Fehlermanagement

Aus Fehlern Verbesserungen entwickeln

sg
Entsprechend der Formel „Unsere Stärken stärken – unsere Schwächen schwächen“ sollte man bei Fehlern nicht gleich den Kopf in den Sand stecken. Vielmehr sollten sie registriert werden, um sie zukünftig zu verhindern. Somit wird die Praxis durch Verbesserungen vorangebracht.

Häufig sehen wir viel zu sehr die „Löcher im Käse“ und registrieren zu wenig, was an Substanz und Stärken vorhanden ist. Um dem entgegenzusteuern, ist eine Reihe von Praxen bereits dazu übergegangen, in Teambesprechungen immer mit dem Thema zu beginnen „Was lief gut in letzter Zeit?“. Das motiviert, weil das Team sich das gemeinsam Erreichte bewusst macht und das Positive nicht als Selbstverständlichkeit untergeht. Dennoch sollte ein besonderes Augenmerk gerade auf Fehler gerichtet sein, denn sie können oft dazu verhelfen, Abläufe, die nicht rund laufen, zu optimieren.

Ein Fehler ist, allgemein ausgedrückt, die Abweichung von einem Standard. Dieser kann von außen vorgegeben werden, etwa in Form gesetzlicher Vorschriften, oder auch eine interne Festlegung sein. Praxisintern verursachte Fehler können in den unterschiedlichsten Bereichen auftreten: unvollständige Leistungseingaben, lange Wartezeiten für Patienten, Umstände, die Beschwerden durch Patienten auslösen, ein unzureichendes Terminmanagement. Oder lückenhafte Informationsweitergabe an Teilzeitkräfte, nachlässige Behandlungsvorbereitung, unvollständig ausgefüllte Auftragszettel für das Labor und unregelmäßige Mitarbeiterbelehrungen. Wir alle wünschen uns, dass uns und den anderen keine Fehler unterlaufen, wissen aber gleichzeitig, dass das unrealistisches Wunschdenken ist. Daher gilt es, Instrumente einzusetzen, um mit Fehlern angemessen umzugehen, sprich: ein „Fehlermanagement“ zu etablieren. Fehlern vorzubeugen, reduziert Reibungsverluste, damit Ärger und Stress, spart Zeit, somit Geld und trägt zur Zufriedenheit aller Beteiligten bei.

Zahnarztpraxen, selbstverständlich auch andere Teams und Unternehmen, unterscheiden sich in starkem Maße in ihrer Einstellung zu Fehlern und Kritik darin, wie sie mit diesen umgehen, das heißt, welche „Fehler- und Kritikkultur“ bei ihnen vorherrscht.

Wer ist schuld?

An dem einen Ende der Skala steht eine Kultur, in der beim Auftreten von Fehlern mit Vorliebe gefragt wird „Wer ist Schuld?“. Mitunter kann der Verursacher des Fehlers gar nicht ermittelt werden. Wenn aber der „Schuldige“ doch gefunden ist, hat er mit Konsequenzen zu rechnen oder es wird ihm wenigstens gesagt, dass er zukünftig darauf zu achten hat, diesen Fehler nicht zu wiederholen, im Extremfall ohne nachzufragen, wie er sich selbst diesen Fehler erklärt. Damit endet häufig die Fehleraufarbeitung. Diese Art des Umgangs mit Fehlern und den Mitarbeitern, die sie verursacht haben, kann dazu führen, dass bei Mitarbeitern eine Verunsicherung einsetzt und niemand mehr ohne weiteres bereit ist, zu gemachten Fehlern zu stehen, sondern sie vertuscht, mitunter mit der Folge, dass Fehler sich kontinuierlich fortsetzen.

Der Amerikaner William Deming, ein Pionier des modernen Qualitätsmanagements, kam zu der Einschätzung, dass 95% der Fehler systembedingt und nur 5% individuell bedingt sind. Auch wenn diese prozentuale Verteilung nicht unhinterfragt auf Zahnarztpraxen übertragen werden sollte, bildet diese Aussage den Hintergrund für eine entgegengesetzte Kultur des Umgangs mit Fehlern, in der die Frage anders gestellt wird:

Was ist schuld?

