Mundgesundheit in Deutschland

Eine 25-jährige Erfolgsgeschichte

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Morgens „blau“, abends „rot“ – der medizinische Doppelschutz für Zahnfleisch und Zähne ist 25 Jahre alt geworden. Dies ist ein guter Anlass, einmal Rückschau zu halten: Man schrieb das Jahr 1980. Wie stand es da um die Zahngesundheit in Deutschland, und wie war es um das Zahnbewusstsein und um das Bemühen um Zahngesundheit in der Bevölkerung bestellt? Hier die Chronologie einer Erfolgsgeschichte.

Kariesepidemiologischer Daten jener Zeit zufolge, kann man mit Fug und Recht sagen: Deutschland gehörte mit zu den Weltmeistern in Sachen Karies, und auch um den Gesundheitszustand der Gingiva und des Parodonts stand es nicht zum Besten.

Weltmeister in Sachen Karies und Parodontitis

Umfassende kariesepidemiologische Daten aus der Bundesrepublik Deutschland wurden 1980 von Patz und Naujoks publiziert. Sie berichteten über Befunde an 14 491 Personen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Dabei handelte es sich um Untersuchungen, welche in zahlreichen zahnärztlichen Praxen im gesamten damaligen Bundesgebiet durchgeführt worden waren. Von allen untersuchten Personen wiesen lediglich noch 22 ein naturgesundes Gebiss auf. Dies entspricht einer Kariesfrequenz von 99,9 Prozent. Bei den 15- bis 24-Jährigen waren im Mittel bereits 14,5 Zähne beziehungsweise 36 Zahnflächen kariös, gefüllt oder schon extrahiert. Selbst in diesem noch relativ jugendlichen Alter waren also nur noch die Hälfte aller Zähne gesund. Von Altersstufe zu Altersstufe stieg der Kariesbefall deutlich weiter an. Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis dieser Untersuchung besagt, dass selbst schon in der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren lediglich 45 Prozent der Probanden noch über ein vollbezahntes Gebiss verfügten. Auch dieser Befund wurde mit ansteigendem Alter immer ungünstiger.

Hinsichtlich der damaligen Verbreitung von Gingivitis und Parodontalerkrankungen sei beispielhaft eine entsprechende Untersuchung aus Hamburg aus dem Jahr 1985 angeführt. In zahnärztlichen Praxen nach dem CPITN-System durchgeführte Erhebungen an 11 306 Patienten im Alter von 15 bis über 70 Jahren ergaben lediglich bei 2,8 Prozent aller untersuchten Personen ein klinisch absolut gesundes Zahnfleisch und Parodontium. Weitere 8,6 Prozent wiesen nur sehr geringe parodontale Veränderungen auf. Bei den restlichen Patienten (88,6 Prozent) waren bereits gingival- beziehungsweise parodontaltherapeutische Maßnahmen notwendig. Es zeigte sich eine deutliche Altersabhängigkeit in Verbreitung und Schweregrad der beobachteten Parodontalerkrankungen. Außerdem ließen die erhaltenen Ergebnisse auch auf eine gewisse soziale Schichtabhängigkeit der parodontalen Befunde schließen [Ahrens et al., 1988].

Zahnpflegeverhalten der Bevölkerung 1980

Wie stand es damals um das Mundhygienebewusstsein und die Mundhygienegewohnheiten in der Bevölkerung? Hierzu soll als Beispiel eine 1981 publizierte Studie angeführt werden [Gülzow et al., 1981]. Insgesamt 1 200 Wehrpflichtige (600 aus Norddeutschland und 600 aus Süddeutschland) im Alter zwischen 18 und 26 Jahren wurden im Rahmen von Einstellungsuntersuchungen zu ihren Mundhygienegewohnheiten befragt. Damals gaben Wehrpflichtige noch ein relativ gutes Abbild der sozialen Zusammensetzung der breiten Bevölkerung ab. Aus dieser Studie geht eindeutig hervor, dass das Zahn- und Mundpflegeverhalten ausgesprochen ungenügend war. So putzten sich nur etwa 40 Prozent der Befragten mehr als einmal täglich die Zähne. Zwölf Prozent gaben sogar an, sich nur gelegentlich die Zähne zu putzen.

