Fortbildungsteil 1/2009

Hämophilie und zahnärztliche Behandlung

214806-flexible-1900
Dentale Behandlungsverfahren zählen zu den häufigsten invasiven chirurgischen Eingriffen, die oftmals mit selbstlimitierenden intra- und postoperativen Blutungen assoziiert sind. Hämostase, definiert als Prozess der Blutstillung, wird durch ererbte, erworbene oder medikamentös induzierte Abnormalitäten des Gerinnungssystems beeinträchtigt, die bei einem prozentual geringen Anteil der Bevölkerung vorliegen. Diese Störungen des Blutgerinnungssystems führen zu einer erhöhten Blutungsneigung selbst bei kleineren Verletzungen. Sie haben in der Vergangenheit im dentalen Bereich zu einer nicht unerheblichen Zahl von Komplikationen geführt.

Die Blutungen verunsichern Patient und Untersucher, erschweren das Weiterführen der Behandlung, verzögern Heilungsvorgänge, machen Infektionen wahrscheinlich und können im Extremfall zu lebensbedrohlichen Blutverlusten führen. Die dentale Behandlung solcher Patienten stellt eine Herausforderung dar. Neben einer ausführlichen Anamnese ist bei derartigen Patienten ein enges Zusammenspiel von Zahnarzt mit Hausarzt und behandelnden Hämatologen notwendig, um Risiken abzuwägen. Nur so kann eine geeignete Therapie geplant werden. Ziel des vorliegenden Artikels ist es, einen Überblick über Pathogenese, Diagnostik und Therapie der wichtigsten erworbenen Hämophilie-Erkrankungen zu vermitteln.

Physiologische Hämostase

Die Hämostase ist ein Verteidigungsmechanismus, um die vaskuläre Integrität zu schützen, Blutverluste zu vermeiden und die Fließeigenschaften des Blutes zu bewahren. Sie wird nach der sofort eintretenden Vasokonstriktion über zwei biochemisch komplexe und ineinander übergehende Wege vermittelt: den Weg der Koagulation (lat.: coagulatio „Zusammenballung“) und den Weg der Thrombozytenaktivierung. Die Innenseite der Blutgefäße ist mit einer Endothelschicht ausgekleidet, die auf der einen Seite den Durchtritt selektiver Blutbestandteile (zum Beispiel Gase und Nährstoffe) erlaubt, andererseits den Kontakt zwischen Blutbestandteilen und subepithelialer Matrix / interstitiellem Gewebe verhindert. Dies dient als Schutz vor dem unerwünschten Auftreten einer intravasalen Gerinnung. Bei Verletzung der endothelialen Integrität wird die Endothelschicht unterbrochen, und die beiden hämostatischen Arme werden aktiviert [Jover-Cervero, Poveda Roda et al., 2007].

Koagulationskaskade

Hier wird als Resultat lösliches Fibrinogen in unlösliches Fibrin umgewandelt, das die Verletzungsstelle verschließt. Dies geschieht unter Mediation von Thrombin, einem proteolytischen Enzym. Die Transformation von Thrombin aus Prothrombin wird theoretisch über einen extrinsischen und einen intrinsischen Weg vermittelt, die allerdings beide eng interagieren. Der intrinsische Weg beginnt mit dem Kontakt zwischen Faktor XII und dem subepithelialen Gewebe an der betroffenen Stelle. Der extrinsische Weg beginnt mit dem Kontakt zwischen dem Kofaktor Kalzium aus dem Blut und Membran-Phospholipiden (Synonyme: Faktor III, Gewebethromboplastin, Tissue Factor) auf der Oberfläche subendothelialer Zellen, die zusammen zur Aktivierung des Faktors VII führen. Von diesem Punkt an beginnt eine metabolische Kaskade (Abbildung 1). Das entstehende Thrombin konvertiert letztendlich Fibrinogen in Fibrinmonomere und aktiviert den Faktor XIII (XIIIa), welcher die Kreuzverlinkung von Fibrin katalysiert. Dies sind wichtige Schritte zur Konsolidierung des zu entstehenden, hämostatischen Thrombus. Weiterhin ist Thrombin ein leistungsstarker Thrombozytenaktivator [Mann, Brummel et al., 2003].

