19. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Implantologie

DGI mit neuem Tagungskonzept erfolgreich

„Implantologie – Evolution oder Revolution“ – unter diesem Generalthema stand die 19. Jahrestagung der DGI vom 30. 11. bis 02. 12. 2006 in Dresden. Das attraktive Themenangebot mit namhaften Referenten hatte mehr als 2 000 Teilnehmer in die sächsische Hauptstadt gelockt

Kongresspräsident war Prof. Dr. Günter Dhom, Ludwigshafen. Unterschiedliche Foren zu den Themen „Wissenschaft“, „Zahntechnik“, „zahnmedizinische Assistenz“ sowie „Praxis und Wissenschaft“ trugen den Bedürfnissen aller Tagungsteilnehmer Rechnung. Im Forum „Praxis und Wissenschaft“ stand die Umsetzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die tägliche Praxis im Mittelpunkt.

Dr. Markus Schlee, Forchheim, stellte mit CAD/CAM-gefertigten homologen Knochenblocktransplantaten eine viel versprechende Augmentationstechnik vor. Die passgenaue Fräsung erfolgt auf der Basis der CT-Datensätze und liefert ein exakt zum Lagergewebe passendes Augmentat. Schlee: „Möglicherweise kann dieses vereinfachte Verfahren auch in der chirurgisch nicht so versierten Praxis durchgeführt werden.“ Als conditio sine qua non definierte Dr. Josef Diemer, Meckenbeuren, die Notwendigkeit befestigter Gingiva um Implantate. Einen weiteren Evolutionsschritt neben den bewährten Techniken der periimplantären Weichgewebsaugmentation (FST, BGTransplantat) stellt die midkrestale Schnittführung und Präparation eines Mukoperiost-Mucosalappens dar, die eine Vermehrung und Verlagerung keratinisierten Gewebes nach bukkal ermöglicht. „Durch ein Flapdesign, mit Verlagerung der keratinisierten Gingiva vom Kieferkamm nach bukkal, ist es möglich, um das Implantat eine Zone unbeweglicher Schleimhaut zu schaffen“, resümiert Diemer.

Mit der Methode des Bone-spreadings, so Dr. Michael Stimmelmayr, Cham, können laterale Blockaugmentationen bei ausreichendem Restknochenangebot vermieden werden und die Implantatinsertion im ortsständigen Knochen in einer Sitzung erfolgen. Bei geringem Restknochenangebot und vertikalem Augmentationsbedarf ist eine Knochenblockaugmentation jedoch unumgänglich. „Wissenschaftlich gesehen“, erklärt Stimmelmayr, „haben die horizontale Augmentation mittels lateraler Blockaugmentation oder Bone-splitting und -spreading denselben Einfluss auf die Implantatüberlebensrate.“ Aufgrund der geringeren postoperativen Morbidität für den Patienten sei der Bone-spreading-Methode – wenn vom Knochenangebot her möglich – jedoch der Vorzug zu geben.

Für Prof. Dr. Murat Yildirim, Aachen, sind Socket Preservation, die computergestützte Flapless Surgery sowie das Plattform Switching zurzeit die aktuellsten Innovationen auf dem Gebiet der ästhetisch orientierten Implantologie. Erste Ergebnisse zeigten, dass diese Techniken die rotweiße Ästhetik positiv beeinflussen können. Es bestehe jedoch weiterhin Forschungsbedarf. Demgegenüber habe das Scalloped-Implantat Design die anfänglich hohen Erwartungen nicht erfüllen können.

Mehr Mut zu abgestuften Behandlungskonzepten

Dr. Karl-Ludwig Ackermann, Filderstadt, forderte in seiner Präsentation „mehr Mut zu zeitlich abgestuften Behandlungskonzepten“. Nur wenige Patienten wünschen eine schnelle Therapie auf Kosten einer unsicheren Langzeitprognose. Der Implantologe kann somit ausgehend von einer umfassenden extra- und intraoralen Diagnostik alle Therapievarianten einschließlich Spätimplantation nutzen, um vorhersagbare und stabile Ergebnisse zu erzielen.

