IDS 2005

Im Zeichen von Hochtechnologie, Minimalinvasivität und Ästhetik

Wenige große Neuheiten sind in diesem Jahr von der Internationalen Dental Schau (IDS) zu melden, die vom 12. bis 16. April in Köln stattfand. Dafür wurde wieder eine Vielzahl von Neu- und Weiterentwicklungen präsentiert, die Zahnärzten und Patienten in der täglichen Praxis mehr Komfort bieten sollen. Dazu zählen neben ausgefeilten elektronischen Geräten auch unkomplizierte Produkte, wie neuartige Lippenhalter und ein Gel zur Weichteilanästhesie bei der subgingivalen Belagsentfernung.

Die Erwartungen waren zum Teil wegen der Auswirkungen des GMG gedämpft, als die IDS 2005 ihre Tore öffnete. Die Zahl der Aussteller lag zum wiederholten Male auf Rekordniveau und die herausragende Bedeutung der Messe für Handel und internationale Kontakte galt als unbestritten (siehe Kasten). Offen war aber, ob sich die deutschen Zahnärzte, die zusammen mit Zahntechnikern und Assistenzpersonal traditionell den Großteil der Besucher stellen, im gleichen Umfang wie bei der vorigen IDS für neue Produkte und Verfahren interessieren würden. Nach Ablauf der fünftägigen Messe waren mit insgesamt 75 000 Besuchern aus aller Welt auch optimistische Schätzungen übertroffen. Die Veranstalter stellten fest, dass „die Besucher gut vorbereitet und mit gezieltem, substanziellem Interesse auf die Stände kamen.“

Endodontie unter der Lupe

Direkte Füllungstherapie und Endodontie gewinnen an Bedeutung. Das zunehmende Interesse an endodontischen Behandlungsmöglichkeiten spiegelt sich in der Gründung neuer Fachgesellschaften und Spezialzeitschriften, einem zunehmenden Fortbildungsangebot und der Einführung neuartiger und verbesserter Produkte wider. Erkennbar ist ein Trend zu mehr Elektronik, aber auch zu mehr Anwendungskomfort für den Zahnarzt oder die Zahnärztin. In Köln konnten zum Beispiel neue Geräte zur Bestimmung der Arbeitslänge (Apexlokatoren), Feilen und Antriebssysteme für die maschinelle Aufbereitung und verschiedene Geräte zur thermoplastischen Wurzelkanalfüllung besichtigt und getestet werden. Mit einem System sind nach Herstellerinformationen zeitgleich die endometrische Längenbestimmung und maschinelle Aufbereitung möglich (Morita). Erstmals in die Behandlungseinheit integriert ist ein neues Endodontiesystem zur maschinellen Aufbereitung und Endometrie (Sirona). Zu einem bereits im Vorjahr eingeführten kalt zu applizierenden Guttapercha-Füllsystem liegen noch wenige klinische Daten vor (Coltène Whaledent). Zahlreiche Aussteller bieten Vergrößerungshilfen an, darunter ein Dentalmikroskop mit automatischer Fokussierung auf Knopfdruck (Zeiss). Das auf Ozon basierende antibakterielle Therapiegerät HealOzone (KaVo) ist jetzt auch für die Endodontie verfügbar.

Kariesprävention und -diagnostik

Nach einer Meldung der Zeitschrift Analytical Chemistry (April 2005) wurde in den USA ein molekularbiologischer Test entwickelt, mit dem das Kariesrisiko flächenspezifisch mit einer Vorhersagegenauigkeit von 98 Prozent voraussagbar sein soll. In Köln wurde noch kein entsprechendes Produkt vorgestellt, dafür aber ein neuer Speicheltest, mit dem der pH-Wert des Speichels im ruhenden und die Menge und Pufferkapazität im stimulierten Zustand bestimmbar ist. Ein in der Praxis anzuwendendes Gel mit einer Wirksubstanz auf Kaseinbasis soll die Remineralisation des Schmelzes fördern (beide Produkte GC). Studien zur klinischen Wirksamkeit des Gels sind bisher kaum verfügbar. Das gilt auch für die Approximalkaries-Diagnostik mit dem neuen Laserfluoreszenzgerät Diagnodent pen (KaVo), zu dem erste Studien beim diesjährigen Kongress der European Organization for Caries Research (ORCA) vorgestellt werden sollen.

