Interaktive Fortbildung

Geroprothetik - Erfüllte Patientenwünsche führen zu mehr Lebensqualität

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Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland führt aufgrund einer steigenden Lebenserwartung, der Verbesserung medizinischer Möglichkeiten sowie einer gesünderen Lebensweise des Einzelnen zu einer deutlichen Zunahme älterer Menschen in der Gesamtbevölkerung. So gehen Schätzungen des Bundesamtes für Statistik davon aus, dass der Anteil der über 60-Jährigen an der Bevölkerung von derzeit etwa 20 Prozent auf Werte über 40 Prozent im Jahr 2030 steigen wird [Statistisches Bundesamt, 2003].

Entsprechend dieser Zunahme gewinnen in allen Bereichen der Medizin auf die Bedürfnisse des älteren Patienten zugeschnittene Behandlungs- und Versorgungskonzepte mehr und mehr an Bedeutung. Diese unter dem Oberbegriff Geriatrie zusammengefassten Therapieansätze weisen das gemeinsame Ziel auf, dem alten Menschen zu einer gesteigerten Lebensqualität zu verhelfen.

Dieses Patientenpotential bietet für den Zahnarzt Herausforderungen und Chancen. Es gilt, das Bewusstsein für die Situation des älteren Patienten zu schärfen, um entsprechend der besonderen individuellen Bedürfnisse und der gegebenenfalls durch Alterungsprozesse veränderten Ausgangslage des jeweiligen Patienten, aus der Vielzahl denkbarer prothetischer Versorgungsmöglichkeiten das am besten geeignete Therapieverfahren auszuwählen.

Anforderungen an geroprothetische Konzepte

Eine erfolgreiche und langlebige Versorgung mit hoher Patientenakzeptanz kann immer dann nur gelingen, wenn die individuellen Vorstellungen und Wünsche des Patienten mit den Möglichkeiten und Vorgaben des Zahnarztes in Übereinstimmung gebracht werden können.

Wesentliches Ziel aller geroprothetischen Konzepte ist es folglich, den Besonderheiten der Lebenssituation des älteren Patienten Rechnung zu tragen und ihm somit zu einer gesteigerten Lebensqualität zu verhelfen.

Wünsche älterer Patienten

1.) Schaukelfreier Zahnersatz

2.) Optimale Hygienefähigkeit

3.) Erhalt, Schonung, Schutz des Restzahnbestandes

4.) exzellente Ästhetik

5.) Langlebigkeit / Erweiterbarkeit

Diese Vorstellungen unterscheiden sich nicht von den Wünschen auch jüngerer Patienten, jedoch sind bei ihrer Umsetzung im Rahmen der Versorgung des alten Menschen einige Besonderheiten zu berücksichtigen.

Besonderheiten des alten Patienten

Ein wesentliches Merkmal für die Behandlung des alten Patienten stellt das Vorliegen von Allgemeinerkrankungen dar. Diese Patientengruppe weist in vielen Fällen eine Polypathie und Polymorbidität auf. Zu häufigen Krankheitsbildern zählen beispielsweise Diabetes, Herz- und Kreislauferkrankungen, Formen der Demenz oder auch Tumorleiden [Meurmann und Hämäläinen, 2006].

Als ein begleitender Effekt solcher Erkrankungen kann resultieren, dass Erkrankungen des kraniomandibulären Systems subjektiv an Bedeutung verlieren, weil sie durch den Patienten nicht als vitale Bedrohung wahrgenommen werden. Zudem können Grunderkrankungen in einigen Fällen zu einer limitierten physischen und psychischen Belastbarkeit des Patienten führen, so dass aufwendige prothetische oder gar chirurgische Verfahren kontraindiziert sind.

