CeBIT

Heilung durch eHealth

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Von der Wirtschaftskrise blieb auch die CeBIT nicht verschont: Im Vergleich zum vergangenen Jahr verringerte sich die Zahl der Aussteller, die Anfang März nach Hannover kamen, um ein Viertel. Es wurde viel spekuliert über die Zukunft des weltweit größten IT-Marktplatzes. Als rettenden Anker setzen die Messemacher unter anderem auf den Bereich eHealth.

Im vergangenen Jahr kündigte die Deutsche Messe AG, Veranstalterin der CeBIT, an, sich in Zukunft mehr auf Geschäftsbesucher zu konzentrieren. Wegen des weltweiten Wirtschaftsdesasters ging diese Rechnung allerdings nicht ganz auf. Branchengrößen wie Toshiba und Samsung etwa verzichteten auf eigene Stände. Die Bereiche Green IT, Web 2.0 und eHealth starteten hingegen voll durch. Insgesamt kamen 4 300 Aussteller aus 69 Ländern zur Messe – auch „Gouvernator“ Arnold Schwarzenegger, dessen Heimatstaat Kalifornien das diesjährige Partnerland der Computermesse war.

Medizin macht mobil

Unter dem Titel TeleHealth zeigte die CeBIT zwar bereits zum dritten Mal Neuerungen aus dem Bereich IT-Lösungen für den Gesundheitssektor, dieses Jahr allerdings erstmals über die vollen sechs Veranstaltungstage. Zu den Schwerpunkten gehörten Möglichkeiten in der Telemedizin – von Monitoring und Diagnostik bis hin zu Medikation und Therapie. Darüber hinaus wurden Healthcare-Projekte von der elektronischen Gesundheits- und Patientenakte bis hin zum elektronischen Arztausweis präsentiert.

Eins ist klar: Die digitale Kommunikation wird die medizinische Versorgung grundlegend verändern. So war beispielsweise ein mobiler Computer zu sehen, der die drahtlose Datenübertragung aus dem Krankenwagen ermöglicht. Damit lassen sich im Notfall für die Weiterbetreuung relevante Daten wie etwa Elektrokardiogramme ins Krankenhaus funken, so dass bei Ankunft des Patienten bereits alles optimal vorbereitet ist. Möglichkeiten birgt eHealth auch für chronisch Kranke wie Diabetiker. Via Telemonitoring können ihre Werte kontinuierlich überwacht werden. Die Hoffnung: Weniger Klinikaufenthalte. Die sind teuer und bedeuten für den Patienten zudem nur Stress.

Für die Behandlung von Patienten mit koronarer Herzerkrankung wurde ein Gerät vorgestellt, das nicht nur die EKG-Überwachung übernimmt, sondern mittels integriertem Bewegungssensor Infos über das Aktivitätsniveau des Patienten übermittelt. Die Patienten tragen das kleine Basisgerät direkt am Körper, wo es die Herzschläge aufzeichnet und Auskunft über minimale und maximale Herzraten gibt. Gleichzeitig wird die Bewegung erfasst. Die erhobenen Daten werden über ein Homegateway auf einem Internetportal abgelegt, auf das der behandelnde Arzt Zugriff hat. Bei der digitalen Visite kann er aus der Ferne die Herzrate in Verbindung mit der Bewegungsanstrengung kontrollieren oder die Erholzeiten nach körperlicher Belastung messen. Dass sich das System um eine Blutdruck-, Gewichts- und Blutzuckermessung erweitern lässt, ist praktisch.

Ein weiteres gesundheitsförderndes Tool auf der CeBIT: ein Bewegungssensor, der über den ganzen Tag die Aktivität seines Trägers misst. Das Gerät arbeitet mit sechs Bewegungsklassen, denen unterschiedlich hohe Punktzahlen zugeteilt werden. So bringt Laufen beispielsweise mehr Punkte als Radfahren, Radfahren mehr als Gehen, und fürs Sitzen oder Liftfahren geht man komplett leer aus. Am Ende des Tages werden die Punkte addiert. Je intensiver man sich bewegt, desto höher der Score. Das Ziel: Bewegungsmuffel zu animieren, mehr für die eigene Fitness zu tun.

Ein Highlight im Rahmen des CeBIT-Schwerpunkts Gesundheit war der zweitägige Tele-Health-Kongress, wo unter anderem aktuelle Telemedizinprojekte der Militär- und Katastrophenmedizin vorgestellt wurden. Weitere Themen: Telemonitoring im internationalen Vergleich sowie Vernetzungsbestrebungen im Gesundheitswesen.

Klimaschutz und Web 2.0

Auch die Gesundheit des Planeten interessierte die Messemacher. Dem Thema Klimaschutz und Energieeffizienz von IT-Systemen stellten sie eine eigene Halle mit 2 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche zur Verfügung: die „Green IT World“. Dort wurden umweltfreundliche Technologien wie stromsparende Server, Recyclinghandys mit Solarzellen oder Möglichkeiten der Telearbeit gezeigt. Messebesucher konnten beispielsweise den ersten Null-Watt-PC unter die Lupe nehmen, der im Standby-Modus keinen Strom verbraucht, sich aber trotzdem auf Knopfdruck wieder einschalten lässt. Auch im Programm: Aus Recyclingkunststoff hergestellte Fernseher, die 50 Prozent weniger Energie verbrauchen als bisher. Der Clou: Die TV-Geräte verfügen über eine integrierte Sensortechnik, über die der Bildschirm seine Helligkeit dem Umgebungslicht anpasst. Greenpeace begrüßte in seinem aktuellen Elektronikbericht, dass immer mehr Unternehmen auf eine größere Energieeffizienz ihrer Produkte achten. Großes Verbesserungspotenzial bestehe hingegen weiterhin beim Energiebedarf der meisten Mobilfunkgeräte, Notebooks und Schreibtischrechner.

Die University of Liverpool stellte in Hannover eine Software vor, die Unternehmen beim Strom sparen hilft. Der treffende Name: PowerDown. Wird das Programm auf einem PC installiert, schaltet es den Rechner ab, wenn er eine bestimmte Zeit nicht genutzt wird. Dahinter stecke ein enormes Sparpotenzial, erklärten die Forscher anhand einer Beispielrechnung. Laufe ein Computer 24 Stunden am Tag, werde aber nur 40 Stunden pro Woche genutzt, gingen 13 von 17 Kilowatt Strom für die Leerzeit drauf.

Auf den Zug Web 2.0 ist die CeBIT erst dieses Jahr richtig aufgesprungen. Zu spät: Onlinephänomene wie MySpace, Twitter oder Facebook sind schon lange keine superheißen Trends mehr, sondern Standards. Pech für die Messemacher: Die Wirtschaftskrise hat vielen kleinen IT-Unternehmen, die sonst gerne Innovationen in diesem Bereich an den Start bringen, die Luft genommen – viele konnten sich aus diesem Grund nicht in Hannover präsentieren. Trotzdem rief die CeBIT für das Web 2.0 eine eigene Area ins Leben und taufte sie „Webciety“, ein aus den Begriffen Web und Society geschaffenes Kunstwort. Die Neuerung macht sicherlich Sinn, weil immer mehr Unternehmen Errungenschaften der Onlinecommunitys wie Wikis und Blogs in ihre Arbeitsabläufe integrieren. Auch wenn sie etwas spät kommt.

Susanne TheisenFreie Journalistin in KölnSusanneTheisen@gmx.net

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