Leitartikel

Sie haben Ihr Ziel erreicht

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

was macht einen guten Arzt aus? Er „nimmt sich Zeit und geht auf Fragen ein“, die seine Patienten haben. Er „erklärt verständlich die Krankheit und notwendige Therapien“ und er „begegnet seinen Patienten freundlich und nicht von oben herab“. Das ist heutige Patientensicht, meint zumindest Jens Kaffenberger, stellvertretender Bundesgeschäftsführer des Sozialverbands VdK Deutschland. Wichtig dabei: Vorerst geht es um Ärzte. Wir Zahnärzte sind noch nicht Teil dieses Navis. Aber das soll noch werden. Anlässlich der Vorstellung des „AOK-Arztnavigators“ oder „Barmer-GEK-Arztnavis“ wurde betont, dass das die wesentlichen Elemente sind, die „neben fachlich-medizinischen Fragen“ die Qualität des Arztes von heute ausmachen.

Haben wir etwa an den eigentlichen Themen unseres Berufs vorbei studiert? Eigentlich nicht, denn unsere Patienten sind ja zufrieden. Das meinen selbst die Macher des neuen Bewertungsportals und betonen, dass das von ihnen ausgewiesene System kein „digitaler Ärztepranger“ sei.

Aber mal ausgewiesen auf einer Skala „von 1 bis 5“: Trifft das wirklich „voll und ganz zu“? Oder kann man das so „nicht beurteilen“? Wir wissen nicht, was die Praxis des jetzt vorgestellten ÄrzteNavis in einigen Jahren empfehlen wird. Aber wir haben – angefangen bei den berühmten „Focus“-Ärzte-Rankings und vielen Ärzte-Bewertungsportalen – unsere Erfahrungen gemacht. Die waren – aus unserer bescheidenen Sicht – meist alles andere als „gut“.

Dennoch: Wir werden das mit kühlem Sachverstand verfolgen müssen. Wir müssen unsere Kritik unseren Patienten erklären, nicht den auf Kundenfang, weil konkurrenzbedürftig aufgestellten Krankenversicherern. Ausgehen müssen wir leider davon, dass das, was technisch machbar ist, früher oder später auch praktiziert wird. Reines Bedenkentragen kann das nicht aus der Welt schaffen. Aber wir werden, ganz im Sinne der Patienten, auf Gefahren hinweisen, die ein allzu leichtfertiger Umgang mit allem, was geht, einbringt. Das gilt für die jetzt 30 Millionen AOK- und Barmer-GEK-Versicherten, das gilt aber auch für die zur Diskussion stehenden Eckpunkte eines Patientenrechtegesetzes, das in den kommenden Monaten vorangetrieben werden soll. Dabei haben wir augenscheinlich ähnliche Ziele wie die Patienten und deren Versicherer. Natürlich begrüßen wir Initiativen, die vorhandene Regelungen bündeln. Aber wir möchten, dass sachgerecht gehandelt wird. Im zahnärztlichen Bereich gibt es bereits Maßnahmen, die über das, was in anderen Versorgungsbereichen Usus ist, weit hinausreichen. Wir haben mit dem Festzuschusssystem beim Zahnersatz und durch die bundesmantelvertraglichen Regelungen für die gesamten Antragsleistungen bei Kieferorthopädie, Kieferbruch und Parodontologie weitergehende Bestimmungen. Im Rahmen unserer Qualitätssicherung und beim Zahnersatz haben wir Konzepte, die unter dem Aspekt des „Shared Decision Making“ vorbildlich sind. Der Gesetzgeber hat darauf zu achten, dass solche Erfolge nicht verworfen werden und dass in diesen Fragen nicht mit zweierlei Maß gemessen wird. Eine Normierung von Regelungen darf keinen weiteren Wust unnötiger Bürokratie schaffen. Das heißt: keine zusätzlichen Dokumentationsüberprüfungen, keine weiteren Beteiligungsverfahren, keine Beweislastumkehr, aber auch keine restriktive Verpflichtung zu kontraproduktivem Fehlermanagement. Das ist übrigens eine Aufgabe, die – wie andere fachlich hochkomplexe Sachverhalte auch – in der Selbstverwaltung gut aufgehoben ist.

Schlecht wäre es aus Sicht der Patienten, die Optimierungsansätze aus dem ärztlichen Bereich schablonenartig zu übertagen. Bei uns gibt es keine IGel-Leistungen, bei uns gilt der Ansatz der Therapiealternativen.

Das alles muss in den kommenden Wochen sachgerecht diskutiert werden. Lösungen, die diese Denkansätze berücksichtigen, werden wir aktiv mittragen. Liegt dort das gemeinsame Ziel aller Beteiligten, dann brauchen wir keine zusätzlichen Navigatoren, sondern können uns gegenseitig dann wirklich bestätigen: „Sie haben Ihr Ziel erreicht.“

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung

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