Modernes Marketing

Differenziert und gezielt

Eine gute Qualität differenziert nicht länger – sie wird heute vorausgesetzt. Gerade bei Zahnbehandlungen: Die Patienten wissen einfach um das hohe Niveau hierzulande. Folglich werden andere Faktoren wichtig, um Patienten für diese eine Praxis zu begeistern. Marketing muss sein.

Die kritische Auseinandersetzung mit den Eigenschaften der Praxisarbeit und der Kommunikation nach innen und außen wird unabdingbar. Praktische Denkansätze erleichtern es, diese Aufgabe zu stemmen. Der Blick auf andere Wirtschaftsbereiche verdeutlicht dies.

Wandel in der weiten Welt

Die Zeiten, in denen Qualität ausschließlich eine Frage solider Fertigung war, sind vorbei. Die Produktionsstandards für Autos, Haushaltsgeräte oder Computer haben sich weltweit angeglichen.

Die Unterschiede zwischen Produkten werden deshalb in neuen Maßeinheiten gemessen: Qualität bedeutet Innovation und Image, Design und Perfektion, Originalität und Service – und zwar alles auf einmal. So warb zum Beispiel Mercedes: „Es gibt Dinge, von denen erwarten wir nur, dass sie funktionieren. Und es gibt Dinge, von denen erwarten wir mehr!“ Die B-Klasse …

In diesem Werbespot wird der Unterschied zwischen Standard und Anspruchshaltung thematisiert, der natürlich in der Konsequenz den höheren Preis rechtfertigt. Wettbewerbsfähigkeit setzt den Wandel von der angebotsorientierten, undifferenzierten Leistungserbringung für alle zur nachfrageorientierten Dienstleistung für jeden Einzelnen voraus. Bestimmten früher noch Techniker und Ingenieure was gefertigt wurde, so fragen Marketingverantwortliche heute zuerst, ob es überhaupt einen Markt gibt. Wenn ja, wie groß dieser ist und was die Existenz des Produktes oder der Dienstleistung begründet.

In einem wachsenden Wettbewerbsumfeld erfasst diese neue Definition der Qualität auch Dienstleistungen: Sie werden „austauschbar“, weil die Grundleistung – das hohe Niveau – für alle Anbieter gelten muss. Eine ähnliche Entwicklung ist im Gesundheitsbereich festzustellen. Die Nachfrage nach Behandlungen geht über Grundbedürfnisse hinaus, ästhetische Fragen zum Beispiel spielen eine zunehmend gewichtige Rolle. Die (zahn-) ärztliche Behandlung entwickelt sich für die Patienten häufiger zum Service und wird unter Marktkriterien beurteilt. Im Zeitalter der beinahe unbegrenzten Mobilität und bei einem extrem vereinfachten Zugang zu fachlichen Informationen wird also auch von Zahnärzten verlangt, dass sie zusätzlich zu der Qualität und Aktualität ihres fachlichen Wissens folgenden Aspekten Aufmerksamkeit schenken: Der Wahrnehmung ihrer Praxisleistung durch den Patienten und den Kriterien, nach denen dieser potenziell eine Zahnarztpraxis auswählt. Daraus können sie Konsequenzen für die strategische Grundausrichtung ihrer Praxis ziehen und ihren Außenauftritt entsprechend gestalten.

Der Patient entscheidet

Hauptzielsetzung des Praxismarketings ist es, Patienten – sowohl bestehende wie neue – für sich einzunehmen. Es reicht heutzutage nicht, darauf zu warten, dass Patienten mehr oder weniger zufällig entweder aus Schmerz oder aus schlechtem Gewissen heraus eine Praxis betreten. Zahnärzte handeln zukunftsorientiert, wenn sie anfangen, diejenigen Patienten an ihre Praxis zu binden, die sie weiterhin haben möchten. Dies setzt voraus, dass sie sich auf die Bedürfnisse Ihrer Zielgruppe einstellen und alle Maßnahmen auf diese ausrichten.

Die Patientenbehandlung als marktorientierte Dienstleistung beginnt im Kopf. Aus Marketingsicht setzt hier der Ansatz des Kundenerlebnisses als Wettbewerbsvorteil an. Der Zahnarztbesuch ist aus Patientensicht ein Erlebnis, bei dem fünf Module – affektiv, kognitiv, verhaltensbezogen, sensorisch und sozial – zusammen angesprochen werden. Mit einer Einwirkung auf allen Ebenen kann eine stärkere Bindung an die Praxis systematisch aufgebaut werden.

