Präventionsgewinner

Sie geben Aids keine Chance

Heftarchiv Gesellschaft
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Die Aids-Präventionskampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) läuft seit 1987. Den Slogan „Gib Aids keine Chance“ kennt fast jeder. Die Bilanz ist erfreulich: Heute hat die Bundesrepublik mit 34 Neudiagnosen pro eine Million Einwohner eine der niedrigsten Infektionsraten Europas. Sollen Präventionsansätze auch bei schwer erreichbaren Gruppen, wie männlichen Prostituierten oder Flüchtlinge greifen, ist Ideenreichtum und Engagement gefragt. Sechs herausragende Projekte im Kampf gegen AIDS wurden jetzt im Rahmen des „Bundeswettbewerb Aidsprävention“ in Berlin ausgezeichnet.

Der Wettbewerb wird von der BZgA gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ausgerichtet und vom Verband der privaten Krankenversicherung e.V. (PKV) unterstützt. Das Motto „Neue Wege sehen – neue Wege gehen!“ zielt darauf ab, neuartige Präventionsansätze zu identifizieren und zu verbreiten.

Mit Blick auf die gesunkene Infektionsrate sagte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler: „Dieses niedrige Infektionsniveau zu halten und langfristig zu senken, ist unser gemeinsames Ziel. Hierfür benötigen wir in der Präventionsarbeit immer wieder neue Ideen und Ansätze, wie Menschen mit Risikoverhalten erreicht werden können.“ Im Vergleich zu den niedrigen Zahlen in Deutschland liegt die Rate in der Schweiz bei 102 Personen, in Portugal bei 105 und in Großbritannien gar bei 119 (2008). Nach wie vor ist Aids nicht heilbar. Dennoch werden „HIV und Aids in Deutschland kaum noch als Bedrohung wahrgenommen“, warnte Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der BZgA. „Mit dem Bundeswettbewerb können wir innovative lokale und regionale Präventionsprojekte identifizieren und gezielt fördern“, erklärte sie. Die Resonanz auf den Wettbewerb und die Qualität der eingereichten Projekte waren laut Pott beeindruckend. Über 60 Institutionen haben sich an der zweiten Auflage des Wettbewerbs beteiligt. Eine Fachjury prüfte, welche Projekte als besonders innovativ, neuartig, modellhaft und vor allem übertragbar bezeichnet werden können. Was macht die sechs Sieger einzigartig? Die Jury betonte, dass jede Initiative vollkommen neue bereichsübergreifende Kooperationen eingeht und die Zielgruppen direkt in die Präventionsarbeit einbezieht. Der sogenannte Peer-Ansatz steht im Mittelpunkt vieler Projekte, die vor allem Menschen mit Migrationshintergrund und besonders gefährdete Gruppen, wie Menschen in schwierigen Lebenslagen, Freier, Prostituierte oder Reisende ansprechen.

Erfolgsmethode Peer-Ansatz

„Peer Education“ ist ein Ansatz im Gesundheitsbereich, bei dem Personen Mitglieder gleicher Alters- oder Statusgruppen („peergroups“) zu einem Thema informieren und versuchen, deren Einstellungen und Verhaltensweisen zu beeinflussen. Peer Education-Programme werden unabhängig vom Alter der Beteiligten durchgeführt. Die meisten Erfahrungen und Einsatzbereiche beziehen sich aber auf Jugendliche. Ein Beispiel für den gelebten Peer-Ansatz zeigt das von der Jury ausgezeichnete und mit 7 500 Euro dotierte Projekt „Aids – Muttersprachler klären auf“, das von der Aids-Beratung Mittelfranken der Stadtmission Nürnberg e. V. koordiniert wird. Die Aids-Beratung Mittelfranken hat seit der Geburtsstunde der Aids-Präventionskampagne der BZgA Erfahrungen mit kultursensibler Aidsprävention gesammelt. Der Peer-Ansatz greift hier, indem Schlüsselpersonen aus unterschiedlichen religiös-kulturellen Gemeinden ausgewählt werden, die dort bereits intern akzeptierte Ansprechpersonen sind. Insgesamt 18 Frauen und Männern aus zehn Ländern wurden zu Aids-Referenten ausgebildet. Die Präventionsveranstaltungen finden vorwiegend in der zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge in Zirndorf statt. Außerdem stellen die Referenten ihr Wissen in Übergangsheimen, auf Festen, in Moscheen und Vereinen sowie auf Brauchtumsfesten zur Verfügung. Die Jury lobte, es sei „verdienstvoll und innovativ, dass Neuankömmlinge in Deutschland unmittelbar mit ihrer Ankunft zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten (STI) aufgeklärt und beraten werden.“ Eine Leistung, die die Regel darstellen sollte, momentan aber nur als Ausnahme praktiziert wird, so der Tenor.

• Die zm werden über den Welt-Aids-Tag berichten.

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