Allensbach-Befragung

Kaum Spielraum bei der Eigenverantwortung

Viele Bundesbürger fürchten weitere Einschnitte bei der Gesundheitsversorgung und eine stärkere Eigenverantwortung. Doch der Spielraum hierfür ist weitgehend ausgereizt. Reformen unter anderem bei der Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln scheinen dringend geboten. Dies sind die Kernergebnisse einer Befragung des Meinungsforschungsinstituts Allensbach, die vom Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) in Auftrag gegeben wurde.

Die große Mehrheit der Bundesbürger (71 Prozent) hält das deutsche Gesundheitswesen nach wie vor für leistungsfähig, wenngleich sich die Qualität der Versorgung nach Meinung von 59 Prozent der Bevölkerung in den vergangenen zwei, drei Jahren verschlechtert hat. Gleichzeitig wächst bei vielen Menschen die Sorge über die Auswirkungen des Kostendrucks auf das eigene Portemonnaie. Zu diesen Ergebnissen kommt die Allensbach-Befragung.

Die Sorge vor mehr finanzieller Eigenverantwortung kommt nicht von ungefähr. „41 Prozent der Bevölkerung haben schon erlebt, das ihnen Medikamente aus Kostengründen vorenthalten wurden“, berichtete Prof. Renate Köcher, Leiterin des Allensbacher Instituts, auf der Jahresversammlung des BAH in Bonn. Betroffen hiervon waren der Befragung zufolge in erster Linie ältere Patienten und GKV-Versicherte.

Gut ein Drittel der Versicherten hat außerdem die Erfahrung gemacht, dass die Krankenkassen rezeptfreie Medikamente nicht mehr bezahlen. OTC-Arzneimittel liegen gleichwohl im Trend. 46 Prozent der Bundesbürger gaben an, sich häufig oder gelegentlich rezeptfreie Arzneimittel in der Apotheke zu besorgen. Bei den über 60-Jährigen sind es sogar 55 Prozent.

Vertrauen in Empfehlung des Arztes

Zahlreiche Patienten vertrauen dabei auf die Arzneimittelempfehlung ihres Arztes auf der Grundlage des Grünen Rezepts. 35 Prozent der Bevölkerung erklärten, schon mal ein solches Rezept erhalten zu haben; 29 Prozent von ihnen haben daraufhin das empfohlene Arzneimittel gekauft.

Trotz der Bereitschaft, für Medikamente notfalls selbst aufzukommen, warnte Köcher in Bonn davor, die Eigenverantwortung der Versicherten zu stark zu strapazieren. Denn der finanzielle Spielraum für eine Beteiligung an den Gesundheitsausgaben ist gering. Gerade mal ein Viertel der Bevölkerung glaubt, durchschnittlich noch 51 Euro monatlich mehr für die gesundheitliche Versorgung aufbringen zu können. Für 41 Prozent der Bevölkerung besteht kein zusätzlicher finanzieller Spielraum mehr.

Köcher wies zudem daraufhin, dass der Preis eines Arzneimittels aus Sicht vieler Patienten kein Maßstab für die Qualität ist. Nur 18 Prozent der Bevölkerung sind der Meinung, dass teurere Präparate häufig besser sind als preiswertere. 51 Prozent halten kostengünstige Arzneimittel für qualitativ vergleichbar mit dem teureren Original.

Der BAH erneuerte vor dem Hintergrund der Ergebnisse des Allensbach-Gutachtens seine Forderung nach einer sinnvollen Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln. Es sei an der Zeit, das „untaugliche Instrument“ der Rabattverträge abzulösen, so der BAH-Vorsitzende Hans-Georg Hoffmann. Der Verband schlägt ein Erstattungspreismodell vor, bei dem der Preis den Nutzen des jeweiligen Präparats widerspiegeln soll. Kern des Modells ist ein Preiskorridor mit nach Indikationsgruppen festgelegten Unter- und Obergrenzen.

Kritik an der derzeitigen Kosten-Nutzen-Bewertung übte auch der Wirtschaftsexperte Bert Rürup. Das vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen entwickelte Modell sei „verhängnisvoll“, da es das Preisniveau gegenwärtiger Standardtherapien zum Maßstab mache und somit Innovationen behindere.

Petra SpielbergChristian-Gau-Str. 2450933 Köln

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