Wissenschaftliche Mitteilung der DGZPW

Festsitzender Zahnersatz für zahnbegrenzte Lücken

211138-flexible-1900
Heftarchiv Zahnmedizin
Der folgende Beitrag ist eine wissenschaftliche Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde (DGZPW).

Ziele

Zahnbegrenzte Lücken entstehen, wenn durch den Verlust oder die Nichtanlage einzelner oder mehrere Zähne die Zahnreihe unterbrochen ist. Liegt als Folge eine relevante Einbuße der orofazialen Funktionen (Mastikation, Sprache, Ästhetik, Okklusion) vor oder droht gestört zu werden, ist der Ersatz fehlender Zähne zur Wiederherstellung indiziert (Tertiärprophylaxe).

Epidemiologie

Die Mehrzahl zahnbegrenzter Lücken ist durch Zahnverluste infolge von Karies, Parodontalerkrankungen oder Traumata bedingt. Weitere Ursachen für zahnbegrenzte Lücken sind Nichtanlagen (Hypodontie). Im Durchschnitt fehlen jedem jungen Erwachsenen in Deutschland 2,7 Zähne. Jedoch sind von diesen Zähnen durchschnittlich 0,7 mit einer Brücke und nur 0,02 durch ein Implantat ersetzt. Bei 30,5 Prozent der Erwachsenen (35 bis 44 Jahre) ist mindestens eine Brücke eingegliedert ist [Micheelis und Schiffner, 2006].

Indikation für Lückenschluss

Restaurationsarten

• Brücken

Endpfeilerbrücken sind indiziert, wenn die Lücke für die zu ersetzenden Zähne beidseits von Zähnen begrenzt ist. Im Seitenzahnbereich wird die Brücke in der Regel auf je einem die Lücke begrenzenden Pfeilerzahn abgestützt, wenn die Lückenbreite gering ist. Extensionsbrücken (Freiendbrücken) können zum Ersatz fehlender Zähne eingesetzt werden, die sich distal oder mesial geschlossener Zahnreihen befinden. Extensionsbrücken haben sich bewährt, wenngleich hier Komplikationen klinischen Untersuchungen zufolge häufiger sind als bei Endpfeilerbrücken [Pjetursson et al., 2004].

Die Art des Brückenankers richtet sich nach dem Zerstörungsgrad des Brückenpfeilers.

• Adhäsivbrücke

Als Alternative zu konventionellen, zahnverankerten Brücken sind bei kariesfreien Nachbarzähnen eine Adhäsivbrücke oder ein oder mehrere Implantate indiziert, um möglichst viel Zahnhartsubstanz zu erhalten (minimalinvasiver Ansatz). Mithilfe von Implantaten können Extensionsbrücken umgangen werden. Weitere Aspekte zu Adhäsivbrücken sind der entsprechenden DGZMK-Stellungnahme zu entnehmen [Kern und Kerschbaum, 2007].

• Implantate

Im Sinne einer präventionsorientierten oralen Rehabilitation kann durch die prothetische Versorgung mit implantatgetragenen Kronen eine Präparation gesunder Zahnhartsubstanz oder suffizient versorgter Zähne vermieden werden. Fehlende Zähne in Lückensituationen, können mit implantatgetragenen Kronen oder Brücken ersetzt werden.

Ausdehnung bei Brücken

Statische Überlegungen

Die Fläche des Parodontiums der Pfeilerzähne sollte möglichst groß sein. Brücken, die dem Gesetz nach Ante [Ante, 1926] nicht genügen, das heißt die Oberfläche des Parodontiums der Pfeilerzähne unterschreitet 50 Prozent der Wurzeloberfläche der ersetzten Zähne, haben eine signifikant geringere Überlebensrate [Leempoel et al., 1995]. Dennoch sind die Überlebensraten auch bei solchen Brückenversorgungen denen von herausnehmbarem Zahnersatz überlegen; entsprechende Versorgungen erreichen Verweildauern von acht bis elf Jahren [Fayyad und Al-Rafee, 1997; Nyman und Ericsson, 1982].

