DGP Live-OP aus Münster

Regenerative und augmentative Verfahren in der Parodontologie

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Am 9. 6. 2007 veranstaltete die DGP zum 4. Mal ihre Frühjahrstagung. Live operiert wurde in diesem Jahr in Münster. Prof. Heinz Topoll hatte seine Praxis zur Verfügung gestellt, die am Vortag von Quintessenz TV förmlich in ein Filmstudio verwandelt worden war: vollgestopft mit Kabeln, Scheinwerfern und natürlich Kameras. Die Übertragung der Operationen erfolgte an nationale (Berlin, Bonn, Heringsdorf, München) und internationale (Graz/Österreich, Timisoara/Rumänien) Standorte. Etwa 350 interessierte Kollegen ließen es sich trotz strahlenden Wetters und Brückentag nicht nehmen, den Live-OPs zu folgen.

Das übergeordnete Thema in diesem Jahr waren „Regenerative und augmentative Verfahren in der Parodontologie – GTR – GBR“. Es sollten zum einen operative Verfahren demonstriert werden, die zum Erhalt parodontal schwer geschädigter Zähne beitragen können und somit Zahnverlust vermeiden helfen. Zum anderen ging es um chirurgische Techniken, die, wenn Zahnverlust unvermeidlich ist, das Volumen des Alveolarfortsatz erhalten sowie wiederherstellen können, um so die Voraussetzungen für Zahnersatz zu schaffen beziehungsweise zu verbessern.

GBR: Augmentation vor der Implantation

Nachdem der Moderator des Vormittags, Prof. Peter Eickholz, Frankfurt, die Moderatoren und Teilnehmer der Übertragungsstandorte begrüßt und die Operateure vorgestellt hatte, übernahm Dr. Matthias Mayer den Auftakt. Dr. Mayer ist in Frankfurt am Main in niedergelassener Praxis tätig und hat seine Behandlung auf Parodontologie und Implantattherapie beschränkt. Er stellte den Fall einer Patientin vor, die die Oberkieferschneidezähne verloren hatte. Es lag ein primär horizontales Knochendefizit vor (Siebert Klasse I). Mittels „Bone splitting“ zwischen 13 und 23 sollte dieses Defizit als Vorbereitung für die Insertion enossaler Implantate ausgeglichen werden. Dr. Mayer verwendete ein Spaltlappendesign. Dabei blieb von der mukogingivalen Grenzlinie nach apikal die periostale Bedeckung des Knochens erhalten. Die Knochenschlitzung erfolgte mit einem „Piezosurgery“-Gerät, das eine sehr kontrollierte Gestaltung der Spaltungsstelle erlaubte. Mit Osteotomen aufsteigender Größen wurde dann der Alveolarfortsatz langsam über den so geschaffenen Spalt aufgedehnt. Nachdem eine ausreichende Breite realisiert war, wurde der Spalt mit anorganischem Knochenersatzmaterial bovinen Ursprungs (BioOss, Geistlich Pharma AG, Wolhusen, Schweiz) aufgefüllt. Die Wunde wurde anschließend zweischichtig (Periost, Schleimhaut) verschlossen (Abbildung 1).

Socket Preservation – Technik in der OK-Front

Parallel zu Dr. Mayer operierte Dr. Otto Zuhr vom Zentrum für Zahnheilkunde München. Der Zahn 21 der Patientin sollte wegen einer therapierefraktären periapikalen Läsion entfernt und ersetzt werden (Abbildung 2a). Dieser Zahn war zuvor vergeblich orthograd und chirurgisch endodontisch behandelt worden. Aufgrund der Chronifizierung der periapikalen Läsion und der davon ausgehenden Fistel war die Patientin mit Antibiotika prämediziert worden. Als erster Schritt wurde der Zahn maximalschonend entfernt. Dabei musste darauf geachtet werden, dass die Knochenlamelle nach vestibulär nicht traumatisiert wurde. Anschließend wurde vestibulär ein Tunnel über die beiden der Lücke benachbarten Zähne präpariert. Zur Stabilisierung des Gewebes nach vestibulär wurde in diesen Tunnel ein zuvor palatinal entnommenes Bindegewebstransplantat eingelagert. Von innen wurde die Extraktionsalveole über der knöchernen Perforation nach vestibulär mit einer Kollagenmembran stabilisiert. Die Extraktionsalveole wurde anschließend mit anorganischem Knochenersatzmaterial bovinen Ursprungs (BioOss) aufgefüllt. Der Abschluss der Wunde nach koronal erfolgte anschließend durch eine provisorische Brücke, deren Pontic so gestaltet war, dass es die Wunde komplett abdeckte und das Weichgewebe im Sinne einer „Papillenbildung“ für die spätere definitive Versorgung ausformte (Abbildung 2b).