Das sensorische Erlebnis zum Beispiel beginnt beim Praxisbesuch meistens schon im Treppenhaus. Der „typische Praxis-Geruch“ wird sofort wahrgenommen. Dieser Eindruck wird unmittelbar an das Hirn weitergeleitet und weckt – falls schon bekannt – Erinnerungen an den letzten Besuch.

Der Fakt, dass sensorische Erlebnisse sich nicht nur an den Riechsinn, sondern auch an die anderen Sinne (Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken) wenden, kann die Stimmungslage respektive das Bild der Praxis bereits im Treppenhaus durch die entsprechende Gestaltung positiv beeinflussen.

Weg mit dem „Warte“-Zimmer

Ein weiteres ganz einfaches Beispiel zur Anwendung dieses Denk-Ansatzes in der Praxis ist, das „Warte“-Zimmer abzuschaffen! Niemand wartet gerne, doch mit dem Begriff „Wartezimmer“ sind ausschließlich negative Assoziationen verbunden. Schon eine Umbenennung als „Empfangsbereich“ oder “Lounge“ setzt auf einfache Weise ein deutliches Zeichen der Veränderung. Passé ist auch per Lautsprecher unpersönlich „der Nächste bitte auf Zimmer 2“ zu rufen, auf dass der Patient sich fragt, was ihn wohl in Zimmer 2 erwartet.

Bankangestellte verstecken sich nicht mehr wie früher vor den Kunden hinter Panzerglas. In den meisten Kaufhäusern gibt es Spielecken. Viele Beispiele veranschaulichen diesen Wandel im Serviceverständnis in Richtung einer individualisierten Dienstleistungsorientierung. Für viele Praxen ist es mittlerweile selbstverständlich, die Patienten mit ihrem Namen anzusprechen und sie persönlich aus dem Empfangsbereich zum Behandlungsstuhl zu begleiten.

Mehr als nur Werbung

„Marketing ist nicht gleich Werbung“ lautet jedoch die erste Botschaft eines Profis, „denn sonst sprechen wir nur über ein Element des Marketing-Mix“. Eine Anzeige, ein Inserat in den gelben Seiten, selbst eine aufwendig gestaltete Homepage schöpfen als einzelnes Element des Marketing- Mix nur begrenzt Wert und Patiententreue.

Werbung allein reicht heute nicht, da sie eine einseitige und passive Form der Kommunikation ist. Erst, wenn die Praxis mit entsprechendem Marketing, das die Positionierung und die Zielgruppenorientierung zum Ausdruck bringt, den Dialog mit dem Kunden aufnimmt, entsteht eine echte Patientenbeziehung.

Anstatt ausschließlich Geld für Werbung an einen – anonymen – Adressatenkreis auszugeben, bewirken effektives Empfehlungssystem, eine Praxisbroschüre, ein funktionierendes Recallsystem und ein systematisches, auf Dialog basierendes Patientenbindungsprogramm eine qualitativ höhere Patientenbeziehung. Zudem sind solche Maßnahmen gemessen am Werbebudget einer Praxis relativ kostengünstig.

Vorzüge kommunizieren

Die wichtigsten Größen für das zielgruppenorientierte Praxismarketing:

• Neupatientengewinnung• Abschluss• Anfangswert• Restwert

AlsNeupatientengewinnungsind alle Marketingaktivitäten gemeint, die darauf abzielen, dass potenzielle Patienten merken, dass es die Praxis überhaupt gibt und in ihnen den Wunsch zu wecken, diese aufzusuchen. Beispiele für Neupatientengewinnung sind Anzeigen, Gelbe Seiten, Homepages, ein Tag der offenen Tür und natürlich die Mund-zu-Mund-Propaganda. Ein großer (und teurer) Fehler wird oft dabei gemacht, dass die Werbemaßnahmen zur Patientengewinnung nicht zielgruppenorientiert sind, der Patientennutzen nicht klar ist und der Wettbewerbsvorteil der Praxis nicht deutlich kommuniziert wird.

Marketing hört hier nicht auf, denn weitere Größen sind maßgebend für die Effektivität des Paxismarketing.

