Die Zukunft des zahnärztlichen Berufs

Anders als man denkt

Geht es um den zahnärztlichen Berufsstand, fußen Szenarien zum Morgen und Übermorgen selbstredend auf gesundheitspolitischen Entscheidungen von heute. Aber nicht nur: Die aus der Soziodemografie ablesbaren Herausforderungen, der Stand zahn-/medizinischer Forschung und Entwicklung, aber auch absehbare arbeitssoziologische Bedarfe erlauben einen klar umrissenen Blick auf das, was den Zahnarzt der kommenden Jahrzehnte erwartet. Denkmodelle und Prognosen ermöglichen die prospektive Zeitreise. Und Manches kommt durchaus anders, als man denkt.

Liefe es allein nach den Vorstellungen von Leuten wie Bundesgesundheitsminister und Arzt Philipp Rösler, käme die inzwischen gut fünf Jahre alte, ursprünglich von der CDU eingebrachte Idee zur Einführung einer Gesundheitsprämie wohl schnell zum Zuge. Die dahinter liegende Absicht ist – nach Jahren mutloser Maßnahmen reiner Kostendämpfung – im Plan der FDP ein größerer Reformschritt, die Gesellschaft gegen weiter erwartete Kostensteigerungen im deutschen Gesundheitswesen zu wappnen.

Denn das Wissen um das, was uns an finanziell belastenden Strukturen künftig erwartet, ist nicht neu, sondern inzwischen gedankliches Allgemeingut. Trotzdem verliert die Prognose nicht an Dramatik:

Schon im Jahr 2050 muss jeder einzelne in Deutschland Beschäftigte für zwei Rentner aufkommen. Die gegenwärtige Zahl von 1,4 Kindern pro Frau wird diesen Trend nicht abschwächen können. In 40 Jahren werden vier von zehn Menschen älter als 60 sein. Im Jahr 2030 ist für die Deutschen eine Lebenserwartung von 80 Jahren für Männer und 84 Jahren für Frauen das Normalmaß. Die Zahl der über 100-Jährigen in Deutschland lag bereits vor Jahren bei über 2 000 Menschen. Und mit einer Stabilisierung der aus den Fugen geratenen Alterspyramide unserer Gesellschaft rechnen die Bevölkerungsstatistiker angesichts der Lage nicht vor Mitte dieses Jahrhunderts.

Rezepte, daran Entscheidendes zu ändern, gibt es bisher nicht. Also bleibt es vorerst bei den Befürchtungen und ihren Konsequenzen: Steigende Multimorbidität, steigender Pflegebedarf, ergo steigender Kostenbedarf im Gesundheitswesen.

Wohlwollen statt  aktiver Unterstützung

All das erfordert deutliches Umdenken in den Strukturen deutscher Sozialpolitik. Schon die Berücksichtigung der Tatsache, dass die inzwischen durch medizinischen Fortschritt möglichen Maßnahmen nicht nur lebensqualitätssteigernd und -verlängernd, sondern zwangsläufig auch volkswirtschaftlich kostentreibend wirken, nimmt der Forderung nach neuen, anderen Wegen jegliche Alternative.

Beim Vordenken und Vorbereiten neuer Lösungsansätze stehen Deutschlands Zahnmediziner sicherlich nicht hinten an. Und die Politiker betrachten selbstverpflichtende Modelle wie die noch vor wenigen Jahren modifizierten Mundgesundheitsziele zur weiteren Reduzierung von Karies- und Parodontitisprävalenzen mit ausdrücklichem Wohlwollen. Dabei muss man wissen: Auch diese Ziele signalisieren, so wurde durch die zahnärztliche Selbstverwaltung immer deutlich vermittelt, nur ein Auf- oder Verschieben, aber kein Aufheben des Behandlungsbedarfs in der Bevölkerung.