Füllungstherapie und Befestigungsmaterialien

Bei Kompositen und Adhäsiven für die direkte Füllungstherapie gibt es wenig Neues. Komposite mit Nanofüllkörpern werden inzwischen von einer Reihe von Herstellern angeboten, wobei die meisten Materialien nach wie vor gemahlene Füllkörper im Mikrometerbereich enthalten. Vorteile ergeben sich zum Teil bei den Schrumpfwerten, die jedoch noch immer bei mindestens zwei Prozent liegen, und einer verbesserten Polierbarkeit. Bei den Adhäsiven gibt es ein erstes Produkt mit antibakteriellen Eigenschaften (Kuraray) sowie dual härtende Systeme zur Befestigung von Wurzelstiften oder Restaurationen bei erschwertem Lichtzutritt. Auch in Adhäsiven werden Nanopartikel eingesetzt. Für die Befestigung indirekter Restaurationen wurde ein weiteres selbstätzendes und selbsthaftendes Komposit vorgestellt, das ohne separate Adhäsivanwendung einsetzbar ist (Kerr- Hawe).

Implantologie

Die Implantologie ist aus Sicht der Hersteller ein Wachstumsmarkt. Aber auch eine zunehmende Zahl von Zahnärzten bietet ihren Patienten implantologische Lösungen an. Entsprechend vielfältig waren auf der IDS die Angebote an Implantaten und Produkten rund um diese Therapieform. Relativ neu ist die Möglichkeit, individuelle Implantataufbauten mithilfe von CAD/CAM-Systemen herstellen zu lassen. So gibt es eine Zusammenarbeit des Implantatherstellers Straumann mit Sirona, bei der Implantatpositionen und -verbindungsflächen im Labor eingescannt und die Daten zur maschinellen Herstellung individueller Abuments (bisher nur aus Titan) an ein Fertigungszentrum weitergeleitet werden. Keramische individuelle Aufbauten sind mit dem Procera-System herstellbar (Nobel Biocare). Nicht ganz neu, aber sehr interessant ist ein computergestütztes Planungssystem, mit dessen Hilfe hoch passgenaue Bohrschablonen zum Aufsetzen auf die Restbezahnung oder direkt auf den Knochen hergestellt werden können (SimPlant). Dabei wird eine aus der Automobilindustrie bekannte 3D-Drucktechnologie genutzt (Rapid Prototyping).

In Köln vorgestellt wurde auch ein Implantatsystem, dessen Komponenten einschließlich Bohrern und Implantaten aus Zirkonoxid bestehen (Z-Systems). Die Implantate werden einteilig, also ohne Aufbaukomponenten geliefert und verfügen über eine höhere mechanische Festigkeit als Titan. Als weitere Vorteile wurden bei der Präsentation in der Speakers’ Corner (siehe unten) die guten lichtoptischen Eigenschaften und die gute Gewebeverträglichkeit genannt. Über das Osseointegrationsverhalten von Zirkonoxidimplantaten liegen jedoch noch relativ wenige Studien vor (wie Albrektsson T 1985), sodass vor einer routinemäßigen Anwendung weitere Untersuchungen abgewartet werden sollten. Die Bohrer zur Aufbereitung des Implantatlagers, die von der Firma Gebrüder Brasseler (Komet) geliefert werden, bestehen aus einer neuen Zirkonoxidkeramik mit gegenüber bisher verfügbaren Materialien weiter erhöhter Festigkeit (AZT).