Thrombozytenaktivierung

Die kernlosen Thrombozyten beinhalten Stoffe (Fibrinogen, Von-Willebrand-Faktor (vWF), Koagulations- und Gerinnungsfaktoren, Wachstumsfaktoren, Kalzium, Fibronektin, Adenosindiphosphat (ADP), Serotonin (5-HT), Thromboxan A 2), die die hämostatischen Vorgänge beeinflussen. Weiterhin besitzen sie Oberflächenrezeptoren, die Aktivierung, Adhäsion und Aggregation weiterer Thrombozyten vermitteln [McNicol, Israels et al., 1993]. Verletzungen der endothelialen Auskleidung initiieren die Ausschüttung der gerinnungsaktiven Stoffe in den subendothelialen Raum und die Thrombozytenaggregation. Aus dieser resultiert ein vorerst fragiler Pfropf an der Stelle der Verletzung, der aber schnell durch zusätzliche Thrombozyten sowie vernetzendes Fibrin in ein stabiles Koagulat umgewandelt wird.

In der Mundhöhle sind als störende Faktoren der Wundheilung die fibrinolytische Aktivität des Speichels sowie mechanische Einflüsse (Nahrungsaufnahme, Zungenbewegungen) zu nennen.

Hämophilie

Als Hämophilie (griechisch haima „Blut“, philos „Freund“) werden im engeren Sinne die Erkrankungen Hämophilie A und B subsummiert. Zusätzlich werden gelegentlich die anderen hereditären Koagulopathieformen (Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom (vWS), Mangel oder Defekt an Fibrinogen, Mangel an Prothrombin, an Faktor V, VII, X, XI und XIII) zu diesem Überbegriff gezählt.

Generell zeigt sich bei der Evaluierung derartiger Erkrankungen der Wert einer guten Anamnese, da viele Patienten über eigene Blutgerinnungsstörungen gut informiert sind [Kämmerer, Al-Nawas, 2008].

Hämophilie A und B

Es handelt sich um zwei X-chromosomal-rezessiv vererbte Gerinnungserkrankungen, die einen Mangel an Faktor VIII (Hämophilie A) oder Faktor IX (Hämophilie B) aufweisen. Die Prävalenz liegt bei 1:5 000, 85 bis 90 Prozent der Betroffenen leiden unter Hämophilie A, 10 bis 15 Prozent an Hämophilie B. Aufgrund des Vererbungsmodus sind nahezu ausschließlich Männer betroffen [Jover-Cervero, Poveda Roda et al., 2007]. Die Klinik der beiden Subgruppen unterscheidet sich nicht voneinander. Beide manifestieren sich in einer erhöhten Neigung zu blauen Flecken, spontanen Muskel- und Gelenkblutungen und übermäßigen Blutungen nach traumatischen Ereignissen und/oder chirurgischen Prozeduren. Es wird zwischen unterschiedlichen Schweregraden der Erkrankungen, gemessen an der residualen Faktoren-Konzentration, unterschieden (siehe Tabelle 1).

Die Faktoren VIII und IX sind beide verantwortlich für die Aktivierung des Faktor X in der Koagulationskaskade, die zur Bildung des Fibrinthrombus führt. Die Schlüsselrolle dieser beiden Faktoren wird durch die gravierenden Blutungskomplikationen bei ihrem Mangel deutlich.

Als Behandlungsstrategie zur Prävention von Blutungen und bei eingetretenen Blutungsereignissen werden gereinigte Plasmakonzentrate mit den jeweils fehlenden Faktoren intravenös zugeführt. Dosis, Häufigkeit und Dauer der Therapie sind von der Schwere der (zu erwartenden) Blutung abhängig [Mannucci, Tuddenham, 2001]. Vor chirurgischen Eingriffen erhalten die Patienten eine präoperative Dosis Faktorenkonzentrat, um die Plasmakonzentrationen auf hämostatisch effektive Level zu steigern. Diese werden postoperativ durch weitere intermittierende oder auch kontinuierliche Gaben aufrechterhalten.