Die geistige Flexibilität und Adaptationsbereitschaft alter Patienten ist gegebenenfalls reduziert, was bereits in der Planungsphase vor der Neuanfertigung von Zahnersatz zu berücksichtigen ist. Patienten sind aufgrund langjähriger Kompensations- und Adaptationsvorgänge häufig an einen objektiv insuffizienten bisherigen Zahnersatz gewöhnt, so dass die Anpassung an eine neue Versorgung mit aus Sicht des Zahnarztes optimierter Kaufunktion, Ästhetik und Haftkraft möglicherweise nicht gelingt. Eine wesentliche Aufgabe des Zahnarztes ist es, die individuell vorliegenden Adaptationsmöglichkeiten einzuschätzen und in die Therapieentscheidung mit einfließen zu lassen. Bei Unsicherheiten in Bezug auf diesen Faktor besteht die Möglichkeit, entweder durch schrittweise Veränderung und Annäherung an das Therapieziel einen Misserfolg zu vermeiden oder aber durch vorbehandelnde gegebenenfalls reversible Veränderungen des alten Zahnersatzes einen Behandlungserfolg zu ermöglichen. Es kann in bestimmten Fällen sinnvoll sein, um eine Überforderung des eingeschränkten Patienten zu vermeiden, eine neue Versorgung möglichst in vielen Punkten einer alten Versorgung anzugleichen oder gar völlig auf eine Neuanfertigung zu verzichten.

Das kalendarische Alter vieler älterer Menschen entspricht aber nicht immer dem biologischen Alter. Vielmehr sind Fähigkeiten oder Gesundheitszustand mancher alter Patienten keineswegs reduziert, so dass bei Ihnen vergleichbare Voraussetzungen wie bei deutlich jüngeren Patienten anzutreffen sind. In solchen Fällen spricht wenig dafür, ein gesondertes prothetisches Konzept zuverfolgen, das sich nur am Geburtsjahrgang des Patienten orientiert unddiesem moderne oder umfangreiche Therapiemittel vorenthält.

Somit ist es wesentliche Aufgabe des geroprothetisch tätigen Zahnarztes, im Rahmen der Befundung, Diagnostik und Planung die individuell vorliegenden Adaptationsmöglichkeiten, die Belastbarkeit und das biologische Alter des älteren Patienten richtig einzuschätzen und daraus die geeignete Therapie abzuleiten.

Um die Wünsche des Patienten zu realisieren und ihm damit zu einer gesteigerten Lebensqualität zu verhelfen, stehen viele konkurrierende Behandlungskonzepte zurVerfügung. Im Folgenden sollen diese genauer erörtert werden.

Schaukelfreier Zahnersatz

Ein häufig genannter Patientenwunsch ist der optimale Halt des inkorporierten Zahnersatzes. Können bei dem Patienten indikationsbedingt Kronen oder Brückenversorgungen eingegliedert werden, hat man diesen Wunsch am einfachsten erfüllt. Ist aberein festsitzender Zahnersatz nicht möglich, sollte der herausnehmbare Ersatz demnach einen vergleichbar stabilen und sicheren Sitz aufweisen, so dass dem Patienten das Gefühl einer fest sitzenden, schaukelfreien Prothese gegeben werden kann.

Geschiebearbeiten und parallel gefräste Stege verfügen nur über einen Freiheitsgrad, was eine gute Voraussetzung für eine schaukelfreie Prothese darstellt. Bei intrakoronalen Verbindungselementen erfolgt die Kraftübertragung auch weitgehend in Zahnachse, hingegen aber nicht bei extrakoronalen Geschieben, was aus statischer Sicht ungünstiger ist. Eine mechanische Versteifung wird auch erzielt bei interkoronalen Verbindungselementen, allerdings sind insgesamt betrachtet die sich berührenden Flächen im Vergleich zu Doppelkronenarbeiten kleiner, so dass ein Nachlassen der Haftung konstruktionsbedingt häufiger auftritt [Lehmann, 1971]. Daher kann man mit Geschieben zwar gute Ergebnisse erzielen, aber Konusarbeiten sind ihnen in diesem Gesichtspunkt deutlich überlegen aufgrund ihrer körperlichen Umfassung des Pfeilers. Sie weisen eine maximale Stabilität gegenüber horizontalen Krafteinwirkungen und einen hohen Tragekomfort auf.

