Arbeitsverträge auf Zeit

Der Reiz der Frist

Befristungen bei Anstellungsverträgen vergrößern den Spielraum der Arbeitgeber bei der Personalplanung. Die bekannteste Form für Zahnarztpraxen dürfte die Mitarbeiterin sein, die während Mutterschutz und Elternzeit einer Kollegin einspringt. Doch es gibt noch mehr Möglichkeiten, die für den Zahnarzt interessant sind.

Insbesondere, wenn Praxischefs Mitarbeiter neu einstellen, sollten sie Befristungen vereinbaren. Im Vergleich zur herkömmlichen Probezeit hilft ihnen die Befristung wesentlich weiter: Probezeiten erleichtern die Kündigung selbst in keiner Weise, sondern lediglich eine leicht verkürzte Kündigungsfrist von 14 Tagen statt vier Wochen. Wird/ist eine neue Helferin während der Probezeit schwanger oder beantragt Elternzeit (oder gründet einen Betriebsrat), so kann sie grundsätzlich nicht mehr gekündigt werden, besagt der sogenannte Sonderkündigungsschutz. Arbeitgeber brauchen dann einen wichtigen Kündigungsgrund sowie die Zustimmung weiterer Stellen. Die Probezeitvereinbarung zielt hier ins Leere. Eine Befristung hingegen hilft weiter: Läuft sie aus, endet der Vertrag – auch bei einer schwangeren, schwerbehinderten Betriebsrätin, die sich in Elternzeit befindet.

Spielregeln für die gute Form

Hinsichtlich des neuen Gesetzes zur Gleichbehandlung (AGG) hat eine Befristung erhebliche Vorteile: Zahlreiche Fragen, die bislang fast jeder Arbeitgeber potentiellen Mitarbeitern stellte, gelten mittlerweile als kritisch oder gar tabu. Probleme zeigen sich daher häufig erst bei der Arbeit nach Vertragsabschluss. Die Befristung hält einen eventuellen Schaden also in Grenzen, eben bis Ende der Anstellung. Wer – und sei es versehentlich – diskriminierend kündigt oder einem Bewerber absagt, muss möglicherweise den materiellen Schaden bis hin zum entgangenen Gehalt bis zur Rente ersetzen – in Großbritannien übrigens bereits keine Seltenheit mehr. Die Befristung begrenzt diesen Schadensersatz auf die Zeit bis zum Fristablauf. Bei Befristungen sind einfache, aber strenge Formvorschriften zu beachten. Nur wer diese Spielregeln genau einhält, erreicht eine wirksame Befristung, sei es mit oder ohne „Sachgrund“.

Aus gegebenem Anlass

Nach § 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) ist die Befristung eines Arbeitsvertrages zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Die Befristung muss schriftlich vereinbart werden. Möglich sind Befristungen bis zu einem bestimmten Datum oder bis zum Eintritt eines Ereignisses. Ein kalendermäßig befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit, § 15 Abs. 1 TzBfG, ein zweckbefristeter, sobald der Zweck erreicht ist, frühestens jedoch zwei Wochen, nachdem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darüber unterrichtet hat, § 15 Abs. 2 TzBfG.

Grundsätzlich sind wirksam befristete Arbeitsverhältnisse nur außerordentlich kündbar. Im Arbeitsvertrag kann jedoch die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung unter Anwendung aller Kündigungsschutzvorschriften vereinbart werden. Arbeitet ein Arbeitnehmer nach Ablauf der Frist mit Wissen des Arbeitgebers weiter, wandelt sich sein befristetes Arbeitsverhältnis automatisch in ein unbefristetes um, so § 15 Abs. 5 TzBfG und § 625 BGB. Der Arbeitgeber kann dies nur verhindern, indem er das Weiterarbeiten sofort unterbindet. Analog wandelt sich ein zweckbefristetes Arbeitsverhältnis ebenfalls in ein unbefristetes um, wenn der Arbeitgeber die Erreichung des Zweckes nicht unverzüglich mitteilt. Ist die Befristung rechtsunwirksam, gilt der Arbeitsvertrag gemäß § 15 Abs. 5 TzBfG als „auf unbestimmte Zeit geschlossen“. Er kann dann vom Arbeitgeber immer noch zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden, oder früher, sofern dieses einzel- oder tarifvertraglich möglich ist. Ausnahme: Ist die Befristung nur deshalb unwirksam, weil sie nicht schriftlich festgehalten wurde, kann der Arbeitsvertrag in jedem Fall vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.