Nur bei leichten Fällen von Hämophilie A kann Desmopressin (Minirin ®) eingesetzt werden. Dies ist ein synthetisches Vasopressinderivat, das die Plasmalevel des Von-Willebrand-Faktors (vWF) und des Faktors VIII für acht bis zwölf Stunden um das Drei- bis Fünffache steigern kann [Mannucci, 1997]. Es kann sowohl intravenös als auch subkutan injiziert werden. Seine Wirkung setzt direkt nach der Gabe ein und erreicht einen Maximaleffekt nach 30 bis 60 Minuten [Kohler, Hellstern, 1986]. Hiermit kann die primäre Hämostase für kleinere Blutungen und operative Eingriffe adäquat verkürzt werden.

20 Prozent aller Hämophilie-A- und fünf Prozent aller Hämophilie-B-Patienten entwickeln als Antwort auf vorausgegangene Therapien mit rekombinanten Faktoren Antikörper. Deren Vorkommen erschwert die Behandlung, da ein simples Ersetzen der mangelnden Faktoren nicht mehr genügt. Hier muss zum Beispiel eine Immunmodulation mittels immunsuppressiver Medikamente im Voraus durchgeführt werden [Bolton-Maggs, Pasi et al., 2003], wobei sich eine Überwachung im stationären Rahmen empfiehlt [Brewer, Roebuck et al., 2003].

Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom (vWS)

Hierbei handelt es sich um die häufigste vererbbare Blutungserkrankung, die bis zu ein Prozent der Bevölkerung betrifft. Der Vererbungsmodus unterscheidet sich zwischen den einzelnen Subgruppen. Männer und Frauen sind ungefähr in gleichen Maßen betroffen. Die häufigsten klinischen Manifestationen sind wiederum die Neigung zu blauen Flecken, Nasenbluten, Menorrhagien und generelle Blutungen im Bereich des Oropharynx [Hambleton, 2001]. Das vWS hat seine Ursache in quantitativen oder qualitativen Defekten des Von-Willebrand-Faktors (vWF). Dieser, ein Adhäsivprotein, wird in Endothelzellen und Thrombozyten gespeichert und reaktiv auf Scherspannungen/Verletzungen hin sezerniert. Konsekutiv bindet er an weitere Thrombozyten und stimuliert diese über den Glykoprotein-Ib-V-IX-Komplex auf der Thrombozytenoberfläche. Weiterhin transportiert er den Faktor VIII im Plasma. Daher kann sein Ausfall in niedrigen Plasmakonzentrationen dieses Faktors resultieren [Israels, Israels, 2001].

Die Erkrankung wird in drei Subgruppen unterteilt (Tabelle 2). Die Varianten 1 und 3 zeigen partielle und komplette Ausfälle des vWF. In der Variante 2 stehen qualitative Abnormalitäten des vWF im Vordergrund. Die Diagnose eines vWS kann, besonders im Falle des Typ 1, da hier der vWF-Plasmalevel häufig fluktuiert [Hambleton, 2001], schwierig sein: Die Heterogenität der Erkrankung und die physiologische Breite der vWF- und Faktor VIII-Level machen eine Vielzahl an diagnostischen Schritten notwendig. Die Therapie hängt jedoch vom Subtyp der Erkrankung ab: Die meisten Typ-1-, 2A- und 2M-Erkrankungen lassen sich mit Desmopressin therapieren. Bei Patienten bei denen Desmopressin therapeutisch eingesetzt werden soll, ist eine vorherige Probephase zur Bestätigung der hämostatischen Antwort zu empfehlen. Bei Patienten, die auf Desmopressin nicht reagieren, und bei Patienten mit vWS Typ 2B und 3 sollte der vWF ersetzt werden. Dies geschieht mittels vWF-reichen Faktor-VIII-Konzentraten, die aus konzentriertem menschlichem Plasma gewonnen werden [Mannucci, 1997] (Tabelle 4).