Andere Retentionsmechanismen, zum Beispiel der eiförmige Dolder-Steg oder Kugelköpfe, weisen eine deutlich schlechtere Kippmeiderfunktion auf, da sie mehrere Freiheitsgrade zulassen. Mit einer höheren Anzahl von Pfeilern kann man zwar die Rotationstendenz minimieren, dennoch dem Patienten keine völlige Schaukelfreiheit garantieren. Magnete bieten die Vorteile des geringen zahnärztlichen und zahntechnischen Aufwandes, aber demgegenüber stehen die – insbesondere bei horizontalen Kräften – sehr eingeschränkte Haltewirkung [Prisender, 2001] und relativ hohe Verschleißvorgänge (Abbildung 1).

Modellgussprothesen können im Hinblick auf Schaukelfreiheit als eingeschränkt gut eingestuft werden, da sie im umfangreichen Lückengebiss eine Standardlösung darstellen können, doch auch bei günstiger Pfeilerverteilung im stark reduzierten Restgebiss nur als eine Ausnahmelösung anzusehen sind [Bergman et al. 1982; 1995], da sie keine adäquate Pfeilerbeanspruchung gewährleisten [Richter, 1992].

Optimale Hygienefähigkeit

Die Möglichkeit, leicht und effektiv Mundhygienemaßnahmen durchführen zu können, ist ein weiterer wesentlicher Gesichtspunkt für die positive Beurteilung von Zahnersatz aus Sicht des Patienten. Eine optimale Hygienefähigkeit ist Grundvoraussetzung für die Stabilität und Entzündungsfreiheit beteiligter Zähne oder Implantate und somit auch für den Langzeiterfolg der Versorgung.

Festsitzender Zahnersatz erfordert in der Regel größere Hygieneanstrengungen seitens des Patienten. Bei der Gerüstgestaltung ist daher zwingend darauf zu achten, eine gute Reinigbarkeit der Rekonstruktion zu gewährleisten, ohne die Ästhetik zu beeinträchtigen. Daher ist die Hygienisierbarkeit für den Patienten mit reduzierter Feinmotorik als eingeschränkt gut zu beurteilen.

Im Bereich des herausnehmbaren Zahnersatzes ermöglichen Doppelkronen sehr gute Pflegemöglichkeiten, da die einzelnen Pfeiler optimal kontrolliert und gereinigt werden können (Abbildung 2). Das Konstruktionsprinzip von Doppelkronen erlaubt weiterhin eine offene, brückenförmige Gestaltung der Prothese, was sich vereinfachend aufdie Mundhygienefähigkeit auswirkt (Abbildung 3).

Stege bieten demgegenüber nur erschwerte Reinigungsmöglichkeiten, weshalb deren Pflege als zeitaufwendig und problematisch für den eingeschränkten Patienten zu sehen ist. Infolge einer unzureichenden Reinigung kann es zu parodontalen oder periimplantären Infektionen, Knochenverlust und Wucherungen der Schleimhaut kommen, die den Behandlungserfolg gefährden [Schaller und Richter, 2001] (Abbildung 4).

Eine ähnlich reduzierte Hygienefähigkeit weisen Geschiebekonstruktionen, insbesondere mit extra- oder interkoronalen Geschiebeanteilen, auf (Abbildung 5).

Bei Klammerprothesen führt eine parodontal- und kariesprophylaktisch ungünstige großflächige Bedeckung nicht überkronter Zähne häufig zu Schäden an den Pfeilerzähnen (Abbildung 6), wenn auch die Reinigbarkeit besser ist als beispielsweise bei Stegkonstruktionen.

