Außerordentliche KZBV-Vertreterversammlung in Köln

Auf dem richtigen Weg

Die erste Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) nach der Organisationsreform am 10. Juni im Kölner Zahnärztehaus befasste sich vorrangig mit der Abstimmung anstehender Satzungsänderungen. Dennoch boten der Bericht des KZBV-Vorsitzenden Dr. Jürgen Fedderwitz und die anschließende Aussprache ausführlichen Raum zur Erörterung der aktuellen berufspolitischen Lage.

„Unsere Aufgabe ist es, die Patienten, die Politik, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass wir mit den Reformen beim Zahnersatz auf dem richtigen Weg sind“, betonte der KZBV-Vorsitzende vor den Delegierten der Vertreterversammlung. Fedderwitz sparte nicht mit harscher Kritik an den Störmanövern, die die Spitze des Verbandes deutscher Zahntechniker-Innungen und einzelne Krankenkassen seit Jahresanfang gegen den Systemwechsel fahren. Die befundbezogenen Festzuschüsse sind, so Fedderwitz, „ein wesentlicher struktureller Reformansatz in der Gesundheitspolitik“. Für die Zahnärzteschaft gebe es keine Alternative zu Festzuschüssen mit Kostenerstattung. Fedderwitz ließ keinen Zweifel daran, dass eine ohne die bürokratischen Vorgaben des GKV-Modernisierungsgesetzes, stärker auf Basis des KZBV-Konzeptes der befundorientierten Festzuschüsse getroffene Lösung in der Umsetzung „wünschenswerter und weitaus praktikabler“ gewesen wäre.

Tatort Praxis

Dennoch: Das Klagen bringe jetzt nicht weiter. Der KZBV-Vorsitzende forderte vielmehr die Kollegen auf, das nötige Fingerspitzengefühl zu zeigen und zu beweisen, dass man mit der Situation verantwortungsbewusst umzugehen weiß. Fedderwitz: „Die Praxis ist nach meiner festen Überzeugung der Tatort, der über die Zukunftsfähigkeit des Festzuschusssystems entscheidet.“ Erst wenn die Zahnärztinnen und Zahnärzte und ihre Mitarbeiter von dem Festzuschusssystem überzeugt seien, „können sie die Patienten überzeugen und ihnen die Vorteile des Systems näher bringen“. Fedderwitz zuversichtlich: „Bis heute gibt es bei den Parteien und im BMGS keine nennenswerte Zahl an Patientenbeschwerden.“ Alle bisher von einschlägig kritisch interessierter Seite veröffentlichten Zahlen hätten sich „immer als statistische Luftblasen und durchsichtiges Wunschdenken erwiesen“.

Dennoch habe sich anhand von Kollegenaussagen wie auch der bisherigen Zahlen zu den GKV-Ausgaben im ersten Quartal – Rückgang des Zahnersatzes über 40 Prozent sowie ein Minus der gesamten zahnärztlichen Behandlung von 4,5 Prozent – gezeigt, dass der Systemwechsel für die zahnärztlichen Praxen nicht einfach war. Erschwerend komme hinzu, dass bereits im letzten Jahr die Fallzahlen und Patientenkontakte durch Einführung der Praxisgebühr rückläufig waren. Dieser Steuerungseffekt sei aber politisch ebenso gewollt wie die Öffnung weiterer Sparpotenziale für die Krankenkassen. Dazu gehöre auch, den Prothetik-Anteil an den Ausgaben drastisch zu vermindern.

Erfolg vor dem Schiedsamt

Ein Rückgang, wie er in den ersten Monaten des Jahres nach dem Systemwechsel eingetreten sei, hätte laut Aussagen des Vorsitzenden mit einer – von den Krankenkassen „hartnäckig abgelehnten“ – Übergangsregelung weitgehend vermieden werden können. Negativ zu Buche geschlagen hätten darüber hinaus die Vorzieheffekte aus Zeiten der alten Regelung sowie die generelle Zurückhaltung der Patienten „in wirtschaftlich ungewissen Zeiten“.

Geduld, wie sie die parlamentarische Staatssekretärin Marion Caspers-Merk auf dem Frühjahrsfest der Zahnärzteschaft in Berlin bereits eingefordert hatte, sei auch in der weiteren Umsetzung von noch offenen Detailfragen erforderlich gewesen. „Vieles, aber längst nicht alles“ sei in der inzwischen eingerichteten Clearing-Stelle geklärt worden. Geduld habe auch die inzwischen für die Zahnärzteschaft erfolgreich im Bundesschiedsamt verabschiedete Lösung der Heil- und Kostenpläne abgefordert.