Die daraus resultierende Reaktion des Gesetzgebers ist aber nach den Erfahrungen der letzten Jahre, so die weitgehend einhellige Meinung des Berufsstandes, angesichts der anstehenden Aufgaben wenig zielführend. Auch wenn an diesen Enden zwar nicht mit Lob gespart wird, Geld wollen Deutschlands Politiker – so lassen auch die gegenwärtigen Aussagen der noch frischen schwarz-gelben Regierungskoalition vermuten – bisher nicht in sinnvollem Maß einsetzen.

Politische Einsicht als erster Weg zur Besserung

Standespolitisch wird an den Zielen, die hohe Qualität der zahnmedizinischen Versorgung in Deutschland zu erhalten und, wo irgend möglich, zu verbessern, dennoch nicht gerüttelt. Berufsethos wie auch die im Berufsrecht eigenverantwortlich gestellten Vorgaben fordern dem Zahnarzt die ständige Auseinandersetzung mit Forschung und Lehre ab. Fortbildung gehört zum beruflichen Selbstverständnis und funktioniert – ganz unabhängig davon, ob die gesetzlich auferlegten Kontrollmaßgaben bereits erfüllt sind.

Erkennbar ist auch, dass sich Deutschlands zahnärztlicher Berufsstand bereits ausgiebig auf die künftigen Aufgaben in einer zunehmend alternden Gesellschaft aktiv vorbereitet. Allerdings haben die aus beruflicher Sachkenntnis erarbeiteten und in Eigeninitiative daraus umgesetzten Maßnahmen, beispielsweise aktive Aufklärung oder auch Modellprojekte zur besseren zahnmedizinischen Betreuung alter und immobiler Menschen, allein aus dem Berufsstand heraus angesichts künftig zu erwartender Dimensionen durchaus ihre Grenzen:

„Das auf Dauer Notwendige können wir nicht alleine stemmen, da brauchen wir die aktive Unterstützung von außen,“ mahnt BZÄK-Vizepräsident Dr. Dietmar Oesterreich. Die Anstrengungen, hier in der Politik Einsicht zu erzielen und andererseits den Krankenversicherungen gesonderte Unterstützung für die viel aufwendigere, zeit- und damit kostenintensivere Behandlung abverlangen zu können, sind unternommen und, so Oesterreich überzeugt, „auf gutem Wege“.

Bis zur Honorierung der für eine Zahnarztpraxis auch wirtschaftlich erheblichen Maßnahmen in adäquater Form bleibe allerdings noch einiges zu tun. An der Ausrichtung, hier und heute schon die Vorkehrungen für eine sichere und qualitativ hochwertige zahnmedizinische Versorgung von Morgen zu treffen, will Deutschlands Zahnärzteschaft nicht rütteln. Die Zielrichtung, so zeigt sich der BZÄK-Vizepräsident überzeugt, steht: „Einsicht in der Politik ist hier der erste Weg zur Besserung der Krankenkassen.“

Abschied vom „Drill and Fill“

Ähnlicher Entwicklungsbedarf und damit verbundene Überzeugungsarbeit bestehen aber auch in einem anderen Bereich: Das sich immer deutlicher abzeichnende Bild einer neuen, weil erweiterten Bedeutung der Zahnmedizin innerhalb des gesamtmedizinischen Umfeldes gehört ebenfalls zum Aufgabenspektrum sinnvoller Gesundheitspolitik. Ein ausschlaggebender, in Zukunft wohl noch wichtiger werdender Grundsatz ist hierbei, dass „der Zahnarzt neben dem Hausarzt den Patienten am meisten sieht“, betonte Prof. Martin Kunkel, Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie an der Ruhr-Universität Bochum, im Januar dieses Jahres auf dem Presseseminar des freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) in Berlin.