Zeitpunkt des Zähneputzens

Auch der Zeitpunkt des Zähneputzens entsprach bei weitem nicht den damals wie heute geltenden Anforderungen an eine optimale Mundhygiene. Der prozentual größte Anteil der befragten Wehrpflichtigen putzte sich die Zähne entweder nur vor dem Frühstück (32,5 Prozent beziehungsweise 38,3 Prozent) oder vor dem Frühstück und vor dem Schlafen (37,0 Prozent beziehungsweise 31,3 Prozent). Lediglich zwei bis drei Prozent reinigten sich die Zähne nach den drei Hauptmahlzeiten und fünf bis acht Prozent nach dem Frühstück und vor dem Schlafen.

Bedenkt man, dass mindestens vier bis fünf Minuten erforderlich sind, um die Zahnreihen einigermaßen zu reinigen [Gülzow und Busse 1970], dann kann gesagt werden, dass die von den befragten Wehrpflichtigen aufgewendete Zeit nur bei etwa 20 Prozent von ihnen halbwegs ausreichend war. Zwischen 62 und 72 Prozent aller Befragten putzten nur eine Minute oder weniger. Hinzu kommt, dass weniger als die Hälfte der Probanden die schlechter zugänglichen oralen Zahnflächen zeitlich gleich lange säuberte wie die vestibulären; und ebenfalls weniger als die Hälfte der Befragten wendete eine sinnvolle Zahnputztechnik an.

Schon seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde von der wissenschaftlichen Zahnmedizin die Kurzkopfzahnbürste als sinnvolles Hilfsmittel für die Zahnreinigung empfohlen. Dennoch verwendeten zwischen 70 und 80 Prozent der befragten Probanden noch immer die herkömmliche, unsinnig große „Erwachsenenzahnbürste“. Hierin ist nicht zuletzt natürlich auch mangelnde Aufklärung und Anleitung der Bevölkerung zu sehen. Die elektrische Zahnbürste war damals noch entschieden weniger verbreitet als es heute der Fall ist. Nicht jeder Haushalt konnte sich die relativ teure Anschaffung leisten.

Die Güte von Zahn- und Mundpflegemaßnahmen ist unter anderem auch an der Benutzungsdauer einer Zahnbürste zu erkennen. Eine regelmäßig und richtig beanspruchte Zahnbürste hat eine „Lebensdauer“ von maximal sechs bis acht Wochen. Dagegen verwendeten 76 bis 83 Prozent der befragten Wehrpflichtigen dieselbe Zahnbürste vier Monate und länger. 27 Prozent verwendeten sie sogar länger als ein Jahr. Bei einer Zusammenfassung mehrerer Studien, die sich mit den Zahnputzgewohnheiten in jener Zeit befassten, ergab sich ein ganz ähnliches Bild. Über die Hälfte der Bevölkerung gab an, sich nur einmal täglich die Zähne zu putzen. Knapp ein Viertel putzte nach eigenen Angaben zwei- bis dreimal täglich die Zähne, 15 Prozent putzten sich nie die Zähne [Wiedemann, 1986].

Schließlich ist noch zu erwähnen, dass auch die Anwendung von Fluorid noch weit entfernt von der wünschenswerten flächendeckenden Verbreitung und kontinuierlichen Verwendung war. Und Hilfsmittel zur Reinigung des Interdentalraums, wie etwa Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürstchen, spielten praktisch kaum eine Rolle.

