17. Schleswig-Holsteinischer ZahnÄrztetag

Besucherrekord beim Thema Schmerz

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Der Schleswig-Holsteinische ZahnÄrztetag ist auch im 17. Jahr noch nicht an seine Grenzen gestoßen: Wieder neue Rekorde – 1 871 zahlende Teilnehmer und hundert Dentalfirmen konnte die veranstaltende KZV in Neumünster begrüßen. Die Gründe für diesen Erfolg: das Thema „Der Schmerzpatient“ und die guten Erfahrungen von Zahnärzten, Mitarbeiterinnen und Ausstellern aus den ersten 16 Jahren. Vielleicht noch ein weiterer Grund: Das Ende der wirtschaftlichen Talsohle scheint in Sicht.

Wie man es von ihm erwartet, nutzte der KZV-Vorstandsvorsitzende Dr. Peter Kriett die Eröffnung zur Warnung vor politischen Illusionen: Noch habe Schwarz-Gelb die zentralistische Gesundheitspolitik der Vorgängerregierung nicht umgekrempelt, noch seien alle schwarz-roten Gesetze in Kraft. Nicht Patienten, Leistungserbringer oder Kostenträger, sondern Gesundheitsökonomen steuerten die Politik, und die Öffentlichkeit interessiere es nicht, wenn der Gesundheitsfonds staatsfern gezahlte Beiträge mit Gesetzeskraft in staatliches Sondervermögen umetikettiere. Kriett unter Beifall: „Politisch gesehen sind wir der Schmerzpatient, aber der Staat ist kein Arzt.“ Und er schloss mit dem Appell „Stellen Sie die Existenz Ihrer KZV sicher!“, denn Selektivverträge endeten im Untergang des freien Berufes Zahnarzt.

Definition als oraler Arzt

„Zahnmedizin ist Medizin“, und wenn ein Patient über Schmerzen im Gesicht klage, die nicht von den Zähnen oder dem Mund herrühren könnten, dann sollte der Zahnarzt „über den Gesichtsrand hinaus schauen“, die Psyche berücksichtigen, zuhören und erklären können sowie gute Physiotherapeuten und Schmerz-Psychotherapeuten kennen, so Prof. Dr. Jens Türp, Schmerz-Spezialist an der Uni-Zahnklinik Basel. Er sprach Klartext mit dem Auditorium: „Definieren Sie sich als oralen Arzt, als oralen Rheumatologen. Und öfter mal Fachliteratur lesen!“ Bei atypischen Odontalgien ohne erkennbare Ursache beziehungsweise nach Wurzelbehandlungen/WSR und bei idiopathischem Gesichtsschmerz empfahl Türp über den geläufigen zahnärztlichen Rahmen hinaus zu medikamentieren, unter anderem mit wiederholter lokaler Applikation von Capsaicin 0,025-prozentig – ersatzweise einige Tropfen Tabasco in einem Glas Wasser. Bei idiopathischem Mund- und Zungenbrennen gebe es gute Erfahrungen mit Verhaltenstherapie.

Mehr als die Hälfte aller Kinder/Jugendlichen erleidet Zahnunfälle. Prof. Dr. Andreas Filippi (Zahnunfall-Zentrum Universität Basel) riet zu entschlossener Erstversorgung: „Entscheidend ist das Vorgehen am Unfalltag“ – entscheidend vor allem für das Überleben der Zementoblasten. Alle Therapien nach Zahn-Traumata hätten sich zu konzentrieren auf das Parodont, die Zementoblasten und die Hemmung der Osteoklasten. Zahnrettungsboxen seien für jede Praxis obligatorisch.

Filippi griff noch ein zweites, von den Zahnärzten noch zu selten angepacktes Thema auf: Mundgeruch und seine Behandlung. Gaschromatographen und Sulfitmonitore sind Filippi zufolge teuer und geben nicht automatisch eine Therapieempfehlung und Zungenschaber greifen überhaupt nicht in den Biofilm ein: stattdessen drucklose Zungenreinigung mit Bürsten und zinkhaltigen Pasten und niedrig konzentrierte Spüllösungen mit Wirkstoff-Kombinationen – „alles längst auf dem Markt, bei Zahnärzten aber fast unbekannt“, obwohl wirtschaftlich interessant. Filippi rechnet damit, dass professionelle Zungenreinigung künftig zur Kariesprophylaxe gehören wird.

Dr. Jörg FeldnerFeldstraße 3824105 Kiel

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