Prothetik

Im Prothetikbereich drehte sich auf der IDS vieles um Zirkonoxidkeramik und CAD/ CAM. Zahntechniker, aber auch Zahnärzte interessierten sich stark für diese modernen Verfahren. Ursache könnte die Suche nach Behandlungsmethoden sein, die dem Patienten besondere Ästhetik (Vollkeramik) oder klinische Sicherheit (Zirkonoxid) bieten. Wie bereits in der IDS-Vorschau (zm Nr. 7) berichtet, gibt es im CAD/CAMBereich eine zunehmende Zahl von Firmenkooperationen, sowohl im Geräte- als auch im Materialbereich. So wird ab Herbst 2005 ein neues Materialsystem erhältlich sein, das alle Indikationen in der Vollkeramik abdeckt und über eine universelle Verblendkeramik die Bereiche Presskeramik und CAD/CAM miteinander verbindet (Ivoclar Vivadent).

Teil des Systems sind auch neue Glaskeramikrohlinge und Zirkonoxidblöcke, die für die Verarbeitung im Cerec inLab-System geeignet sind. Für Zirkonoxidgerüste wurden von verschiedenen Herstellern neue Verblendmaterialien eingeführt.

Parodontologie

Zur IDS 2003 wurde ein Gerät zur Diagnostik von Belägen und Konkrementen mittels fiberoptischer Sonde vorgestellt (Ultradent). Nach der Einführung neuer diagnostisch- therapeutischer Lichtkeile mit „Feedback-System“ für einen Er:YAG-Laser (KaVo) wird jetzt auch ein Ultraschallgerät angekündigt, das mithilfe eines diagnostischen Zusatzmoduls für die Detektion und Entfernung subgingivaler Beläge verwendet werden kann (Sirona). Technisches Prinzip ist ein piezoelektrischer Sensor, der über eine Software das Schwingungsmuster des Ultraschallinstruments auf der Wurzeloberfläche auswertet. Liefertermin für das Diagnostikmodul soll jedoch erst im Sommer 2006 sein.

Ein anästhetisches Gel zur Applikation in die parodontale Tasche (Dentsply DeTrey) soll die subgingivale Belagsentfernung für den Patienten angenehmer machen. Die Substanz befindet sich bei Raumtemperatur in flüssigem Zustand und wandelt sich bei Körpertemperatur in ein zähflüssiges Gel um. Aus dem Gel werden die Wirkstoffe Lidocain und Prilocain in das umgebende Gewebe abgegeben und sorgen nach 30 Sekunden für eine mindestens 20-minütige Anästhesie. Die von Patienten ungeliebte Injektion entfällt dadurch im Normalfall, kann aber bei Bedarf zusätzlich gegeben werden. Das Produkt ist laut Hersteller ab Sommer 2005 erhältlich.

Hygiene

Die im vergangenen Jahr in Kraft getretene Norm DIN EN 13060:2004 für Dampfsterilisatoren sieht für Arbeitsmittel mit Hohlräumen, zum Beispiel für Winkelstücke und Turbinen, Geräte mit Dampfinjektionsverfahren (Typ S) oder mit fraktioniertem Vakuumverfahren (Typ B) vor. Auf der IDS waren zahlreiche Geräte dieser Typen im Angebot. Im Idealfall können die Sterilisationszyklen, auch patientenbezogen, mit speziellen Softwaremodulen dokumentiert werden. Fragen treten auch immer wieder zur geeigneten Aufbereitung rotierender Instrumente auf. Laut Empfehlung des Deutschen Arbeitskreises für Hygiene in der Zahnarztpraxis (DAHZ) sollten diese grundsätzlich thermodesinfiziert oder sterilisiert werden. Thermodesinfektoren sind jedoch wegen der erhöhten Korrosionsgefahr für diesen Zweck nicht geeignet und werden von den Herstellern auch nicht empfohlen. Das gilt besonders für Hartmetallinstrumente. Im Zweifel sollte sich das Praxisteam an den Hersteller wenden, der zur Weitergabe entsprechender Informationen verpflichtet ist.

