Europäisches Verfahren zur Durchsetzung offener Forderungen

Warum umständlich, wenn’s auch einfacher geht

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Die EU-Kommission will es Unternehmen und Verbrauchern künftig erleichtern, zivilrechtliche Ansprüche gegenüber Bürgern aus anderen EU-Ländern geltend zu machen. Zwei Gesetze hierfür – zum Mahnverfahren und zur Durchsetzung von Forderungen in geringfügiger Höhe – liegen dem Europaparlament und dem Ministerrat inzwischen zur Entscheidung vor. Der europäische Vorschlag soll die bisherigen rechtlichen Möglichkeiten allerdings nur ergänzen. Völlig unberührt von den Gesetzesvorhaben bleibt zudem der außergerichtliche Weg.

Grundsätzlich kann es sich für deutsche Zahnarztpraxen lohnen, auch Patienten aus dem europäischen Ausland zu behandeln, vor allem dann, wenn es sich um zahlungskräftige Kunden handelt. Problematisch wird es allerdings, wenn ein ausländischer Patient nach der Rückkehr in seine Heimat die Zahnarztrechnung nicht bezahlt.

In der Regel ist es dann sehr mühsam, zeitund kostenaufwändig, seine Honoraransprüche geltend zu machen. Denn nach der bisherigen Rechtslage muss der Zahnarzt den Patient zunächst vor einem deutschen Amtsgericht verklagen. Danach muss ein Gericht im Wohnsitzland des Patienten den Urteilsspruch bestätigen. Will der Schuldner dann immer noch nicht zahlen, muss der Zahnarzt schließlich noch einen ausländischen Gerichtsvollzieher damit beauftragen, sein Honorar einzutreiben.

Einheitliches Muster

Nach dem Willen der europäischen Kommission soll dies künftig einfacher werden. Die Brüsseler Beamten haben sich nämlich einen Weg ausgedacht, mit dem grenzüberschreitende Forderungen europaweit nach einem einheitlichen Muster geltend gemacht werden können, egal ob es sich um Bagatellen oder um Beträge von mehreren tausend Euro handelt. Die entsprechenden Verordnungsentwürfe befinden sich zwar noch im Gesetzgebungsverfahren. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Gesetze voraussichtlich mit einigen kleinen Änderungen im kommenden Jahr in Kraft treten werden.

Das EU-Verfahren sieht vor, dass ein Gläubiger eine einmal gefällte gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit seiner grenzüberschreitenden Forderung nicht mehr von einem ausländischen Gericht bestätigen lassen muss. Das heißt: Hat ein deutscher Zahnarzt einen polnischen Patienten behandelt und die Bezahlung seines Honorars ist überfällig, dann muss er sich – so er sich für das europäische Verfahren entscheidet – nur noch an das für ihn zuständige Amtsgericht in Deutschland wenden. Dafür muss er lediglich ein von der EUKommission entworfenes Formblatt ausfüllen, in dem er seine Ansprüche darlegt. Das Urteil, das die Richter auf dieser Grundlage fällen, würde dann automatisch in Polen gelten.

„Die Vollstreckbarkeit des Titels kann allerdings auch beim europäischen Verfahren weiterhin nur nach nationalem Recht erfolgen. Das geht aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme der einzelnen europäischen Länder nicht anders”, erklärt Professor Dr. Burkhard Hess vom Institut für Ausländisches und Internationales Privat- und Wirtschaftsrecht. Somit käme der Zahnarzt nicht umhin, im Zweifel doch noch einen ausländischen Gerichtsvollzieher zu beauftragen, der seine Ansprüche einlöst.

Praktische Hilfe im Netz

Praktische Hilfestellung bei diesen oder auch zivilrechtlichen Fragen allgemein bietet immerhin das Europäische Justizielle Netz (EJN) an, an das sich jeder europäische Bürger bei Streitigkeiten wenden kann. Die vom EJN angebotenen Informationen zu den geltenden Rechtsvorschriften, der Rechtsprechung sowie den Rechts- und Justizsystemen der EU-Länder sind außerdem im Internet abrufbar (http://europa.eu.int/comm/justice_home/ejn/index_ de.htm).

Darüber hinaus bleibt es natürlich jedem selbst überlassen, eine Angelegenheit außergerichtlich beizulegen. Wer lieber diesen Weg wählen will, findet ebenfalls Information und Unterstützung bei einem europäischen Netzwerk, nämlich der Europäischen Verbraucherzentrale Euro-Info-Verbraucher e.V.

Petra SpielbergRue Colonel Van Gele 98B-1040 Brüssel

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