DerAbschlussbedeutet im Fall einer Zahnarztpraxis, dass der Patient die Behandlungspläne akzeptiert, weil er sich mit der Praxis identifiziert. Ohne wirkungsvollen Abschluss bringt der Aufwand zur Neupatientengewinnung herzlich wenig. Wirkungsvoll bedeutet hier, dass auf einen potenziellen „Neuabschluss“ ebenfalls hingearbeitet wird. Es gehört zu den Aufgaben des Praxisteams, Leistungen aktiv anzubieten; jedoch keinesfalls wie ein Gebrauchtwagenhändler, dem es um das Verkaufen um jeden Preis geht, sondern im Interesse des Patienten mit all seinen Bedürfnissen. Ansatzpunkte sind

• eine professionelle Präsentation des Behandlungsplanes• Schaffung von Vertrauen• der gekonnte Umgang mit preissensiblen Patienten.

Zum Wert des Patienten

Eine Gliederung des Behandlungsplans nach Prioritäten und ein Gespräch über diesen Behandlungsverlauf sind hier beispielsweise hilfreich. Teile dieses Gesprächs können bei einem späteren Besuch immer wieder aufgenommen werden. Der Patient hat es dann schon einmal gehört und weiß bereits, was auf ihn zukommt. Dabei wird auch er das gemeinsame Ziel, nämlich Schaffung und Erhaltung seiner Zahngesundheit, stets im Blick behalten. Diese „win-win-Situation“ ist für beide Seiten vorteilhaft.

UnterAnfangswertverstehen Fachleute den Wert, den ein Patient im ersten Jahr seiner Behandlung der Praxis bringt: über die die Umsatzhöhe seiner Behandlung hinaus also auch seine Bereitschaft, Rechnungen zu bezahlen, seine Termine einzuhalten und die Praxis weiterzuempfehlen.

Die Maximierung des Anfangswerts wird bei den Marketingelementen am häufigsten übersehen. Ansatzpunkte in diesem Bereich sind der nach Prioritäten geordnete Behandlungsplan, welcher mit einem professionellen Recall-System verknüpft wird. Der Aufbau eines Patiententreuesystems, das deren Beziehung zur Praxis intensiviert, ist hier auch empfehlenswert. Die Zusendung einer Praxisbroschüre (oder Newsletter) mit Informationen zum Praxisleben und weiteren Leistungen schafft weitere Kontaktpunkte, die weit über den eigentlichen Besuch hinausgehen. Wichtig hierbei ist, unbedingt die rechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten.

Kann der Zahnarzt den „Anfangswert“ auch nur um wenige Prozentpunkte steigern, erzielt er bereits eine deutliche Verbesserung des Praxisergebnisses. Denn damit stellt er die Weichen für die weitere Entwicklung in der Patienten-Praxis-Beziehung.

DerRestwertist der tatsächliche ökonomische Wert eines Kunden über den gesamten Behandlungsverlauf. Wie auch beim Anfangswert, hängt dieser Wert maßgeblich von der Qualität der Beziehung ab. Der Dialog mit den Patienten ist dank den vorher erwähnten Instrumenten auf Dauer angelegt worden mit dem Ergebnis einer kontinuierlichen Annäherung an das gemeinsame Ziel der langfristigen Zahngesundheit.

Die Praxisbotschafter

Ein mehrstufiges Empfehlungssystem macht aus den besten Patienten Praxisbotschafter. Ein Anreizsystem zur zusätzlichen Weiterempfehlung wird geschaffen und die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten aus der Zielgruppe in die Praxis kommen, ist höher.

Die Bereitschaft in Marketingaktivitäten zu investieren sollte Hand in Hand mit der Erarbeitung eines klaren Konzeptes gehen, welches diese vier Bausteine abdeckt. Die Prioritäten hängen dabei von der Zielsetzung und dem Mitteleinsatz ab. Zweifelsohne müssen jedoch zuerst die internen Voraussetzungen geschaffen werden, um überhaupt aktiv werden zu können. Fehlt zum Beispiel eine digitale Patientenkartei, erfordert die Versendung von Praxisbroschüren großen Aufwand. Ein tolles Logo in einer exzellent gestalteten Anzeige nützen wenig, wenn die Erwartungen der Patienten beim Besuch in der Praxis nicht erfüllt werden. Deshalb ist eine objektive Analyse des Praxispotenzials als erster Schritt unabdingbar.

Lukas Schad, Dipl. BetriebswirtNeuenwalderstr. 927607 Langen (b. Bremerhaven)schad@dentmarketing.com

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