Eine Übersicht über die Neuerungen durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG)

Neue Möglichkeiten der zahnärztlichen Berufsausübung

Zum 1. Juli sind Änderungen der Bundesmantelverträge in Kraft getreten, die das seit Jahresbeginn geltende Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) präzisieren.

Das zum 1. Januar 2007 in Kraft getretene Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) sieht in Neuregelungen der Zulassungsverordnung für Zahnärzte (ZV-Z) erweiterte Möglichkeiten der Zusammenarbeit für Vertragszahnärzte vor. Das Nähere war danach in den Bundesmantelverträgen zu regeln. Angepasste Bestimmungen in den Bundesmantelverträgen sind zwischenzeitlich zum 1. Juli 2007 in Kraft getreten. Auf dieser Grundlage sind nunmehr im weiteren Umfang als bisher Beschäftigungen von angestellten Zahnärzten, die Bildung von Zweigpraxen oder die Kooperation in Gemeinschaftspraxen möglich.

Durch die Neuregelungen im VÄndG sollten Liberalisierungen des Berufsrechts in der Musterberufsordnung der BZÄK nachvollzogen werden. Im Einzelnen sieht das VÄndG folgende erweiterte Kooperationsmöglichkeiten vor:

• der Vertragszahnarzt kann grundsätzlich eine unbeschränkte Anzahl von Zahnärzten anstellen,

• er kann an weiteren Orten in der Form einer Zweigpraxis tätig sein, die sich auch in einem anderen KZV-Bezirk befinden kann,

• Vertragszahnärzte können auch überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften bilden, die auch KZV-Grenzen überschreiten dürfen.

Das Nähere zur zahlenmäßigen Begrenzung der Beschäftigung angestellter Zahnärzte, zur Sicherung der Erfüllung der Versorgungspflicht des Vertragszahnarztes an seinem Vertragszahnarztsitz bei der Tätigkeit in einer Zweigpraxis und zu den Voraussetzungen für die Bildung von Berufsausübungsgemeinschaften hatten die Bundesmantelvertragspartner zu regeln.

Zum 1. Juli 2007 sind entsprechende Bestimmungen in den Bundesmantelverträgen in Kraft getreten (vgl. die Bekanntmachungen auf Seite 82 ff ), die von der KZBV und den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen in einem gemeinsamen Rundschreiben näher erläutert worden sind (siehe www.kzbv.de). Im Einzelnen sind danach folgende Regelungen getroffen worden.

Zur Anstellung von Zahnärzten

Ein vollzeitbeschäftigter Vertragszahnarzt kann nunmehr bis zu zwei vollzeitbeschäftigte beziehungsweise bis zu vier halbzeitbeschäftigte Zahnärzte anstellen. Ist der Vertragszahnarzt nur in einer Teilzulassung tätig, kann er entweder einen vollzeitbeschäftigten Zahnarzt, zwei halbzeitbeschäftigte Zahnärzte oder vier Zahnärzte mit insgesamt höchstens vollzeitiger Beschäftigungsdauer anstellen.

Durch diese Bestimmungen werden die bisher gesetzlich beschränkten Anstellungsmöglichkeiten im Ergebnis verdoppelt. Damit wird zum einen der Zielsetzung des Gesetzgebers, erweiterte Anstellungsmöglichkeiten zu eröffnen, Rechnung getragen. Die zahlenmäßige Begrenzung berücksichtigt zum anderen aber auch die fortbestehende Leitungs- und Überwachungsverpflichtung des Vertragszahnarztes gegenüber seinen angestellten Zahnärzten. Damit ist in den Bundesmantelverträgen die vom Gesetzgeber geforderte standardisierte Regelung getroffen worden.

In diesem Rahmen hat der Vertragszahnarzt daher grundsätzlich einen Anspruch auf Genehmigung der Anstellungen, ohne dass es dafür eines besonderen Nachweises zur Wahrnehmung seiner Leitungs- und Überwachungsverpflichtungen bedarf.

Bildung von Zweigpraxen

Nach der Neufassung der ZV-Z kann ein Vertragszahnarzt an weiteren Orten in der Form einer Zweigpraxis tätig sein, soweit dies die Versorgung der Versicherten an diesen weiteren Orten verbessert und die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort seines ersten Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Diese Kriterien waren von den Bundesmantelvertragspartnern näher zu konkretisieren.