Die Vorstellungen vom Handlungsrahmen des Zahnarztes mit Zukunft haben mit dem ehemaligen „Drill and Fill“ der 60er und 70er Jahre nur noch wenig gemein. Kunkel sieht den Zahnarzt der Zukunft als oralen Facharzt. Das Behandlungs- und Untersuchungsgebiet des Zahnarztes sei ein idealer Spiegel für innere, immunologische und onkologische Erkrankungen, Arzneimittelreaktionen, sogar für psychologische Erkrankungen oder soziologische Phänomene.

Mit Überzeugung vertritt der Bochumer Arzt für MKG-Chirurgie die These, dass bestimmte Krankheitssymptome für den Zahnarzt viel leichter und direkter erkennbar sind als beispielsweise für den Internisten. Die Mundhöhle ist aber weit mehr als nur ein „diagnostisches Fenster“, begründet Kunkel den notwendigen Wandel vom klassischen Zahnarzt zum „Facharzt für die gesamte orale Medizin“.

Das beinhaltet für ihn auch eine zunehmende diagnostische Verantwortung des Zahnarztes und – daraus erwachsend – erweiterte Kompetenzen mit einem neuen Schwergewicht weg von restaurativen hin zu präventiven Aufgaben.

Neue Modelle für eine bessere Zukunft

Was Medienfachleute auf Veranstaltungen wie dem FVDZ-Presseseminar immer noch staunen lässt, ist den Zahnärzten, die sich heute auf das Morgen und Übermorgen vorbereiten, längst nichts Unbekanntes mehr. Im Gegenteil: Das sich längst sukzessive durchsetzende neue berufliche Selbstverständnis wurde von zahnärztlicher Wissenschaft, Standes- und Studentenorganisationen auch im gemeinsam abgestimmten Entwurf für die neue Approbationsordnung bereits mit berücksichtigt.

Unvorstellbar für den Berufsstand ist aber, dass man nach Jahren der Anstrengung, hier nach über 50 Jahren Entwicklung endlich überkommenes Altes durch fortschrittlich Neues abzulösen, jetzt vor den Geldbeuteln der Länder halt machen soll. Der mit knappen Kassen begründete Missstand, den der Bochumer Experte Kunkel für ebenso fatal hält wie die traurige Tatsache, dass diese Ansätze für eine verbesserte medizinische Prävention auch honorarstrukturell in Deutschland noch immer nicht berücksichtigt werden, steht allerdings nach wie vor auf der To-do-Liste des Bundesgesundheitsministeriums.

Kunkel steht mit seiner Sicht der Dinge fachlich alles andere als allein. Selbst auf europäischer Ebene hat der Council of European Dentists (CED) „wachsende Hinweise für einen Zusammenhang zwischen Parodontitis und Diabetes, Herzleiden, Schlaganfällen und Atemwegserkrankungen“ betont und darauf verwiesen, dass „eine Reihe von Problemen im Mundraum wie zum Beispiel Kandidose, Haarzunge, HIV, Kaposisarkom, Non-Hodgkin-Lymphom und Xerostomie Frühsignale für Allgemeinerkrankungen sind. Das Resümee des CED ist eindeutig: „Zahnärzte müssen sich mit gesundheitlichen Aspekten befassen, die weit über die herkömmliche Mundgesundheitsversorgung hinausgehen und können dadurch, dass sie bei der Behandlung ihrer Patienten Krankheiten bereits im Frühstadium erkennen, zur Rettung von Leben beitragen.“ Ein klarer Wegweiser für die Zukunft des Zahnarztes von Morgen und Übermorgen.

Fraglich ist angesichts der mit zunehmender Geschwindigkeit wachsenden Erkenntnisse über die systemische Wirkung zwischen oralen Erkrankungen und immer bedeutenderen Volkskrankheiten wie die des kardiovaskulären Spektrums oder beider Diabetestypen, ob die ärztlichen Kollegen diesen vermehrt notwendigen konsultatorischen Austausch in Zukunft ebenfalls ausreichend berücksichtigen werden. Es bedarf also einer Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit nicht nur in den Berufsstand hinein, sondern auch in unterschiedliche Bereiche der Gesellschaft.