Diesen kurz mitgeteilten Daten entsprechen auch Angaben aus der damaligen Zeit über den Absatz von Zahnbürsten und Zahnpasten. Bezogen auf die Bevölkerungszahlen (51 Millionen potenzielle Nutzer) hätten pro Jahr etwa 490 Millionen Tuben Zahnpasta verbraucht werden müssen. Es waren jedoch nur 170 Millionen. Und statt 300 Millionen Zahnbürsten wurden lediglich 45 Millionen, also nur etwa 15 Prozent der eigentlich erforderlichen Menge, abgesetzt [Wiedemann 1986].

Das blau-rote Pärchen

Aus den beispielhaft zur Zahn- und Mundpflege angeführten Befunden geht ganz eindeutig hervor, dass es noch um 1980 in der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Mundhygienegewohnheiten und hinsichtlich des Mundhygienebewusstseins in der Bevölkerung nicht zum Besten bestellt war. In dieses Umfeld hinein empfahl nun die Firma GABA den medizinischen Doppelschutz für Zahnfleisch und Zähne: „morgens aronal, abends elmex“. Beide Produkte, sowohl aronal als auch elmex, waren zu dieser Zeit bereits seit vielen Jahren klinisch bewährte und wissenschaftlich fundierte Zahnpasten. In der nun empfohlenen Kombination sollten sie darüber hinaus zum regelmäßigen Zähneputzen motivieren.

In den Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts wurde festgestellt, dass ein Mangel an Vitamin A die Entzündungsneigung der Mundschleimhaut erhöht. Im Umkehrschluss erhoffte man sich durch regelmäßige Zufuhr von Vitamin A, zum Beispiel mit Zahnpasten, eine bessere Heilung von Zahnfleischentzündungen und eine erhöhte Infektionsresistenz. Daher wurde in Zusammenarbeit zwischen der GABA und Medizinern der Universität Zürich eine Vitamin-A-haltige Zahnpasta entwickelt. Und bereits 1944 wurde die Förderung der Zahnfleischgesundheit durch diese Zahnpasta – aronal – klinisch belegt [Stutz, 1944]. Auch spätere klinische Studien zeigten die Schutzwirkung von Vitamin A für das Zahnfleisch [Beyer, 1973]. Trotz schlechterer Mundhygiene der aronal-Gruppe (höherer Plaqueindex) war die gingivale Blutungsneigung nach vier- bis fünfwöchiger Verwendung der aronal Zahnpasta um fast 40 Prozent verringert. Dies zeigt die entzündungshemmende Wirkung des Vitamin A.

Heute ist unbestritten, dass Vitamine über ihre von Mangelerkrankungen bekannten Effekte hinaus präventive und zum Teil auch therapeutische Wirkungen aufweisen. Vitamin A ist unter anderem an Wachstum, Entwicklung und Differenzierung von Epithel beteiligt. Vitamin A und seine Derivate können die Heilung von Schleimhautveränderungen unterstützen und Entzündungsprozesse aufhalten. Das tägliche morgendliche Zähneputzen mit aronal führt zu einer signifikanten Aufnahme von Vitamin A in die Zellen der Mundschleimhaut. Eine unerwünschte Anreicherung erfolgt aber nicht [Sobeck et al., 2003].

Neben der Gesunderhaltung des Zahnfleisches ist die Kariesprophylaxe eine wichtige Anforderung an Mundhygienemaßnahmen. In den Vierziger- und Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts belegten zahlreiche Forschungsergebnisse, dass Fluoride der Karies wirksam vorbeugen können. Auch Zahnpasten wurden in der Folge Fluoride zugesetzt. Weil aber die Fluoride durch andere Pastenbestandteile häufig inaktiviert wurden, waren diese Produkte damals kaum wirksam.

Aminfluorid und seine Wirkung

Ab Mitte der Fünfzigerjahre arbeitete die Forschungsabteilung der Fa. GABA in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich an der Entwicklung von Fluoridverbindungen mit besserer Verfügbarkeit und Aktivität als die bis dahin gebräuchlichen. Zentrales Ziel war die Suche nach chemischen Verbindungen, welche die Fluoridwirkung unterstützen sollten. Man konzentrierte sich dabei auf oberflächenaktive Substanzen mit hoher Affinität zum Zahnschmelz. Diese tensidartigen Moleküle sollten das Fluorid länger an der Schmelzoberfläche festhalten können.

