlich.

Trotz Elektronik statt Menschen funktioniert die Börse wie ein ganz normaler Wochenmarkt: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Der eine will die Aktien eines Unternehmens verkaufen und sucht einen Interessenten. Findet er einen – gut. Finden sich mehrere – umso besser: Dann steigt der Kurs der Aktie und der Verkäufer streicht einen Gewinn ein. Die Börse selbst verdient bei jedem Geschäft. Sie kassiert für die verschiedenen Transaktionen zwischen 0,60 und 20,70 Euro. Mehr Geld verdient die Börse an weiteren Servicegeschäften, wie dem Verbuchen der Orders in den Depots der Kunden oder der elektronischen Lagerung der Wertpapiere durch die Tochterfirma Clearstream.

Eurex – über die Grenze hinaus

Gemeinsam mit der Schweizer betreibt die Deutsche Börse mit Eurex eine gemeinsame Handelsplattform für Terminprodukte wie Optionen und Futures. Die Hand hält sie auch auf, wenn die von ihr betriebenen Indizes wie der DAX oder der MDAX von anderen Geldinstituten zum Beispiel für ein Index-Zertifikat benutzt werden.

… die teuerste Börse der Welt

Die Börse selbst ist als Aktiengesellschaft an der Börse notiert. Zur AG gehören die Frankfurter Wertpapierbörse als die größte und sieben weitere kleinere Börsen in Deutschland. Die Deutsche Börse hat einen Marktwert von 6,6 Milliarden Euro. Sie ist somit die teuerste Börse der Welt. Erst Mitte dieses Jahres scheiterte der Versuch der Deutschen Börse, die London Stock Exchange zu übernehmen.

An der Börse spielt sich ein entscheidender Teil unserer Volkswirtschaft ab. Anteile von Unternehmen werden ge- und verkauft, gehen in die Hände fremder Personen über. Diese wiederum bekommen je nach Anteil des Aktienbesitzes Einfluss auf die Firmenpolitik. Deshalb kann die Börse nicht wie ein normales Unternehmen handeln. Zwar arbeitet die AG nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen. Die in ihr zusammengefassten Börsen aber sind öffentlich-rechtlich und stehen unter staatlicher Aufsicht.

Wie aber kann ein privater Anleger an der Börse mitmischen? Dazu braucht er die Hilfe einer Bank. Zur Wahl stehen das klassische Bankgeschäft und der Discountbroker. Der entscheidende Unterschied zeigt sich bei einem Vergleich der Konditionen sofort. Die Hausbank ist deutlich teurer; dafür biete sie mehr Beratung, argumentiert man dort. Die günstigere Konkurrenz vereinigt alle Dienste am Kunden von der Annahme der Order bis zur Ausführung unter einem Dach. Sie spart so Kosten und bietet ihren Kunden preiswerte Depots. Während die normalen Banken Gebühren bis zu 85 Euro jährlich verlangen, locken einige Discountbroker ihre Klientel mit Depots zum Nulltarif. Doch manchmal hat das Sonderangebot einen Haken. Clevere Kunden werfen deshalb erst einmal einen Blick ins Kleingedruckte. Denn oft ist mit dem günstigen Tarif ein bestimmter Mindestumsatz verbunden.

Kriterien für Wählerische

Bei der Entscheidung für oder gegen ein Angebot sollten die Ordergebühren unbedingt eine Rolle spielen. So verlangt beispielsweise die Citibank für jede Transaktion zehn Euro, egal auf welche Summe sich der Auftrag beläuft. Die Deutsche Bank hingegen staffelt die Gebühren je nach Ordervolumen. Wer also viel handeln will, muss wissen, dass die Gebühren sich schnell zu größeren Summen addieren.

Weitere Kosten offenbaren sich dem neuen Börsianer erst auf der Abrechnung. Sie entstehen, wenn ein Auftrag nicht auf einmal ausgeführt werden kann. Das geschieht im elektronischen Handelssystem immer dann, wenn einem Kaufangebot nicht genügend Verkäufe gegenüberstehen und der Auftrag in mehrere Teile gegliedert wird, für die jedes Mal neue Gebühren anfallen… Eine solche Teilausführung kann für den Kunden auch von Vorteil sein und zwar dann, wenn er einen Teil der Wertpapiere zu einem günstigeren Kurs bezogen oder verkauft hat.