Eine Möglichkeit, genormte autologe Knochenblockaugmentate zu gewinnen und damit horizontale und vertikale Defekte auszugleichen, präsentierte Dr. Dr. Roland Streckbein, Limburg. Kleine Knochenblöcke zur Rekonstruktion von knöchernen Defiziten bei Einzelzahnlücken seien schwierig zu trimmen und zu fixieren. Aufeinander abgestimmte Entnahmefräsen und Transplantatlagerfräsen ermöglichen eine Knochenzylinderentnahme am Kieferwinkel und eine hierzu kongruente Passfräsung im Transplantatbett. Streckbein: „Diese gute Passung ist eine bedeutende Voraussetzungen für komplikationslose Einheilungsvorgänge.“

Prof. Dr. Fouad Khoury, Olsberg, betonte, dass die Vaskularisation und Vitalität des augmentierten Kieferareals erheblich gesteigert werden kann: „Die biologische 3D-Rekonstruktion von vertikalen Defekten, basierend auf der Kombination von zwei dünnen kortikalen Blöcken in Verbindung mit partikulierten Knochentransplantaten, führt innerhalb von vier Monaten zur optimalen Regeneration mit einem hohem Prozentsatz vitaler Osteocyten im augmentierten Bereich“.

Keine periimplantäre Knochenresorption mehr

Dr. Dietmar Weng, Starnberg, belegte mit eigenen tierexperimentellen Studien den positiven Effekt einer konischen Innenverbindung bei Implantaten. Das Platform-Switching sowie konische Innenverbindungen verhindern durch die Minimierung des Mikrospaltes und die Vermeidung von Mikrobewegungen eine periimplantäre Knochenresorption. Dies gibt dem Behandler neue Freiheiten bei der vertikalen Implantatpositionierung, da eine Resorption des interdentalen Knochenseptums im geringeren Maße erfolgt. Somit dürfte bald den Aussagen bekannter Implantologen „The Tissue is the issue“ und „The Bone sets the tone“ die Erkenntnis „The Screw is the clou“ hinzugefügt werden.

Prof. Dr. Dr. Norbert Jakse, Graz, mahnte trotz allen Fortschritts in der Implantologie zu steter Wachsamkeit bei Augmentationen des Hartgewebes. Vor allem Raucher tragen ein vierfach höheres Risiko als Nichtraucher für schwere Komplikationen nach Auflagerungsosteoplastiken. Auch Patienten mit schleimhautgetragenen abnehmbaren Provisorien sollten nach einer Augmentation eine möglichst lange Prothesenkarenz einhalten und die Prothese im Augmentationsbereich ausgespart und weichbleibend unterfüttert werden.

Eine Gegenüberstellung der vertikalen Osseodistraktion, der vertikalen GBR und der vertikalen Knochenblockaugmentation zu paro-implantären Problemlösungen präsentierte Dr. Gerd Körner, Bielefeld. Basierend auf eigenen Erfahrungen und einer Literaturrecherche zeige die Distraktionsosteogenese das größte Potential, um einen vertikalen Knochengewinn zu erzielen.

Dr. Gerhard Iglhaut, Memmingen, betonte, dass ein mehrzeitiges Vorgehen die Vorhersagbarkeit der Ergebnisqualität in der ästhetischen Zone erhöht. Um der Herausforderung der Implantation in der ästhetischen Zone gerecht zu werden, sei der Prozess des Bone-Remodelling am Implantathals zu beachten, der Einfluss des Biotyps zu erkennen und mit Weichgewebstransplantaten die Ausgangssituation zu optimieren. Der Einsatz von Bindegewebstransplantaten stellt eine sichere Therapieempfehlung zum Wundverschluss bei Sofortimplantation und nach Alveolarkammaugmentation dar.