Hier entwickelt sich jedenfalls auf Basis von Forschung und Lehre ein Bild des Zahnarztes, das in dieser Form vor wenigen Jahrzehnten noch unvorstellbar schien. Das gegenwärtige Versorgungs- und Honorierungssystem bildet diese Entwicklungen jedenfalls längst nicht mehr ausreichend ab.

Weg von den Tabus der Sachleistung

Das ist mit einer der Gründe, warum die zahnärztlichen Standesorganisationen mit Vehemenz an Strukturen arbeiten, die aus diesem Dilemma so weit wie möglich herausführen. Ein bedingungsloses „Raus aus der GKV“, zu Teilen durchaus standespolitische Maxime der 90er Jahre, ist seither allerdings pragmatischeren Vorgehensweisen gewichen. Denn Fakt ist: Immer noch sind 70 Millionen Deutsche GKV-versichert, nur 8,6 Millionen haben den Status als PKV-Vollversicherte.

Erstaunlich ist hingegen die Entwicklung einer anderen PKV-Sparte: „Mit 11,3 Millionen Zusatzversicherten in Deutschland wurde ein ehemaliger Nischenbereich inzwischen zum Blockbuster,“ konstatiert KZBV-Vorsitzender Dr. Jürgen Fedderwitz und freut sich vor diesem Hintergrund über den im Bereich der zahnmedizinischen Versorgung eingeschlagenen Weg der Festzuschussmodelle. „Hier haben wir ein hervorragendes Instrument, die Unzulänglichkeiten des Systems für alle Beteiligten zu umgehen.“ Den Patienten werde der Zugang zum medizinischen Fortschritt erhalten, die öffentlichen Sachleistungssysteme behielten im Regelleistungsbereich voll ihre Geltung, würden aber bei Wünschen der Patienten nach anderen Versorgungsarten über ein nach individuellem Bedarf ausrichtbares Vorgehen spürbar entlastet.

Die Zahnärzte haben also die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Patienten auch über Möglichkeiten zu sprechen, die früher im Sachleistungssystem tabu waren. Fedderwitz: „Ein für alle Beteiligten sinnvoller Weg, den wir in den kommenden Jahren ausbauen wollen.“ Ein Stück Zukunft, das allen Beteiligten Vorteile verschaffen kann.

Avisierte, weil als praktikabel diagnostizierte Bereiche sind neben der bereits etablierten Prothetik der Bereich der Füllungen sowie Überlegungen für ein angesichts wachsenden Handlungsbedarfs praktikables Festzuschussmodell zur effektiveren Bekämpfung der Parodontitis.

Soviel zum übergeordneten Handlungsrahmen. Maßgaben für die Zukunft der zahnärztlichen Praxis sind sicherlich, dass die Zahl der Füllungen, so weisen es die KZBV-Statistiken aus, seit Jahren drastisch zurückgeht. Gestiegen ist seit 1991 die Menge der Wurzelkanalbehandlungen, hier weist die Statistik ein Plus von sieben Prozent aus. Parallel ging die Anzahl der Extraktionen um 20 Prozent zurück. Auch die Prothetik, so verdeutlichte der KZBV-Vorsitzende Fedderwitz seinen Kollegen auf dem letzten Berliner Zahnärztetag im Januar dieses Jahres noch die grundsätzliche Lage, mache heute nur noch ein Viertel der Gesamtausgaben im Bereich der GKV für zahnmedizinische Versorgung aus. Steigenden Bedarf sieht Fedderwitz hingegen im Bereich der Parodontitisbehandlung.