GTR-Technik: Regeneration Schmelz-Matrix-Proteine

Der Nachmittag war der regenerativen Parodontitistherapie gewidmet. Dr. Otto Zuhr übernahm die Moderation. Die Operateure des Nachmittags hatten sich beide die Regeneration mehrerer infraalveolärer Defekte unter Verwendung von Schmelz-Matrix-Proteinen (SMP: Emdogain, Institut Straumann AG, Basel, Schweiz) vorgenommen. Die Therapie mehrerer Defekte in einer Sitzung hat verschiedene praktische Vorteile: Die häufigen Nachkontrollen, die nach regenerativen Eingriffen empfehlenswert sind, können zusammengefasst werden und man kann mit einem Gebinde SMP mehrere Defekte versorgen. Beides spart Kosten. Prof. Dr. Eickholz operierte 2 symmetrische überwiegend einwandige Knochentaschen jeweils mesial an 14 und 24 (Abbildungen 3a bis d). Dabei wurde jeweils ein modifizierter Papillenerhaltungslappen gebildet. Nach Instrumentierung, Konditionierung mit EDTA (PrefGel) und Applikation von SMP erfolgte der Wundverschluss über eine Offset (Absatz-)Naht in Kombination mit einer Rückschlingnaht (Laurell-Naht).

Prof. Dr. Heinz Topoll hatte seine Praxis für ein Wochenende in ein Filmstudio umbauen zu lassen. Bei seiner Patientin war es durch fortgeschrittenen parodontalen Knochenabbau zu einer Labialwanderung und Lückenbildung der linken Oberkieferfrontzähne gekommen, die nach Abschluss der parodontalen Behandlung orthodontisch eingeordnet werden sollten. Nach antiinfektiöser Therapie zeigten die Zähne 21 und 23 noch bis zu 6 mm tiefe vertikale Knochendefekte bei einer bukkalen Gingivadicke von nur 0,5 mm. Daher war drei Monate vor der Live-OP an den Zähnen 21 und 23 eine vestibuläre Tunnelierung mit einem vom Gaumen gewonnenen Bindegewebstransplantat vorgenommen worden. Durch die Schaffung einer ausreichenden Dicke und Breite der keratinisierten Gingiva sollten postoperative Rezessionen nach der geplanten regenerativen Behandlung vermieden werden. Auch Prof. Topoll präparierte einen modifizierten Papillenerhaltungslappen an den Zähnen 21 bis 23. Die Gingivadicke im Bereich der vertikalen Knochendefekte an 21 und 23 betrug nun nach der Volumenverdickung mittels Bindegewebe 2 mm. Nach Defektsäuberung wurden zunächst Knochenchips von der bukkalen Kortikalis der angrenzenden Zähne mittels piezoelektrischen „Schabern“ gewonnen. Es folgte die Konditionierung der Wurzeloberflächen mit EDTA-Gel. Anschließend wurden die SMP auf die Zahnwurzeln von 21, 22 und 23 aufgebracht. Die 6 mm tiefen Knochendefekte bei 21 und 23 wurden mit der Mischung aus den kortikalen Knochenchips, einem anorganischen Knochenersatzmaterial bovinen Ursprungs (BioOss) und den noch verbliebenen SMP aufgefüllt. Durch die präoperative Volumenverdickung der bukkalen Gingiva und das ausreichend breite Band keratinisierter Gingiva konnte ein spannungsfreier Wundverschluss mit mikrochirurgischen Nähten über den aufgefüllten Knochendefekten realisiert werden.

Alle Eingriffe verliefen komplikationslos. Wenn die vier Operateure dabei also ins Schwitzen gerieten, lag dies zum einem am fast hochsommerlichen Wetter in Münster und zum anderen an den Scheinwerfern des Filmteams, die zusätzliche Wärme verströmten. Auch für das Jahr 2008 ist eine Live-OP geplant. Die Übertragung soll voraussichtlich am ersten Dezemberwochenende 2008 von Wien aus stattfinden.

Prof. Dr. Peter EickholzPoliklinik für ParodontologieZentrum der Zahn-, Mund- undKieferheilkunde (Carolinum)Klinikum der Johann WolfgangGoethe-UniversitätTheodor-Stern-Kai 760590 Frankfurt am Maineickholz@med.uni-frankfurt.de

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