Hereditäre plasmatische Koagulopathien

Weitere kongenitale Mängel an Gerinnungsfaktoren sind generell selten [Jover-Cervero, Poveda Roda et al., 2007]. Die Prävalenzen von Fibrinogen-, Prothrombin-, Faktor V, VII, X und XIII-Mangel bewegen sich bei 1:0,5 bis 1 Million. Obwohl sie, mit einigen wenigen Ausnahmen, zu eher harmloseren Blutungskomplikationen führen, kann es vorkommen, dass die Patienten vor operativen Eingriffen einen Ersatz von Koagulationsfaktoren benötigen (Tabelle 3).

Management zahnärztlicher Prozeduren

Das Hauptaugenmerk beim dentalen Umgang mit Hämophiliepatienten sollte auf der Prävention (Zahnhygiene, Fluoridierung, Fissurenversiegelung, geeignete Ernährung, periodische Kontrollen) dentaler Erkrankungen liegen. Sollte dennoch eine Behandlung notwendig werden, wird empfohlen, die angemessene Therapie in Zusammenarbeit mit Hausarzt/Internisten/Hämatologen des Patienten auszuarbeiten. Bei Patienten mit der jeweiligen Indikation sollte der Behandlung eine Evaluation des Blutes im Labor, beispielsweise ein Nachweis der Wirksamkeit von Desmopressin oder dem Vorkommen von Antikörpern, vorausgehen. Der Patient sollte ausführlich über die sich ergebenden Behandlungsoptionen sowie über die erforderliche Handlungsweise informiert werden [Little, Falace et al., 2002]. Die Entscheidungen über den Ersatz von Koagulationsfaktoren sind von der speziellen hämostatischen Diagnose, dem Schweregrad der hämorrhagischen Diathese sowie von der Art der vorgesehenen dentalen Behandlung abhängig. Tabelle 4 fasst die generell nötigen Behandlungsregime zusammen.

Nicht unerheblich hängt das Risiko der chirurgischen Intervention von dem vorgesehenen Operationssitus und damit der Möglichkeit, die Blutung durch lokale Maßnahmen unter Kontrolle zu bringen, ab. Je eingeschränkter der Zugang zum Situs ist, desto wichtiger ist es, die postoperative Blutung unter Kontrolle zu bekommen. Schwere Blutungen und ausgedehnte Hämatome bedingen Komplikationen, die bis hin zu lebensbedrohlichen Blutverlusten und Atemwegsobstruktionen reichen.

Auch durch Leitungsanästhesien (zum Beispiel N. alveolaris inferior oder N. alveolaris posterior superior) kann es bei gefährdeten Patienten zu Verschlüssen der Atemwege kommen. Die Notwendigkeit einer Leitungsanästhesie sollte daher präoperativ überprüft und bei der Möglichkeit auf andere Arten der Anästhesie (Infiltrationsanästhesie, intraligamentäre Anästhesie (Tabelle 5); wenn indiziert: Hypnose, Sedierung, Vollnarkose) ausgewichen werden.

Postoperatives Monitoring durch den Zahnarzt ist essenziell; es ist wichtig, dass der Patient erst beim Eintreten der Hämostase entlassen wird. Gegebenenfalls, besonders bei größeren Eingriffen, ist ein überwachter stationärer Aufenthalt indiziert. Nach schwierigen Extraktionen oder beim Vorliegen von Infektionen ist an eine antibiotische Abdeckung zu denken. Dem Patienten muss die Möglichkeit gegeben werden, sich bei Problemen und zur Absicherung an den Zahnarzt zu wenden. Ruhig und kompetent auf Nachblutungen vorbereitet zu sein, sorgt für minimale Morbiditäten [Lockhart, Gibson et al., 2003]. Bei Hämophilie-Patienten sollte von der Verwendung von Acetylsalicylsäure (ASS; Aspirin ®) und ASS-haltigen Medikamenten als Schmerzmedikation abgesehen werden, da dies eine Magenblutung induzieren und die hämorrhagische Neigung verschlechtern kann. Des Weiteren sollte der Patient darüber informiert werden, dass fürs erste körperliche Anstrengung, Nikotinabusus und Alkoholgenuss kontraindiziert sind.

