Interdisziplinäre zahnmedizinische Grundlagenforschung

Ohne harte Forschung an der Basis keine gute Zahnmedizin

Die 42. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Grundlagenforschung fand in diesem Jahr Anfang Januar in Mainz statt und bot ein dicht gedrängtes und breites wissenschaftliches Programm. Prof. Dr. Brita Willershausen, Mainz, und ihr Team hatten sie in bewährter Weise vor Ort mit vorbereitet. 46 Vortrags- und Posterbeiträge – alle von hoher wissenschaftlicher Qualität – gaben einen Einblick in nationale Forschungsaktivitäten im Fach Zahnmedizin.

Die Förderung der Grundlagenforschung in der Zahnmedizin, das sei nach wie vor das Ziel der Arbeitsgemeinschaft für Grundlagenforschung (AfG), betonte der erste Vorsitzende der Gesellschaft, Prof. Dr. Werner Götz, Bonn, bei seiner Eröffnungsansprache. Man wolle damit einen Beitrag leisten zur Außendarstellung der deutschen Zahnmedizin gegenüber der Öffentlichkeit, den Medien und auch der Politik als einem wissenschaftlich fundierten medizinischen Fachgebiet. Dabei dürfe aber der Schwerpunkt der Förderung nicht nur auf die in den letzten Jahren zunehmende zell- und molekularbiologische Forschung gelegt werden, sondern müsse nach wie vor die klassischen zahnmedizinischen Forschungsbereiche wie Werkstoffkunde oder klinisch-experimentelle Studien umfassen. Die AfG gehöre zwar zu den kleineren Fachgruppierungen innerhalb der DGZMK, habe aber inzwischen 235 Mitglieder.

DFG-Forschungsförderung

Drei besondere „Highlights“ kennzeichneten diese erfolgreiche AfG-Tagung 2010: Auf ein sehr starkes Interesse stieß vor allem die Veranstaltung mit dem Referenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Dr. Georg Munz, mit dem Thema „DFG- Forschungsförderung – Einblicke und Einstiege“, die vom zweiten Vorsitzenden der AfG, Prof. James Deschner, Bonn, moderiert wurde. Dr. Munz gab einen Überblick über die Aufgaben und Tätigkeiten der DFG und ihre Fördermöglichkeiten, zugeschnitten auf die Belange und Bedürfnisse der Zahnmedizin und speziell auch auf Nachwuchswissenschaftler, die erstmalig eine Dritt- mittelförderung anstreben. Die Zuhörer konnten jederzeit Fragen zu allen Aspekten der Forschungsförderung stellen, was auch ausgiebig genutzt wurde. „Eine solche Veranstaltung speziell für die Zahnmedizin war schon lange überfällig“, so die immer wieder gehörte Meinung vieler Tagungs-teilnehmer. Die AfG habe mit dieser Veranstaltung eine Vorreiterrolle übernommen, um die Drittmittelförderung in der zahnmedizinischen Forschung anzustoßen.

Workshops rund um den Knochen

In den bereits traditionellen „AfG-Workshops“ präsentieren die Referenten und Referentinnen aus ihren jeweiligen Fachgebieten zu Beginn der Tagung aktuelle Übersichten zum Stand der Forschung. Dieses Jahr widmete man sich dem Thema „Knochen“ in der Zahnmedizin. Als erster Referent konnte Prof. Dr. Michael Amling gewonnen werden, Leiter des Zentrums für Biomechanik, Skelettbiologie und Experimentelle Unfallchirurgie am Universitäts- klinikum Hamburg-Eppendorf, der zu den international führenden experimentell und klinisch tätigen Osteologen gehört. Er informierte in seinem Vortrag anhand von aus-gewählten Krankheitsbildern über den aktuellen Stand der zellulären und molekularen Knochenforschung. Für den zahnärztlichen Bereich auch klinisch interessant waren seine Ausführungen über den Vitamin-D- Mangel, der nicht nur in der Pathogenese der Osteoporose, sondern auch von Autoimmunerkrankungen oder Krebs eine Rolle spielt. In einem weiteren Workshop-Vortrag bot Prof. Dr. Werner Götz eine Übersicht über den zahnärztlich wichtigen Knochen von Kiefer und Alveolarfortsätzen und arbeitete die biologische Sonderstellung dieser Knochenregion heraus, die sich sowohl auf struktureller, als auch auf zellulärer und molekularer Ebene manifestiert, und im Zusammenhang mit den embryologischen Besonderheiten des Schädels zu sehen ist. Der Vortrag von Prof. Dr. Andreas Jäger, Bonn, konzentrierte sich schließlich auf die biologischen Zusammenhänge zwischen Biomechanik und Alveolarknochen, wie sie auch zum Beispiel für die Kieferorthopädie oder die Implantologie von großer klinischer Bedeutung sind. Die zahlreichen biologischen Faktoren, die inzwischen dabei nachweisbar sind, stehen auch im Fokus der parodontologischen Forschung, da sie ebenfalls bei Entzündungen und Knochenverlust eine Rolle spielen.