Viele für Erfolg oder Misserfolg von Brückenplanungen relevante Kriterien sind offenbar interindividuell zu unterschiedlich, um sie zu einem allgemeingültigen Gesetz zu formulieren. Für die Überlebensrate von Brücken sind eine effiziente Mundhygiene- und das Einhalten eines individuellen Kontrollregimes notwendig, um ein Fortschreiten der parodontalen Erkrankung zu verhindern [Lulic et al., 2007].

Im Seitenzahnbereich wird eine Brücke in der Regel auf je einem die Lücke begrenzenden Pfeilerzahn abgestützt. Die Abstützung auf mehreren verblockten Ankerkronen ist aus parodontal-hygienischen Gründen zu vermeiden. Eine Verblockung kann jedoch in Betracht gezogen werden, wenn sie aus Abstützungsgründen notwendig erscheint.

Voraussetzungen

Dentale und parodontale Voraussetzungen

Als diagnostische Maßnahmen werden vor einer Überkronung eine Sensibilitätsprüfung sowie eine röntgenologische Kontrolle durchgeführt. Die Vorbehandlung vor einer Überkronung umfasst die chirurgische, konservierende und parodontale Sanierung, der Pfeilerzähne. Das Substanzangebot sollte bei allen Formen von Brücken für eine retentive Präparation ausreichend sein, da mangelnde mechanische Retention in klinischen Studien als Hauptursache für ein technisches Versagen angegeben wird [Hammerle et al., 2000].

Wenn als Brückenpfeiler endodontisch behandelte Zähne herangezogen werden, so erhöhen diese im Vergleich zu vitalen Pfeilerzähnen das Komplikationsrisiko bei Endpfeilerbrücken [De Backer et al., 2006; Salvi et al., 2007] und insbesondere bei Extensionsbrücken [De Backer et al., 2007; Decock et al., 1996]. Der Anteil von Misserfolgen aufgrund von Zahnfrakturen ist gering, häufiger kommt es zu endodontischen, parodontalen und technischen Misserfolgen [Hämmerle et al., 2000; Pjetursson et al., 2004]

Liegt eine Parodontalerkrankung vor, ist eine präprothetische parodontale Vorbehandlung Grundvoraussetzung für den Langzeiterfolg festsitzenden Zahnersatzes. Wird sie erfolgreich durchgeführt, sind auch ausgedehntere Brücken indiziert [De Boever, 1990].

Die endodontische und parodontale Prognose der Pfeiler sollte für einen längeren Zeitraum absehbar positiv sein, da Zahnverluste bei Kronen und Brücken stets mit einer Neuanfertigung verbunden ist.

Klinisches Vorgehen

Brücke, Präparation

Die mechanische Retention steigt mit der Stumpfhöhe und dem -durchmesser und Präparationswinkel, der 15° betragen sollte. Eine Mindesthöhe jeden Stumpfes von fünf Millimetern ist anzustreben [Wiskott et al., 1996]. Dies gilt besonders für Extensionsbrücken [Hämmerle et al., 2000]. Minimalinvasive Präparationen mit dem Ziel der Pulpaschonung sind zu bevorzugen [Pospiech und Reich, 2007]. Die Präparationsform (in der Regel Hohlkehl- oder Schulterpräparationen (= innengerundete Stufen) muss den Materialanforderungen genügen.

Verbleibt nach der Präparation eine Unvereinbarkeit der Einschubrichtungen der Brückenpfeiler, kann eine Teilung der Brücke erfolgen [Walton, 2003].

Provisorien

Zähne, die für die Aufnahme einer Brücke vorbereitet worden sind, müssen provisorisch versorgt werden, um Dentinwunden abzudecken und eine Lagesicherung der Pfeiler zu erzielen. Die auf dem Markt befindlichen Kunststoffe eignen sich für die Herstellung von direkten Provisorien [Pjetursson et al., 2005]. Die Herstellung eines laborgefertigten Langzeitprovisoriums kann im Rahmen einer präprothetischen Vorbehandlung erforderlich sein. Nach einer Tragezeit von sechs bis zwölf Monaten und einer erfolgreichen Reevaluation sollte ein Langzeitprovisorium durch eine definitive Versorgung ersetzt werden.