Langkettige organische Amin- Hydro-Fluoride erwiesen sich als besonders effektiv. Diese Aminfluoride zeichnen sich durch eine zweigeteilte Struktur aus, die einen ungeladenen, wasserabweisenden (hydrophoben) Anteil mit einem polaren wasserfreundlichen (hydrophilen) Anteil verknüpft. Diese tensidartigen Moleküle reichern sich gezielt an Oberflächen, also auch an Schmelz, an und bilden dort relativ beständige monomolekulare Schichten. In den Aminfluoriden ist das Fluoridion an einen Träger, den protonierten Aminteil, gebunden, der durch seine Affinität zum polaren Zahnschmelz das Fluorid an die Zahnoberfläche transportiert und dort festhält.

Obwohl sich der Kenntnisstand über die kariespräventiven Wirkungsmechanismen des Fluorids im Lauf der letzten Jahre stark erweitert hat, macht die Idee, die hinter der Entwicklung der Aminfluoride steht, sie bis heute zu optimalen Wirkstoffen. Das Fluorid wird an der Zahnoberfläche, dort wo es gebraucht wird, in idealer Weise angereichert. Als Hydrofluoride von schwachen organischen Basen haben die Aminfluoride zusätzlich einen schwach sauren pH-Wert zwischen 4,5 und 5,0. Dessen Bedeutung für ihre kariesprophylaktische Wirksamkeit wurde allerdings lange Zeit nicht beachtet, missverstanden oder fälschlicherweise sogar als zahnschädlich angesehen.

Lange ging man davon aus, dass Fluorid in das Mineral des Zahnschmelzes eingebaut wird, ihn so widerstandsfähiger macht und dauerhaft vor Säureangriffen schützt. Die Forschungsarbeiten der letzten Jahrzehnte haben allerdings eindeutig gezeigt, dass der Einfluss des Fluorids auf die dynamischen Vorgänge von De- und Remineralisation an der Zahnoberfläche Hauptfaktor für die kariesprophylaktische Wirksamkeit ist. Bei jedem Säureangriff werden Calcium und Phosphat aus dem Schmelz herausgelöst. In den Ruhephasen zwischen Säureangriffen werden die Mineralverluste durch entsprechende im Speichel gelöste Mineralien wieder remineralisiert. Bereits geringe Konzentrationen von Fluoridionen hemmen die Demineralisation und beschleunigen die Remineralisation. Sie verschieben also das dynamische Gleichgewicht weg von der Kariesentstehung hin zum Kariesschutz. Hierfür muss aber ständig Fluorid an der Zahnoberfläche verfügbar sein

Eine zentrale Rolle bei diesen Vorgängen spielt die Calciumfluorid-Deckschicht, die bei der Reaktion von Fluorid mit den Calciumionen der obersten Schmelzschicht und des Speichels entsteht und auf der Zahnoberfläche präzipitiert. Eine Calciumfluoriddeckschicht ist schwer säurelöslich, sie schützt den darunter liegenden Schmelz vor Säureangriffen. Sie ist über längere Zeit relativ beständig und stabil. Dies gilt in besonderem Maße, wenn sie unter den Bedingungen der Aminfluoride mit der bereits beschriebenen Oberflächenaktivität und dem schwach sauren pH-Wert entsteht. Dadurch wird nämlich die Ausbildung einer Calciumfluorid-Deckschicht mit sehr feiner Korngröße der Calciumfluorid-Globuli begünstigt [Arends et al., 1984; Duschner und Uchtmann, 1985]. Sehr kleine Calciumfluorid- Globuli haften besonders gut und dauerhaft an der Schmelzoberfläche, so dass sich dort ein relativ stabiles Fluoridreservoir bildet [Barbakow et al., 1984; Rölla et al., 1991]. Aus diesem Fluoriddepot werden insbesondere bei Säureangriffen Fluoridionen frei gesetzt, also genau dann, wenn sie für den Schutz der Zahnoberfläche benötigt werden.