Erhalt des Restzahnbestandes

Meist steht für die Patienten der maximal mögliche Erhalt der eigenen Bezahnung im Vordergrund, da ein weiterer oder totaler Zahnverlust mitunter negative psychologische Auswirkungen haben kann. Aus Sicht des Behandlers spricht für das Belassen eigener Zähne neben der möglichen Funktion als Pfeiler zudem noch der damit verbundene Erhalt von Taktilität und Sensibilität, was sich positiv auf Akzeptanz und Funktion des Zahnersatzes auswirkt.

Da bis zu 87,8 Prozent der Personen zwischen 65 und 74 Jahren mittelschwere bis schwere Parodontalerkrankungen aufweisen [Micheelis und Schiffner, 2006], ist die prothetische Wertigkeit der vorhandenen Restbezahnung häufig gering und auf den ersten Blick nur bedingt zur Aufnahme eines hochwertigen Zahnersatzes geeignet.

Jedoch sollte eine stärkere Lockerung vorhandener Restzähne nicht zwangsläufig zur Entscheidung verleiten, diese zu entfernen, da eine erhöhte Beweglichkeit häufig als ein reversibles Überlastungsphänomen infolge ungünstiger Okklusions- oder Prothesenverhältnisse anzusehen ist. Daher sollten vorrangig wesentliche parodontale Parameter, wie Knochenniveau, Attachmentlevel und Entzündungsgrad, als maßgebliche Faktoren zur Entscheidungsfindung bezüglich des Zahnerhaltes herangezogen werden.

Eine Möglichkeit der Entlastung eigener Zähne besteht in der implantologischen Pfeilervermehrung. Je nach Ausgangssituation und Wunsch des Patienten sind so festsitzende oder herausnehmbare Versorgungen möglich [Hug et al., 2006] (Abbildung 7).

Ist eine festsitzende Versorgung Therapieziel, können je nach Anzahl, Lokalisation und Zustand der vorhandenen Pfeiler dabei sowohl rein implantatgetragene als auch zahn-implantatgetragene oder rein zahngetragene Konstruktionen zur Anwendung kommen. Die damit erreichte Reduktion der Belastung eigener Zähne aufgrund der Verwendung implantologischer Verfahren trägt zur dauerhaften Stabilisierung sämtlicher beteiligter Komponenten bei.

Einen weiteren Vorteil von Implantatversorgungen stellt die Verhinderung einer weiteren Atrophie des Alveolarknochens dar, so dass weiterhin ein Strukturerhalt der beteiligten Gewebe ermöglicht wird.

Sollten herausnehmbare Versorgungen geplant sein, entscheidet die Auswahl des Halteelements über die Schonung der Eigenbezahnung. Prothesen mit handgebogenen Klammern führen aufgrund extraaxialer Belastungen zu einer verstärkten Lockerung, Zahnverlust und Schädigung des Prothesenlagers, während gegossene Klammern durch eine axiale Abstützung vergleichsweise eine geeignetere Kraftübertragung ermöglichen. Weiterhin ist die Integration vorhandener Pfeiler in der Regel unabhängig von Position und Kippung möglich. Für gegossene Klammern spricht weiterhin eine hohe Schonung der Zahnhartsubstanz, da der Pfeiler nur in sehr geringem Maße beschliffen werden muss, bei Stegkonstruktionen hingegen lassen sich Zähne nur bei geeigneter Pfeilertopographie und -kippung integrieren. Zudem ist die Invasivität vergleichsweise hoch, da die Zähne in jedem Fall umfangreich beschliffen werden müssen. Weiterhin können Magnete und Kugelkopfattachments nicht mit natürlichen Pfeilern kombiniert werden; dies ist nur mit erhaltungswürdigen Wurzelresten möglich.