Zwischengliedformen

Zwischenglieder sind in der Regel als Tangentialglieder mit konvexen hygienefähigen Basisflächen herzustellen. Im sichtbaren Bereich können Brückenglieder mit eiförmiger Auflage (ovate pontic) gestaltet werden, um die Ästhetik und Phonetik zu verbessern. Bei guter Mundhygiene und Gestaltung verursachen konvex oder eiförmig der Schleimhaut aufliegende Zwischenglieder keine Entzündung [Zitzmann et al., 2002].

Werkstoffe und Gerüstdesign

Als Werkstoffe sind für Brückengerüste Edelmetalllegierungen oder edelmetallfreie Legierungen (EMF, Titan) beziehungsweise vollkeramische Werkstoffe geeignet. Bei Unverträglichkeit gegen Bestandteile von EMF-Legierungen ist die Verarbeitung hochgoldhaltiger Aufbrennlegierungen angezeigt. Die Randgestaltung orientiert sich an den Empfehlungen für Kronenersatz.

Brücken im Seitenzahnbereich können in Vollguss-Technik angefertigt werden. Im sichtbaren Bereich sind Zwischenglieder zu verblenden. Keramik- ist einer Kunststoff-Verblendung überlegen.

Vollkeramik

Brücken aus Aluminiumoxid- und Lithiumdisilikatkeramik können im Frontzahnbereich mit akzeptablen klinischen Ergebnissen verwendet werden; drei- bis viergliedrige Endpfeilerbrücken aus Zirkonoxidkeramik weisen im Front- und Seitenzahnbereich gute initiale Ergebnisse auf [Sailer et al., 2007; Tinschert et al., 2001]. Bei Zirkonoxidkeramik traten bislang nur selten Gerüstfrakturen auf, während häufiger über Teilabplatzungen der Verblendmaterialien berichtet wurde. Endgültige Aussagen zur Langzeitbewährung dieser Materialgruppe sind derzeit nicht möglich.

Konventionell

Standard für die Befestigung von Brückenzahnersatz mit Metallgerüst ist die konventionelle Zementierung mit Glasionomerzement oder Zinkoxidphosphatzement.

Adhäsiv

In kritischen Fällen (Retention) ist eine adhäsive Zementierung mit chemisch härtenden Kompositzementen möglich. Für die Konditionierung der Metallklebefläche sind mechanochemische Verbundsysteme, wie die Silikatisierung mit anschließender Silanisierung oder die Anwendung von Klebern mit modifizierten Monomeren besonders geeignet.

Implantatgetragener ZE

Zu den Indikationen und dem klinischen Vorgehen bei der Herstellung von implantatgetragenem Zahnersatz wird auf die entsprechende Stellungnahme der DGZMK verwiesen [Richter, 2005].

Klinische Bewährung

Konventionelle Brücken

Konventioneller Brückenzahnersatz zeigt unter Einbeziehung von biologischen und technischen Misserfolgen eine hohe Überlebenswahrscheinlichkeit von 87 bis 89 Prozent nach zehn Jahren und rund 75 Prozent nach 15 Jahren; die Halbwertszeit (50 Prozent) wird derzeit mit rund 20 Jahren angegeben [Kerschbaum, 2004].

Weniger als fünf Prozent der Brückenpfeiler gehen in einem Zeitraum von zehn Jahren verloren [Creugers et al., 1994; Kerschbaum, 2004; Scurria et al., 1998; Tan et al., 2004]. Es ist zu beachten, dass mit steigender Brückengröße die Überlebensraten signifikant zurückgehen [Kerschbaum et al., 1991]. Generell werden die Überlebensraten von herausnehmbarem Zahnersatz deutlich übertroffen. Randomisierte Vergleichsstudien existieren allerdings nicht.