Antibakterielle Wirkung der Aminfluoride

Aminfluoride wirken durch ihren Aminteil zusätzlich antibakteriell. Sie hemmen die bakterielle Säurebildung und tragen so ebenfalls zur Kariesprophylaxe bei. Neben der kariespräventiven Wirkung hat das Aminfluorid weitere günstige Eigenschaften. Es hilft mit, die Aromaöle zu dispergieren, es wirkt als Konservierungsmittel und dient nicht zuletzt als Schäumer, so dass bei ausreichender Aminfluoridkonzentration den Produkten keine weiteren Zusatzstoffe beigefügt werden müssen. Diese Kombination von Eigenschaften unterscheidet die Aminfluoride von allen anderen bekannten Fluoriden.

1956 wurde die erste In-vitro-Studie zum Aminfluorid, wie es in den elmex-Produkten eingesetzt wurde, veröffentlicht. Heute liegen mehr als 600 wissenschaftliche Arbeiten vor, die in den unterschiedlichsten Ansätzen die hervorragende kariesprophylaktische Wirksamkeit dieser Verbindung bestätigen. 1962 lagen erste positive Ergebnisse einer klinischen Kariesstudie mit der damals neu entwickelten elmex Zahnpasta vor. Diese Studie wurde über einen Zeitraum von sieben Jahren fortgeführt. Sie ist damit die bis heute längste klinisch kontrollierte Zahnpasta-Studie überhaupt. Und sie belegt eindrucksvoll den kariespräventiven Effekt der elmex Zahnpasta [Marthaler, 1968 und 1974], auch im Vergleich zu Zahnpasten mit anorganischem Fluorid [Naujoks, 1983].

An einer neueren Studie zur Fluoridaufnahme im und am Zahnschmelz nach Anwendung fluoridhaltiger Zahnpasten soll die auf Grund ihrer Struktur und ihrer Eigenschaften besondere Wirksamkeit des Aminfluorids nochmals herausgestellt werden.

Modellversuch

In einem Modellversuch wurden kariesfreie Schmelzplättchen zehn Wochen lang morgens und abends drei Minuten entweder mit einer fluoridfreien oder einer natriumfluoridhaltigen oder einer aminfluoridhaltigen Zahnpasta geputzt. Pastenrückstände wurden abgespült und die Plättchen zwischen den Putzvorgängen kontinuierlich mit einer Speichelersatzlösung betropft. Nach Versuchsende wurde im Vergleich zu einem unbehandelten Kontrollplättchen die Fluoridaufnahme an/in der Schmelzoberfläche bestimmt [Gülzow und Köhler, 1998].

Die mit der fluoridfreien Zahnpasta geputzten Schmelzplättchen zeigten nach der zehnwöchigen Versuchsdauer eine deutliche und statistisch signifikante Abnahme im Fluoridgehalt. Dies belegt einmal mehr, dass Fluorid nur mehr oder weniger reversibel an beziehungsweise in der Schmelzoberfläche gebunden ist und dass die Schmelzoberfläche schnell wieder Fluorid verliert, wenn es nicht kontinuierlich lokal zur Verfügung gestellt wird. Mit anderen Worten: Der kariespräventive Effekt von Fluorid ist nur dann gewährleistet, wenn lebenslang regelmäßig und häufig durch lokale Maßnahmen, wie mittels Zahnpasta, Fluorid an die Schmelzoberfläche herangebracht wird.

Nach zehnwöchiger Anwendung zeigten sowohl die mit der natriumfluoridhaltigen Zahnpasta geputzten Schmelzoberflächen als auch die mit der aminfluoridhaltigen Zahnpasta geputzten Schmelzoberflächen gegenüber den jeweiligen Kontrollen statistisch hochsignifikante Fluoridzunahmen. Die aminfluoridhaltige Zahnpasta bewirkte aber gegenüber der natriumfluoridhaltigen einen wesentlich höheren Fluoridzuwachs.