Ein realistisches, aber zuversichtliches Selbstbild

Die Fakten signalisieren sicherlich die Notwendigkeit von Kursbegradigungen auf dem Weg in eine praktikable Zukunft der zahnmedizinischen Versorgung. Aber auch wenn die Sachlage, und in ihrem Zuge die Politik, bislang scheinbar wenig Anlass zum Optimismus bieten: Deutschlands Zahnärzte selbst vermitteln diesen Eindruck nicht, wie eine im Jahr 2009 vom Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) durchgeführte und nach umfassender Auswertung im Frühjahr zur Gesamtveröffentlichung anstehende Repräsentativumfrage belegt. Die Ergebnisse dieser Studie verschaffen eher den Eindruck, „dass der Blickwinkel in der Praxis breiter wird“, so der an der Durchführung des IDZ-Projektes beteiligte Prof. Dr. Elmar Reich: „Es geht längst nicht mehr darum, nur Löcher zu stopfen.“ Laut Studie beschäftigen sich zwei Drittel der deutschen Zahnärzte nach Eigenaussage heute durchaus mit Sachfragen aus dem Bereich der evidenzbasierten Medizin. Acht von zehn Zahnärzten halten die Bedeutung von Allgemeinerkrankungen für die eigenen Therapieentscheidungen für „wichtig“ oder „sehr wichtig“.

Der Zahnarzt weiß, so lassen die Ergebnisse der Studie erkennen, um das Thema Wettbewerb, sieht positive Entwicklungssignale durch Spezialisierung wie auch durch die Schaffung von Arbeitsschwerpunkten. Etwa ein Fünftel der Zahnärztinnen, ein Viertel der Zahnärzte setzen sich nach Eigenaussage aktiv mit dem Themenfeld neue Praxisformen auseinander.

Da bereitet sich also ein Berufsstand aktiv auf die Zukunft vor? IDZ-Institutsleiter Dr. Wolfgang Micheelis betont angesichts der Ergebnisse – die die zm im Detail noch gesondert darstellen werden –, dass Deutschlands Zahnärzte in ihrem Denken und Handeln „eine hochgradig homogene Berufsgruppe darstellen“. Dass das auch angesichts der weitgehend bewussten und sich zunehmend etablierenden internen Wettbewerbssituation möglich ist, spricht für den freiberuflich orientierten Berufsstand. Stabilisierend dürfte sich dabei auch auswirken, dass sich an der Versorgungsdichte in Deutschland in den kommenden zwei Jahrzehnten nur wenig ändern wird: „Laut aktuellen Prognosen wird das Zahlenverhältnis von Zahnärzten pro Patient auch im Jahr 2030 auf stabilem Niveau bleiben“, stellt Fedderwitz heraus. Das ist ein Quantum, das für die Beibehaltung einer hohen Versorgungsqualität hoffen lässt.

Die aktuellen Prognosen und das Selbstverständnis der Zahnärzte in Deutschlands Praxen lassen erkennen, dass gute Aussichten für eine im internationalen Vergleich herausragende Versorgungsqualität bestehen. Bleibt also jenseits der Teilhabe und Implementierung von wissenschaftlichen Fortschritten strukturell „alles beim Alten“?

Zukunft für Zahnärztinnen

Wohl doch nicht ganz, denn es gibt durchaus einen Trend, der deutliche Veränderungen erkennen lässt: Der typische Zahnarzt der kommenden Jahrzehnte ist „eine Sie“, betonte beispielsweise der Präsident der Bundeszahnärztekammer Dr. Peter Engel anlässlich des 13. Symposiums des Bundesverbandes der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa (BDIZ/EDI) im vergangenen Oktober in München: „Schon heute weisen die Zahlen der zahnmedizinischen Uni-Absolventen eine deutliche Mehrheit an Frauen aus.“ Der „Break Even“ zwischen weiblichen und männlichen Zahnärzten, so vermitteln es die aktuellen Prognosen, soll im Jahr 2017 erreicht sein.

