Für die Patientenerklärung

Elektronisches Pad oder Papier

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Die Anforderungen an die Dokumentation in der Zahnarztpraxis sind gestiegen. Nicht wirksam dokumentierte Patienteneinwilligungen oder Behandlungsabläufe gelten als nicht erfolgt – quod non est in actis, non est in mundo. Wann etwa die elektronische Form gilt, ist hier zu klären.

Die ärztliche Karteikarte wuchs früher fühlbar an, vielfach wurde parallel zu der herkömmlichen körperlichen DinA5-Karteikarte eine EDV-gestützte Akte geführt.

Die beweisrechtlichen Angriffe gegen EDV-gestützte Behandlungsdokumentation und digitalisierte Röntgenbilder wegen denkbarer Manipulation haben sich in der forensischen Praxis nicht durchgesetzt. Angesichts des Anwachsenden Umfangs der ärztlichen Karteikarte und der Aufbewahrungspflicht von mindestens zehn Jahren (§ 12 Abs. 1 Berufsordnung LZK BW vom 21. Dezember 2005), stellten sich Praxen und Klinken immer häufiger die Frage, ob sie insgesamt auf eine digitalisierte Patientenkartei umstellen können.

Derzeit wird die Patientensignatur auf einem elektronischen Pad diskutiert, bei dem die Unterschrift des Patienten dem jeweiligen dort abgelegten Vordruck zugeordnet und darunter abgespeichert wird. Ein Hersteller hält das Verfahren für grundsätzlich fälschungssicher und unter allen rechtlichen Gesichtspunkten für geeignet, die papiergetragene und dokumentenechte Patientenunterschrift zu ersetzen. Dabei dürfte zwischen den Erklärungen zu differenzieren sein, die in der Zahnarztpraxis und im Klinikalltag verwendet werden.

Wo ein Wille ist, da wär's ein Weg

Soweit vertragsrelevante Willenserklärungen des Patienten betroffen sind (Heil- und Kostenplan, Vereinbarung des Ausfallhonorars, Anmeldebogen in der Praxis, Quittungen zum Beispiel für ausgehändigte Behandlungsunterlagen, Ratenzahlungsvereinbarungen) dürfte eine elektronische Signatur in der Praxis risikolos einsetzbar sein. Der Verbraucher kennt das Verfahren aus anderem vertragsrechtlichem Zusammenhang. Es hat in einer Fülle von gesetzlichen Bestimmungen eine Regelung erfahren, ohne Ausschlusstatbestände für den medizinischen Bereich zu enthalten.

Die elektronische Form der Unterschriftsleistung ist der papiergetragenen Unterschrift kraft Gesetzes gleichgestellt, § 126 Abs. 3 BGB. Durch das Gesetz über die Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen wurde die EU-Richtlinie 1999/93/EG in deutsches Recht mit Wirkung zum 22. Mai 2001 umgesetzt. Für die Gestaltungen besteht nicht einmal ein gesetzliches Schriftformerfordernis. Die hinreichende Identifizierbarkeit des Unterzeichners ist nach Herstellerangaben gewährleistet, zumindest wenn der Patient dank einer stabilen Schreibunterlage seine „normale" Unterschrift unter den Text setzen kann.

Auch für den Abschluss der Honorarvereinbarung nach § 1 Abs. 2 oder der Mehrkostenvereinbarung nach SGB V erfüllt die elektronische Signatur das in diesem Zusammenhang vorgesehene Schriftformerfordernis, so dass insoweit Gleichwertigkeit gegeben ist. Hinzuweisen ist freilich auf die Verpflichtung des Behandlers, gemäß § 1 Abs. 2 Satz 3 GOZ dem Patienten einen Ausdruck der Vereinbarung auszuhändigen.

Die Rechte der Persönlichkeit

Im Hinblick auf den Verkauf der Honorarforderungen an gewerbliche Abrechnungsstellen und die diesbezügliche Forderungsabtretung sind ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken erkennbar, da die erforderlichen Hinweise an den Patienten (ZA könnte als Zeuge fungieren, Weitergabe auch an Banken zur Bonitätsprüfung pp.) gleichermaßen zugänglich und transparent erteilt werden könnten wie in der verkörperten Erklärung, was durch die technische Gestaltung des Verfahrens und des Schriftstückes zu gewährleisten sein dürfte. Es könnte eine aktive Mitwirkung des Patienten durch Gestaltung des Vordrucks vorgesehen sein, indem der Patient aktiv zwischen zwei Kästchen wählen könnte:

• Ja, ich stimme zu.