Nach den Bestimmungen im BMV-Z kann die Versorgung am Standort der Zweigpraxis insbesondere dann verbessert werden, wenn dort eine Unterversorgung vorliegt oder regional beziehungsweise lokal nicht oder nicht im erforderlichen Umfang angebotene Leistungen im Rahmen der Zweigpraxis erbracht werden und die Versorgung auch nicht durch andere Vertragszahnärzte sichergestellt werden kann, die räumlich und zeitlich von den Versicherten mit zumutbaren Aufwendungen in Anspruch genommen werden können. Dies gilt auch dann, wenn in der Zweigpraxis spezielle Untersuchungs- und Behandlungsmethoden angeboten werden, die an dieser Stelle bisher nicht im erforderlichen Umfang erbracht wurden. Zu berücksichtigen ist somit das konkrete Leistungsangebot im Bereich der Zweigpraxis, die dort bereits tätigen Vertragszahnärzte und die konkrete Verkehrssituation.

Die Tätigkeit in einer Zweigpraxis ist ferner nur dann möglich, wenn dadurch die ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragszahnarztsitzes nicht beeinträchtigt wird. Dies ist nach den Neuregelungen in den Bundesmantelverträgen in der Regel dann der Fall, wenn die Dauer der Tätigkeit des Vertragszahnarztes in der oder den Zweigpraxen ein Drittel seiner Tätigkeit in seiner Erstpraxis nicht übersteigt. Ist ein Praxisinhaber daher in dieser zum Beispiel dreißig Stunden in der Woche behandelnd tätig, kann er danach bis zu zehn Stunden in der Woche zusätzlich in der Zweigpraxis tätig sein. Natürlich hat er unabhängig davon an beiden Tätigkeitsorten eine ordnungsgemäße Versorgung der Patienten sicherzustellen. Er muss daher wie bisher während seiner angekündigten Behandlungszeiten grundsätzlich zur Verfügung stehen und im Abwesenheitsfall eine entsprechende Vertretung beziehungsweise eine Notfallversorgung organisieren.

Auch in der Zweigpraxis darf der Vertragszahnarzt angestellte Zahnärzte beschäftigen – seien es Kollegen, die in seiner Erstpraxis arbeiten oder aber Kollegen, die er speziell für die Zweigpraxis anstellt.

Dies ist nun dahin konkretisiert worden, dass am Ort der Zweigpraxis ein (weiterer) Zahnarzt angestellt werden darf. Dessen Tätigkeit in der Zweigpraxis darf allerdings die Dauer der Tätigkeit des Vertragszahnarztes in der Zweigpraxis um höchstens 100 Prozent überschreiten. Soweit der Praxisinhaber nach dem oben gewählten Beispiel in der Zweigpraxis zehn Stunden in der Woche tätig ist, darf er danach in der Zweigpraxis einen angestellten Zahnarzt für maximal zwanzig Stunden in der Woche behandeln lassen.

Daneben können in der Zweigpraxis auch eventuell bereits in der Erstpraxis angestellte Zahnärzte tätig werden – allerdings nur höchstens mit einem Drittel ihrer für die Erstpraxis vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Ebenso wie der Vertragszahnarzt selber darf danach der in der Erstpraxis angestellte Kollege in der Zweigpraxis höchstens ein Drittel seiner für die Erstpraxis vertraglich vereinbarten Arbeitszeit tätig sein. Beläuft sich diese zum Beispiel auf eine wöchentliche Behandlungszeit von dreißig Stunden, darf er höchstens zehn Stunden in der Zweigpraxis tätig werden.

Gemäß der gesetzlichen Neuregelung kann die Zweigpraxis auch in einem anderen KZV-Bezirk als demjenigen liegen, in dem der Zahnarzt seine vertragszahnärztliche Praxis hat. In den Mantelverträgen ist insofern klargestellt worden, dass in einem solchen Fall die in der Zweigpraxis erbrachten Leistungen bei jener KZV abzurechnen sind, in deren Bezirk die Zweigpraxis liegt. Dabei sind die gesamtvertraglichen Regelungen am Ort der Zweigpraxis zugrunde zu legen. Zusätzlich ist klargestellt worden, dass der Praxisinhaber sich in diesen Fällen mit einer Übermittlung seiner Abrechnungsdaten hinsichtlich der Zweigpraxis an die KZV seines Vertragszahnarztsitzes einverstanden erklären muss.