Lokale Maßnahmen zur Minimierung einer Blutung

Abhängig von der Art der Blutgerinnungsstörung sollten Alternativen zur chirurgischen Behandlung erwogen werden. So kann es beispielsweise wünschenswert sein, an nicht restaurierbaren Zähnen oder Wurzeln eine endodontische Behandlung durchzuführen, um sie dadurch symptomlos zu erhalten, anstatt sie zu extrahieren [Israels S, Schwetz, 2006]. Wenn eine chirurgische Behandlung durchgeführt werden soll, ist es zu empfehlen, Traumata zu minimieren (zum Beispiel durch elektive Extraktion schwieriger Zähne; eventuell mehrere Sitzungen), Lappenplastiken zu vermeiden (stellen ein großes, schwerer lokal zu kontrollierendes Blutungsrisiko dar), die Nahttechniken – möglichst mit primärem Wundverschluss – so zu wählen, dass eine Revision leicht möglich ist, die elektrische Kaustik einzusetzen sowie im Falle einer chronischen Entzündung das Granulationsgewebe vollständig zu entfernen. Zu der Benutzung von vorab angefertigten Bluterschienen ist bei Blutungsrisiken anzuraten, da sie effektiv sind und zudem schnell und kostengünstig anzufertigen sind. Es ist empfehlenswert, die Schienen leicht hohl zu legen um gegebenenfalls eine postoperative Unterfütterung mit elastischen Materialen durchführen zu können. Sie sollten täglich aus dem Mund genommen und gereinigt werden. Eine Tragedauer von vier bis sieben Tagen wird empfohlen [Lockhart, Gibson et al., 2003].

Die effektivste lokale Maßnahme ist die Druckausübung an der Blutungsstelle. Die Patienten sollten hierbei darüber aufgeklärt werden, dass der Druck für mindestens 30 Minuten aufrechterhalten werden soll (besser: eine Stunde) und aus Unterbrechungen längere Blutungszeiten resultieren.

Antifibrinolytika

Aminocapronsäure (300 mg/kg/Tag dosiert alle 4 bis 6 Stunden) und Tranexamsäure (30 mg/kg/Tag in 2 bis 3 täglichen Dosen) inhibieren die Fibrinolyse, indem sie die Bindung von Plasminogen an Fibrin und dadurch die Aktivierung von Plasmin verhindern. Sie können effizient das Auflösen des Blutgerinnsels in der Zahnalveole, zum Beispiel nach Extraktion eines Zahnes, verhindern. Sie werden häufig als Ergänzung der systemischen Therapie verwendet. Bei der Hämophilie reduzieren sie erwiesenermaßen das Risiko einer Nachblutung sowie den Bedarf an Faktorenkonzentraten [Manucci, 1998; Sindet-Pedersen, Stenbjerg et al., 1986]. Die Medikamente werden optimalerweise vor der chirurgischen Maßnahme eingenommen. Die Einnahme wird bis zur Heilung des Operationssitus fortgeführt. Sie sind auch als Mundspülungen erhältlich.

Weitere klinisch verfügbare Hämostatika sind in Tabelle 6 zusammengefasst.

Fazit

Der Zahnarzt wird mit der komplexen Problematik der vererbten Koagulopathien – neben erworbenen und arzneimittelinduzierten Blutgerinnungsstörungen – konfrontiert. Diese manifestieren sich in eingeschränkten Wundheilungen, höherem Infektionsrisiko und übermäßigen Blutungen.

Eine offene Kommunikation mit Patient und behandelndem Arzt ist die Voraussetzung dafür, vollständige und aktuelle Informationen über Schwere der Erkrankung, Befinden des Patienten sowie Behandlungsstrategien zu erhalten. Ein informierter und vorbereiteter Zahnarzt kann intra- und postoperativen Blutungen ruhig und effizient begegnen. Chirurgisch ist ein sorgfältiges Vorgehen zur Minimierung des Gewebetraumas vonnöten.

Bei umfangreichen Eingriffen, beziehungsweise einem hohen Risiko, ist an eine Überweisung in eine klinische Fachabteilung zur stationären Behandlung zu denken.

Weitere Informationen zu den besprochenen kongenitalen Koagulopathien finden sich auf der Homepage der Deutschen Hämophiliegesellschaft (http://www.deutsche-haemophiliegesellschaft.de).