Gerade das Schiedsverfahren habe gezeigt, dass es den Krankenkassen nicht darum gegangen sei, „ein transparentes, auf die Patientenbedürfnisse abgestelltes Verfahren zu etablieren“. Für die Kassen stand, so Fedderwitz, „eine umfassende, maschinenlesbare Datensammlung im Mittelpunkt“ (siehe auch Seite 22 dieser Ausgabe). Dennoch hätten sich die Krankenkassen mit ihren Forderungen nicht durchsetzen können. Das Schiedsamtsverfahren habe – ähnlich wie das um die gesonderte Regelung der Praxisgebühr für die Zahnärzte Ende 2003 – aufgezeigt, dass die Zahnärzteschaft im Schiedsamt „gut aufgestellt“ sei. Trotzdem seien die Aktivitäten der Krankenkassen ernst zu nehmen. Sie hatten nach Entscheid des Bundesschiedsamtes behauptet, „dass erste Vergleiche der Zuzahlungsbelastungen der Patienten ... eine deutlich erkennbare zusätzliche Belastung der Patienten signalisieren“ und entsprechend „weitere genaue Erhebungen“ angekündigt. Fedderwitz betonte vor diesem Hintergrund erneut, dass die umfassende Analyse auf der Grundlage der von KZVen zur Verfügung gestellten Abrechnungsdaten von Januar bis April diese Behauptungen widerlegt hätten. Sein Blick nach vorn: „In den nächsten Wochen geht es darum, die Politik trotz der zunehmenden Diffamierungen weiterhin von der Zukunftsfähigkeit des Festzuschusskonzeptes zu überzeugen.“ Dafür, so forderte der KZBV-Vorsitzende die Delegierten auf, „müssen wir gut aufgestellt sein und unsere Position mit Nachdruck nach außen vertreten“, zumal der vorgezogene Bundestagswahlkampf den Angriffen gegen den Systemwechsel nicht den Druck nehmen werde.

Auch der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer warnte die Delegierten davor, die aktuelle Sachlage „auf die leichte Schulter zu nehmen“. Noch habe es die Zahnärzteschaft nicht geschafft, das System bis in alle Ebenen der Basis zu kommunizieren. Von Vorschlägen aus der VV, weitere Feinregulierungen der Festzuschüsse abzuwehren, riet Eßer ab: „Jeder Festzuschuss muss im Klagefall rechtlichen Bestand haben, deshalb brauchen wir die so genau definierten Regelungen.“ Eine Möglichkeit der Vereinfachung sieht er im jetzt gesetzlich definierten Rahmen nicht. Deshalb sei die KZBV fest entschlossen, „diesen Weg jetzt konsequent zu Ende zu gehen“.

Die öffentlichen Vorwürfe des VDZI wies Eßer nicht nur aus berufspolitischer, sondern auch aus rein ökonomischer Warte rigoros als unhaltbar zurück: „Schließlich sind in der Vergangenheit wir Zahnärzte es gewesen, die im budgetierten System die steigenden Einnahmen der Zahntechniker geschultert haben.“

Politisches Reformkonzept im Herbst sinnvoll

Neben der Festzuschussthematik sind die für den Spätsommer angestrebten Neuwahlen des Deutschen Bundestages die zweite wichtige Weichenstellung, auf die sich die Zahnärzteschaft vorzubereiten habe, so der KZBV-Vorsitzende Fedderwitz in seinem Bericht. Noch sei nicht abzusehen, „ob die Gesundheitspolitik ein heißes Wahlkampfthema wird“. Ungewiss sei allemal, ob dann die zahnärztliche Versorgung dazu gehören wird. Fedderwitz warnte die Zahnärzteschaft davor, trotz notwendiger politisch-programmatischer Positionierung nicht „mit vorschnellen und vorlauten Statements einer interessierten Seite unnötige Stichworte und damit unliebsame Wahlkampfmunition zu liefern.

Letztlich sei, was auf die Wähler zukomme, erst in Umrissen erkennbar. Noch seien keine Wahlprogramme beschlossen und die Taktik der Parteien werde „mehr denn je die risikoarme, aber dynamische Unverbindlichkeit nach dem Motto: ‘Wir wissen nicht, was wir wollen, aber das mit ganzer Kraft und aus vollem Herzen.’ präferieren“. Die politischen Gespräche, die die KZBV in den letzten Monaten geführt habe, gäben Anlass zu der Zuversicht, „dass bei den politischen Parteien das Thema Zahnersatz nicht im Mittelpunkt stehen wird“.

Trotzdem müsse die Zahnärzteschaft in die anstehende Reformdiskussion „mit klaren Vorstellungen und ordnungspolitisch schlüssigen Konzepten gehen“. Deshalb kündigte der Vorsitzende Fedderwitz an, dass der Vorstand den Delegierten auf der ordentlichen Vertreterversammlung im Herbst „ein Reformkonzept für den Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung vorlegen wird“.

Satzung geändert

Die vom Satzungsausschuss unter Vorsitz des niedersächsischen KZV-Vorsitzenden Dr. Jobst Wilken Carl erarbeiteten über 30 Anträge, die sich aus dem Auftrag durch die VV nach der ersten Festlegung der Satzung durch das Bundesgesundheitsministerium ergaben, wurden unter der Leitung des VVVorsitzenden Dr. Karl-Georg Pochhammer zügig, weitestgehend mit großen Mehrheiten oder sogar einstimmig verabschiedet.

Ausführlich diskutiert wurde der Antrag zur Änderung des Paragrafen 11 der KZBV-Satzung zur Schaffung eines Beirates aus den Vorsitzenden der KZVen, den der hauptamtliche Vorstand der KZBV „in allen wichtigen Fragen oder zur Vorbereitung wichtiger Entscheidungen“ anhören soll. Auch dieser Antrag wurde bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung angenommen.

Ebenfalls bei vier Enthaltungen ohne Gegenstimme angenommen wurde ein Antrag der Delegierten Dr. Oehler (KZV Thüringen) und Dr. Banthien (KZV Hamburg), dass die KZBV-VV „die neu zu wählende Bundesregierung auffordert, in geeigneter Form die Ehrenamtlichkeit der Vorstände in der Selbstverwaltung der Zahnärzte wieder herzustellen“.

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