Hält der betreffende Arbeitnehmer eine Befristung für unwirksam, muss er übrigens innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende beim Arbeitsgericht eine sogenannte Entfristungsklage einlegen.

Der Arbeitgeber hat die befristet Beschäftigte über entsprechende unbefristete Stellen zu informieren, die besetzt werden sollen, § 18 TzBfG, etwa am schwarzen Brett. Auch befristet Beschäftigte haben im angemessenen Rahmen Anspruch auf Aus- und Weiterbildung. Der Chef darf sie nur davon ausnehmen, wenn dringende betriebliche Gründe oder Aus- und Weiterbildungswünsche anderer Arbeitnehmer dem entgegenstehen.

Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Anzahl der befristet beschäftigten Arbeitnehmer und ihren Anteil an der Gesamtbelegschaft des Betriebes zu informieren. Besondere Regelungen über die Befristung von Arbeitsverträgen nach anderen gesetzlichen Vorschriften bleiben durch das Gesetz über Teilzeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) unberührt.

Wird in einem bestehenden unbefristeten Arbeitsverhältnis eine Befristung vereinbart, muss ein sachlicher Grund (siehe Infokasten) dafür vorliegen.

Befristungen dürfen nicht gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen. So werden sie zum Beispiel unwirksam, wenn sie nur die unzulässige Frage nach einer Schwangerschaft ausgleichen sollen. Allerdings müsste die Arbeitnehmerin dieses glaubhaft machen.

Die Dauer einer Befristung können die Vertragspartner frei aushandeln. Sie muss nicht mit der Dauer des sachlichen Grundes übereinstimmen, das Arbeitsgericht prüft nur letzteren. Läuft ein befristeter Vertrag über mehr als fünf Jahre, kann der Arbeitnehmer danach mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen, § 15 Abs. 4 TzBfG, sonst nur mit Zustimmung des Chefs.

Ein Betriebsrat in einer Klinik etwa hat gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG kein Recht, seine Zustimmung zu einer Befristung zu verweigern, selbst wenn diese unrechtmäßig ist.

Ohne Grund, aber mit Grenzen

Ohne sachlichen Grund erlaubt § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG eine Befristung für maximal zwei Jahre, sei es von Anfang an oder gestückelt; eine zunächst kürzere Befristung darf höchstens dreimal auf insgesamt zwei Jahre verlängert werden. Grundvoraussetzung: Der Arbeitgeber hat diese Kraft noch nie (!) zuvor beschäftigt, auch nicht als Schreibkraft oder Schwangerschaftsvertretung.

Praktika, Berufsausbildungsverhältnisse, Eingliederungsverträge nach § 231 Abs. 2 SGB III gehören nicht zu den Arbeitsverhältnissen im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG.

Und läuft, und läuft…

Um ungewollt unbefristete Arbeitsverträge zu vermeiden, sollten Arbeitgeber daher jeden Kandidaten für befristete Stellen nach einer Vorbeschäftigung fragen und ihn schriftlich bestätigen lassen, dass er nie zuvor bei ihnen gearbeitet hat. Beantwortet der Arbeitnehmer diese Frage falsch, kann das Arbeitsverhältnis wegen arglistiger Täuschung angefochten werden, § 123 BGB.

Durch Tarifverträge kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend vom Gesetz festgelegt werden, § 14 Abs. 2 S. 3 TzBfG. Doch hier sollte der Arbeitgeber sich vorab schlau machen, denn Papier ist geduldig, aber ein gekündigter Mitarbeiter in diesen Zeiten eher nicht.

Zahnarzt M. stellt eine Helferin zunächst für sechs Monate ein, ohne einen sachlichen Grund anzugeben. Nach dem halben Jahr ist der Praxischef so zufrieden mit ihr, dass er zum einen ihren Vertrag um weitere sechs Monate verlängert und zum anderen das Monatsgehalt um 200 Euro erhöht. Als die zweite Frist abläuft, braucht er die Mitarbeiterin nicht länger.

Die Tücke: Zwar ist eine Verlängerung der Befristung möglich. Doch wegen der erwähnten Gehaltserhöhung liegt ein Neuabschluss des Vertrags vor. Und zwar für eine Kraft, die ja ganz eindeutig bereits in der Praxis gearbeitet hat. Ergo hätte ein sachlicher Grund in den befristeten Vertrag gehört! Fazit: Die ursprüngliche Aushilfe ist damit jetzt unbefristet angestellt.

