34. FVDZ-Presseseminar in Berlin zur elektronischen Gesundheitskarte

Nur Kosten, kein Fortschritt

„Die elektronische Gesundheitskarte kostet viele Milliarden und bringt keinen medizinischen Fortschritt“, so der Tenor des 34. FVDZ Presseseminars (22. und 23. Januar in Berlin) unter dem Generalthema „Der digitalisierte Mensch“. Nutznießer seien allenfalls die gesetzlichen und privaten Krankenversicherer, hieß es auf dem traditionellen Journalistenseminar des Verbandes, an dem eingeladene Befürworter der eGK nicht teilnahmen.

Dass Zahnmediziner alles andere als „Maschinenstürmer“ sind, zeigten die Fachreferenten, die den Journalisten Rede und Antwort zur Digitalisierung der Zahnmedizin standen. Dass Themen wie die intraorale Datenerfassung (Prof. Luthardt, Universität Ulm) oder die Dentale digitale Volumentomographie (Dr. Schulze, Universität Freiburg) durchaus Fortschritte bedeuten und sich als Segen für Patienten erwiesen haben, wurde in Berlin eindrucksvoll dargestellt.

Dennoch: Die Zahnärzteschaft differenziert, trennt und benennt nach wie vor Spreu und Weizen digitaler Neuerungen. Das Votum des FVDZ zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) kommentierte der Bundesvorsitzende des Freien Verbandes Dr. Karl-Heinz Sundmacher sehr pointiert. Er sähe „lieber einige hunderttausend Euro in die Modernisierung medizinischer Technik“ investiert als „Milliarden in eine für Patienten und Zahnärzte letztlich nutzlose elektronische Gesundheitskarte“. Zumindest gehörten die „mit Gefahren belegten Hintergrundtechniken aus der Welt geschafft“, forderte Sundmacher von den politischen Entscheidern. Dort verspreche man sich allerdings durch die Erhebung und Auswertung individueller Daten von Ärzten, Apothekern und Patienten zusätzliche Möglichkeiten zur Steuerung des Gesundheitswesens. Ökonomische Nutznießer seien, so der FVDZ-Bundesvorsitzende, die gesetzlichen und privaten Krankenversicherer.

Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion – eingeladene Befürworter der eGK hatten im Vorfeld abgesagt – belegten die FVDZ-Position. „Mir wäre wohler gewesen, wenn einfach eine fälschungssichere Gesundheitskarte projektiert worden wäre“, erklärte die FDP-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Bundesministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zum Regierungsvorhaben. Letztlich zahlten die Versicherer für dieses Milliardenprojekt. Zur Absurdität des anfänglich von Politikern aller Parteien befürworteten Projektes erklärte das FDP-MdB: „Letztlich wird das Ziel nur erreicht, wenn die Patienten gezwungen werden können, 'freiwillig' ihre Daten einzugeben.“

Protest zum Teil erfolgreich

Zweifel an der kolportierten Aussage, die eGK könne jährlich Hunderttausenden von Menschen das Leben retten, meldete der Chirurg und Notfallmediziner Dr. Wolfgang von Bremen an: „In Notsituationen hilft jedenfalls keine der auf der Karte gespeicherten Daten, Leben zu verlängern.“ Er neige angesichts der mit der Karte einhergehenden Zwänge zur Rationalisierung eher zur gegenteiligen Einschätzung.

Auch der als Datenschützer renommierte Diplom-Informatiker Thomas Maus kritisierte, dass es bis heute „keine saubere Darstellung“ gebe, „was der medizinische Nutzen der eGK sein kann“.

Trotz der grundsätzlichen Kritik zeigten die Diskutanten die realistischen Grenzen ihres Widerstandes gegen die Einführung der Karte auf. Von Bremen betonte auf Nachfrage, wie weit eine Weigerungshaltung gehen könne, dass er, so es zur Umsetzung komme, zwar zur Teilnahme gezwungen sei, aber die Patienten über die Problematik der eGK informieren werde. Die FDP wolle, so Leutheusser-Schnarrenberger, im Falle einer künftigen CDU/FDP-Regierung sich jedenfalls „dafür einsetzen, das Projekt zu stoppen“.

Letztlich seien die bisherigen Proteste, so machte Sundmacher deutlich, nicht ohne Erfolg gewesen. Vieles, was in der ursprünglichen Planung als Kontrollansatz für das Gesundheitswesen geplant worden sei, sei inzwischen nicht mehr Bestandteil der derzeitigen Umsetzung. Sundmacher: „Die Kontrolle des Gesundheitswesens wird durch diese Karte nicht mehr möglich sein.“

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