Bei der Frankfurter Börse gibt es im Handel mit deutschen Standardaktien bis zu einem bestimmten Volumen grundsätzlich keine Teilausführung. Das gilt für alle Werte im DAX, MDAX, TecDAX und SDAX. In diesen Bereichen werden alle Aufträge sozusagen in Handarbeit über das Buch der Skontroführer abgewickelt.

Von Geld und Brief

Privatanleger genießen einen weiteren Vorteil: Die Skontrenführer garantieren ihnen für den Handel mit den 160 Aktien, die in die Indizes DAX, MDAX, TecDAX und SDAX gehören, dass sie keinen Spread zahlen müssen. Sie verzichten auf die Spanne zwischen An- und Verkauf und nehmen einen Mittelkurs.

Aktienkäufer kennen den Unterschied zwischen Geld- und Briefkursen. Die Geldseite steht für die Nachfrage des Marktes. In den Kurslisten heißt sie einfach Geld oder auch englisch „bid“. Die Angebotseite heißt Brief oder englisch „ask“. Üblicherweise kaufen Anleger zum teureren Briefpreis und verkaufen zum niedrigeren Geldkurs. Für Privatiers führen die Frankfurter Skontrenführer An- und Verkäufe zu einem mittleren Kurs aus. Das Sonderangebot ist allerdings begrenzt auf Aufträge bis maximal 10 000 Euro für DAX-Werte, 5 000 Euro für MDAX- und 3000 Euro für Werte aus TecDAX und SDAX. Je nach Marktlage verzichten die Makler auch bei größeren Summen auf den Spread. Diesen mittleren Preis pro Aktie finden Interessenten im Internet auf den Seiten der Deutschen Börse (http://www.deutsche-boerse. com).

Leider können sich private Anleger nicht direkt an einen Kursmakler wenden. Sie sind auf die Hilfe ihrer depotführenden Bank angewiesen. Damit die Bank die Orders ihrer Kunden ordnungsgemäß ausführen kann, vermerken die Anleger ihre Wünsche auf dem entsprechenden Formular. Ebenfalls in die Order gehören Hinweise, wie der Kauf oder Verkauf ausgeführt werden soll. Insider benutzen dazu eine Art Geheimsprache, über deren Kenntnisse ein privater Aktionär nur selten verfügt.

Codes für Insider

Deshalb sind hier die wichtigsten Begriffe erklärt:

Market-Order: Der Kauf oder Verkauf wird zum nächstmöglichen Preis abgewickelt, sobald die Order in das System eingegeben wird. Die Order ist unlimitiert.

Limit-Order: Der Kunde gibt eine Ober- beziehungsweise Untergrenze an, bis zu der der Auftrag ausgeführt werden soll. Sie eignet sich vor allem, wenn der Kurs des Papiers stark schwankt. So verhindert der Anleger, dass er zu einem Ausreißer-Kurs kauft oder verkauft.

Fill-or-kill-Order: In diesem Fall wird ein Auftrag entweder vollständig ausgeführt oder annulliert. Diese Order macht dann Sinn, wenn der Kunde befürchtet, von einer Aktie nur eine geringe Stückzahl zu bekommen, dafür aber hohe Gebühren zahlen zu müssen.

Immediate- or Cancel-Order: Diese Aufträge werden vollständig oder teilweise ausgeführt, sobald sie auf den Markt kommen. Nicht ausgeführte Teile werden sofort gelöscht.

Stop-Market-Order: In diesem Fall wird der Auftrag ausgeführt, sobald ein bestimmter Kurs erreicht ist. Dieser Order- Zusatz ist besonders wichtig für Privatiers. Sie können damit Verluste begrenzen und einmal erreichte Gewinne bewahren.

Darüber hinaus gibt es noch weitere Orderzusätze, die dabei helfen, unvorhergesehene Kursbewegungen einzugrenzen. Nicht jede Bank bietet alle Auftragsarten an. Kunden, die sich intensiv mit den Möglichkeiten der Börse beschäftigen wollen, klären am besten vor der Eröffnung ihres Depots ab, welchen Service die Bank bietet und vor allem, wie viel sie dafür verlangt.

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