14. Europäisches Forum Zahnmedizin in Hessen

Interdisziplinär denken – verantwortlich handeln

Ein zunehmend alltagsrelevantes Generalthema zog rund 1500 Zahnärzte und 650 Mitarbeiter zum diesjährigen Hessischen Zahnärztetag: Das 14. Europäische Forum Zahnmedizin (14. November in Frankfurt) stand unter der Prämisse „Interdisziplinäre Verantwortung der ZahnMedizin“. Eine Mischung aus Pharmazie, Medizin und Zahnmedizin beleuchtete Schwerpunkte, die dem Praktiker verantwortliche Entscheidungen in Anamnese, Diagnostik und Therapie abverlangen.

Ein Zahnärztetag steht vorrangig im Zeichen der Fortbildung, vermerkte BZÄK-Vizepräsident und Hessens Landeskammerpräsident Dr. Michael Frank zur Eröffnung. Entsprechend pointiert fielen die Einschätzungen zur gesundheitspolitischen Lage aus. Auch wenn im Koalitionsvertrag viele Dinge, „die wir seit Jahren angesprochen haben, endlich berücksichtigt“ seien, warnte er vor der Hoffnung, „dass jetzt alles in kürzester Zeit auf den Weg gebracht wird“. Von Vorteil sei allerdings der „viel Sachkenntnis“ versprechende Wechsel an der Spitze des Bundesgesundheitsministeriums. Hier bestehe die Chance, „Probleme und Vorga-ben intensiv zu diskutieren“. Im Bereich der Fort- und Weiterbildung gelte es zu verhindern, „dass wir wieder auf dem qualitativen Niveau landen, das wir in den Fünfzigerjahren dank Zahnheilkundegesetz verlassen haben“. Dieses präferierte „Rezept“ verwies zentral auf die Aufgabe des Zahnärztetages: „Schaffen wir es, das qualitativ hohe Niveau des Zahnarztes nach außen darzustellen, wird es der Politik schwer fallen, unterhalb unserer zahnmedizinischen Ausbildung so etwas wie einen ‚Master‘ zu installieren.“

Die Fachvorträge ließen in dieser Hinsicht hoffen. Das unter wissenschaftlicher Leitung von Prof. Kopp (Frankfurt) konzipierte und von Prof. Noack (Köln) moderierte Programm bot – neben einem Schwerpunkt zum Thema Schlafapnoe (aus medizinischer Sicht durch Internist Uwe Fremder, aus zahnmedizinischer Warte durch Dr. Langenhan) – fachlich Fokussiertes aus Lokalanästhesie, Antibiotikabehandlung und Analgetika-Therapie. In einem Grundsatzreferat vermittelte das Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Prof. Dr. Gerd Glaeske (Bremen), einen Eindruck zu den sich abzeichnenden Veränderungen in der Verteilung der Prävalenzen und ihrer Auswirkungen auf die zahnärztliche Therapie.

Politik ist verantwortlich

Wo es angesichts zunehmender Alterung unserer Gesellschaft vermehrt um Kooperation und Prävention gehe, seien die Zahnärzte schon heute weiter als andere ärztliche Professionen. Die steigende Lebenserwartung mit den einhergehenden Multimorbiditäten, aber auch die Korrelation von Gesundheit und Bildung erforderten künftig vermehrte Anstrengungen auf diesem Gebiet. Mittel- bis langfristig ließen sich 25 bis 30 Prozent der kurativen Kosten durch Prävention einsparen. Hier komme der ZahnMedizin auf Grund der Wechselbeziehungen von Parodontitis und kardiovaskulären Erkrankungen, Diabetes oder Osteoporose besondere Bedeutung zu. „Völlig falsch“ sei es, die Verantwortung für Gesundheit allein den Ärzten und Zahnärzten zu überlassen. Sie könnten nur die Analyse liefern, der Rest bleibe Aufgabe der Politik.

Die Betrachtung der Auswirkungen assoziierter Morbiditäten zog sich als roter Faden durch die wissenschaftlichen Vorträge. Der Pharmazeut Prof. Ziegler (Kiel) erläuterte Besonderheiten und Forschungsstände bei der Verwendung von Lokalanästhetika (breiteste Anwendung finde in Deutschland nach wie vor Articain), Antibiotika (im zahnmedizinischen Bereich im Wesentlichen beschränkt auf Penicilline, Makrolidantibiotika und Clindamycin) sowie Analgetika (Cyclooxigenasehemmstoffe als Mittel der Wahl, darüber hinaus Paracetamol, Metamizol und Opioide). In entsprechender Folge boten die Zahnmediziner Prof. Nentwig (Frankfurt, zu LA bei chronisch Erkrankten) Prof. Al-Nawas (Mainz, zur Antibiotika-Therapie) sowie Dr. Tudor (München, zu Analgetika) ihre Einschätzungen aus fachspezifischer Sicht. Deutlich wurde die systemische Bedeutung der ZahnMedizin für den chronischen Schmerzpatienten. Hier stellte Prof. Kopp die Interdependenzen und daraus resultierende Therapieansätze zwischen kraniomandibulärem und kraniocervikalem System heraus. Prof. Casser, ärztlicher Direktor des DRK Schmerz-Zentrums in Mainz, verdeutlichte die Chancen, die chronische Schmerzpatienten durch gezielte interdisziplinäre Behandlung in ausgewiesenen Fachkliniken haben.

Abgerundet wurde der Tag durch Aussagen zu Möglichkeiten vertragszahnärztlicher Abrechnung von Behandlungen interdisziplinärer Fälle. Hier zeigte Hessens KZV-Vorsitzender Stephan Allroggen spezifische Wege zu den vorab diskutierten Therapien auf und gab damit die abschließenden Antworten des Fortbildungstages zu den zentralen Fragen, „was der Zahnarzt darf – und was nicht.“

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