Gastkommentar

Verflixte Honorarreform

Die Honorarreform bei den Ärzten sorgt für Konflikte – zwischen Haus- und Fachärzten, aber auch im Erweiterten Bewertungsausschuss. Muss jetzt das Bundesgesundheitsministerium selbst ran?

Dr. Jutta Visarius
Gesundheitspolitische Fachjournalistin

Ganz schön verflixt, diese Honorarreform, im Grundsätzlichen wie im Detail. Seit Jahren rumort es in der Ärzteschaft – sie wollen schlicht mehr Geld. Nicht ganz einfach dem nachzugeben, denn Krankenkassen können kein Geld drucken.

Müssen sie auch nicht, trotz politisch festgesetztem Einheitsbeitrag (Globalbudget mit Konjunkturkorridor) im Fondszeitalter. Jetzt kommen zusätzliche Milliarden für die Krankenhäuser, die Tariferhöhungen finanzieren müssen, und für die niedergelassenen Ärzte vom Staat. Eben der hatte sich jahrzehntelang auf Kosten der Versichertengemeinschaft glücklich gerechnet. Das grundsätzliche Problem ist damit auch auf die Zeit nach der Wahl verschoben.

Hatte Ulla Schmidt geglaubt, die Ärzte würden sie bejubeln, hatte sie sich gründlich getäuscht. In der Öffentlichkeit wird vielmehr mit Hilfe einiger Medien der Eindruck erweckt, die rund 2,7 Milliarden für die niedergelassenen Ärzte würden irgendwo zwischen Kassen und Ärzten verschwinden. Richtig ist, dass mit der Neuberechnung der Honorare in Euro und Cent deutliche Verschiebungen zwischen KV-Bezirken und Arztgruppen entstehen. Teilweise sogar beabsichtigt, soll doch eine bundeseinheitliche Vergütungsstruktur entstehen und mit der Vergütung Versorgung rationell gesteuert werden. Dass die Verschiebungen deutlicher ausfallen und manches sich sogar zur Verzerrung auswächst, war nicht geplant. Waren keine exzellenten Informatiker an Bord? Hatte man keine guten Versicherungsmathematiker ans Werk gesetzt? Was man zu sehen bekam, konnte nicht reibungslos funktionieren – die einen sollten auf keinen Fall weniger erhalten, die anderen deutlich mehr. Dazu noch die Hausarzt-Facharzt-Problematik und der für die KBV leidige Hausärzteverband mit seinen Honorarzusagen. Dass dies nicht funktionieren konnte, war an zehn Fingern abzählbar.

Die Selbstverwaltung stand zudem unter Zeitdruck. Das hieß also Einigung – oder das BMG hätte es selbst gemacht. Den Verantwortlichen im BMG muss nach der Einigung eine Zentnerlast von der Seele gefallen sein. Wer will schon eine Honorarreform selbst stricken und sich diesen Ärger aufladen?

Den hat doch dann besser die Selbstverwaltung. Und die hat sich Mitte Januar auf eine Konvergenzphase wie weiland für die Krankenhäuser bei der DRG-Einführung geeinigt: Verluste und Gewinne der Praxen werden begrenzt, Ausgleichsregelungen können im Einvernehmen mit den Krankenkassen vereinbart werden.

Glattgebügelt? Kaum, denn es kann nur innerhalb der KVen ausgeglichen werden. Und dann noch die Honorarbereinigung!

Der Gesetzgeber hatte beschlossen, dass der Hausärzteverband überall das Erstvertragsrecht hat. Ein verfassungswidriges Monopol, sagt die KBV.

Wie auch immer, Sonderverträge bedeuten Honorarbereinigung. Auch das hat der Gesetzgeber gewollt. Dies bringt für die KV erhebliche Risiken mit sich, wenn Hausarzthonorare und die der sich anschließenden Fachärzte aus dem KV–Topf in das Töpfchen des Hausärzteverbandes wandern. Das schmerzt ungemein. Und in der Tat kann das à la longue die Existenz der KVen gefährden.

Auf der Sitzung des Erweiterten Bewertungsausschusses am 22. Januar zogen die Vertreter der KBV aus, vor dem Beschluss zur Honorarbereinigung. Der – so die KBV – sei nicht rechtskräftig. Man bitte das BMG um Beanstandung und werde Anfechtungsklage vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg erheben.

Die Rechtsprüfung durch den Unparteiischen Vorsitzenden Jürgen Wasem hatte etwas anderes ergeben. Könne eine Seite durch Verlassen des Saales einen Mehrheitsbeschluss verhindern, sei der Ausschuss generell handlungsunfähig – so sei die Anwesenheitsregelung nicht gemeint. Vielleicht muss es jetzt das BMG richten.

Gastkommentare entsprechen nicht immer der Ansicht der Herausgeber.

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