Bleibt das ohne erkennbare Änderungen für den Berufsstand? Barbara Bergmann-Krauss vom IDZ sieht, gestützt durch die Ergebnisse der aktuellen IDZ-Studie, hier durchaus Einstellungen, die sich auf die Arbeitsstruktur auswirken werden: „Zahnärztinnen sehen sich – anders als ihre männlichen Kollegen – weniger in Wettbewerbssituationen. Und Zahnärztinnen denken mehr als Männer über einen anderen Berufsstatus, beispielsweise ein Angestelltenverhältnis, nach.“

Wie diese zunehmend auf Flexibilisierung setzenden Anstellungswünsche sich künftig auf die Berufsausübung auswirken, dürfte eines der spannendsten Themen der nächsten Jahrzehnte werden.

Aber simpel und gradlinig ist der Weg in die weibliche Zukunft des zahnärztlichen Berufsstandes nicht. Das zumindest verdeutlichen Gereon Schäfer, Tobias Fischer und Dominik Groß von der Universität Aachen in ihren „Betrachtungen zur Entwicklung der zahnärztlichen Profession im wiedervereinigten Deutschland in genderspezifischer Perspektive“. Zwar habe der Anteil der Frauen unter den Studierenden und Absolventen zwischen 1990 und 2008 deutlich zugenommen, aber sie nähmen weiterhin nur in sehr begrenztem Maße an Karriere- und Leitungspositionen in Forschung, Lehre und Berufspolitik teil. Und auch die Aachener Autoren stellen den merklichen Unterschied heraus: Nach wie vor tendieren Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen eher Richtung abhängigem Beschäftigtenverhältnis als zur Praxisneugründung. Und ein Drittes: Noch gibt es die altbekannte ungleiche Verteilung in den Tätigkeitsgebieten der Zahnmedizin: Kinderzahnheilkunde und Kieferorthopädie sind immer noch die traditionellen Wahlfelder der Frauen.

Freiberuflichkeit als Garant für die Selbstbestimmung

Wie sich die genderspezifische Entwicklung künftig auch ausrichten mag, wichtige Aufgabe des Berufsstandes wird es sein, sich auf die spezifischen Ansprüche der künftigen Kolleginnen und Kollegen einzustellen. Faktisch scheint es darauf hinauszulaufen: Die Zahnärztinnen werden künftig – wie wahrscheinlich auch ihre dann praktizierenden männlichen Kollegen – „in bestimmten Lebensphasen gern auf Teilzeitbasis arbeiten“, zeigt sich BZÄK-Präsident Engel überzeugt.

Eine Beschäftigung in Form der Anstellung wird für die Zahnärzte der Zukunft weit weniger fremd sein, als es heute noch der Fall ist, genauso wenig wie der umzusetzende Wunsch nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Diese Zukunft beginnt im „Hier und Heute“, denn schon jetzt nimmt der Anteil der Berufsausübungsgemeinschaften an den Existenzgründungen immer weiter zu.

Doch wie es auch kommen mag: Entscheidend für die Arbeit in der Praxis der Zukunft dürfte aber die Selbstbestimmung im beruflichen Handeln bleiben. Engel: „Freiberuflichkeit wird auch künftig als Motor für die freiheitliche Ausübung des zahnärztlichen Berufs ihre ganz entscheidende Wichtigkeit behalten. Sie ist und bleibt der Garant für die Therapiefreiheit des Zahnarztes und die notwendige Direktbeziehung von Patient und Zahnarzt.“

Gerade die aktuellen Entwicklungen zu immer mehr Elementen bürokratischer und gesetzlicher Fremdbestimmung sind Grund genug für den BZÄK-Präsidenten, vor einer leichtfertigen Aufgabe der freiberuflichen und selbstbestimmten Tätigkeit zu warnen: „Unser Fach, unser Wissen ist viel zu komplex, als dass es durch Fremdsteuerung von außen die richtige Richtung nähme.“ Diese grundsätzlichen Maßgaben gelte es gerade auch in einem künftig mannigfaltiger ausgestalteten System differenzierter Praxisformen und Arbeitsverhältnisse zu verteidigen.

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