• Nein, ich stimme nicht zu.

(Vgl. Bekanntmachung des Innenministeriums Baden-Württemberg Staatsanzeiger vom 19. Januar 1998, Az.: 2-0552.1/12). Zu bedenken ist ohnehin, dass auch die herkömmliche Abtretungserklärung immer wieder wegen sonstiger inhaltlicher und formeller Mängel beanstandet worden ist (zuletzt: AG Viersen, Urteil vom 6. Februar 2007, Az.: 32 C 102-04 ABV-GmbH Mühlheim a.d. Ruhr, Verlustrisiko, "blindes Unterschreiben"), so dass eine nennenswerte Steigerung dieses Risikos durch die Einholung der elektronischen Signatur des Patienten nicht besteht. Soweit der Patient mit seiner Unterschrift über seine Persönlichkeitsrechte verfügt (Einwilligung in die Datenweitergabe, Schweigepflichtentbindung, Eingriffseinwilligung), kommt von rechts wegen kein strengerer Maßstab zur Anwendung, insbesondere ist die Schriftform auch insofern nicht einmal gesetzlich vorgeschrieben. Allerdings sollte der Zahnarzt zur Sicherung der eigenen Beweislage umso eher auf die papiergebundene Unterschrift des Patienten zurückgegreifen, je intensiver der zahnärztliche oder kieferchirurgische Eingriff ist. Denn für den P

atienten könnte seine bloße Unterschrift auf dem Pad sonst die Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung bagatellisieren.Kritisch bei mangelnder ComplianceWeiterhin ist zu bedenken, dass die Patientenaufklärung über die bloße Unterschrift auf einem Aufklärungsbogen hinaus gehen muss. Ergo hat der Behandler unabhängig von der Art der erteilten Unterschrift zu beweisen, dass dem Patienten die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs zuvor mitgeteilt wurde. Die erteilte Unterschrift gilt lediglich als Indiz für eine vollwertige Aufklärung - unabhängig davon, ob sie auf einem Pad oder auf Papier erfolgte. Auch bei mangelhafter Compliance des Patienten oder bei Behandlungsabbruch durch den Patienten kann sich die herkömmliche Schriftform empfehlen (etwa bei eigenmächtiger Selbstentlassung aus stationärem Aufenthalt; Behandlungsabbruch während laufender Behandlung oder nach Applikation der Anästhesie). Derart zugespitzte Konstellationen zeichnen sich dadurch aus, dass später vor Gericht alles mögliche bestritten wird, so auch die Authentizität der eigenen Unterschrift. Im forensischen Normalfall dürfte der Patient kaum jemals mit dem Einwand, die Signatur stelle nicht seine Unterschrift dar, durchdringen. Und sei es, dass das Gericht hierzu ein graphologisches Sachverständigengutachten einholt oder den Umstand würdigt, dass die Behandlung durchgeführt worden ist oder eruiert, zu welchem Zeitpunkt Einwände erhoben werden. Der Beweiswert erhöht sich auch dadurch, dass der Name der Helferin, die die Signatur einholt, vermerkt wird, so dass diese im Streitfall bezeugen könnte, dass der fragliche Patient seine Unterschrift tatsächlich geleistet hat. Sinnvoll kann es ebenfalls sein, dem Patienten den Text vorzulesen respektive ihm das Pad zur Lektüre zu überlassen. Einem "blinden" Unterschreiben sollte mit dem Hinweis auf den Inhalt des Textes und seine rechtliche Bedeutung begegnet werden. Vorsorglich sollten die entsprechenden Texte auch in Papierform bereitgehalten und dem Patienten im Einzelfall mitgegeben werden.

Rechtsanwalt Michael ZachFachanwalt für MedizinrechtVolksgartenstraße 222a41065 Mönchengladbachinfo@rechtsanwalt-zach.de

Dr. med. dent. Andreas FinkNiederkrüchten

 

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