AfG-Preise

Als wichtige Neuerung in der Geschichte der AfG können die 2010 erstmalig ausgelobten AfG-Preise gelten, die für die zwei besten Vorträge und die zwei besten Poster vergeben wurden und von den Firmen GABA und Straumann, die schon seit Langem die AfG-Tagungen als Sponsoren unterstützen, gestiftet wurden. Sie sind mit jeweils 300 beziehungsweise 200 Euro dotiert und sollen an junge, noch nicht habilitierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben werden. Das Preiskomitee, bestehend aus den Professorinnen und Professoren James Duschner, Mainz, Andreas Jäger, Bonn, Holger Jentsch, Leipzig, Susanne Kneist, Jena, und Ulrich Schlagenhauf, Würzburg, hatte keine leichte Aufgabe, unter der Fülle der qualifizierten Beiträge eine Wertung durchzuführen. Schließlich wurden sogar zwei erste Vortragspreise vergeben. Diese gingen an Dr. S. Schulz aus der Abteilung für Orale Biotechnologie (Prof. Dr. P. Tomakidi) der Universität Freiburg für seinen Beitrag „Diskriminierung parodontaler Zellen durch Erstellung eines biomechanischen Finger abdrucks“ und Dr. S. Said Yekta aus der Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventive Zahnheilkunde (Prof. Dr. Fritz Lampert) des Universitätsklinikums Aachen für ihren Vortrag „Zerebrale Akti-vierung bei virtueller Zahnarztbehandlung – Vergleich von Patienten und Zahnärzten“. Der erste Posterpreis ging an Dr. A. Konermann, zur Zeit Gerok-Stipendiatin in der Klinischen Forschergruppe 208 an der Universität Bonn für ihr Poster „Beteiligung der parodontalen Ligamentzellen an immun- regulatorischen Prozessen“, der zweite an ZA T. Abouassi und Dr. S. Proksch aus der Abteilung für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie (Prof. Dr. Elmar Hellwig) des Universitätsklinikums Freiburg, die gemeinsam ihr Poster „Kann Melatonin die zytotoxische Wirkung von Chlorhexidin in vitro kompensieren?“ vorgestellt hatten.

Das Vortrags- und Posterprogramm dieser Tagung repräsentierte die breit gefächerte interdisziplinäre Forschung in der heutigen deutschen Zahnmedizin und umfasste so unterschiedliche Themen wie dentale Stammzellforschung, Biomaterialien, Plaqueforschung, experimentelle Endodontie, Implantatmechanik, Embryologie, immunologische Forschung, Speicheldrüsen oder sogar Softwareentwicklung. Die Zahl der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ihre Ergebnisse präsentier- ten und nicht nur aus der Zahnmedizin stammten, sondern auch aus anderen Fachgebieten, wie den Natur- oder Ingenieurwissenschaften oder der Medizin, war wiederum erfreulich hoch. Dies entspricht dem Anliegen der AfG, den Nachwuchs in der dentalen Forschung zu fördern und ihm eine Plattform zu geben, auf der auch kri- tische Diskussionen erwünscht sind. Dies trägt auch zur Vorbereitung der jüngeren Kolleginnen und Kollegen auf spätere Präsentationen im internationalen Rahmen bei.

Mitgliederversammlung

Auf der Mitgliederversammlung wurden der bisherige 1. Vorsitzende, Prof. Dr. Werner Götz, sowie der bisherige 2. Vorsitzende, Prof. Dr. James Deschner, beide Universität Bonn, für ein weiteres Jahr gewählt, eine Honorierung für die 2009 geleistete Arbeit und die Vorbereitung einer erfolgreichen Tagung 2010. Dies gibt beiden aber auch die Möglichkeit, angestoßene Projekte für 2010 weiterzuführen und zu versuchen, die AfG noch weiter in der Zahnärzteschaft, an den Universitäten und in sonstigen Forschungseinrichtungen bekannt zu machen sowie weitere Mitglieder zu gewinnen. Sie betonten, dass es insbesondere gelingen müsse, Beiträge für die AfG auch aus solchen zahnmedizinischen Disziplinen zu gewinnen, die bisher in noch nicht so großem Umfang an den Tagungen beteiligt waren. Dies gelte insbesondere für die Prothetik und die chirurgischen Fächer. Als einen weiteren Schwerpunkt zukünftiger Arbeit sehen es Götz und Deschner an, engere Kontakte zu anderen Gruppierungen in der DGZMK sowie zu anderen Fachgesellschaften zu knüpfen. Dass es dazu schon gute Ansätze gibt, zeigen die Planungen für den Deutschen Zahnärztetag 2010 in Frankfurt. Dort wird die AfG am 13.11. zusammen mit dem Interdisziplinären Arbeitskreis Oral- pathologie und Oralmedizin (AKOPOM) ein Symposium zum Thema „Klinik und Therapie der Lichen-Erkrankung“ und mit dem Transdisziplinären Arbeitskreis für Regenerative Medizin (TAK RegMed) ein Symposium über „Moderne regenerative Therapien und Stammzellbiologie in der Zahnmedizin“ durchführen. Als langjährige Schriftführerin der AfG wurde auf der Mitgliederversammlung Dr. Eva Wörtche, Freiburg, verabschiedet. Zur neuen Schriftführerin wurde Dr. Kerstin Galler, Regensburg, gewählt.

Termin 2011

Die nächste Jahrestagung wird am 13. und 14. Januar 2011 wieder in der Universitätszahnklinik in Mainz stattfinden. Als Thema des Workshops für 2011 wurde „Schmerz“ gewählt, für das man renommierte Referenten und Referentinnen aus den Neurowissenschaften und der Zahnmedizin gewinnen möchte.

Dr. Kerstin GallerUniversitäts-Zahnklinik RegensburgFranz-Josef-Strauss-Allee 1193053 Regensburgkerstin.galler@klinik.uni-regensburg.de

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