Röntgen

Digitale Röntgenlösungen werden immer mehr zum Standard. Mit einer Vielzahl von Angeboten vom Einzelzahnsensor bis zum 3D-Tomographiesystem werden alle diagnostischen Bereiche abgedeckt. Dabei spielt der Anwendungskomfort in Verbindung mit Aufnahmetechnik und PC-Dokumentation eine große Rolle. Sensoren erlauben die kabellose Positionierung im Mund (orangedental), Röntgendaten können von der Wandstation ebenfalls kabellos an den PC übertragen werden (Visiodent). Für technisch gute digitale Röntgenaufnahmen stehen spezielle Sensorhalter zur Verfügung, die über einen apikalen Fixierpunkt die Abbildung von Wurzelspitzen erleichtern sollen (KerrHawe).

Praktisches für die Praxis

Jenseits von Hightech gab es auf der IDS viele kleine und einfach verständliche Produkte zu entdecken, die die tägliche Praxis erleichtern. Bei Produktvorführungen und auch in den Pressekonferenzen wurden immer wieder die Aspekte Anwenderfreundlichkeit und Patientenkomfort betont. Neu eingeführt wurden zwei sehr unterschiedliche Geräte zum Abhalten der Weichteile, die eine gute Sicht auf das Arbeitsfeld erleichtern und die Weichgewebe schonen sollen (KerrHawe, Ivoclar Vivadent).

Dieselben beiden Anbieter haben neue Handinstrumente zum Modellieren von Kompositen im Programm, ein System mit fest aufgesteckten, das zweite mit rollenden Kunststoffaufsätzen, die jeweils auswechselbar sind. Ein vorgeformter und auf den wiederverwendbaren Rahmen vormontierter Kofferdam erleichtert die Anwendung dieses nicht immer beliebten Hilfsmittels (Kerr- Hawe). Weitere Produkte in dieser Kategorie waren ein kombinierter Mundspiegel mit Absaugvorrichtung (Loser) und ein Gerät zur schonenden Extraktion von Zähnen (Zepf Medizintechnik).

Demonstrationen, Fortbildung, Happenings

An allen Messetagen gab es in der neu hinzugekommenen Halle 10.1 die Möglichkeit, sich in der so genannten Speakers’ Corner über neue Produkte und Methoden zu informieren. In einer Art offenem Hörsaal berichteten Zahnärzte, Zahntechniker und Forscher im Halbstundenrhythmus über ihre Ergebnisse und Erfahrungen. Das Niveau der moderierten Vorträge war im Durchschnitt sehr gut. Zusätzlich gab es an den Ständen verschiedener Firmen Demonstrationen, zum Teil mit komplett installierten Behandlungsstühlen. Dabei traten im Einzelfall schon einmal technische Probleme auf, wenn zum Beispiel plötzlich das sterile Knochenersatzmaterial fehlte und schnell von einem anderen Messestand besorgt werden musste. Auch die Bundeszahnärztekammer war vertreten, auf deren Stand Informationen rund um die Fortbildung und zur Abrechnung im Festzuschuss-System vermittelt wurden (siehe Bericht Seite 20). Abgerundet wurde die IDS wie in den Vorjahren mit Prominenten an den Messeständen, zum Beispiel mit Dr. Markus Merk („Zeigen Sie Karies die rote Karte“), dem Rennfahrer Hans-Joachim Stuck (CAD/CAM-Scanner) und vier amtierenden Schönheitsköniginnen (digitale Zahnfarbbestimmung). Auch ohne diese Attraktionen war die IDS wieder eine überaus spannende und besuchenswerte Messe. Auf 2007 und die Weiterentwicklung in vielen Produktbereichen – und den damit zusammenhängenden Behandlungsmethoden – darf man schon heute gespannt sein.

Dr. Jan Herrmann KochParkstr. 1485356 Freisingwww.dental-journalist.de

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