Im Übrigen ist aus den klinischen Studien mit aronal und elmex, wie natürlich ebenfalls aus entsprechenden mit anderen Produkten, auch eine generelle Schlussfolgerung zu ziehen. Während lange Zeit Zahnpasten lediglich der Unterstützung der mechanischen Zahnreinigung mit der Zahnbürste dienten, sind sie heute nicht zuletzt auch Träger für medizinisch wirksame Stoffe.

Der Doppelschutz

aronal Zahnpasta mit Vitamin A und die aminfluoridhaltige elmex Zahnpasta sollen sich in ihrer Wirkung unterstützen. Hierzu die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 1993 [Schiffner und Gülzow, 1993]. Untersucht wurden 298 Personen, welche seit mindestens 3 Jahren regelmäßig morgens aronal und abends elmex bei ihrer Mundhygiene verwendet hatten und 300 Kontrollpersonen, welche unkontrolliert beliebige andere Zahnpasten verwendeten. Beide Gruppen waren hinsichtlich der soziodemographischen Merkmale vergleichbar. Auch bezüglich der angegebenen Zahnputzhäufigkeiten und hinsichtlich des Kariesbefalls bestanden zwischen den Gruppen keine Unterschiede.

Neben der mechanischen Plaqueentfernung ist das regelmäßige Angebot von Fluorid mithilfe einer entsprechenden Zahnpasta ein wesentlicher Faktor der Mundhygiene. Obwohl die Verwender der untersuchten Zahnpastenkombination Fluorid nur einmal pro Tag im Vergleich zu zweimal täglich bei der Kontrollgruppe an ihre Zähne brachten, bedeutete dies offensichtlich in kariespräventiver Hinsicht keinen Nachteil. Damals enthielt aronal im Gegensatz zur heutigen Rezeptur noch kein Fluorid. Auch hieraus ist wieder die gute Wirksamkeit des Aminfluorids zu ersehen. Offen ist die Frage, ob die häufigere tägliche Verwendung der aminfluoridhaltigen Zahnpasta möglicherweise einen noch größeren kariespräventiven Effekt ergeben hätte.

Der Plaquebefall ist in der Testgruppe durchweg niedriger als in der Kontrollgruppe. Möglicherweise kann hierin eine plaquehemmende Wirkung des Aminfluorids zum Ausdruck kommen. Aussagekräftiger als Plaquebefunde sind jedoch Blutungsbefunde am Zahnfleischrand, da sie nicht nur den augenblicklichen Zustand widerspiegeln, sondern einen bereits längere Zeit bestehenden dokumentieren. Auch die Werte der Papillenblutungsindizes sind in der Testgruppe signifikant niedriger als in der Vergleichsgruppe. In wieweit die Vitamin- A-haltige Zahnpasta hierbei beteiligt sein könnte, konnte mit den Mitteln der vorgestellten Studie nicht nachgewiesen werden. Allerdings liefern einige andere klinische Studien hierzu entsprechende Hinweise [Beyer, 1973; Hirt und Mühlemann, 1956]. Letztere untersuchten den Parodontalstatus nach unüberwachter Verwendung von aronal (212 Probanden) beziehungsweise Placebo (370 Probanden) und stellten in der aronal-Gruppe deutliche Verbesserungen fest.

Auf jeden Fall handelt es sich bei den Anwendern des Doppelschutzkonzeptes wohl um Personen, die eine deutliche Motivation zu regelmäßiger Mundhygiene zeigen und in der Regel zweimal täglich ihre Zähne reinigen. Damit darf dem Doppelschutzkonzept durchaus ein unterstützender Motivationseffekt unterstellt werden. Dies konnte auch in Verbraucherbefragungen wie einer 1985 durchgeführten bevölkerungsrepräsentativen Verbraucheranalyse an über 10 000 Verbrauchern gezeigt werden. Auch die Einstellung zur Mundhygiene von Doppelschutzverwendern unterschied sich bereits 1985 von derjenigen der restlichen Bevölkerung [Verbraucheranalyse 1985; Marplan, 1985].