Teamvorträge von Implantologen und Zahntechnikern waren ein weiteres Highlight im Forum Praxis und Wissenschaft. Dr. Detlef Hildebrand und ZTM Jürgen Mehrhof aus Berlin zeigten ihr Konzept, mit bedingt abnehmbaren galvano-keramischen Konstruktionen die perfekte Illusion eines natürlichen Zahnersatzes zu kreieren. Prof. Dr. Manfred Wichmann und ZTM Michael Bergler aus Erlangen demonstrierten die Evolution bei komplexen Sofortrestaurationen. Mit entsprechendem Planungs- und Behandlungsaufwand sei es heute möglich, in einer Sitzung im gesamten Ober- und Unterkiefer simultan zu Extrahieren, zu Augmentieren und zu implantieren. Die Implantate würden unmittelbar nach der Insertion mit einem Sofortprovisorium versorgt, das selbst höchsten ästhetischen Anforderungen genüge. Kernstück dieses Therapieschemas sei es, vorhandene oder künstliche Referenzpunkte zu verwenden, um das Behandlungsergebnis vorhersagbar machen zu können. Zahnarzt Horst Dieterich und ZTM Jürgen Dieterich aus Winnenden hoben die besondere Bedeutung der provisorischen Versorgung für den Implantaterfolg in der ästhetischen Zone hervor. Zur Konditionierung des Weichgewebes eigneten sich, so die Referenten, auch herausnehmbare Provisorien, wenn ein möglichst atraumatisches chirurgisches Vorgehen bei Sofortimplantationen berücksichtigt wird.

Minimalinvasive Sofortimplantation

Der Vortrag von Dr. William Becker, Tucson, USA, war einer der Höhepunkte der Tagung. Mit über 1 100 Publikationen und seiner weltweiten Vortragstätigkeit ist Becker einer der gefragtesten Referenten im Bereich der Implantologie. Für ihn ist die minimalinvasive Sofortimplantation eine wesentliche Evolution in der Implantologie. Diese Vorgehensweise basiert gleichwohl auf den traditionellen Behandlungsmethoden. Für Becker ist die Sofortimplantation das Mittel der Wahl zum Erhalt oraler Strukturen. Eine aufwendige Konditionierung des Lagers mittels augmentativer Verfahren hält er bei Erhalt der bukkalen Knochenlammelle in der Regel für überflüssig. Bei der Sofortimplantation sollte die „jumping distance“, die Spaltbreite von 1,5 Millimeter zwischen Implantat und Alveole, jedoch nicht überschritten werden. Bei Verlust der bukkalen Knochenlamelle sieht Dr. Becker keine Indikation für die Sofortimplantation. Eine leicht nach oral versetzte Implantatposition im anterioren Bereich des Oberkiefer ist für ihn das Erfolgsrezept für eine ästhetisch gelungene Implantatversorgung. Die Insertionstiefe des Implantats sollte in Abhängigkeit des Gingivatyps ein bis drei Millimeter unterhalb der bukkalen Alveolenwand liegen, und es sollte ein zirkuläres Restknochenangebot von mindestens fünf Millimetern vorhanden sein. Da die Regenerationsfähigkeit eines vierwandigen Knochendefekts, wie einer Extraktionsalveole, eine wissenschaftlich erwiesene Tatsache sei, stellt für ihn die Methode der „socket preservation“ keineswegs eine Erfolgsgarantie dar. Gleich welche Methode Verwendung fände, gelinge es nicht, gewisse resorptive Prozesse nach der Zahnextraktion zu verhindern. Die Sofortimplantation sei darum die beste strukturerhaltende Maßnahme.

Prof. Dr. Manfred WichmannJörg HamelJohannes SchmittKlinik und Polikliinik für ZMK derUniversität Erlangen-NürnbergZahnklinik1-Zahnerhaltung undParodontologieGlückstraße 1191054 Erlangen

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