Mit Doppelkronen gelingt hingegen eine problemlose Integration vorhandener Restzähne unabhängig von ihrer Verteilung, jedoch kann auch hier die Einbeziehung extrem gekippter Pfeiler aufgrund der notwendigen gemeinsamen Einschubrichtung erschwert sein. In diesem Fall sollte eine kieferorthopädische Vorbehandlung in Erwägung gezogen werden [Ryan und Hegarty, 2006], welche in speziellen Fällen auch mit einfachen Maßnahmen realisiert werden kann, zum Beispiel durch Einarbeiten einer Federbolzenschraube in einen vorhandenen Interimsersatz. Eine kieferorthopädische (Vor-)Behandlung kann somit in hohem Maße zur Steigerung der Lebensqualität beitragen, sofern die Belastbarkeit des Patienten die Therapie zulässt.

Ästhetik

Der Wunsch nach ästhetischen Versorgungen steht für viele ältere Patienten mehrund mehr im Vordergrund [Davis, 2006].

Wird seitens des Patienten eine festsitzende Konstruktion bevorzugt, ist das Ausmaß der Atrophie der Hart- und Weichgewebe abzuschätzen. Liegen massive Verluste insbesondere des alveolären Knochens vor, zwingen diese entweder zu aufwendigen augmentativen chirurgischen Verfahren oder aber zu Abstrichen in Bezug auf das ästhetische Ergebnis. Insbesondere die ideale Länge der klinischen Kronen und die rote Ästhetik erfordern ein Maximum an Erhalt beziehungsweise Rekonstruktion alveolärer Strukturen. Werden diese Voraussetzungen beachtet, kann man eine gute Ästhetik erzielen.

Im Bereich des herausnehmbaren Zahnersatzes weisen klammerretinierte Modellgussprothesen große Nachteile auf, da insbesondere im Frontzahnbereich der Verlauf der Klammerarme ästhetisch wenig ansprechend ist.

Steggetragene Prothesen hingegen ermöglichen in der Regel eine gute Ästhetik, da fehlende Anteile des Alveolarfortsatzes mittels Kunststoff ersetzt werden können. Bei implantatgetragenen Stegen ist die Ästhetik mit den Möglichkeiten der Totalprothetik vergleichbar, was ebenfalls für die auf Implantaten verwendeten Magnete und Knopfanker gilt. Ein gutes ästhetisches Ergebnis lässt sich auch mittels Geschiebekonstruktionen erzielen, bei denen die retentionsgebenden Anteile in der Regel der Sicht des Betrachters entzogen sind.Bei extra- und interkoronalen Verbindungselementen ist dies in der Regel einfacher zu realisieren, da hier mit der Präparation weniger Platz geschaffen werden muss, als bei intrakoronalen.

Doppelkronengestützer Zahnersatz weist sehr gute ästhetische Möglichkeiten auf, sofern die Platzverhältnisse zur Aufnahme der Konstruktion ausreichen. Insbesondere bei grazilen Frontzähnen stellt dies häufig ein nicht einfach zu lösendes Problem dar. Weiterhin kann eine Retraktion der Gingiva im Bereich der Pfeilerzähne gegebenenfalls zur Freilegung des Kronenrandes der Patritze führen, weshalb sich die Verwendung keramischer Primärteile empfiehlt. Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle derauf den Patienten ausgeübte psychologische Effekt der reduzierten Demaskierung bei Herausnahme der Prothese, da im Mund weiße, zahnähnliche Strukturen verbleiben (Abbildung 8).

Totalprothetischer Zahnersatz beziehungsweise totalprothesenähnliche Suprastrukturen bieten in der Regel uneingeschränkte ästhetische Möglichkeiten, auch wenn diese häufig nicht in letzter Konsequenz realisiert werden. Unter Verwendung individualisierter keramischer Ersatzzähne und unterschiedlich eingefärbter rosa Kunststoffe ist eine nahezu naturgetreue Nachbildung von Zähnen, Gingiva und Alveolarfortsatz möglich. Ergebnis solcher Bemühungen sind Versorgungen, die höchsten ästhetischen Ansprüchen genügen und eine nahezu perfekte optische Rekonstruktion ermöglichen (Abbildungen 9 bis 12).