Die Regel lautet: Eine Verlängerung ist nur mit dem Inhalt möglich, der bereits bestand. Jede Änderung des Inhalts führt dazu, dass es sich nicht um eine Verlängerung handelt, sondern um einen neuen, unbefristeten Arbeitsvertrag.

Will der Chef das Gehalt erhöhen, so muss er dieses spätestens am letzten Tag der ersten Befristung vereinbaren, entschieden die Bundesarbeitsrichter (BAG am 19.02.2003 – 7 AZR 648/01).

Kein sachlicher Grund soll bei Befristungen mit Arbeitnehmern ab 52 Jahren erforderlich sein, § 14 Abs. 3 S. 4 TzBfG. Allerdings ist der § 14 Abs. 3 TzBfG nicht mit dem Europarecht vereinbar (Mangold ./. Helm, EuGH 22. 11. 2005 - C-144/04), denn die Regelung diskriminiere Arbeitnehmer wegen ihres Alters. Die Vorschrift wäre damit gegebenenfalls unwirksam, der Vertrag unbefristet.

Bei neugegründeten Unternehmen ist seit 2004 eine Befristung auf vier Jahre mit mehrfachen Verlängerungen möglich.

Die Befristung – mit oder ohne Sachgrund – muss schriftlich vereinbart werden, verlangt § 623 BGB, der jeweilige Grund muss aber nur angegeben werden, wenn etwa ein Tarifvertrag dies vorsieht.

Für die Form gibt es strenge Vorschriften. Beispiel: Ein Zahnarzt vereinbart mit seiner künftigen ZMFA zur Erprobung eine Befristung vom 1. Januar bis zum 30. Juni. Der Praxischef unterschreibt den Vertrag am 23. Dezember des Vorjahres, faxt ihn an die ZMFA, die ein Exemplar unterschreibt und ihm zurückschickt. Fatal, denn die Befristung ist nur wirksam, wenn die Originalunterschriften beider Parteien auf ein und demselben Dokument stehen, so § 14 Abs. 4 TzBfG. Womit wiederum ein unbefristeter Vertrag, § 16 TzBfG vorläge. Also Finger weg vom Fax.

Ebenso mahnen Fachleute: Ein befristeter Vertrag muss von beiden Seiten unterschrieben sein, ehe (!) die Arbeit beginnt. Nicht schlecht haben unerfahrene Unternehmer gestaunt, als sie dieses außer acht ließen und der Arbeitnehmer die Befristung später unter Berufung auf § 125 Satz 1 BGB anfocht. Zum Beispiel, weil der Personalleiter zum Arbeitsantritt am Jahreswechsel im Urlaub gewesen war, und die Formalitäten im Nachhinein abgewickelt wurden. Auch eine Unterzeichnung des Arbeitsvertrages wenige Tage nach Arbeitsbeginn hilft nicht weiter. Die Befristung muss vor Arbeitsbeginn schriftlich vereinbart worden sein (siehe das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) 01.12.04 - 7 AZR 198/04).

Wird während der Erstbefristung eine Verlängerung der Arbeitszeit – auch wenn es dem Arbeitnehmer ungelegen kommt – auf zum Beispiel 42 Wochenstunden vereinbart, bleibt die Befristung laut BAG auch bei einer nachfolgenden Verlängerung wirksam.

Nach Ansicht des LAG Hamm (10.11.2004 – 15 Sa 1035/04) dagegen hebelt diese Verlängerung hier die Befristung aus. Denn der sachgrundlos befristete Arbeitsvertrag könne nicht mehr bis zur Ausschöpfung der gesetzlichen Höchstdauer verlängert werden, wenn die Parteien während der Erstbefristung den Vertragsinhalt geändert haben. Es sei denn, es handele sich um eine vom Arbeitnehmer gewünschte oder ihm ausschließlich günstige Änderung.

Der goldene Weg

Die Erfahrung zeigt: Bei Befristungen sollte grundsätzlich zunächst mit der sachgrundlosen Befristung des § 14 Abs. 2 TzBfG begonnen werden, nach 24 Monaten mit drei zulässigen Verlängerungen in dieser Zeit kann eine Befristung mit sachlichem Grund gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG folgen.

Eine Befristung mit sachlichem Grund als Einstieg in ein Befristungsarbeitsverhältnis ist nur dann sinnvoll, wenn der Arbeitnehmer zuvor bei diesem Arbeitgeber beschäftigt war. In diesem Fall ist eine sachgrundlose Befristung ausgeschlossen.

Dr. Klaus Michael AlenfelderWolfsgasse 8D-53225 Bonnkma@alenfelder.de

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