Zahn- und Mundgesundheit im 21. Jahrhundert

In den letzten Jahren ist es bei uns, wie in den meisten westlichen Staaten, zu einem deutlichen Rückgang der Karies gekommen. Dies betrifft vor allem Kinder und Jugendliche, während sich die Mundgesundheit im mittleren und höheren Lebensalter bisher noch nicht in gleichem Maße verbessert hat. Auch für parodontale Erkrankungen ist eine allgemeine Verbesserung bisher nicht mit gleicher Eindeutigkeit festzustellen.

Da es bisher keine nationalen Daten für die Kariesentwicklung im Milchgebiss während der letzten Jahrzehnte gibt, sollen beispielhaft entsprechende Untersuchungen über mehr als 20 Jahre aus Hamburg vorgestellt werden [Gülzow und Farshi, 2000]. Während des Beobachtungszeitraumes von 1977 bis 1998 konnte eine kontinuierliche und sehr deutliche Verbesserung der Zahngesundheit drei- bis sechsjähriger Kinder verzeichnet werden. Der mittlere dmft-Wert für den Kariesbefall sank von 5,0 (Dreijährige) bis 7,5 (Sechsjährige) 1977 auf 1,0 (Dreijährige) bis 1,8 (Sechsjährige) 1998 ab. Hierbei zeigte sich auch die allgemein zu beobachtende Polarisierung der Karies. 1998 wiesen 24,8 Prozent der Kinder 80 Prozent aller Läsionen auf.

Die Gesamtzahl fünf- und sechsjähriger Kinder mit naturgesunden Milchgebissen stieg von 7,2 beziehungsweise 3,9 Prozent (1977) auf 64,7 beziehungsweise 54,7 Prozent (1998) an. Damit war das globale Ziel der WHO für das Jahr 2000, wonach 50 Prozent der fünf- bis sechsjährigen Kinder kariesfrei sein sollten, in Hamburg bereits 1998 deutlich überschritten. Aus anderen Bundesländern wird aber durchaus auch über ungünstigere Kariesbefunde im Milchgebiss berichtet.

Für die zweite Referenzangabe der WHO, wonach Zwölfjährige im Jahr 2000 maximal einen DMFT-Wert von 2 aufweisen sollten, gibt es mit den epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege (DAJ) und mit den DMSStudien des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) nationale Befunde [Micheelis und Reich, 1999; Pieper, 2005]. Aus diesen Erhebungen geht hervor, dass zwischen 1994 und 2004 die Anzahl zwölfjähriger Kinder mit naturgesunden Gebissen von 13,2 bis 35,7 Prozent auf 50,9 bis 68,6 Prozent angestiegen ist. Die Bandbreiten zeigen aber auch, dass die entsprechenden Werte zwischen den einzelnen Bundesländern noch ganz erhebliche Unterschiede aufweisen.

