Rechenexempel Rürup-Rente
Viele Zahnärzte ahnen schon, worum es geht, wenn sich am Abend oder am freien Mittwochnachmittag der Versicherungsvertreter meldet. Dann steht mal wieder das Thema Altersvorsorge und speziell die Basisrente auf dem Programm, die ihnen der Berater in den höchsten Tönen anpreist. Die Anstrengungen der Verkäufer scheinen sich jedenfalls zu lohnen. Allein in diesem Jahr rechnet die Versicherungswirtschaft mit 350 000 neuen Verträgen für die Basisrente. Das sind doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum 2006.
Die vom Wirtschaftsweisen und Regierungsberater Bert Rürup speziell für Selbstständige erfundene Variante zur Altersvorsorge boomt. Gedacht war sie für alle Selbstständigen, die ansonsten keine Möglichkeit haben, von der staatlichen Förderung für die Altersvorsorge zu profitieren. Und seit der letzten Reform in 2006 sind die Angebote durchaus attraktiv. Inwieweit sie sich aber für die Zahnärzteschaft lohnen, ist ein Rechenexempel. Denn schließlich zahlen sie regelmäßig in ihr Versorgungswerk ein. Die Beiträge dafür unterscheiden sich je nach Bundesland. Differenzen gibt es auch bei den Höchstbeiträgen. So können die selbstständigen bayrischen Kollegen bis zum Zweifachen der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung einzahlen. Wieder andere Versorgungswerke ziehen die Grenze beim Eineinhalbfachen. Im Durchschnitt dürfte der monatliche Beitrag um die 1 000 Euro liegen.
Vater Staat beteiligt sich an den Aufwendungen für die Sicherung des berufsständischen Ruhegeldes zu den gleichen Bedingungen wie für die Basis-Rente. Bis zu 20 000 Euro pro Jahr können Alleinstehende (Verheiratete 40 000 Euro) in ihre Altersvorsorge investieren. Einen jährlich ansteigenden Anteil davon akzeptiert der Fiskus pro Jahr als Sonderausgaben. Im Gegenzug wird er die später ausgezahlten Renten höher besteuern, und zwar mit steigender Tendenz. Für die Sparer bedeutet das, dass ihre Rente am Ende niedriger ausfällt als gedacht, weil der Fiskus sich ja seinen Teil abzieht. Aus diesem Grund kann sich daraus eine Lücke bei der Altersversorgung ergeben.
Damit auch der pensionierte Zahnarzt seinen gewohnten Lebensstandard halten kann, sollte er so früh wie möglich dafür sorgen, dass es später nicht zu Defiziten kommen kann. Ihm stehen dazu zwei Möglichkeiten offen. Er kann – vorausgesetzt er hat die Höchstgrenzen noch nicht ausgeschöpft – seine Beiträge für das Versorgungswerk entsprechend erhöhen oder aber den Vertrag für eine Rürup-Rente abschließen.
Günstigerprüfung greift
Für die gesamte Vorsorge sieht die Steuerrechnung so aus:
In diesem Jahr darf er von den Prämien maximal 64 Prozent als Sonderabschreibung geltend machen. Egal ob er im Jahr die vollen 20 000 Euro oder 12 000 Euro oder auch nur 8 000 Euro einzahlt, absetzbar bleiben in diesem Jahr 64 Prozent des eingezahlten Betrags; danach steigt dieser Anteil bis 2025 – also über 18 Jahre – jährlich um zwei Prozent. Geht man vom maximalen Sparbetrag von 20 000 Euro aus, akzeptiert das Finanzamt 2007 64 Prozent davon. Das macht 12 800 Euro. Daraus ergibt sich dann eine Steuererstattung – vorausgesetzt die Einkünfte unterliegen dem Spitzensteuersatz (inklusive Solidaritätszuschlag) – in Höhe von 5 670 Euro (bei Verheirateten 11 340 Euro). Im Jahr 2025 ist der Höchstbetrag von 20 000 Euro (40 000 Euro bei Verheirateten) erreicht; von da an bleiben dann jährlich die Höchstsummen absetzbar.
Michael Jung, Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungswerke (ABV) in Köln hofft, dass die Höchstbeträge dynamisiert werden, „denn in 2025 sind 20 000 Euro bestimmt nicht mehr das, was sie heute sind.“
Zahnärzte, die nun das Pensionsalter erreicht haben, werden sich wundern, dass der Fiskus einen immer höheren Anteil von ihrem Ruhegeld verlangt: In der Auszahlungsphase sind die Renten aus dem Versorgungswerk und aus der Basisrente steuerpflichtig. Wie hoch die Abgaben ausfallen, hängt vom Zeitpunkt der Auszahlung ab. Wer in diesem Jahr die erste Rentenzahlung erhält, versteuert 54 Prozent davon. Bis 2020 steigt der Besteuerungsanteil jedes Jahr um zwei Prozent, ab 2021 bis 2040 um einen Prozentpunkt pro Jahr. Ab 2040 wird dann der gesamte Betrag steuerpflichtig.