Diese Fragestellung drückt aus, dass zunächst die Bedingungen verantwortlich gemacht werden, die zu Fehlern geführt haben, nicht der Einzelne. Fehler, die im ersten Moment wie individuelle Fehler aussehen, können sich beim zweiten Hinschauen als strukturelle Fehler erweisen, etwa in Form fehlender Zuordnung von Verantwortlichkeiten, keiner klaren Festlegung von Prioritäten, unzureichender Absprachen, nicht eindeutig festgelegten Abläufen, zu wenig Zeit oder mangelnder Einarbeitung und Erfahrung. Hier werden Fehler vor allem zum Anlass genommen, diese Bedingungen zu analysieren und sie zu verändern, um zukünftigen Fehlern vorzubeugen und somit Verbesserungen durchzuführen, ohne dass der Verursacher eines Fehlers verheimlicht werden müsste. Bei einer derartigen Kultur wird ein Team konstruktiver und offener mit Fehlern umgehen und eher bereit sein, auch den persönlichen Anteil an einem Fehler einzugestehen. Einen solchen Stil zu entwickeln, kann allerdings ein längerer gemeinsamer Lernprozess sein.

Fehler systematisch erfassen

Fehler werden im Alltag zwar bemerkt, aber selten systematisch erfasst. Dies ist aber die Voraussetzung, um sie bearbeiten und ihnen zukünftig vorbeugen zu können.

Zur systematischen Erfassung von Fehlern gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine ist die Verwendung eines Formulars „Was läuft nicht rund?“, das in die Behandlungszimmer und die Funktionsräume gelegt wird und auf dem Praxismitarbeiterinnen und Chefs auftretende Fehler, ihren Namen und Datum notieren. Eine dafür verantwortliche Mitarbeiterin, beispielsweise die QM-Beauftragte, wertet die Eintragungen regelmäßig aus.

Statt in einem Papierformular können Fehler auch im Computer erfasst werden, wenn die Praxissoftware eine solche Möglichkeit bietet, zum Beispiel in Form einer Notizfunktion. Aus Erfahrung kann der Verfasser allerdings sagen, dass diese Variante nur zu empfehlen ist, wenn alle Teammitglieder einen schnellen Zugang dazu haben und wirklich auch bereit sind, ihn zu nutzen. Andernfalls sollte auf die Papiervariante zurückgegriffen werden.

Teamsitzungen zur Optimierung nutzen

Je nach Dringlichkeit werden die Fehler auf einer der nächsten Praxisbesprechungen erörtert: Woran liegt es, dass unsere Patienten häufig lange warten müssen? Weshalb sind immer wieder Zementreste an „sterilisierten“ Instrumenten? Erforderliche Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen sowie ihre umgehende Umsetzung im Praxisalltag werden festgelegt. In einem Fall kann eine erforderliche Maßnahme die Optimierung von Abläufen oder der Organisation sein, in einem anderen die systematische Analyse des Problems entsprechend den Schritten der Problemlösestrategie (vgl. Artikel „Arbeitsabläufe des Praxisalltags optimieren“ in zm3/2010) oder ein Anleitungsgespräch mit einer Mitarbeiterin. Manchmal ist es zusätzlich hilfreich, Fehler, die trotz mehrmaliger Besprechung immer wieder auftauchen, mit Hilfe einer „Wochenlosung“ zu reduzieren: Das kritische Thema wird auf einer Praxisbesprechung nochmals diskutiert; das Team vereinbart anschließend, bis zur nächsten Praxisbesprechung sehr bewusst und vor allem darauf zu achten, dass die getroffene Vereinbarung stabil umgesetzt wird; auf der nächsten Praxisbesprechung wird der Erfolg der Umsetzung dieser „Wochenlosung“ analysiert.

Bernd SandockDipl.-PsychologeSpindelmühler Weg 2212205 Berlininfo@sandock.de

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