Erweiterbarkeit

Die Erweiterbarkeit einer prothetischen Arbeit sowie die Anpassungsmöglichkeiten an eine neue Situation stellen ein wesentliches Kriterium dar, da eine hohe Lebensdauer des Zahnersatzes einen deutlichen Gewinn für den Patienten bedeutet.

Festsitzende Konstruktionen müssen nach dem Verlust eines Pfeilers je nach Topographie und Pfeilerzahl häufig umgeplant oder neu hergestellt werden. Herausnehmbare Arbeiten bieten eher die Option einer Erweiterung, wobei Doppelkronensysteme hierfür hervorragend geeignet sind. Bei Pfeilerverlust ist lediglich die Auffüllung eines Primärteils vonnöten; alternativ kannauch durch eine Implantation an der Stelle des verloren gegangenen Pfeilers und Verklebung einer Galvanokrone in das an dieser Stelle bereits vorbereitete Gerüst der Zahnersatz instand gesetzt werden. Eineeinfache Erweiterbarkeit liegt auch bei Prothesen mit gegossenen Klammern vor, da hier in der Regel mit geringem Aufwand ein Zahn ersetzt werden kann.

Problematischer stellen sich hinsichtlich dieses Kriteriums Geschiebearbeiten oder Stegkonstruktionen dar, die sich in der Regel nicht oder nur sehr unbefriedigend erweitern lassen.

Schlussfolgerung

Ziel der Geroprothetik ist es einerseits, den hohen individuellen Anforderungen desälteren Patienten an Funktion, Komfort und Ästhetik gerecht zu werden, andererseits aber gleichzeitig Lösungen zu entwickeln, die seiner Lebenssituation Rechnung tragen. Gelingt dies, kann durch die zahnärztliche Versorgung ein wesentlicher Beitrag zu Steigerung und Erhalt der Lebensqualität der Patienten erzielt werden.

Da altersbedingte Erkrankungen und Limitationen körperlicher oder geistiger Art nichtjeden alten Menschen gleichermaßen betreffen, können je nach persönlicher Situation des Patienten die unterschiedlichsten Versorgungsformen das am besten geeignete Therapiemittel darstellen. Wesentlich bedeutsamer als das kalendarische Alter ist somit das biologische Alter des Patienten, der mit Zahnersatz versorgt werden soll.

Kein Therapiemittel ist in der Lage, sämtliche Patientenwünsche vollständig und gleichermaßen zu befriedigen. Konuskronenversorgungen ermöglichen jedoch am ehesten die Realisierung dieser Vorstellungen. Um die hohen Anforderungen an die Präzision in der Doppelkronentechnik leicht und reproduzierbar zu erzielen, sollte die intraorale Verklebung der Mesostrukturen aus Galvanofeingold mit dem Tertiärgerüst erfolgen. So wird eine völlige Immobilität der Suprastruktur erreicht. Bei diesem Vorgehen werden gegebenenfalls vorliegende minimale Differenzen zwischen Modellund Mundsituation in Bezug auf die Pfeilerposition über die Klebefuge kompensiert. Eine Konstanz der Haftkraft im physiologischen Bereich wird ohne schwieriges Einstellen des Zahntechnikers mit zufälliger Haftung ermöglicht. Durch ein solches Vorgehen verringern sich eventuelle Schwierigkeiten und die Anzahl der Behandlungsschritte, so dass die Versorgungen effektiv und unproblematisch herzustellen sind. Insgesamt stellen Doppelkronenversorgungen die ideale, auch geroprothetischen Anforderungen genügende Versorgungsart dar und sind für die beschriebenen Indikationen nahezu uneingeschränkt zu empfehlen [Weigl, 2002].