Es kann aber auch sein, dass die Steuerrechnung nach altem Recht für den selbstständigen Zahnarzt von Vorteil ist. Danach darf er für seine Vorsorgeaufwendungen – Beiträge an das Versorgungswerk plus sonstige Versicherungen – maximal 5 069 Euro absetzen. Hinzu kommen die Ausgaben für die Rürup-Rente. Das Finanzamt prüft nun, ob er mit dieser Regelung günstiger wegkommt als mit der Besteuerung nach neuem Recht. Die Günstigerprüfung gilt bis einschließlich 2019. In diesen Fällen empfiehlt auch ABV-Hauptgeschäftsführer Michael Jung die Rürup-Rente.
Die Vorteile der Basisrente ähneln …
Zu den Vorteilen der Basisrente gehört, dass der Staat keinen Zugriff auf das Geld hat. Für den versicherten Zahnarzt bedeutet diese Regel, dass im Fall der Insolvenz die Gläubiger sich nicht an dem Vorsorgekapital bedienen dürfen. Allerdings haben Steuervorteil und Sicherheit ihren Preis: Die Basisrente darf weder gekündigt noch beliehen werden. Außerdem haben die Erben das Nachsehen, denn das nicht ausgezahlte Kapital kommt der Gemeinschaft der Versicherten zugute. Gegen ein Minus bei der Rendite erlaubt der Gesetzgeber zwei Zusatzverträge: den Schutz der Hinterbliebenen und einen Berufsunfähigkeitsschutz (BU). Die Kosten für den BU wirken sich im Gegensatz zur herkömmlichen Berufsunfähigkeitsversicherung auch steuermindernd aus, so lange der Anteil nicht mehr als 49 Prozent des Gesamtbeitrags ausmacht. Im Gegenzug werden die Leistungen besteuert.
… denen der Versorgungswerke
Die Versorgungswerke bieten die gleichen Vorteile wie die Basisrente der Versicherungswirtschaft. Als zusätzliches Plus verzeichnen die berufsständischen Versorger, dass der Hinterbliebenenschutz integriert ist und sie die Kosten klein halten, weil sie keinen Vertrieb finanzieren müssen. Letzteres trifft allerdings ebenfalls für Direktversicherer wie Cosmos oder Europa zu.
Ob ein Zahnarzt sich bei der Aufstockung seiner Altersvorsorge nun für eine Erhöhung seines Beitrags oder für den Abschluss einer Basisrente entscheidet, kann von mehreren Punkten abhängen, die er für seinen Fall individuell klären muss, und sei es seine persönliche Präferenz für oder gegen die bisherige Vorsorgeform. Kann das Versorgungswerk gute Zahlen vorlegen, besteht kein Grund, warum ein Arzt seine Einzahlungen nicht erhöhen sollte.
Der Garantiezins
Die berufsständischen Versicherer verweisen in der Regel auf den höheren Garantiezins, der zwischen drei und vier Prozent liegt.
Die Veränderung des Generationenaufbaus macht den Versorgungswerken zwar auch zu schaffen, doch trifft es sie nicht so hart wie die gesetzliche Rentenversicherung. Fakt bleibt: Die Lebenserwartung der Menschen, die in freien Berufen tätig sind, übersteigt inzwischen die der Gesamtbevölkerung um vier Jahre. Das hat eine Untersuchung des versicherungsmathematischen Büros Heubeck AG in Köln ergeben. Entsprechend länger müssen die Renten gezahlt werden. Hinzu kommt, dass die lange Phase der niedrigen Zinsen sich dämpfend auf die Erträge ausgewirkt hat. ABV-Hauptgeschäftsführer Michael Jung geht davon aus, dass bald auch für die besrufsständische Versorgung über eine Erhöhung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre diskutiert werden wird. Er glaubt nicht an eine Senkung der Renten beziehungsweise der Anwartschaften. Doch wird der jährliche Anstieg der Renten weniger hoch ausfallen als früher. Schon in den letzten Jahren glich dieser die Inflation nicht aus. Deshalb sollten Ärzte sich intensiv mit der Sicherung ihres Lebensstandards im Alter beschäftigen, meint Frank Nobis, Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung in Nürnberg. Der Ökonom erinnert daran, dass von Beiträgen, die die Zahnärzte in ihr Versorgungswerk einzahlen, monatlich ein großer Teil als Steuerersparnis zurückfließt. „Die meisten denken nicht daran und die Steuerberater vergessen, ihre Mandanten daran zu erinnern. Dieses Geld sollten sie sofort wieder in ihre Altersvorsorge stecken, schon allein, um die durch die demnächst nachgelagerte Besteuerung der Renten entstandene Lücke zu schließen.“
In welcher Form das geschehen soll, hängt von den persönlichen Vorlieben ab. Wer zum Beispiel die Steuervorteile der Basis- Rente nutzen und gleichzeitig etwas mehr Risiko wagen will, kann sich bei der privaten Assekuranz für eine fondsgebundene Rürup-Rente entscheiden. Dabei bestimmt er selbst, in welche Fonds sein Kapital fließen soll. Er wahrt damit die Chance auf größere Gewinne als sie die klassische Lebensversicherung verspricht, riskiert aber gleichzeitig bei schlechter Entwicklung der Börse mögliche Verluste. Wer sich für diese Variante der Basis-Rente entscheidet, kann das Risiko minimieren. Es genügt, den monatlichen Mindestbeitrag von 25 oder 50 Euro zu zahlen und am Jahresende vielleicht, wenn der Zahnarzt weiß, wie hoch sein Jahresgewinn ausgefallen ist, einen größeren Betrag nachzuschießen und dennoch den Steuerbonus fürs ganze Jahr zu kassieren.
