Leitartikel

Weg mit den Budgets

Heftarchiv Meinung

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

uns Zahnärzten ist es fast schon ins standespolitische Stammbuch geschrieben: Mit begrenzten Mitteln kann es keine unbegrenzten Leistungen geben. Ein alter Hut? Leider nein. Das, was schon in den neunziger Jahren vorigen Jahrhunderts politische Tagesordnung war, ist auch heute noch nicht vom Tisch. Dabei war selbst einer rigide denkenden Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt schon klar, dass die Budgetierung von Leistungen in der GKV keine gute Lösung ist. Bei Ärzten und Krankenhäusern wurde das Thema angegangen. Wir Zahnärzte blieben noch außen vor. Bevor die Abschaffung bei uns umgesetzt werden konnte, kam der Regierungswechsel. Jetzt kämpft eine schwarz-gelb verantwortete Regierung mit der Unzulänglichkeit politischer Entscheidungen, die eigentlich in die Seehofersche BMG-Ära zurückreichen. Kein Ende in Sicht? Die Botschaft kann nicht eindeutiger sein: Die Budgets gehören abgeschafft! Auch dieses Jahr fehlen Deutschlands Zahnärzten für die Behandlung ihrer Patienten insgesamt 150 Millionen Euro. 1,7 Millionen Patienten werden im Bundesgebiet auf Grund fehlender Zahlungen bestimmter Krankenkassen auf Kosten der Praxen behandelt. Wer das moniert – in diesem Jahr hat die KZV Bayerns als erste auf die Problemlage aufmerksam gemacht – wird nach allen Regeln lobbyistischer Kunst bekämpft. Dabei stellt sich die Frage jedes Jahr unter gleichen Bedingungen: Einzelne Krankenkassen ziehen sich mit von vornherein zu gering angesetzten Vergütungssummen aus der Verantwortung. Proteste bestrafen sie mit dem Vorwurf, dass die KZVen ganz einfach nicht mit Geld umgehen können. Unsinn! Die Politik reagiert auf die meist zum vierten Quartal auflaufende Problematik immer mit dem Vorwurf, dass die Zahnärzte streikten und damit ihrer im Sozialgesetzbuch fixierten Behandlungspflicht nicht nachkämen. Ebenfalls Unsinn!

Keine KZV verschleudert das ihr zur Verfügung gestellte Geld. Jeder von uns geht mit den unzureichenden Mitteln nach ausgeklügelten Systemen um. Hier wird Mangel verwaltet. Das lässt sich – egal durch welche Art der Honorarverteilung – auch an entsprechend aufbereiteten Zahlen der Länder aufzeigen. Fakt ist: Die Systematik ist dem Versorgungsgedanken nicht angemessen. Das wird nach außen kommuniziert. Und niemand auf dieser Welt käme auf die Idee, ab einem bestimmten Zeitpunkt auf festgeschriebene Gegenwerte zu verzichten. Zahnärzte hingegen sollen das hinnehmen. Wir werden vom Gesetzgeber zu wirtschaftlichem Handeln aufgefordert, also sollte man uns im zweiten Atemzug auch nicht vorwerfen, dass wir genau das tun.

Was uns die Politik ankreidet, wenn wir öffentlichkeitswirksam auf diesen offensichtlichen Mangel hinweisen, ist eine durchschaubare Reaktion: Wer auf eigene Unzulänglichkeiten hingewiesen wird, die er nicht kurzfristig abstellen kann, neigt zum Gegenangriff. Aber: Keiner unserer Patienten wird vernachlässigt, keiner muss auf Grund der mangelhaften Leistungen der Krankenkassen Schmerzen erleiden. Dafür sind wir Zahnärzte. Keiner von uns käme darauf, unsere Fürsorgepflicht nicht nachzukommen. Im Gegenteil: Ganz im Sinne dieser Pflicht müssen wir unsere Patienten auf die Unhaltbarkeit dieser Situation hinweisen. Sie sind zusammen mit uns betroffen, wenn auf Grund falscher Vergütungssysteme immer wieder Schwierigkeiten auftreten, die die Zuverlässigkeit und qualitative Hochwertigkeit unserer zahnmedizinischen Arbeit erschweren.

Übrigens: Auch der Einwand, dass wir in unserer Verantwortung für die Patienten diese nicht verunsichern dürfen, ist nicht neu und stimmt sogar. Deswegen ist es ja so wichtig, den Patienten vor Ort die Sachlage zu erklären, sie darauf aufmerksam zu machen, wie unsinnig das Sachleistungssystem mit ihren Kassenbeiträgen umgeht.

Denn schließlich gehört der Ärger dorthin, wo die Ursache liegt: bei unzulänglichen Regelungen im Sozialgesetzbuch V, in der mangelnden Bereitschaft der Politik, hier Abhilfe zu schaffen und in der lapidaren und falschen Grundhaltung der gesetzlichen Krankenkassen, Geld zu sparen, wo es geht.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der KZBV

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