Morbus Parkinson

Hoffnung auf Therapiefortschritte

Beim Morbus Parkinson richten die Forscher ihr Augenmerk zunehmend aufdie nicht-motorischen Symptome wie die Riechstörung, Depressionen undSchlafstörungen. Solche Beschwerden sind nicht nur belastend, die Forscherhoffen auch, mit ihrer Hilfe früher eine Diagnose stellen zu können. Das könntedann die Basis für einen effizienteren Einsatz neuer Medikamente sein, die zwarnoch in der Entwicklung sind, aber eine Neuroprotektion oder zumindest krankheitsmodulierendeEffekte versprechen.

Die Zahl der Menschen mit einem Morbus Parkinson wird sich aufgrund der steigenden Lebenserwartung in den kommenden 30 Jahren voraussichtlich verdoppeln und dann in Deutschland bei rund einer halben Million liegen. Eine Heilung der neurodegenerativen Erkrankung, die durch einen Untergang der Dopamin-bildenden Zellen im Gehirn geprägt ist, gibt es bislang nicht. Allerdings laufen die Forschungen auf Hochtouren, um Therapieformen bereitzustellen, die nicht nur die Symptome lindern, sondern auch modulierend in den Krankheitsverlauf eingreifen oder sogar neuroprotektiv wirken.

Gleichzeitig richtet sich das Augenmerk der Forscher mehr und mehr auch auf die nichtmotorischen Symptome der Erkrankung, wie beim 7. Deutschen Parkinson-Kongress in Kiel deutlich wurde. „Wir stehen vor einem Paradigmenwechsel“, sagte dort Kongresspräsident Prof. Dr. Günther Deuschl aus Kiel. „Hat sich die Therapie bisher fast ausschließlich auf die motorischen Probleme wie Bewegungsarmut und Zittern konzentriert, so rücken nunmehr die bislang wenig beachteten Symptome wie Depression, Blasenstörungen und Schlafstörungen in den therapeutischen Fokus.“

Die Parkinsonkrankheit stellt laut Deuschl nach der Alzheimerschen Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung dar. Sie weist eine hohe genetische Prädisposition auf, wobei die Störung durch verschiedene Gene determiniert wird. Jüngst wurden erst fünf weitere Gene entdeckt, die an der Krankheitsentstehung mitbeteiligt sind.

Nicht-motorische Symptome im Fokus

Nicht nur die motorischen Schwierigkeiten, auch die nicht-motorischen Veränderungen sind für die Patienten extrem belastend. „Sie beeinträchtigen die Lebensqualität enorm“, betonte Prof. Albert C. Ludolph, Ulm. Das gilt in besonderem Maße für die sogenannte Camptocormie, eine schmerzhafte Fehlhaltung des Rumpfes mit Vorund Seitwärtsneigung, die im Stehen und beim Gehen auftritt.

Zu solchen Veränderungen kommt es meist erst im fortgeschrittenen Stadium. Die Wissenschaftler fokussieren sich derzeit aber mehr noch auf nicht-motorische Veränderungen in den Frühstadien des Morbus Parkinson und dabei auch auf Symptome, die möglicherweise sogar vor den motorischen Störungen auftreten und als frühe Krankheitsmarker genutzt werden können. Ein Beispiel für eine solche schon früh auftretende Veränderung ist die bei vielen Patienten zu beobachtende Riechstörung, die direkt als diagnostisch-hinweisend zu interpretieren ist.

Die Parkinson-Forscher bemühen sich eingehend um die Identifizierung weiterer Biomarker der Erkrankung, weil es laut Privatdozent Dr. Walter Maetzler, Tübingen, „berechtigte Hoffnungen auf neue neuromodulatorische Medikamente beim Parkinson gibt“. Sie können möglicherweise dazu beitragen, die Krankheit zu modifizieren und in ihrem Verlauf aufzuhalten, was den Bemühungen um die Frühdiagnose eine neue Dimension verleiht.

Denn bislang wird die Diagnose eines Morbus Parkinson erst gestellt, wenn eindeutige motorische Veränderungen vorliegen. „Zweifellos beginnt die Neuropathologie aber bereits Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte vorher“, so Maetzler. Für die intensive Suche nach früheren Krankheitsmarkern spricht nach Dr. Brit Mollenhauer, Kassel, zudem die Tatsache, dass beim Auftreten erster motorischer Symptome bereits fast 75 Prozent der striatonigralen Neurone zugrunde gegangen sind. Dann aber sind zwangsläufig gute Chancen der Neuroprotektion bereits vertan.

Gentherapie und Hirnstimulation

Die Hoffnungen auf Therapiefortschritte gründen sich aber nicht nur auf neue krankheitsmodulierende Wirkstoffe, sondern auch auf gentherapeutische Ansätze. So wird laut Prof. Dr. Wolfgang H. Oertel, Marburg, unter anderem versucht, per Gentherapie für die Wiederherstellung der reduzierten Dopaminsynthese zu sorgen. Denkbar ist beispielsweise das Einbringen eines Gens für das Enzym Dopa-Decarboxylase, das die Synthese von Dopamin aus dessen Vorstufen katalysiert.

Neu geprüft wird laut Oertel außerdem die Transplantation fetaler Vorläuferzellen dopaminerger Neurone, ein Ansatz, der in der Vergangenheit allerdings enttäuschend verlaufen ist, da es zum Auftreten schwerer Dyskinesien kam. Durch eine Optimierung der Methodik sollen die früheren Probleme nun aber nicht mehr bestehen.

Weiterentwicklungen stehen auch hinsichtlich der tiefen Hirnstimulation an, ein Verfahren, bei dem eine Art Schrittmacher im Gehirn implantiert wird, der von außen von den Patienten selbst stimuliert werden kann. Das Verfahren könnte künftig deutlich schonender werden, da an der Entwicklung von Stimulationsmethoden gearbeitet wird, die keinen neurochirurgischen Eingriff mehr erfordern. Denn es sind, so Prof. Dr. Walter Paulus, Göttingen, auch transkranielle elektrische oder magnetische Stimulationstechniken möglich und eventuell auch eine Stimulation durch Ultraschalltechnik als nichtinvasive Alternative zur Tiefenhirnstimulation beim Morbus Parkinson.

Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Köln

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