Einen geldwerten Vorteil können sich auch ältere Sparer mithilfe der Basis-Rente verschaffen. So kann ein 60-jähriger Zahnarzt, der zum Beispiel eine Lebensversicherung über 100 000 Euro kassiert, diesen Betrag in eine Rürup-Rente stecken. Von diesem Jahr an bis 2011 zahlt er jährlich 20 000 Euro ein. In 2007 kann er 64 Prozent (12 800 Euro) davon absetzen, 2008 sind es 66 Prozent (13 200 Euro), 2009 68 Prozent (13 600 Euro), 2010 70 Prozent (14 000 Euro) und 2011 72 Prozent (14 400 Euro). Ab 2012 kassiert er dann seine Rente und muss nur einen Anteil von 64 Prozent versteuern.
Lockruf der Banken
Neben den Versicherern dürfen seit Anfang des Jahres eigentlich auch die Banken und Fondsgesellschaften Rürup-Verträge anbieten. Bislang führt nur die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken ein Modell in ihrem Programm. Die Union Investment lockt mit der VR-RürupRente. Dabei handelt es sich aber auch um eine Variante der bereits bekannten fondsgebundenen Lebensversicherung. Noch vor Jahresende will die Deka-Bank der Sparkassen eine eigene Möglichkeit schaffen, mit Fonds für die Rürup-Rente zu sparen. Bereits abgewinkt hat die Deutsche Bank mit DWS unter dem Hinweis, dass die jetzigen Bedingungen sich nicht für ein interessantes Fondsmodell der Basis-Rente eignen. Da habe sich wohl die Lobby der Versicherer durchgesetzt.
Ob die Basisrente die richtige Anlageentscheidung ist, hängt auch vom persönlichen Steuersatz ab. Wer schon zum jetzigen Zeitpunkt abschätzen kann, dass seine Steuerlast im Ruhestand nicht allzu hoch sein wird, ist mit einer Basisrente gut bedient. Denn die Rentenzahlungen unterliegen ab 2040 komplett der Abgabenpflicht.
Wo der Fiskus zulangt
Gutverdiener, die sich in den höheren Bereichen der Steuerklassen wiederfinden, nehmen besser Abstand von einer zusätzlichen Vorsorge mithilfe der Basisrente. Als lukrativer erweist sich für sie der Abschluss einer klassischen privaten Rentenversicherung, die nicht staatlich gefördert wird. Sie profitieren von der normalen Besteuerung der Alterseinkünfte. Dabei bedient sich der Fiskus nur beim sogenannten Ertragsanteil. Das heißt, dass nur der Teil der privaten Rente besteuert wird, der zu den Erträgen aus dem gesparten Kapital gehört. Ein Zahnarzt, der ab 65 Jahren eine private Rente bekommt, zahlt auf den Ertragsanteil 18 Prozent Steuern.
Kritiker halten von Lebensversicherungen als Altersvorsorge immer noch nicht allzu viel. Zwar gestehen sie der fondsgebundenen Rente einen Vorteil bei der kommenden Abgeltungssteuer zu (siehe zm-Ausgabe 20). Doch sie bemängeln nach wie vor die hohen Kosten, die an der Rendite knabbern. Sie empfehlen häufig eine Risikolebensversicherung für die Absicherung der Familie. Als Alternative zur Lebensversicherung bieten sich immer noch die Fondssparpläne an. Sie erlauben einen sehr viel flexibleren Umgang mit dem Kapital. Doch hierbei wird die drohende Abgeltungssteuer die Renditen schmälern.
Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de