Dr. med. Peer Wolfgang KämmererJohannes Gutenberg-University MainzKlinik für Mund-, Kiefer- und GesichtschirurgieAugustusplatz 255131 Mainzkaemmerer@mkg.klinik.uni-mainz.de

Dr. med. Dr. med. dent. Marcus Oliver KleinJohannes Gutenberg-University MainzKlinik für Mund-, Kiefer- und GesichtschirurgieAugustusplatz 255131 Mainzklein@mkg.klinik.uni-mainz.de

\n

Schwer

< 0,01 IE/ml des entsprechenden Faktors; Behandlungen (außer im prothetischen Bereich [Brewer, Roebuck et al, 2003]) unter stationärer Aufsicht

\n

Moderat

0,01 – 0,05 IE/ml des entsprechenden Faktors; Behandlungen (außer im prothetischen Bereich [Brewer, Roebuck et al, 2003]) unter stationärer Aufsicht

\n

Leicht

0,05 – 0,35 IE/ml des entsprechenden Faktors; oder insgesamt 5 % – 35 %

\n

\n

Typ 1

Meist autosomal-dominant vererbt;

bis zu 80 % der Erkrankten; qualitativer Mangel des vWF;

meist milder Verlauf

\n

Typ 2

Meist autosomal-dominant vererbt;

\n

bis zu 20 % der Erkrankten; quantitativer Mangel des vWF

\n

A Funktionelle Minderung des vWF; Fehlen von Multimeren mittlerem und hohem molekularen Gewichts

\n

B Gesteigerte Affinität zum thrombozytären GPIb-Rezeptor; verminderte hochmolekulare Multimere

\n

M Funktionelle Minderung des vWF; variables Multimerbild

\n

N Verminderte Affinität für Faktor VIII

\n

Typ 3

Meist autosomal-dominant vererbt; völliges Fehlen oder

starke Erniedrigung des vWF

\n

\n

Mangel an

Vorkommen eines schweren Mangels (x 10-6)

Behandlung

\n

Fibrinogen

1

Fibrinogenkonzentrat

\n

Prothrombin

0,5

Fresh Frozen Plasma (FFP); Prothrombinkonzentrat

\n

Faktor V

1

FFP

\n

Faktor VII

2

Faktor VII-Konzentrat; rekombinanter Faktor VIIa

\n

Faktor X

10

FFP

\n

Faktor XI

1

FFP; Faktor XI-Konzentrat

\n

Faktor XIII

0,5

Faktor XIII-Konzentrat

\n

\n

Blutungsstörung

Vorbehandlung zur Zahnextraktion oder Leitungsanästhesie

Postoperative Behandlung

\n

vWS Typ 1

Desmopressin 0,3μg/kg (Maximaldosis 20μg) i.v. über 30 min oder subkutan

Bei allen: Antifibrino-lytika (zum Beispiel Aminocabronsäure, Tranexamsäure)

\n

vWS Typen 2A

\n

und 2M

Desmopressin (s.o.),

oder Plasmakonzentrate

(50 IE vWF:Ristocetin

Kofactor (RCoF))

\n

\n

\n

\n

vWS Typen 2B

\n

und 3

Plasmakonzentrate

(50 IE vWF:RCoF)

Weiche Kost für

7 Tage

\n

\n

Hämophilie A (leicht)

Desmopressin (s.o.) falls die geteste Wirkung ausreichend ist

\n

Hämophilie A (moderat/schwer)

Rekombinantes Faktor VIII-Konzentrat, 20–25 IE/kg

\n

Hämophilie B

\n

(leicht/moderat/

\n

schwer)

Rekombinantes Faktor

IX-Konzentrat, 40–60

IE/kg

Innerhalb von 24h

Reevaluation der

Wundsituation

\n

\n

\n

\n

Keine zusätzliche Behandlung notwenig

Zusätzliche Behandlung notwendig

\n

Buccale Infiltration

Leitungsanästhesie

\n

Intrapapilläre Injektion

Linguale Infiltration

\n

Intraligamentäre Injektion

\n

\n

Präparat

Inhaltsstoff

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\n

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