Sind Brückenpfeiler bereits (ausgedehnt) von Karies befallen und/oder mit Füllungen therapiert, kommen als Brückenanker in der Regel Vollkronen zum Einsatz. Die Verwendung von Teilkronen und Inlays als Brückenanker sowie der Einsatz von adhäsiv befestigten Teilankern kann zu verringerten Überlebensraten führen [Creugers et al., 1998; Kerschbaum et al., 1996].

Gute Mundhygiene ist für den Langzeiterfolg besonders wichtig. Sekundärkaries ist die häufigste Ursache für biologische Misserfolge, viermal so häufig wie das Versagen aus parodontalen Gründen [Tan et al., 2004].

Adhäsivbrücken

Bei metallkeramischen Adhäsivbrücken kann eine Überlebensrate von 95 Prozent nach sechs bis zehn Jahren erwartet werden [Behr et al., 1998; Rammelsberg et al., 1995]. Die konsequente Anwendung retentiver Präparationsformen und ein adäquates klinisches Vorgehen sind Voraussetzung für den Langzeiterfolg dieser Sonderform des Brückenzahnersatzes [Kern und Kerschbaum, 2007].

Implantatgetragener Zahnersatz

Etwa 2,5 Prozent aller Implantate gehen im klinischen Alltag verloren, noch bevor sie belastet werden [Berglundh et al., 2002]. Hinzu kommen jährliche Verlustraten unter Funktion zwischen 0,5 Prozent und 1,3 Prozent. Die Überlebenswahrscheinlichkeit nach zehn Jahren liegt also für implantatgetragenen Einzelzahnersatz zwischen 80 Prozent und 90 Prozent [Holm-Pedersen et al., 2007] und damit etwa auf dem Niveau konventioneller Brücken.

Implantatgetragene Brücken haben eine insgesamt gute Überlebensrate nach fünf Jahren (95 Prozent) und auch nach zehn (87 Prozent) Jahren. Häufigste biologische Komplikation ist die Peri-Implantits, häufigste technische Komplikation die Fraktur der Verblendung [Pjetursson et al., 2004]. Brücken, die sowohl von Implantaten als auch von natürlichen Zähnen getragen werden (Verbundbrücken), haben sich klinisch bewährt, weisen jedoch im Vergleich zu rein implantatgetragenen Brücken schlechtere Überlebensraten auf (77,8 Prozent nach zehn Jahren) [Lang et al., 2004].

PD Dr. Guido Heydecke, HamburgProf. Dr. Ernst-Jürgen Richter, WürzburgProf. Dr. Hartwig Seedorf, Hamburg

KontaktadresseProf. Dr. Klaus W. Böning OberarztPoliklinik für Zahnärztliche ProthetikUniversitätsklinikum Carl Gustav Carusan der Technischen Universität DresdenAnstalt des öffentlichen Rechts des Freistaates SachsenFetscherstraße 7401307 Dresdenklaus.boening@uniklinikum-dresden.de

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konven -tionelle Brücke

Implantat -getragener Zahnersatz

Klebe-brücke

Teilpro-these

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Destruktionsgrad der Pfeilerzähne

Hoch / Krone oder Teilkrone erforderlich

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Gering / keine Krone oder Teilkrone erforderlich

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Zusätzlicher Zahnsubstanz -verlust durch Präparation

Kleiner zentraler Zahndefekt

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Periphere Zahndefekte

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Knochenangebot im Bereich der fehlenden Zähne

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Zugang zum Operationsgebiet (Handling, Mundöffnung,Topographie)

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Leicht

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Schwer

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Befestigung

Trockenlegung möglich

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Trockenlegung erschwert

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Funktioneller Befund

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Ausgeprägter Bruxismus, großer Überbiss

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Allgemein -erkrankungen

Keine

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Erhöhtes Risiko von Knochen -nekrosen (Z. n. Bestrahlung, Bisphosphonatmedikation)

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Kosten

Spielen geringe Rolle

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Spielen große Rolle

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