Krankenkassen

City BKK am Ende

Am Schluss gab es nichts mehr zu retten: Als oberste Kassenaufsicht hat das Bundesversicherungsamt (BVA) entschieden, die City BKK zum 01. Juli 2011 zu schließen. Um bei Versicherten und medizinischen Behandlern den Ball so flach wie möglich zu halten, beruhigt die City BKK: Notfalls springen andere Kassen für die Leistungen und Behandlungen ein.

Die Schließung der City BKK war laut BVA unvermeidlich, da die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht mehr gesichert gewesen sei. Ein von der City BKK vorgelegtes Sanierungskonzept habe insbesondere wegen der außerordentlich hohen Mitgliederabgänge im ersten Quartal 2011 nicht den erhofften Erfolg gebracht, erklärte der Präsident des BVA, Dr. Maximilian Gaßner. Er betonte ausdrücklich, dass die Forderungender Leistungserbringer gesichert seien (sieheKasten).

Dezidiert wies die Kasse in einer Stellungnahme bereits auf das angezeigte Verfahren hin, wenn eine Behandlung vor der Schließung begann, allerdings bei der Schließung noch nicht abgeschlossen ist: „Wenn die CITY BKK einen Leistungsantrag genehmigt hat, wie beispielsweise einen Heil- und Kostenplan für Zahnersatz, die Behandlung jedoch erst nach dem 30.06.2011 abgeschlossen wird, erfolgt die Vergütung von derjenigen Kasse, in der der Patient zum Zeitpunkt der Leistung versichert ist.“

Gaßner betonte, dass die finanziellen Probleme der zuletzt etwa 180 000 Versicherte umfassenden City BKK bereits vor Einführung des Gesundheitsfonds begonnen hätten, so dass die Kasse auf finanzielle Unterstützung anderer Betriebskrankenkassen angewiesen war. Obschon fusioniert, musste bereits 2010 der BKK Dachverband ein Hilfspaket schnüren, das stolze 40 Millionen Euro umfasste. Doch das reichte nicht. Ein Grund wurde von Gaßner bestätigt: Der Kasse, die zum Schluss einen Zusatzbeitrag von 15 Euro verlangte, liefen die Mitglieder in Scharen davon. Mindestens 12 000 waren es seit 2010. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürfte der „Krankenkasse mit dem Smile-Effekt“ (Eigenwerbung) das Lachen vergangen sein.

Zwar stehen derzeit beim BVA keine weiteren Kassen in der Schlange, bei denen es um eine Wirtschaftlichkeitsprüfung geht. Dennoch: Auch die Vereinigte IKK, die zweitgrößte Innungskrankenkasse hierzulande, die noch keinen Zusatzbeitrag erhob, plagt sich mit wirtschaftlichen Problemen. Hier fehlen laut Medienberichten 50 Millionen Euro. Die IKK macht den Gesundheitsfonds als Ursache des Übels aus, da dieser regionale Unterschiede der Kassen nicht genügend in Betracht ziehen würde. Auch die Vereinigte mit Sitz in Düsseldorf war aus einer Fusion hervorgegangen.

Anfang März dieses Jahres schreckte die Branche wegen einer Horrormeldung ausgerechnet in der renommierten Financial Times über die DAK auf: Angeblich hätte das BVA die drittgrößte Kasse (etwa viereinhalb Millionen Mitglieder und über sechs Millionen Versicherte) zu drakonischen Sparmaßnahmen verdonnert. Das entpuppte sich allerdings als Ente und das BVA sah sich zu einem Dementi veranlasst. Die Kasse sei nicht in akuter Insolvenzgefahr. Trotzdem hat auch die DAK massiv Versicherte verloren. Laut Kasse (Zusatzbeitrag: acht Euro) wandten sich seit 2010 über 300 000 Mitglieder von ihr ab.

(Steigende) Zusatzbeiträge, Gesundheitsfonds, Risikostrukturausgleich – der Wettbewerb der Kassen kennt so manche Schliche, die den einzelnen Versicherern schnell den Eindruck vermitteln, zu kurz zu kommen. Zwar wiegelt der Spitzenverband der Krankenkassen derzeit ab und sieht keine große Kasse vor existenziellen Problemen. Dennoch weisen Kassenvertreter und andere Player in der Branche schon lange auf das Dilemma der Kassen hin. „Insbesondere, weil zahlreiche Versicherte zu preisgünstigen Kassen wechseln, stehen alle Krankenkassen unter einem permanenten Druck, sich im Wettbewerb behaupten zu müssen“, so der Universitäts-Professor Dr. Jürgen Wasem. Diese Spirale kulminiert in der Erhebung von Zusatzbeiträgen. Wer sie verhindern kann, hat gute Chancen, zu überstehen. Wer seinen Mitgliedern ein Extra abverlangen muss, riskiert Versichertenabgänge und gefährdet die Existenz der Kasse.

Wettbewerb mit immer weniger Kassen

Doch die Schrumpfung bei der Anzahl der Versicherer ist in vollem Gange. Und teilweise politisch gewollt. Schließlich erklärte bereits die ehemalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, dass 20 bis 50 Kassen ausreichend seien. Auch das BVA oder Wasem kennen diese Entwicklung: Die Zahl der Fusionen von Krankenkassen habe unter dem Wettbewerb erheblich zugenommen, so der Wissenschaftler. Gab es vor 20 Jahren noch über 1 200 Krankenkassen, seien es keine 160 mehr. Dass es bald nur noch weniger als 100 Krankenkassen geben wird, sei wahrscheinlich.

Ohnehin sei eine große Zahl von Kassen aus ökonomischer Sicht kein Wert an sich. „Vielmehr ist entscheidend, ob die Versicherten in allen Regionen eine hinreichende Auswahl an Kassen haben. Ebenso wichtig ist, dass die Kassen über hinreichende Gestaltungsmöglichkeiten im Versicherungs- und Versorgungsangebot verfügen. Denn ein Wahlrecht zwischen Kassen, die sich kaum voneinander unterscheiden, macht wenig Sinn.“ Die Nachteile des Kassenwettbewerbs in Kauf zu nehmen, lohne nur, wenn die Vorteile auch realisiert werden könnten. Wasem: „Die Politik müsste sich stärker aus der Detailregulierung der Gesundheitsversorgung zurückziehen, damit der Wettbewerb sich entfalten kann. Wenn die Politik diesen Mut nicht hat, macht Kassenwettbewerb wenig Sinn. Dann wäre eine einzige nationale Krankenversicherung rational.“

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.