Der Verlauf der DMFT-Indizes bei Zwölfjährigen zeigt zwischen 1994 und 2000 ebenfalls einen deutlichen Rückgang der Karies. Die Werte sanken im Mittel von 2,44 (1994) auf 0,98 (2004). Insgesamt zeigte sich ein Kariesrückgang von etwa 60 Prozent innerhalb der letzten zehn Jahre. Damit ist die zweite Richtlinie der WHO eindeutig unterschritten. Wir haben uns in der weltweiten Skala der Kariesverbreitung vom obersten Bereich in das untere Drittel verbessert. Dementsprechend hat sich auch das Mundgesundheitsverhalten in der Bevölkerung gegenüber den anfangs vorgestellten Befunden von 1980 nachweislich verbessert. So putzen sich nach eigenen Angaben heute 94 bis 98 Prozent aller Befragten wenigstens einmal täglich die Zähne, 61 bis 90 Prozent sogar zweimal täglich. Allerdings werden im Mittel jährlich lediglich zwei Zahnbürsten verbraucht. Und der mittlere jährliche Verbrauch von Zahnpasta beträgt 336 Milliliter (ml), das sind nur etwa 54 Prozent der Mindestmenge von 628 ml, die gängigen Empfehlungen zufolge als notwendig erachtet wird. Der Verbrauch von Hilfsmitteln für die Reinigung des Interdentalraumes, wie etwa Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürsten und so weiter, ist noch immer verschwindend gering. Der Zahnseidenverbrauch beispielsweise beträgt nur 2,2 Prozent der als angemessen erachteten Menge. Dagegen liegt der jährliche Pro-Kopf-Zuckerkonsum mit zirka 33 Kilogramm (kg) um 50 Prozent über der von der WHO empfohlenen Maximalmenge von 22 kg [Staehle, 2004].

Ausblick

Offensichtlich haben sich das Mundgesundheitsverhalten und der Mundgesundheitszustand in Deutschland in den letzten Jahren verbessert. Jedoch sind beide noch immer nicht optimal und in vieler Hinsicht weiter verbesserungsbedürftig. So wurden auch die Mundgesundheitsziele von WHO und Bundeszahnärztekammer [2004] noch einmal enger gesteckt.

Es sind also nach wie vor umfassende kariesund parodontalprophylaktische Aktivitäten notwendig. Hinzu kommt, dass mehrere Studien gezeigt haben, dass es nach Reduzierung kariespräventiver Maßnahmen bei Kindern zu einem Stop im Kariesrückgang oder sogar zu einem Wiederanstieg des Kariesbefalls gekommen war [Haugejorden und Birkeland, 2002; Künzel und Gütling, 2002]. Auch besteht die Gefahr, dass bei einem einmal erreichten niedrigen Kariesaufkommen das Prophylaxebewusstsein zurückgeht, wenn die entsprechende Betreuung fehlt. Die multikausale Erkrankung Karies ist ein dynamischer Prozess, an dem eine Vielzahl interner und externer Faktoren beteiligt sind. Auch Zahnfleischentzündungen sind zwar primär plaquebedingt, werden aber ebenfalls durch weitere Faktoren beeinflusst.

Kontinuierliche Kariesverminderung und der Erhalt eines einmal erreichten niedrigen Kariesniveaus sowie die Prävention von gingivalen und parodontalen Entzündungserkrankungen erfordern offensichtlich den kontinuierlichen, lebenslangen Einsatz aller präventiven Möglichkeiten. Aber Mühe, Zeit und Kosten sind für Präventivmaßnahmen besser eingesetzt als für spätere kurative Maßnahmen. Prävention ist humaner und sinnvoller als die Therapie unnötig aufgetretener Schäden und erbringt eine höhere Lebensqualität. Nur gemeinsam kann dieses Ziel erreicht werden, nämlich im Zusammenwirken von motivierten und interessierten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, Zahnärzten und ihren Teams, den Landesarbeitsgemeinschaften für Jugendzahnpflege, dem Öffentlichen Gesundheitsdienst, aber auch Medien, die ihre Aufklärungsaufgabe verantwortlich und seriös wahrnehmen, sowie schließlich Firmen, wie der GABA, die seit vielen Jahren wirksame Produkte, zum Beispiel aronal und elmex, zur Verfügung stellen. Also, wie heißt es so schön: Es gibt noch immer viel zu tun, packen wir es gemeinsam an!

Prof. Dr. Hans-Jürgen GülzowUniversitätsklinikum Hamburg-EppendorfZentrum für Zahn-, Mund- undKieferheilkundeMartinistr. 5220246 Hamburg

Dipl.-Biochem. Bärbel KieneHauptstr. 6479540 Lörrach

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