Multikinasehemmer als neue Therapieoption

Länger tumorfrei leben nach Nierenzellkarzinom

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Klare Therapiefortschritte gibt es beim Nierenzellkarzinom: Der neue Multikinasehemmer Sorafenib greift über mehrere Hebel in die Signalgebung der Tumorzellen ein und bremst die Zellproliferation und die Tumorangiogenese. Dem neuen Antitumormedikament könnte dabei sogar Bedeutung über das Nierenzellkarzinom hinaus zukommen.

In der Onkologie herrscht derzeit das Prinzip der „Targeted Therapy“ vor: Die Krebsmediziner versuchen dabei, medikamentös gezielt die Defekte anzugehen, die Tumorzellen von anderen Körperzellen unterscheiden und die für das unkontrollierte Zellwachstum verantwortlich sind. Bei verschiedenen Tumoren geht diese Rechnung bereits auf. Unter anderem beim Nierenzellkarzinom, einem Tumor, der im fortgeschrittenen Stadium bis vor kurzem als kaum behandelbar galt. Durch den neuen Wirkstoff Sorafenib, einem sogenannten RAF-Kinase-Inhibitor, lässt sich jedoch aktuellen Daten zufolge eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens und auch des Gesamtüberlebens erwirken. Dies wurde bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) in Leipzig eindrucksvoll anhand neuer Studienergebnisse demonstriert.

Mit mehreren Hebeln gegen den Krebs

Bei Sorafenib handelt es sich um einen Hemmstoff mehrerer Kinasen, die in Tumoren das Zellwachstum steuern. Der Wirkstoff hemmt damit auf mehreren Ebenen gleichzeitig die Tumorprogression. Er inhibiert konkret die so genannte RAF-1-, B-Raf- und C-Raf-Kinase und unterbindet ihre proliferative Wirkung. Darüber hinaus blockiert Sorafenib Wachstumsfaktoren wie VEGF (vascular endothelial growth factor) und PDGF (platelet derived growth factor), welche in die Tumorangiogenese involviert sind. Auch das Verhindern der Gefäßneubildung in der Umgebung des Tumors hindert diesen am Wachstum, da die Tumorzellen im Inneren der Geschwulst ab einer bestimmten Größe nicht mehr optimal versorgt werden können.

Krankheitsstabilisierung und Tumorschrumpfung

Dass die theoretischen Ansatzpunkte praktische Konsequenzen haben, belegen laut Privatdozent Dr. Dirk Strumberg, Herne, die Daten einer Phase-II-Studie bei 202 Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom, die zunächst zwölf Wochen lang mit Sorafenib vorbehandelt wurden. Diejenigen Patienten, die eindeutig (Tumorregression von mehr als 25 Prozent) auf den Multikinasehemmer ansprachen, erhielten den Wirkstoff unverändert weiter. Wurde in der Vorphase aber eine Tumorregression unter 25 Prozent gesehen, so wurden die Patienten in der anschließenden Studienphase placebokontrolliert mit Sorafenib behandelt. War in der Vorphase jedoch kein Vorteil der Therapie erkennbar, so wurde die Sorafenib-Gabe beendet.

Das Ergebnis spricht eindeutig für den RAF-Kinase-Hemmer: Dieser bewirkte laut Strumberg bei 71 Prozent der Studienteilnehmer eine Krankheitsstabilisierung mit zum Teil deutlicher Tumorschrumpfung. Gleichzeitig wurde ein gegenüber Placebo signifikant längeres progressionsfreies Überleben von durchschnittlich 24 Wochen registriert.  

Der Multikinasehemmer wurde allgemein gut vertragen, als häufigste Begleiteffekte traten ein Hand-Fuß-Syndrom, eine Diarrhoe, eine Hypertonie und Tumorfatigue auf. Meist machten sich die Nebenwirkungen vor allem initial bemerkbar. Das gilt nach Strumberg speziell für die Hand-Fuß- Reaktionen, die in aller Regel innerhalb der ersten beiden Behandlungswochen auftreten und sich meist auch unter fortwährender Sorafenib-Gabe spontan bessern.

Die günstigen Wirkungen von Sorafenib beim Nierenzellkarzinom werden durch die TARGET-Studie (Treatment Approaches in Renal Cancer Global Evaluation Trial) bestätigt. An dieser Phase-III-Studie nahmen 903 Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom teil. Die placebokontrollierte Gabe von Sorafenib führte bei 84 Prozent von ihnen zur Krankheitsstabilisierung mit signifikanter Verlängerung des progressionsfreien Überlebens. Gleichzeitig wurde das Gesamtüberleben signifikant verlängert und das um 39 Prozent nach den bisherigen Daten.

Hoffnung auch bei Lungenkrebs

Sorafenib bessert aber nicht nur die klinische Situation beim Nierenzellkarzinom, sondern ersten Daten zufolge auch beim fortgeschrittenen kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC). So präsentierte Dr. Martin Reck aus Grosshansdorf in Leipzig erste Daten einer Phase-II-Studie bei 51 Patienten mit erfolglos vorbehandeltem NSCLC. „Bei 59 Prozent der Patienten wurde durch die Therapie mit dem Multikinasehemmer eine Krankheitsstabilisierung erwirkt, wobei das mediane Überleben bei 5,5 Monaten lag“, berichtete der Mediziner.

Christine VetterMerkenicherstraße 22450735 Köln

 

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