Zusammenfassung und Ausblick

Aus zahlreichen Quellen mit den modernen Möglichkeiten der Zahnerhaltung, Prophylaxe, Implantologie und ästhetischen Zahnheilkunde vertraut, wünschen sich immer mehr ältere Patienten den Erhalt und die Verschönerung der eigenen Zähne, beziehungsweise funktionell und ästhetisch perfekten Zahnersatz.

Für dieses neue „Klientel der Zukunft“ gilt es für den tätigen Zahnarzt, den hohen individuellen Anforderungen und Wünschen solcher Patienten gerecht zu werden, diese zu respektieren und gleichzeitig Lösungen zu entwickeln, die deren Lebenssituation am besten angepasst sind. Entsprechend der individuellen Gegebenheiten der älteren Patienten sollte der Behandler sich vonstarren Behandlungskonzepten wegbewegen und aus den vielfältigen Therapiemöglichkeiten diejenige mit dem Patienten gemeinsam auswählen, welche die spezifischen Wünsche und Erfordernissen am besten berücksichtigt.

In der Regel gilt es anzustreben, den Patienten mit festsitzendem Zahnersatz zu versorgen; ist dies nicht möglich, bieten Doppelkronen und dabei insbesondere galvanisch hergestellte Sekundärkronen eine hervorragende Möglichkeit, die Wünsche der Patienten nach einem schaukelfreien Prothesensitz, einer einfachen Handhabung und Hygienefähigkeit, einfacher Erweiterbarkeit, einer ansprechenden Ästhetik verbunden mit einer optimalen Schonung und Integration vorhandener Restbezahnung zu befriedigen. Daher sollten solche Rekonstruktionen als das Mittel der Wahl gelten, wenn eine herausnehmbare Arbeit gewünscht wird.

Wenn weiterhin in der Therapieplanung die Versorgung mit einer Totalprothese oder totalprothesenähnlichen Suprastrukturen vorgesehen ist, kann man durch Individualisierung der Prothesenbasis und der Frontzähne höchste ästhetische Ansprüche erfüllen.

Verfolgt man den Anspruch, langfristig seinen Patienten eine ideale Versorgung anzubieten, ergibt sich die Schwierigkeit, dass sich gerade beim alten Patienten der Gesundheitszustand und damit geistige oder körperliche Fähigkeiten durch Erkrankungen, Unfälle und Alterungsprozesse verändern können. Dies birgt das Problem in sich, dass das Versorgungskonzept, welches heute ideal für den Patienten konzeptioniert ist, morgen oder in zehn Jahren möglicherweise ungeeignet erscheint. Dieser Konflikt ließe sich nur dann befriedigend entschärfen, wenn es möglich wäre, eine neu angefertigte prothetische Arbeit mittels geringem zahntechnischen Aufwand an eine neue Patientensituation anzupassen, beispielsweise durch die Umwandlung einer festsitzenden Arbeit in eine abnehmbare Konstruktion. Dies würde es ermöglichen, eine funktionierende Versorgung zu erhalten und diese den geänderten Anforderungen, zum Beispiel hinsichtlich der Reinigbarkeit oder Erweiterbarkeit, anzupassen. Zum heutigen Zeitpunkt gibt es jedoch noch keine Behandlungsprotokolle, die die damit verbundenen Schwierigkeiten und Anforderungen befriedigend zu lösen imstande sind.

ZÄ Tugba ZahnZA Christian PaffrathDr. Bernhard ZahnZA Tobias LocherPoliklinik für Zahnärztliche Prothetik(Direktor: Prof. Dr. H.-Chr. Lauer)ZZMK (Carolinum) der J.W.Goethe-Universität Frankfurt am MainTheodor Stern-Kai 7, Haus 2960590 Frankfurt am Maintugba.erim@med.uni-frankfurt.de

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