Gemeinschaften für die Berufsausübung

Die bisherigen Gemeinschaftspraxen werden durch die Neufassung der Zulassungsverordnung nunmehr als „Berufsausübungsgemeinschaften“ bezeichnet. Diese können sowohl an einem einzigen, gemeinsamen Vertragszahnarztsitz als örtliche Berufsausübungsgemeinschaft als auch an mehreren Vertragszahnarztsitzen als überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften gebildet werden. Dabei ist es auch möglich, dass sich die verschiedenen Vertragszahnarztsitze einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft (ÜBAG) über mehrere KZV-Bezirke verteilen. Die Mitglieder einer ÜBAG können grundsätzlich auch an den Vertragszahnarztsitzen der anderen Mitglieder der Gemeinschaft im zeitlich begrenzten Umfang tätig werden.

In jedem Fall bedarf eine Berufsausübungsgemeinschaft der vorherigen Genehmigung des jeweils zuständigen Zulassungsausschusses. Bei ÜBAGs mit Mitgliedern in mehreren KZVen muss von diesen eine KZV gewählt werden, deren örtlichen Regelungen für die Leistungserbringung und –abrechnung der Leistungen der ÜBAG insgesamt gelten.

In den Bundesmantelverträgen ist dazu bestimmt worden, dass dem Zulassungsausschuss stets der schriftliche Gesellschaftsvertrag der Berufsausübungsgemeinschaft vorzulegen ist.

Auf dieser Grundlage ist zunächst zu prüfen, ob tatsächlich eine echte Gemeinschaftspraxis, das heißt eine fachliche und organisatorische Kooperation unter Nutzung eines einheitlichen Patientenstammes vorliegt und nicht lediglich eine Bürogemeinschaft oder eine Praxisgemeinschaft bisheriger Prägung. Erforderlich ist dabei ferner, dass alle in der Berufsausübungsgemeinschaft zusammengefassten Vertragszahnärzte auch tatsächlich am unternehmerischen Risiko und an unternehmerischen Entscheidungen der Praxis beteiligt sind.

Auch die Mitglieder KZV-bezirksübergreifender ÜBAGs bleiben weiterhin Mitglieder der KZV ihres Vertragszahnarztsitzes. Sie haben aber gemeinsam eine KZV zu wählen, nach deren Regelungen sich alle Abrechnungs- und Prüfungsverfahren richten. Hierzu haben die Mitglieder einer ÜBAG nach Maßgabe der Bundesmantelverträge eine schriftliche Erklärung abzugeben, wonach sie sich ausdrücklich sämtlichen regionalen Bestimmungen im Bereich der gewählten KZV unterwerfen.

Soweit Mitglieder von ÜBAGs an den Vertragszahnarztsitzen anderer Mitglieder der Gemeinschaft tätig werden wollen, bestimmen hierzu die Bundesmantelverträge, dass entsprechend der Tätigkeit in einer Zweigpraxis die Tätigkeit an anderen Vertragszahnarztsitzen der ÜBAG höchstens ein Drittel der Zeit der vertragszahnärztlichen Tätigkeit am eigenen Vertragszahnarztsitz ausmachen darf. Dies gilt ebenso, sofern an einem Vertragszahnarztsitz einer ÜBAG angestellte Zahnärzte an anderen Vertragszahnarztsitzen der ÜBAG tätig werden sollen.

Nach den Bestimmungen der ZV-Z ist eine KZV-bezirksübergreifende ÜBAG an die Wahl einer KZV für zwei Jahre gebunden. Hierzu ist nunmehr ergänzend bestimmt worden, dass solche Wahlentscheidungen nur zum Ende eines Quartals durch schriftliche Erklärung aller Mitglieder der ÜBAG gegenüber allen beteiligten KZVen möglich sind und dass diese den KZVen mindestens sechs Monate vor Wirksamkeit der geänderten Wahlentscheidung zugehen müssen. Dadurch wird sichergestellt, dass sowohl den beteiligten KZVen, als auch der ÜBAG selbst, ein ausreichender Zeitraum zur Vorbereitung und Durchführung der erforderlichen organisatorischen Änderungen zur Abrechnung der Leistungen über eine andere gewählte KZV eingeräumt wird.

Dr. Thomas MuschallikJustiziar und Leiter der Rechtsabteilung KZBV,Universitätsstraße 7350931 Köln

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